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Die Schattenseite

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20.07.2015
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Die Schattenseite

Einst hatte ich einen Traum:
Ich stand in einem Raum, die Wände waren hoch und es war düster. Sonnenlicht schien nur durch den Spalt einer Tür, die sich hinter mir befand. Vor mir lag ein alter, roter Teppich, der zur Mitte des Raumes führte. Ich hatte Angst vor diesem seltsamen Ort. Er sah alt und verlassen aus. Ich hörte, wie Spinnen ihre Netze webten und Staub, der leise schnarchte. Es war unglaublich warm und die Luft stand an diesem Ort, mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen. Ein trauriger Anblick, denn sie sah sehr kraftlos und erschöpft aus.
Langsam bewegte ich mich vorwärts. Jeder meiner Schritte wühlte Staub auf, der sich auf dem roten Teppich ausgebreitet hatte. Am Ende des Teppichs, in der Mitte des Raumes, lag ein Buch. Ich kniete mich nieder, um es genauer betrachten zu können. Es war groß und sah nicht gerade neu aus. Fast so, als würde es täglich benutzt werden. Es war nicht mit Staub bedeckt, die Schrift darauf war gut lesbar: „Vergangene Gegenwart“.
Ich schlug das Buch auf. In diesem Moment trat ein heftiger Windstoß die Tür auf, weckte die Luft, die daraufhin den Staub aufwirbelte. Es bildete sich ein traumhaftes Schauspiel vor meinen Augen: Das Sonnenlicht breitete sich aus und der Staub tanzte mit der Luft.
„Hey, du.“, zischte es mir um die Ohren. Erschrocken zuckte ich zusammen. „Du brauchst keine Angst haben. Ich bin der Staub, der Ursprung und das Ende aller Leben.“ Er tanzte einfach weiter.
„Wo bin ich hier?“, fragte ich verzweifelt in den Raum, der nun mit Leben erfüllt war.
„ In der Vergangenheit, Kleines.“, zischte er zurück. „Vor dir liegt dein Buch, deine Vergangenheit. Jeden Moment haben wir darin festgehalten. Jede Nacht, jeden Tag, jedes Gefühl, jede Emotion. Überlege dir gut, was du jetzt tust!“
„Wieso?“, fragte ich wieder und starrte auf die erste Seite des Buches, die mit meinem Namen versehen war.
„Weil es dir Schmerzen hinzufügen kann, Kleines. Die Vergangenheit wühlt Altes auf. Momente, die du längst vergessen haben solltest.“
Ich hörte nicht auf die Stimmen und blätterte schon in den ersten Seiten des Buches. Meine Geburt, die für meine Mutter schmerzhaft war. Meine ersten Tage, wie ich begeistert das Licht der Welt erblickte. Einige Seiten später sah ich meine Pflegeeltern, die ich genauso anlächelte wie meine Mutter. Tag für Tag, Jahr für Jahr waren darin dokumentiert. Jedes einzelne Gefühl. Meine unglaubliche Freude, die ich als junges Mädchen ausstrahlte, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Klar, ich verletzte mich hin und wieder. Doch hatte ich immer die Kraft, wieder aufzustehen.
Manche Seiten waren mit Eselsohren versehen.
„Das, meine Kleine...“, säuselte der springende Staub. „..Das sind Momente, die dir sehr wichtig waren. Momente, die dein Leben verändert haben.“
Ich war überwältigt von dem, was ich sah, hangelte mich von Eselsohr zu Eselsohr. Mein erster Tag im Kindergarten, an dem ich sehr viel geweint hatte. Die schönen Reisen in den Ferien, mit meiner Pflegefamilie. Etliche Samstage, die ich mit meiner leiblichen Mutter verbracht hatte. Meine Einschulung, Grundschule, Realschule, Berufsschule. Mein erster Schwarm, mein erster Kuss, mein erster Versuch, erwachsen zu sein.
