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Die Rasierklinge

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06.04.2003
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Die Rasierklinge

– gewidmet A.T., von seinem Vater zum Sparzwang bei Ankauf und Einsatz von Rasurprodukten angehalten


„Elvira, es ist soweit. Verfluchter Mist, es ist soweit. Unser Sohn bekommt sekundären Haarwuchs. Verdammte Scheiße, wir sind ruiniert.“, schimpfte Gerd. „Hast du ihm denn nicht mehr die Hormonstopper ins Essen gemischt?“, geiferte er seine Frau vorwurfsvoll an.

Gerd arbeitete in einer sehr überdurchschnittlich dotierten Position in der Pharmaindustrie, aber der Anblick der ersten aufkeimenden Oberlippenhärchen bei seinem Sohnemann Tom ließ ihn schreckensbleich werden und nächtelange Sitzungen über das zu rettende Haushaltsbudget vor seinem geistigen Auge rufen.
Seine Frau bestätigte die stetige Beigabe der Präparate, die Gerd gratis, da überschüssige Produktion, abstauben konnte und befand ihrerseits, dass die Hormone in ihrem 18jährigen Kind einfach einen entscheidenden Sieg gegen die Pillen errungen haben.
„Nun, ich weiß nur so viel“, sagte Gerd erbost. „Wir kaufen ihm mit 20 eine vierer Packung Klingen. Die muss dann aber gefälligst für die nächsten 20 Jahre reichen. Wir wollen doch nicht am Hungertuch nagen, nur weil unser Sohnemann neuerdings meint mit seinen Haarallüren uns ins Schleudern bringen zu wollen.“

Nach zweijähriger Leidensphase, während derer Tom in Schule und Ausbildung ob seines unbehandelten Bartsprießens sich mit Läster- und Mobbingattacken konfrontiert sehen musste, bekam er die besagte Klingenpackung geschenkt, die sein Vater zu einem reduzierten Sonderpreis in einem von der Einstampfung bedrohten Drogerie eingekauft hatte und nun in feierlicher Zeremonie vor dem heimischen Badezimmerspiegel geöffnet wurde.
Schon Wochen vor dem Großereignis hatte sein Vater Tom immer wieder eingebläut wie sorgsam und schonend dieser mit den Klingen umgehen solle. An diesem Tage entschied Gerd dennoch drei der Schneidinstrumente sicherheitshalber aus der Packung zu entfernen, mit dem Ziel die Bedeutsamkeit dieser einen verbleibenden heiligen Doppelklinge zu verstärken.
„Junge, für die nächsten 20 Jahre wird es nur diese Klinge geben. Ich betone: Es gibt keine anderen, denke nicht einmal daran“, fügte er bestimmend hinzu.

In stumpfer Hörigkeit hielt Tom sich an die Worte seines Vaters. Er behandelte sein Werkzeug so liebevoll und behütend, wie andere nur ihre eigenen Augäpfel pflegten.
Tom bastelte sich eine winzige Schatulle für sein Kleinod, da sein Vater der Ansicht war, das aggressives Tageslicht die Struktur des Stahls zusätzlich in unnötigem Maße zerstöre. Das Ritual der Rasur und Pflege des Messers dauerte allmählich etwa zwei Stunden. Eine gut investierte Zeit, da waren Vater und Sohn wieder einer Meinung. Zumal die Rasur noch nicht oft stattfand, also so etwa einmal pro Quartal.

