Die Pianistin
Ich habe stets Gefallen an der Musik gefunden, aber nie Talent dazu gehabt. Eine Tragödie, an der auch allerlei Versuche und alles Herzblut nichts ändern konnten. Tja, ich schätze, mir fehlt schlicht die Muse. Und dabei empfinde ich so viel Freude am Klang eines Klaviers…
Oft habe ich gescherzt, für Musikalisches wärst bei uns beiden wohl du zuständig. Gelächelt habe ich dann. Und dich, dich habe ich dann auch lächeln sehen, woraufhin ich dich in meine Arme genommen und geküsst habe, weil ich dich liebte.
Ich habe es geliebt, wie deine langen, eleganten Finger in einem so eifrigen Spiel über die Pianotasten gehuscht sind. Habe den Tanz geliebt, den sie auf dem schwarz-weißen Parkett für mich aufgeführt haben. Jede Note, jeden Ton habe ich geliebt. Ich liebte auch dieses Gefühl des Entzückens, dass sich in mir regte, die Vorfreude auf deine tägliche Stunde am Klavier, abends, bei einem Glas Rotwein. Es erregte mich, zu sehen wie du dich dahin gesetzt hast, auf den Schemel. Wie sich deine Schultern gehoben und gesenkt haben unter deinem stetigen, ruhigen Atem. Und wie du dann die Hände von dir gestreckt hast, hin zu diesem großartigen Werkzeug, mit dem du, du allein, jeden Abend aufs Neue ein Paradies für mich geschaffen hast. Wie dein Kopf begann, sich verträumt hin und her zu wiegen, nachdem du die ersten Stücke gespielt hattest…
Ich hatte nie Talent, aber du beeindrucktest mich. Raubtest mir den Atem, wieder und wieder. Ich habe dich bewundert und ich habe dich geliebt.
Ich tu es immer noch.
Doch du, du bist gegangen…
Und mit dir ist auch die Musik aus meinem Leben gewichen.