So viele Momente, die ich längst vergessen hatte. Nie hatte ich es für nötig gehalten, über diese Dinge nachzudenken. Der Lauf des Lebens hatte sich nun mal verändert. Irgendwann war ich nicht mehr das fröhliche, selbstbewusste Mädchen von früher. Ich wurde in der Schule bloßgestellt. Auf dem Heimweg von älteren Schülern gehänselt. Von meinen eigenen Freundinnen ausgelacht.
Immer einsamer lief ich meinen Weg. Die Menschen entfernten sich von mir, oder ich mich von ihnen. Umso mehr ich von der Welt wusste, desto trauriger und einsamer wurde ich. Ich sehnte mich nach Liebe, Anerkennung und Aufmerksamkeit, die ich bisher nur von meiner Familie kannte.
Ich war das komische, ruhige und unscheinbare Mädchen mit zwei Müttern.
Ich sackte innerlich in mich zusammen. Tränen stiegen mir in die Augen. Mein Leben rast an mir vorbei und ich fange nichts damit an. Diesmal war ich diejenige, die kraftlos und erschöpft den Kopf senkte.
„Ich habe dich gewarnt.“, flüsterte der Staub, der nun etwas ruhiger tanzte. „Das letzte Eselsohr solltest du entfernen. Du hältst dich zu oft darin auf. Deshalb bist du hier. Es wird Zeit, loszulassen.“ In diesem Augenblick wusste ich genau, welche Seite er meinte. Ich weinte. Das Sonnenlicht schien immer noch durch die Tür hinter mir, und streichelte beruhigend meinen Rücken. Dann schlug ich mit meiner zittrigen Hand die Seite mit dem letzen Eselsohr auf. Der 31. Dezember 2015:
Es war angenehm kühl, als ich mit einem Sektglas aus der Tür trat. Die Anderen standen schon draußen, lachten und unterhielten sich. Die Kinder wedelten fröhlich mit Wunderkerzen herum. Auch er stand schon draußen. Wenn ich ihn sah, bekam ich immer ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich war zwar schon etwas angetrunken, doch ich wusste, dass dieses Gefühl echt ist. Noch nie habe ich so etwas gefühlt. Er war mein Held. Er hat mein zertrümmertes Herz einfach aufgehoben und angefangen, es zu reparieren. Ohne Grund.
Sein blondes Haar und seine blauen Augen schimmerten im fahlen Licht der Straßenlaterne. Er war am Rauchen und lächelte mich schief an. Wenn ich ihn so sah, konnte ich nichts anderes, außer zurück lächeln. Ich ging zu ihnen auf die Straße. Es verblieben nur noch einige Sekunden, bis die Uhr auf Mitternacht sprang.
Und dann ging es los. Die Kirchenglocke läutete, Raketen erleuchteten den dunklen Nachthimmel und wir stießen einander an. Ich umarmte seine Verwandten und Bekannten, wünschte allen ein schönes, neues Jahr. Später stand ich vor ihm. Mein Herz hüpfte und ich dachte, 2016 wäre mein Jahr. Und dies sei das schönste Silvester aller Zeiten. Er beugte sich zu mir und küsste mich. Ich hatte mein eigenes Feuerwerk. Ein Feuerwerk, das mir in diesem Moment niemand nehmen konnte.
Und das war' s auch schon. Nach dieser Nacht sah ich ihn nie wieder mit diesen Augen.
Er kam ins Krankenhaus. Krebs. Meldete sich erst nicht. Dann stand er vor mir, mit meinem Herzen in der Hand. Während er so leer in meine Augen starrte, warf er es auf den Boden, trampelte darauf herum und verkündete mir kalt, dass er eine Freundin habe. So ließ er mich zurück. Blutend und verletzt. Ohne weitere Erklärungen.