Die Hormone, indes, jahrelang auf allen Fronten kläglich gegen chemische Kampfmittel machtlos gewesen, stockten auf und schickten die fünffache Heeresstärke von Haaren und marschierten munter nicht nur in das unerforschte Gesichtsland ein, sondern auch nach Intimzonien und in das Rückenreich gleich hinterm Buckel.
Und so musste Tom sich geschlagen geben und die Frequenz der Rodung erhöhen, wollte er nicht auf seiner Arbeitsstelle bei Kunden und Kollegen als berbernder Triebtäter gelten. Und damit nahm das Schicksal endgültig sein Lauf:

Trotz des intensiven Pflegeprogrammes mit dem Tom seinem Rasierzeug aufwartete, machte dieses das, was das Gewissen eines durchschnittlichen Terroristen gleichsam in dessen Lebenszeit mit steigendem Alter erfährt: Es stumpfte mehr und mehr ab.
Dem Umstand der besagten massiven Infiltration in Intimzonien und dem Rückenreich dankend, verschärfte sich die Problematik zusehends, denn er benutzte selbstverständlich die Klinge für den GANZEN Körper.

Tom tat indes alles: er wetzte und schliff, massierte und rubbelte, feilte und hobelte. Doch irgendwann waren die Lippen nur noch 0,4 Millimeter dünn und der lebensbedrohliche Lamellenbruch drohte kurz bevorzustehen.

Dünner Stahl bleibt nun mal dünner Stahl und leider gab es hier keine Dauerschärfe wie bei einer nymphomanischen Pornodarstellerin.

Tom wusste weder ein noch aus. Seinem Vater, der unter einem schwachen Herz litt, hatte er die sich anbahnende Tragödie verschwiegen. In seiner Verzweiflung suchte er eine weit vom elterlichen Wohnort entfernte Drogerie auf. Als wäre er dem Wahn verfallen, steuerte er auf die Rasurabteilung zu, die Menschen um ihn herum und schon gar nicht die Stimme seines Vaters und Gewissens im Kopf wahrnehmend, die jämmerlich flehte: „Nein, tu es nicht. Kauf sie dir nicht. Noch 17 Jahre musst du durchstehen, du schaffst es!“
Und da stand er vor den Packungen und sie funkelten wie die Golddukaten eines versunkenen Schatzes und die in den Klingen gebrochenen Strahlen der Neonröhrenlampen blendeten sein Augwerk. Und in diesem Moment schienen sie mit spitzen Zungen wie mehrere dutzend Schlangen aus dem Garten Eden, die wirkten als hätten sie Jahrtausende nach dem Alten Testament Werbeverträge für nächtliche Sexhotlines abgeschlossen, im verführerischen Chor zu zischeln „Kauf unssss, Tom. Kauf unssss…, pack… unssss… ausss… Willige Rasierklingen aus deiner Umgebung wollen von dir benutzt werden. Wir ssssinddd scharf und spitzzzzz.“

„Neeiiiiiiiiiinnn. Ich kauf euch nicht. Haltet die Fresse, ich kaufe euch nicht.“, schrie Tom und die umstehenden Leute, die mit einer Mischung aus Ekel, Verachtung und Mitleid mit ansehen mussten wie ein halbrasierter Irrer auf das Regal einschlug, wichen, sich mit den Einkaufswagen schützend, vorsichtshalber in eine andere Regalreihe und dachten nur: „Noch so ein Verrückter in Hamburg.“

Tom kam irgendwann bei Sinnen und verließ ganz gemächlich den Laden ohne sich der Darbietung, die er gerade abgeliefert hatte, bewusst zu sein.

Auf der Arbeit googelte er einem Geistesblitz folgend den Begriff „Klingendoktor“. Und es gab ihn wirklich. Den Hamburger Klingendoktor in Barmbek. Den suchte er nun auf, seine einzige Hoffnung.

