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Die perfekte Liebe
Schon wieder Nacht. In den letzten Tagen war es sehr oft Nacht geworden. Er saß wieder auf seinem Sofa und hatte das Glas mit dem warmen Tee in der Hand. Es musste um die 2:00 Uhr sein. Seine Augen beobachteten das seichte hin- und herschwappen der leicht klaren Flüssigkeit durch die Glaswände hindurch. Er hielt inne. In seinen Gedanken vernahm er das leichte Geräusch des Telefonklingelns. Er erhob sich und stellte das Getränk auf den dafür vorgesehenen Korkuntersetzer. Er musste nach dem Abstellen noch eine leichte Korrektur vornehmen, damit das Behältnis mit der Flüssigkeit auch wirklich mittig auf dem tischschonenden Untersetzer Platz fand. Innerlich wäre er schon längst in Richtung Telefon gestürzt, aber er liebte die vor sich selbst aufgesetzte Fassade der Ruhe viel zu sehr. In den letzten Tagen hatte er sich immer häufiger mit dieser Maske ertappt. Als er den Apparat erreicht hatte nahm er mit einer maskierten, ruhigen Handbewegung den Hörer und bewegte ihn in Richtung Ohr. Er hörte nichts. Er wartete nur. Auf der anderen Seite der Leitung war Ruhe. Eine ebenso aufgesetzte Ruhe. Einige Minuten stand er so da. Seine Mundwinkel begannen ein leichtes Lächeln zu formen. Der andere Gesprächsteilnehmer schien die Mimik anzupassen. Noch immer kam kein Wort über ihre Lippen. Er legte auf. Im Flur standen die frisch geputzten Schuhe ausgerichtet zur Wand neben der Tür. Er schlüpfte hinein, schnürte sie ordentlich zu und schob sich in seine Jacke. Die Tür fiel ins Schloss. Er sah sie auf der anderen Straßenseite und schaute sie an. Sie schaute ihn an.