Heulend saß ich vor dem hässlichen Buch. Gern würde ich die Seite rausreißen, zerstören oder verbrennen. Doch dann würde auch ein Teil von mir sterben. Ich bügelte mit meinen kalten Fingern den Knick an der Ecke der Seite glatt, schloss das Buch schnell, stand auf und schwankte Richtung Tür.
„Du wirst Liebe nicht dort finden, wo du sie verloren hast.“, rief mir der Staub hinterher. „Wenn die Vergangenheit mal wieder ruft, antworte nicht. Denn sie hat dir nichts Neues zu sagen.“

 
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Hallo whayaf,

Wenn ich so das Forum nach neuen Texten durchsuche, die mich ansprechen, schaue ich meistens als erstes auf den Titel. Der hat mir bei deiner Geschichte gefallen. Schatten sind für mich etwas Faszinierendes, auch wenn das in meiner Umgebung öft etwas lächerlich und fehl am Platze rüberkommt, aber was soll's ;)
Nun zum Inhalt. Die Idee, eine Geschichte an einem Traum aufzubauen, bzw. einen Traum in eine Geschichte umzuwandeln, hatte ich auch schon einige Male. Gescheitert ist sie dann allerdings daran, dass Träume für mich ganz stark mit Geheimnissen zusammenhängen. Beispielsweise kannst du mal darüber nachdenken, ob du in Farbe oder etwa in Schwarz-weiß träumst. Das Andere, was mich von so einer vollendeten Geschichte abgehalten hat, ist die Tatsache, dass Träume immer etwas neblig sind. Damit meine ich, dass sie sich öfters mit gegebenen Situationen aus dem Alltag vermischen und dadurch eine Handlung entsteht, die man oft gar nicht erst nacherzählen kann. Meistens hat man dann nur ein Bild vor Augen, weiß manchmal noch ungefähr, was passiert ist, aber die eigentliche Handlung ist längst eine uneinholbare Erinnerung (wir mussten da letztes Jahr in der Schule einen Text drüber schreiben). Naja, das reicht erstmal. Jetzt, im Sinne dieser Gedanken, etwas (hoffentlich) Konstruktives! Dafür beginne ich mit den berüchtigen Stolpersteinen.

Ich hörte, wie Spinnen ihre Netze webten und Staub, der leise schnarchte.
Erstmal: Mir gefällt das Bild, das hier entsteht. Weniger gefällt mir dabei die Ausdrucksweise. "Ich hörte, wie Spinnen ihre Netze webten und [den?] Staub, der leise schnarchte". Vielleicht eher so, wäre da mein Vorschlag. Noch etwas anderes: Für mich schläft Staub nicht (schnarchen), auch wenn es manchmal so scheint, als sei er tot. Für mich ist das etwas Immer-lebendiges.

„Hey, du[.]“, zischte es mir um die Ohren.
Immer nur Punkt oder Komma. Auch im weiteren Verlauf!

Paar Seiten später sah ich meine Pflegeeltern
Dieses "paar" würde ich streichen, bzw. ersetzen. Das kommt nicht an das Vokabular ran, das du sonst verwendest.

„Das, meine Kleine...“, säuselte der springende Staub. „..Das sind Momente
hier würde ich in der zweiten wörtlichen Rede das "das" und "sind" weglassen. Liest sich schöner.

Im kursiven Abschnitt hat mich lediglich deine Formatierung mit den Absätzen etwas irritiert. Du baust da welche an Stellen ein, an denen es meiner Meinung nach keine gibt.

„Du wirst Liebe nicht dort finden, wo du sie verloren hast.“, rief mir der Staub hinterher. „Wenn die Vergangenheit mal wieder ruft, antworte nicht. Denn sie hat dir nicht neues zu sagen.“
Dieser Abschnitt hat mir am Besten gefallen. Das ist nicht einfach dahergeredet, sondern unterliegt einem Sinn. Schön!

Interessanter Name übrigens, Whayaf!

Grüße,
SCFuchs

 
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Liebe whayaf,

heute regnet es und ich habe nach einer Geschichte Ausschau gehalten, die mich ansprechen könnte. Und wie immer war es der Tag ‚Philosophisches’, der mich neugierig gemacht hat. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er schon mal schnell gewählt wird, wenn das Erzählte ins Diffuse abdriftet. Das hat aber in der Regel nicht viel mit Philosophie zu tun. Und das empfinde ich auch bei deiner Geschichte so.

Du beschreibst die Begegnung deiner Protagonistin mit ihrer eigenen Vergangenheit. Und es gibt einige Stellen in deinem Text, die mir sehr gefallen haben, besonders natürlich die, an denen du dem Unbelebten menschliche Eigenschaften gibst:

Ich hörte, wie Spinnen ihre Netze webten und Staub, der leise schnarchte. Es war unglaublich warm und die Luft stand an diesem Ort, mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen. Ein trauriger Anblick, denn sie sah sehr kraftlos und erschöpft aus.
In diesem Moment trat ein heftiger Windstoß die Tür auf, weckte die Luft, die daraufhin den Staub aufwirbelte. Es bildete sich ein traumhaftes Schauspiel vor meinen Augen: Das Sonnenlicht breitete sich aus und der Staub tanzte mit der Luft.