Als er den Laden betrat, erkannte er sofort an der Wand hinter der Theke, die vollbehangen war mit Urkunden und Auszeichnungen wie „1. Vorsitzender der Gilde angespitzter Stahl“ , „1. Platz im Auspolieren bei den „Sharp Knife: Sharper Life“-Masters in Wetzlar“ oder „Ehrenbürger der Stadt Solingen“, dass er hier an der richtigen Adresse geraten ist.
Doch so groß die Hoffnung, so brutal schlug ihm die Welle der Ernüchterung entgegen, als ihn der kleine gebückte Schärfmeister nach kurzer Bemusterung des auf ein Samtkissen aufgebahrten Gegenstandes ernst und traurig kopfschüttelnd ansah.
„Nein. Da kann man leider nichts mehr machen. Die ist tot!“, sagte er und versuchte die Worte ebenso schonend wie aufrüttelnd klingen zu lassen. Dass dies ein gleichsam schmaler Grat wie der der vor ihm liegenden im Todeskampf zitternden Lamellen war, ja dessen war er sich bewusst.
„Hören Sie, Sie müssen diese Klinge JETZT wegwerfen. Trennen Sie sich sofort davon, bevor sich Ihr Trauma vergrößert.“
Etwas verwundert über die psychologischen Ratschläge dieses Mannes war Tom doch, hatte er aber das Zertifikat der Weiterbildung in „Schärfenpsychologie“ übersehen.
Tom weinte und die Tränen flossen als habe er gerade seinen heißgeliebten Goldhamster verloren. Als er wieder ansprechbar war, bot der Herr der Klinge ihm eine psychologische Betreuung in 20 Sitzungen an, die Tom dankend annahm.

Nach etwa 10 Sitzungen schaffte Tom es schon sich eine Packung der sehr kostspieligen Sechsfachklingen zu kaufen. Sein Vater hielt ihn für verrückt und stand kurz davor ihn zwangseinweisen zu lassen. In den nächsten 10 Sitzungen wurde ihm klargemacht, dass der Kauf neuer Klingen (so oft wie möglich) die endgültige und längst überfällige Abnabelung von seinem Vater darstellt. Diese bittere Pille schluckte Tom nur sehr langsam, aber jetzt, fünf Jahre später, Gerd hatte seinerseits den Kontakt zu seinem einzigen Sohn komplett abgebrochen, fühlt er sich frei wie nie. Ja, man kann mit Fug und Recht sagen, er genießt stets frisch rasiert seinen Sieg über die Unabhängigkeit wie einst es die Damenwelt mit dem Tragen von Miniröcken feierte.

Jedoch, aber nicht zu Ehren seines Vaters, der unerwartet an einer Blutvergiftung verstorben ist, nachdem er sich mit einer rostigen Klinge versucht hatte die Pulsadern aufzuschneiden, nimmt Tom noch regelmäßig stille Trauer an der Gedenkstätte seines langjährigen Freundes, mit dem er sich stets durch dick und dünn geschnitten hatte: der Rasierklinge.

 

Hallo flman,
ich mag es einfach nicht, wenn Geschichten so ganz ohne Rückmeldung bleiben. Aber leider muss ich dir sagen, dass sie mir so gar nicht gefallen hat.
Das liegt nicht an deinem Stil, der ist zweifelsohne sicher. (Im Nachhineien muss ich allerdings sagen, dass da doch einiges an Grammatikfehlern ist/war.) Anderrseits hast da auch einige recht hübsche Formulierungen. Es ist auch eine Geschichte und keine Comedy-Rede, wenn ich mir auch ein paar mehr Szenen oder Dialoge hätte vorstellen können. Das ist schon alles zu sehr berichtend und erklärend, wenn auch schmunzelig.
Aber in der Hauptsache liegt es für mich an der In-Gang-Setzung deiner Idee und ihrer Aufbereitung.
Aus meiner Sicht stimmen einfach die Grundvoraussetzungen nicht.
Hier ist es so, dass ich mir einfach keinen Mann vorstellen kann, der ja dann schon lange selbst berufstätig ist, also selbständig vor sich hin lebt, der sich so sklavisch an das Gebot des Vaters hält. Er könnte ihn doch einfach anschwindeln. Oder seinem Vater sagen, dass der ihn mal kreuzweise kann. Dass der Sohn so ein superbraver, untertäniger Vaterabhängiger sein soll, hast du zwar geschrieben, aber das kommt bei mir absolut nicht als wirkliche Person an. Er bleibt völlig blass. Du behauptest das einfach so, aber es wird durch keine Szene, kein Gespräch irgendwie glaubhaft. Überhaupt, dass der Vater so sparsam sein soll, das will mir auch nicht einleuchten. Warum nicht beim Essen, beim Stromverbrauch, beim Klopapier?
Also ich bin mir sicher, wenn man das anders anginge, würde man aus der Idee, ausgerechnet bei Rasierklingen ein Sparprogramm anzusetzen (was ja grundsätzlich erst mal witzig ist), eine story hinkriegen über Sparsamkeit und Sohnesgehoram, aber ich persönlich fänd das ganz schön schwer.
Hinzu kommt, dass du das Humorvolle über Vergleiche oder andere bestimmte Sprachbilder reinbringen willst, das sind dann alles Witzeleien, die sind sowas von politisch korrekt, das ist so schade. Ein Beispiel: Was fällt einem ein bei Rasierlinge? Natürlich die Schärfe. Und was ist sowas von rattenscharf? Natürlich eine nymphomanische Pornodarstellerin. Und umgekehrt: Was stumpft ab? Natürlich das Gewissen eines Terroristen.


