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Serie Die Reise nach Florenz

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10.11.2006
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Die Reise nach Florenz

Donnerstag nachmittag, Feierabend und schon in Urlaubsstimmung. Schließlich geht es am Samstag nach Florenz. Schlüssel ins Zündschloß, ich muß noch zur Bank, Geld abheben und vor allem tanken.
Ein letztes freundliches Grüßen des Pförtners, jetzt aber hurtig!
Schlüssel herumgedreht, starten - ein unangenehm schrilles, hohes Pfeifen, der Motor stirbt ab. Stille!
"Was ist das? Oh nein ! Nicht jetzt, ausgerechnet jetzt".
Mit einem unangenehmen Gefühl im Magen reiße ich die Motorhaube auf. Ein banger Blick, der Zahnriemen ist gerissen. Zum Glück ist der Motor noch heil. Ein Kollege fährt mich zum Ersatzteilhändler.
Der mürrische, grauhaarige Mann im blauen Kittel lehnt an der Annahme. "So, so, Ford Escort. Wie alt?“ Ich sinke etwas in mich zusammen.
„Was, von 1985? Mann, das sind ja 15 Jahre! Zeigen Sie mir doch mal den Fahrzeugschein". Er beäugt das Dokument. "Mhm. Muß ich bestellen, so etwas haben wir nicht vorrätig. Das dauert mindestens zwei bis drei Tage, das Ding ist nicht leicht zu kriegen. Kommen Sie Samstag früh".
Das wird eng, schließlich will ich am Samstag in Urlaub fahren. Am Samstag früh mache ich eine kleine Fahrradtour und bin um neun Uhr in der Werkstatt.
"Ich möchte den Zahnriemen abholen". Der Mann trägt heute einen grauen Kittel. Er mustert mich und schaut über die Schulter zurück, als er in den hinteren Räumen verschwindet. Nach einer Weile erklärt er: "Wir haben da was aufgetrieben, war nicht leicht!" Erleichtert und voller Schwung radle ich nach Hause. Jetzt schnell den Zahnriemen montiert, und dann geht es in den Urlaub.
Mit der Montage komme ich nicht recht voran, der Sohn muß helfen, schließlich ist er Kfz-Mechaniker.
Der Zahnriemen paßt nicht, er ist zu lang. Auch das noch!
Nun ist schon Nachmittag und die Werkstatt hat geschlossen. Nächste Woche wieder einen neuen Zahnriemen bestellen und wieder warten, mein schöner Urlaub! "Ich will nach Florenz!" schreit es in mir.
Die Freundin meines Sohnes weiß Rat. Die Freundin der Freundin arbeitet in einem Reisebüro. Vielleicht kann sie helfen. Kurze Zeit später ruft dieser Engel zurück. "Ja, da hat ein Ehepaar abgesagt". Die Ehefrau ist erkrankt, im Bus sind zwei Plätze frei. Welch ein Glück! Bezahlt wird schnell und unbürokratisch.
Montag früh um sieben Uhr am Busbahnhof.
Der Fahrer ist etwas unsicher; er weiß nichts davon, daß ich mitfahren kann. Nach seinen Unterlagen ist der Bus bis auf den letzten Platz ausgebucht. Mit einiger Mühe gelingt es mir, ihn zu überzeugen. Trotzdem muß ich bis zur Abfahrtszeit warten. Erst als niemand mehr erscheint, trägt er mich in seine Namensliste ein.
Schnell ist der Seesack verstaut, den Rucksack nehme ich mit in den Bus. Um acht Uhr rollen wir auf der Autobahn in Richtung Österreich.
Die Stimmung ist nach zwei Stunden Fahrt schon sehr gut.
Vor allem Käthe aus dem Selfkant nahe der holländischen Grenze tut sich hervor. Sie ist laut, naiv und hat eine durchdringende Stimme. Die Mitreisenden biegen sich vor Lachen, aber mir gehen nach einiger Zeit ihre dummen Sprüche und Witzschen auf die Nerven. Zum Glück bietet der Sitz eine zwar enge, aber gemütliche Position, und ich döse vor mich hin. Nun hat ja doch noch alles ein gutes Ende gefunden.
Am Brenner-Paß regnet, schneit und stürmt es, aber gegen Abend nähern wir uns auf einer gefährlich verschneiten Talabfahrt dem Ort der Übernachtung.
Am nächsten Tag geht es mit frischen Kräften weiter nach Italien. Die schmale Straße schlängelt sich bergab und plötzlich stößt die Sonne durch die Wolken.
Schlagartig wird es warm und gemütlich, und nach kurzer Zeit fahren wir sogar an blühenden Apfelbäumen vorbei.
Dann wird die Landschaft etwas eintönig, und der altbewährte Reiseführer vertreibt mir die Zeit, bis die Poebene auftaucht. Das läßt sich gut an. Marmorbrüche und Steinlager säumen die Straße, die zur Toscana führt.
Wie das klingt: Toscana, Pisa, Siena, Florenz. Ja, vor allem Florenz, das an den Ufern des Arno den Humanismus und die Kunst geboren hat.
Der Busfahrer bearbeitet sein Mikrofon und schildert während der Fahrt was uns erwartet - Kunst, Kultur, Landschaft.
Seine langatmigen und eintönigen Ausführungen haben eine einschläfernde Wirkung auf mich. Müde liege ich in meinem Sitz und träume von Michelangelo.
Die näselnde Stimme im Lautsprecher läßt mich hochfahren: "Sie haben ungefähr vier Stunden Zeit, um auf eigene Faust etwas zu unternehmen und um fünf Uhr treffen wir uns am Busparkplatz beim Arno".
Ein Augenblick der Stille, dann ein empörter Aufschrei in den hinteren Reihen. Nun bin ich wirklich hellwach - diese Stimme - das klingt nach Käthe: "Hören Sie mal, Sie. Wie sieht der Mann denn aus, den kenne ich doch gar nicht!".

 

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