Die markierten Sätze würde ich vielleicht herausnehmen. Dass das ein trauriger Anblick ist, wird der Leser auch ohne deine Erklärung verstehen, ebenso wird sich ihm das ‚Traumhafte’ des Schauspiels mitteilen. Und auch vorher: Dass der Ort der Prota Angst einjagt, erschließt sich aus der Beschreibung und aus ihrem Verhalten. Das solltest du darstellen, dann brauchst du deine Erklärungen nicht.

Beim Lesen habe ich mir einiges notiert. Das gebe ich nun mal der Reihe nach wieder:

Vor mir lag ein alter(,) roter Teppich …
Es war groß und sah nicht gerade neu aus.
Dieses ‚nicht gerade’ ist sehr alltagssprachlich und passt nicht zu deiner sonstigen Ausdrucksweise.

„Hey, du(.)“, zischte es mir um die Ohren.
Wenn nach der wörtlichen Rede ein Beisatz folgt, fällt der Punkt weg. Findet sich später noch einmal.

„Weil es dir Schmerzen (hin)zufügen kann, Kleines.

Paar Seiten später sah ich meine Pflegeeltern
Das hat sich umgangssprachlich so eingebürgert, wie z.B. ‚bisschen …’. In der Schriftsprache kommt es mir ein wenig deplaziert vor. ‚ Ein paar Seiten …’

Mein erster Tag im Kindergarten, an dem ich sehr viel geweint habe.
Du schreibst ja deinen Text in der Vergangenheit, dem Präteritum. Alles, was vorher geschehen ist, müsste demnach in der vollendeten Vergangenheit, dem Plusquamperfekt, stehen. Deshalb: ‚Mein erster Tag …, an dem ich sehr viel geweint hatte.’

Dieser Fehler wiederholt sich sehr oft und du solltest deinen Text noch einmal daraufhin durchgehen.

Die schönen Reisen in den Ferien, mit meiner Pflegefamilie. Etliche Samstage, die ich mit meiner leiblichen Mutter verbracht habe. (hatte PQP)
Ich war das komische, ruhige und unscheinbare Mädchen mit zwei Müttern.

Inhaltlich: Mir kommt dein Text recht autobiographisch vor. Vermutlich erwähnst du deshalb hier, dass deine Protagonistin zwei Mütter hatte. Aber diesen Pfad deiner Geschichte verfolgst du nicht wirklich; es bleibt einfach so stehen und hat ja letztendlich mit dem, was du eigentlich erzählen möchtest, auch nichts zu tun.
So viele Momente, die ich längst vergessen habe. Nie habe ich es für nötig gehalten, über diese Dinge nachzudenken. Der Lauf des Lebens hatte sich nun mal verändert. Irgendwann war ich nicht mehr das fröhliche, selbstbewusste Mädchen von früher. Ich wurde in der Schule bloßgestellt. Auf dem Heimweg von älteren Schülern gehänselt. Von meinen eigenen Freundinnen ausgelacht.
Immer einsamer lief ich meinen Weg. Die Menschen entfernten sich von mir, oder ich mich von ihnen. Umso mehr ich von der Welt wusste, desto trauriger und einsamer wurde ich. Ich sehnte mich nach Liebe, Anerkennung und Aufmerksamkeit, die ich bisher nur von meiner Familie kannte.
Hier versuchst du dem Leser deine Protagonistin näher zu bringen. Aber für mich ergibt das, was du da schreibst, kein Bild:
Sie war fröhlich und selbstbewusst, hatte Liebe und Anerkennung von ihrer Familie erhalten, wurde dann aber bloßgestellt, gehänselt, ausgelacht

Willst du hier sagen, dass sie gehänselt wurde, weil sie zwei Mütter hatte. Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht machst du diesen Zusammenhang etwas deutlicher, wenn er dir wichtig ist.

So viele Momente, die ich längst vergessen habe.(hatte) Nie habe (hatte) ich es für nötig gehalten,

Der 31. Dezember 2015
Hier hätte ich Silvester 2015 geschrieben.

Die Anderen standen schon draußen
Wir hatten gerade eine lange Diskussion über die richtige Schreibweise. Hier müsste es sicher klein geschrieben werden.