Das Schwierige ist, Humor scheint ja etwas sehr Geschmacksmäßiges zu sein und ich finde es richtig schwierig, da was hinzubringen, was vielen gefällt. Es ist sogar schon schwierig, überhaupt nur das Urteil zu erreichen "hat mir zwar nicht gefallen, aber ich könnte mir vorstellen, für Liebhaber von .... ist deine Geschichte was". Auf der anderen Seite gibt es Witzemacher, bei denen ich mich entsetzt abwende, die füllen ganze Stadien. Also muss nix heißen, wenn deine Geschichte bei mir nicht ankommt.

Fazit für mich: Für eine zündende, überzeugende Geschichte mit humorvollem Hintergrund fehlt mir die Logik und die Nachvollziehbarkeit.
Und für so ein richtig absurdes, skurriles Szenario ist es mir einfach nicht schräg genug. Dabei hast du so Einfälle drin, die find ich lustig. Zum Beispiel als er dann zum Messerschleifer geht und der dann ein Zertifikat über Schärfenpsychologie an der Wand hängen hat. Das gefiel mir. Oder die Idee, Therapiesitzungen zu haben wegen vaterinduzierter Rasierklingenphobie.


Hier noch Dinge, die mir aufgefallen sind:

„Elvira, es ist soweit. Verfluchter Mist, es ist soweit. Unser Sohn bekommt sekundären Haarwuchs. Verdammte Scheiße, wir sind ruiniert.“, schimpfte Gerd.
KEINEN Punkt nach der wörtlichen Rede setzen, wenn danach noch der Begleitsatz folgt. Nur das Komma hinter der wörtlichen Rede darf da stehen. Der Punkt fällt einfach weg. Fragezeichen oder Ausrufezeichen dagegen werden gesetzt.
Also so: "Elvira, es ist soweit, wir sind ruiniert", schimpfte Gerd.

„Hast du ihm denn nicht mehr die Hormonstopper ins Essen gemischt?“, geiferte er seine Frau vorwurfsvoll an.
Beide Wörter sind zu viel des Guten. Dass es vorwurfsvoll ist, wird schon durch den Inhalt der Frage klar.

aber der Anblick der ersten aufkeimenden Oberlippenhärchen bei seinem Sohnemann Tom ließ ihn schreckensbleich werden und nächtelange Sitzungen über das zu rettende Haushaltsbudget vor seinem geistigen Auge rufen.
Im letzten Teil stimmt was nicht.
rief nächtelange Sitzungen vor sein geistiges Auge / ließ ... Sitzungen vor seinem Auge entstehen.

