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Die Rose

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26.11.2017
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Die Rose

Ich versuchte meine Gedanken zu fassen, ich versuchte mir selbst hinterherzulaufen. Schrie mir hinterher stehen zu bleiben, um nicht quer durch das Gestrüpp zu rennen. Immer weiter lief ich hinein, lief ohne nachzudenken und riss mir meine Hände an den zarten Rosen auf. Überall blitzten sie in ihren, von der ständigen Sonne verblichenen rosanen Gewändern auf und gaben mir Hoffnung. Sie hielt nicht lange an und wurde durch jeden einzelnen Tropfen Blut, der zu Boden fiel zunichte gemacht.
Ich suchte doch nur die Klarheit, die Wahrheit, ich suchte mich selbst. Wer bin ich? Wo bin ich? Fragte ich mich und fand doch nur einen Schatten von mir wieder. Mal ist er größer als ich es doch eigentlich bin und manchmal ist er so klein als hätte er Angst vor mir, als hätte ich Angst vor mir.
Ich konnte nicht halten, nicht rasten. Ich konnte mich mir nicht entwinden und war mir ausgesetzt. Dabei hatte ich doch die Wahl, in dieser riesigen Welt, die mir zu Füßen lag, zu wählen was ich zu tun vermag, trotzdem wählte ich jedes Mal die Dornen und das Gift.
In meinem ganzen Leben war ich am Rennen, nicht eine Sekunde konnte ich halten um nach Luft zu schnappen, mein Kopf war scheinbar leer, verdrängt den Sturm in mir.

Dann sah ich sie, in ihrem tiefen Rot erstrahlte sie in dem Licht der Sonne und ihre kleinen Blätter um ihren schmalen Körper herum bewegten sich leicht in dem Lüftchen, das auch mir wieder Luft zum Atmen gab. Eine rote Rose, sie war stark und die ein oder andere Dorne ragte gefährlich an ihr heraus. Sie war wunderschön. Sie würde perfekt in mein schönes Haus am Strand passen, dachte ich. Daheim stand eine alte griechische Vase darauf wartend, mit Blumen bestückt zu werden. So oft hatte ich mich an den anderen geschnitten. Ich hatte Angst sie mir zu nehmen und gleichzeitig hatte ich Angst sie zu zerreißen. Ich konnte mich nicht von ihrem Anblick lösen und so saß ich hier, Tag für Tag und schaute sie an, wie sie wie eine Königin über alle anderen hinüber wuchs. Ich konnte sie nicht nehmen und dann darauf warten wie sie langsam vertrocknete. Ich konnte sie nicht benutzen, wie all die anderen, die mich schließlich verletzten. Aber konnte ich bleiben? stellte ich mir die Frage, konnte ich bleiben um sie jeden Morgen, wenn der Raureif noch einzelne Tropfen von ihrer Blüte hinunterfließen ließ, bewundern?

Die Rose gab mir Kraft und Hoffnung, hier konnte ich das erste Mal zur Ruhe kommen und anfangen ich zu sein und Teile von meinem soweit gelaufenen Ich wieder einzusammeln. So fing ich an ein Haus zu bauen, eine kleine Hütte, zusammengenagelt aus ein paar Brettern und Platten, die ich auftreiben konnte. Ich baute mir mein eigenes kleines Heim. In meinem Garten wuchs die Rose und mit jedem Sonnenuntergang wurde ihr roter ein wenig dunkler und ihr Stängel ein wenig Stärker.
An jedem trockenen Tag, holte ich die alte Vase hervor, die ich aus meinem Haus mitgenommen hatte, befüllte sie mit dem klaren und kaltem Wasser aus dem Fluss und goss es langsam in die Erde an den Dornen vorbei, um ihr die Nährstoffe zu geben, die sie brauchte.

Ich hatte immer Angst, sie würde mich irgendwann verletzen, ich hatte Angst irgendwann eine Schönere zu finden und nicht mehr bleiben zu können, ich hatte Angst vor den Möglichkeiten in dieser Welt und andererseits hatte ich Angst nun keine mehr zu haben und festgekettet an dem starren Stängel mit all ihren Dornen zu sein.

Aber ich blieb. Für immer.

 

Hej Antis,

Dein Text ist nicht zu lang und hat noch keinen Kommentar, den schnapp ich mir.
Erstmal beim Lesen mitgeschrieben:

riss mir meine Hände an den zarten Rosen auf.
An den Dornen der zarten Rosen.
Oder an den Rosenbüschen.

wie sie wie eine Königin über alle anderen hinüber wuchs
Das könnte weg, zumal es eher bedeuten würde, dass diese Rosenranke wie eine Brücke oder ein Bogen über die anderen Pflanzen wächst, nicht unbedingt, dass sie alle anderen überragt.

wurde ihr roter ein wenig dunkler und ihr Stängel ein wenig Stärker.
Rot ... stärker

um ihr die Nährstoffe zu geben
die Nährstoffe sind im Boden, vllt besser "die Nahrung zu geben, die sie brauchte".
Wird das nicht auch deutlich, durch den Akt des Gießens, dass da etwas gegeben wird, was die Rose braucht, muss man das noch erklären?

Ich verstehe Deine Geschichte als eine Metapher auf eine geglückte Liebe, die Freiheit als Grundlage nennt. Dein/e Erzähler/in (wird irgendwo deutlich welches Geschlecht der/die hat? Würd ich Dir sonst empfehlen nachzuholen) verwirft den Gedanken, die Rose abzureißen und damit ganz zu seinem Eigentum zu machen und gewinnt sie dadurch scheinbar für immer.
Schöner Gedanke.

Den Einstieg find ich nicht so gelungen. Zum einen sind diese Fragen "Wer bin ich?" oder "Wo bin ich?" usw so allgemein, dass sie für mich keine Spannung aufbauen. Ohne etwas Hintergrund, ohne Erklärung dafür, warum dein Erzähler sich diese Fragen da jetzt stellt, wirken die auf mich zu platt, nicht wirklich wie Probleme, die man haben kann, nicht wirklich wie Fragen, die dringend gelöst werden müssen.

Zum anderen tauchen mögliche Antworten später gar nicht mehr auf. Da wird nicht deutlich, ob die Rose nun eigentlich irgendwie geholfen hat, bei der Selbstfindung. Problem verdrängt und gelöst, so wirkt das auf mich.

Am Ende werden Ängste erwähnt, die dann eben doch den Besitz deutlich machen. Beinahe ein wenig traurig finde ich die Geschichte zum Schluss, nur beim ersten Lesen klingt das "Für immer" triumphierend. Wenn man die diversen Ängste bedenkt, dann scheint es, als wären eigentlich nur die dafür verantwortlich, dass es diese Mensch-Rosenkonstellation noch gibt.

Ich hatte immer Angst
Aber ich blieb. Für immer.
So wie es da steht, verliert sich die Angst nicht irgendwann, sondern bildet plötzlich die neue Grundlage dieser Beziehung. Wo ist die Freiheit hin?
Du könntest das erste "immer" relativieren, dafür "lange Zeit", "manchmal" o.ä einsetzen.
Wenn Du die Wirkung des ersten "immer" ändern wolltest.

Ich wünsch Dir noch viel Spaß hier.
Gruß
Ane

 

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