Wenn ich ihn sah, bekam ich immer ein mulmiges Gefühl im Bauch.
Das Gefühl ist sicher ein anderes. Überlege dir einen anderen Ausdruck.

doch ich wusste, dass dieses Gefühl echt ist(war). Noch nie habe(hatte)ich so etwas gefühlt. Er war mein Held. Er hat(hatte) mein zertrümmertes Herz einfach aufgehoben und angefangen, es zu reparieren.
‚zertrümmert’ und ‚angefangen, es zu reparieren’ finde ich sehr unglücklich ausgedrückt. Da fällt dir vielleicht etwas Besseres ein.

seine blauen Augen schimmerten im fahlen Licht
Das glaube ich nicht.

Er war am Rauchen und lächelte mich schief an.
Er rauchte und sah mich … an.
Also ‚jemanden schief ansehen’ meint doch etwas ganz anderes.

bis die Uhr auf 0:00 sprang.
Bis die Uhr auf Mitternacht sprang.

und wir stoßen einander an
und wir stießen miteinander an

Nach dieser Nacht sah ich ihn nie wieder mit diesen Augen.
Hatte er jetzt andere Augen?

Er kam ins Krankenhaus. Krebs. Meldete sich erst nicht. Dann stand er vor mir, mit meinem Herzen in der Hand.
Das kannst du so auf keinen Fall stehen lassen. Was immer du ausdrücken möchtest, so ist es zu verkürzt. Und ich würde auch das Wort ‚Krebs’ rausnehmen. Mit ihm betrittst du eine ganz neue Ebene, die der unheilbaren Krankheit. Aber das hat ja mit der enttäuschten Liebe nichts zu tun.

Überhaupt wird es mir hier zu melodramatisch und too much:

Während er so leer in meine Augen starrte, warf er es auf den Boden, trampelte darauf herum und verkündete mir kalt, dass er eine Freundin habe. So ließ er mich zurück. Blutend und verletzt. Ohne weitere Erklärungen.

Zum Schluss kommst du dann glücklicherweise wieder zurück zu deiner Rahmenhandlung.Auch hier passieren dir ein paar Zeitfehler:

Heulend saß ich vor dem hässlichem(n) Buch. Gern würde ich die Seite rausreißen, zerstören oder verbrennen. Doch dann würde auch ein Teil von mir sterben.
Gern hätte ich … rausgerissen, zerstört …. Doch dann wäre auch ein Teil …. gestorben.

„Wenn die Vergangenheit mal wieder ruft, antworte nicht. Denn sie hat dir nicht(s) neues (Neues) zu sagen.“

So, dass ist jetzt einiges geworden.

Fazit: Der Rahmen, den du deiner Geschichte gegeben hast, gefällt mir am besten. Das ist ihre Stärke. Ansonsten solltest du inhaltlich genauer überlegen, was du in deinen Text aufnehmen möchtest. Der Leser soll ja deine Gedanken nachvollziehen und dir im Ablauf des Erzählten folgen können. Das gelingt ihm bei deinem Text nicht immer. Ich habe dir einige Stellen aufgezeigt.

Liebe Grüße
barnhelm

Ps: Kann es sein, dass du manchmal vergisst, auf Kommentare zu antworten?

 
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Hallo whayaf,

Der Anfang deiner Geschichte ist gut geschrieben. Der dunkle Raum, das Buch und die Stimme. Da bin ich gleich mittendrin gewesen und war gespannt, wie das Abenteuer (oder Märchen?) - ja, für mich klang das alles sehr nach dem Beginn einer Art Schatzsuche (was es ja letztendlich auch ist, nur in anderer Form) - weitergehen würde.
Dann die Rückblenden im Leben deiner Prota: die find ich schön eingebettet. Die Idee mit den Eselsohren als Marker für besondere Erinnerungen ist fein und sympathisch.

Dann zum Ende hin finde ich, dass einfach zuviel in einen Topf geworfen wird. Und es folgt für mein Empfinden zu schnell aufeinander: Deine Prota findet endlich jemanden, der sie einfach nur liebt (obwohl die Pflegeeltern und auch die Mutter das ja auch getan haben), dann ist da plötzlich Krebs (was eine eigene Geschichte sein könnte), dann die verheimlichte Freundin und dann noch die Trennung. Das ist alles sehr viel für eine kleine Geschichte.
Letztendlich ist es ja die Trennung, die deiner Prota das Herz verletzt. Das reicht, find ich, voll aus. Du zeichnest im Mittelteil ganz deutlich, warum deine Prota zartfühlend und empfindlich ist. Und dann trennt er sich so kalt und plötzlich von ihr. Da ist ja klar, dass sie empfindlich getroffen wurde.