Seine Frau bestätigte die stetige Beigabe der Präparate, die Gerd gratis, da überschüssige Produktion, abstauben konnte und befand ihrerseits, dass die Hormone in ihrem 18jährigen Kind einfach einen entscheidenden Sieg gegen die Pillen errungen haben.
haben = falsche Zeit. Es muss "hatten" oder ev. noch "hätten" heißen.

„Nun, ich weiß nur so viel“, sagte Gerd erbost. „Wir kaufen ihm mit 20 eine Vierer-Packung-Klingen. (...)Wir wollen doch nicht am Hungertuch nagen, nur weil unser Sohnemann neuerdings meint (KOMMA) mit seinen Haarallüren uns ins Schleudern bringen zu wollen.“

Nach zweijähriger Leidensphase, während derer Tom in Schule und Ausbildung ob seines unbehandelten Bartsprießens sich mit Läster- und Mobbingattacken konfrontiert sehen musste, bekam er die besagte Klingenpackung geschenkt, die sein Vater zu einem reduzierten Sonderpreis in einer von der Einstampfung bedrohten Drogerie eingekauft hatte und nun in feierlicher Zeremonie vor dem heimischen Badezimmerspiegel geöffnet wurde.
Den letzten Satz würde ich zu einem neuen machen.

Schon Wochen vor dem Großereignis hatte sein Vater Tom immer wieder eingebläut (KOMMA) wie sorgsam und schonend dieser mit den Klingen umgehen solle. An diesem Tage entschied Gerd dennoch drei der Schneidinstrumente sicherheitshalber aus der Packung zu entfernen, mit dem Ziel (KOMMA) die Bedeutsamkeit dieser einen verbleibenden heiligen Doppelklinge zu verstärken.


Und so musste Tom sich geschlagen geben und die Frequenz der Rodung erhöhen, wollte er nicht auf seiner Arbeitsstelle bei Kunden und Kollegen als berbernder Triebtäter gelten. Und damit nahm das Schicksal endgültig seinen Lauf:

Trotz des intensiven Pflegeprogrammes (KOMMA) mit dem Tom seinem Rasierzeug aufwartete, machte dieses das, was das Gewissen eines durchschnittlichen Terroristen gleichsam in dessen Lebenszeit mit steigendem Alter erfährt: Es stumpfte mehr und mehr ab.


Tom tat indes alles: er wetzte und schliff, massierte und rubbelte, feilte und hobelte. Doch irgendwann waren die Lippen nur noch 0,4 Millimeter dünn (KOMMA) (MUSS man nicht,aber würde ich hier trotzdem setzen) und der lebensbedrohliche Lamellenbruch drohte kurz bevorzustehen.

Und in diesem Moment schienen sie mit spitzen Zungen wie mehrere Dutzend Schlangen aus dem Garten Eden, die wirkten (KOMMA) als hätten sie Jahrtausende nach dem Alten Testament Werbeverträge für nächtliche Sexhotlines abgeschlossen, im verführerischen Chor zu zischeln (DOPPELPUNKT) „Kauf unssss, Tom. Kauf unssss…, pack… unssss… ausss… Willige Rasierklingen aus deiner Umgebung wollen von dir benutzt werden. Wir ssssinddd scharf und spitzzzzz.“

„Neeiiiiiiiiiinnn. Ich kauf euch nicht. Haltet die Fresse, ich kaufe euch nicht (Kein Punkt) “, schrie Tom

Tom kam irgendwann bei Sinnen und verließ ganz gemächlich den Laden (KOMMA) ohne sich der Darbietung, die er gerade abgeliefert hatte, bewusst zu sein.
er kam bei Sinnen, das geht nicht. Die ursprüngliche Wendung heißt: nicht mehr bei Sinnen sein. Klar kann man da spielen, klingt trotzdem komisch. Besser: zu sich / zu Bewusstsein / zur Vernunft

Auf der Arbeit googelte er einem Geistesblitz folgend den Begriff „Klingendoktor“. Und es gab ihn wirklich. Den Hamburger Klingendoktor in Barmbek. Den suchte er nun auf, seine einzige Hoffnung.

Als er den Laden betrat, erkannte er sofort an der Wand hinter der Theke, die vollbehangen war mit Urkunden und Auszeichnungen wie „1. Vorsitzender der Gilde angespitzter Stahl“ , „1. Platz im Auspolieren bei den „Sharp Knife: Sharper Life“-Masters in Wetzlar“ oder „Ehrenbürger der Stadt Solingen“, dass er hier an der richtigen Adresse geraten ist.
diese Zusammenstellung geht auch nicht.
Entweder: an der richtigen Adresse war / oder: an die richtige Adresse geraten war.

Doch so groß die Hoffnung, so brutal schlug ihm die Welle der Ernüchterung entgegen, als ihn der kleine (KOMMA) gebückte Schärfmeister nach kurzer Bemusterung des auf einem Samtkissen aufgebahrten Gegenstandes ernst und traurig kopfschüttelnd ansah.

Tom weinte und die Tränen flossen (KOMMA) als habe er gerade seinen heißgeliebten Goldhamster verloren.

Nach etwa 10 Sitzungen schaffte Tom es schon (KOMMA) sich eine Packung der sehr kostspieligen Sechsfachklingen zu kaufen.

Sein Vater hielt ihn für verrückt und stand kurz davor (KOMMA) ihn zwangseinweisen zu lassen.

In den nächsten 10 Sitzungen wurde ihm klargemacht, dass der Kauf neuer Klingen (so oft wie möglich) die endgültige und längst überfällige Abnabelung von seinem Vater darstellt.
Kleine Zahlen in literarischen Texten ausschreiben.

Jedoch, aber nicht zu Ehren seines Vaters, der unerwartet an einer Blutvergiftung verstorben ist, nachdem er sich mit einer rostigen Klinge versucht hatte (KOMMA) die Pulsadern aufzuschneiden, nimmt Tom noch regelmäßig stille Trauer an der Gedenkstätte seines langjährigen Freundes, mit dem er sich stets durch dick und dünn geschnitten hatte: der Rasierklinge.
hält statt nimmt
.


Ja, so viel von meiner Seite. Vielleicht kannst du ja doch den einen oder anderen Hinweis für dich entnehmen.
Viel Spaß noch hier
Novak

 

Hallo f1man,
da ich die Geschichte schon mal gelesen habe, werde ich ebenfalls etwas dazu sagen: Sie ist nicht witzig, weil sie viel zu weit an der Realität vorbeigeht. So in die Richtung: Was wäre, wenn wir in einer Welt leben würden, in der Rasierklingen sehr teuer sind? In meiner Welt kostet eine Packung Einwegrasierer höchstens 2,50. In dieser seltsamen Parallelwelt scheint es einfach zu sein, in den Hormonhaushalt von Söhnen einzugreifen, ohne dass etwas wirklich Lustiges passiert. Er könnte sich ein eine zwei Meter große Gurke verwandeln, oder dergleichen. ;)

Wenn du mehr humoristische Geschichten schreiben willst, würde ich empfehlen, gute Literatur zu lesen, die in diese Richtung geht und dabei anzuschauen, wie weit sich diese Geschichten von unserer Wirklichkeit unterscheiden.

Was den Stil betrifft, verwendest du viel zu viele Adjektive und der Satzbau an einigen Stellen ist seltsam.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Ein solcher erster Satz wie hier kann nur in einer Zeit, zu der natürlicher Haarwuchs als widernatürlich empfunden wird und die Ganzkörperrasur als kultureller Fortschritt gefeiert wird anstehen:

„Elvira, es ist soweit. Verfluchter Mist, es ist soweit. Unser Sohn bekommt sekundären Haarwuchs. Verdammte Scheiße, wir sind ruiniert.“, schimpfte Gerd
und ich wittere zunächst in Verbindungen von Titel und Widmung Satire. (Gleichwohl ist der abschließende Punkt am Ende der wörtlichen Rede entbehrlich.)