Das Rückführen zum Buch ist wieder gut gelungen. "Ich bügelte mit meinen kalten Fingern den Knick an der Ecke der Seite glatt, schloss das Buch schnell, stand auf und schwankte Richtung Tür." Schön geschrieben. Sie erkennt, dass sie nach Vorne schauen muss.
Dann noch die Stimme aus dem Off für einen letzten Rat. Fertig!

Insgesamt mag ich den Schreibstil, er liest sich gut und flüssig.
Die Vergangenheit als Buch zu betrachten, welches man immer mal wieder durchblättern könnte, ist eine angenehme Sache.

Gruß
Lind

 

Ich danke für die Kritik.
Einige Sachen habe ich geändert, manche nicht- vor Allem inhaltliche Dinge habe ich so gelassen. Warum? Es basiert auf einer wahren Begebenheit.
Ebenso der "schiefe Blick", denn er kann ein Hinweis einer charakterischen Eigenschaft sein. Er schaute mich hinterher auch leer an, das ihn nochmals personalisiert.
Ich habe diese Geschichte an meine vorherige "angedockt" - Die rote Tür. Die ist ähnlich geschrieben.

 

Hallo Whayaf;
die Schatten haben es so an sich, unser glänzendes Ichlicht in den nun ja Schatten zu stellen. Was ist der Inhalt der Geschichte? Ein Mädchen wird vom Schatten - der Traumwelt - gezwungen, sich der Vergangenheit mit dem Weg in die Einsamkeit und Verzweiflung zu stellen, bis zum schmerzhaften Erlebnis der Sylvesternacht. Wenn man zu sehr Negatives verdrängt, dann kommt es als Traum. Das könnte bei deinem Mädchen so sein.
Die Quintessenz der Geschichte lautet:

„Du wirst Liebe nicht dort finden, wo du sie verloren hast.“, rief mir der Staub hinterher. „Wenn die Vergangenheit mal wieder ruft, antworte nicht. Denn sie hat dir nichts Neues zu sagen.“
Der Staub sagt das, der Staub aus dem wir sind. Woher hat er diese Lebenserfahrung? Er ist zerfallenes Leben aus längst vergangener Zeit mit längst vergangenen Erfahrungen, ein zweifelhafter Berater. Die Vergangenheit hat nie etwas zu sagen, wir sagen etwas aus der Vergangenheit, welche ja immer schweigt. Nur wir machen sie lebendig.-
Deshalb ist der Titel des Buches "Vergangene Gegenwart" schon sehr brauchbar. Das Mädchen und deine Geschichte müssten wahrscheinlich das Verhältnis Vergangenheit und Ggenwart, Ich und Geschichte besser reflektieren.
Viele gute Ansätze zu noch mehr Denkleitung.
Und Kürzen erhöht das Denken.
Fröhlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo whayaf,

auch mir hat fast alles an deiner Geschichte gut gefallen, die Idee ist schön, die Sprache passend dazu (wobei ich barnhelms Anmerkungen nicht widersprechen möchte). Das einzige, was mich aus am Ende aus der Geschichte etwas herausgeworfen hat:

Er kam ins Krankenhaus. Krebs. Meldete sich erst nicht.
Ich sehe gerade: auch da ist mir barnhelm schon zuvor gekommen. Da will ich ihn jetzt ausdrücklich unterstützen: das mag im wahren Leben so gewesen sein, aber in der Geschichte funktioniert es nicht. "Ein Unfall." "Eine Sportverletzung." alles möglich, aber nicht Krebs. Denn das macht die Protagonistin zu einer weinerlichen Göre, wenn sie ihre unerfüllte Liebe als stärkeres Leid bewertet.
Sonst vielleicht noch: ob ich es so ausdrücklich im ersten Satz als Traum bezeichnen würde, bin ich mir nicht sicher. Das würde ich vielleicht offen lassen. Aber das ist Ansichtssache.

Aber sonst: schön gemacht!

Viele Grüße
Ella Fitz

 

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