Nicht, dass ich nun die Auferstehung Gogols erwartet hätte –
aber die Einschränkung wird stärker bestätigt, als die Verlängerung und Verwandlung einer Nase im Schnäuzer finden könnte. Was nicht heißt,

lieber f1man,
& damit erst einmal herzlich willkommen hierorts, begegnen wir uns doch das erste Mal,

dass Du den Kopf hängen lassen müsstest. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – schon allein deshalb, so vermute ich, weil ein gebrochenes Genick wenig hilfreich trotz aller Meisterschaft wäre & die Karriere schon beendet, bevor sie erst begonnen hätte. Doch ertrug ich zu Beginn einiges Unbill mit Gelassenheit, so stellte es sich spätestens mit dem Satz

… so musste Tom sich geschlagen geben und die Frequenz der Rodung erhöhen, wollte er nicht auf seiner Arbeitsstelle bei Kunden und Kollegen als berbernder Triebtäter gelten
als alles andere, denn Satire, nicht einmal Humor heraus, nämlich pure Anpassung an eine modische Erscheinung, die durch den künstlich aufgebauschten hormonellen Haushalt eines Tages nur noch Kahlköpfe produzieren wird.
Wer – außer seinem Besitzer – findet einen nackten Hund schön? Tierquälerei nenn ich das!

Der bedingungslosen Anpassung korrespondiert neben der Adjektivitis – die so ziemlich jeder schon einmal erlegen ist – die Herrschaft des Pronomens, genaugenommen des Possessivpronomens, was eine gewisse Furcht vorm Verlust der Besitzverhältnisse anzeigt und selbst zum Adjektiv wird, wie hier,
wenn das zweite Adjektiv eher entbehrlich ist

…, geiferte er seine Frau vorwurfsvoll an, …
kann sich der Leser doch schon an dieser frühen Stelle den Zustand des Mannes vorstellen, wenn er geifert (im Sinne eines vor Wut schäumen), was durchs „vorwurfsvoll“ eher ausbremst denn verstärkt wird.

Oder auch hier,

… sehr überdurchschnittlich dotierten Position, …
überdurchschnittlich reicht doch. Gehören Dukatenkacker in den Superlativ?

Wissen wir denn nicht, dass es um den Sohn geht? Ist damit nicht auch eine Bemerkung wie

… bei seinem Sohnemann …
eher entbehrlich? -
Während der restliche Satz gequirlt wirkt und zudem in einem falschen Fall hantiert:
… ließ ihn schreckensbleich werden und nächtelange Sitzungen über das zu rettende Haushaltsbudget vor seinem geistigen Auge rufen
Fragstu hier „vor wem ruft er dies oder das?“, klingt wie vor einem fremden Objekt, nicht dem eigenen Auge und somit eher seltsam und befremdlich.
Also eher kein Dativ.
Aber reicht nicht schon ein
… ließ ihn [erbleichen] und nächtelang[… nicht schlafen]?

Seine Frau bestätigte die stetige Beigabe der Präparate, die Gerd gratis, da überschüssige Produktion, abstauben konnte[,] und befand ihrerseits, dass die Hormone in ihrem 18jährigen Kind einfach einen entscheidenden Sieg gegen die Pillen errungen haben.
Die nackte Furcht in einem wiederum gequirlten Satz, dass die Eigentumsordnung gestört werden kann: seine Frau / ihrem … Kind – wissen wir doch schon …

Triviales im Trivialen:

… vierer Packung …
Besser: Viererpackung

Und jetzt hab ich kein' Bock mehr! Was gelegentlich gegen

Läster- und Mobbingattacken
gerichtet zu sein scheint, gerinnt zum Kindskram.

Nix für ungut & schönen Restfeiertag wünscht der

Friedel

 

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