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Die Party

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04.01.2003
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Die Party

Die Party

Es sollte eine aussergewöhnliche Party werden. Nina macht immer die besten Partys. Das sagen zumindest alle. Ich war heute das erste Mal da. Warum weiss ich auch nicht so genau. Nina mag mich halt ein bisschen. Glaube ich jedenfalls. Sie schenkt mir hin und wieder ein Lächeln.
Allerdings nur, wenn Malte nicht in der Nähe ist. Malte ist ihr Freund. Er ist gross, hat dunkle Haare, blaue Augen und ist der Schulsprecher. Gut aussehend und beliebt. Das Gegenteil von mir. Was habe ich schon zu bieten? Naja, einige sagen, 105kg bei einer Grösse von 1,80cm sind doch völlig ok. Aber ich weiss, dass sie hinter meinem Rücken ganz anders über mich reden.
Genug jetzt. Ich will nicht mehr darüber nachdenken. Schliesslich war ich auf Ninas Party. Meine Mutter sagt auch immer, ich solle positiv denken. Wenn ich mit einer positiven Einstellung durchs Leben ginge, würden alle anderen mein Inneres bemerken. Und das wäre sehr bemerkenswert. Sagt zumindest meine Mutter.
Aber wen interessiert schon, was die eigene Mutter über einen denkt. Wichtig ist nun mal der tägliche Kampf in der Schule. Dort gewinnt man, oder wie in meinem Fall, verliert man auch häufig. Ha, was heisst häufig, eigentlich immer. Nur manchmal, wenn Nina mir mal wieder ein Lächeln schenkt, dann fühle ich mich als Sieger.

So war es auch letzte Woche. Ich stand in der ersten grossen Pause am ‚Liebesbaum’ unserer Schule. Dort stehen eigentlich nur die, die gerade ‚miteinander gehen’. Das Wort habe ich noch nie verstanden. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass mit mir noch nie jemand ‚gegangen’ ist.
Ich weiss auch nicht, warum ich gerade dort mein Frühstück ass. Der Baum steht am Rande des Schulhofes und war halt frei. Kein Pärchen weit und breit. Auch sonst niemand in unmittelbarer Nähe. Das versprach mal wieder eine Pause, nicht nur zwischen den Schulstunden, sondern auch zwischen den Beleidigungen und Beschimpfungen der anderen Schüler. Ich tue immer so, als würde ich das Ganze nicht mitbekommen. Aber das ist nur nach Aussen hin. Natürlich bekomme ich jede einzelne Silbe mit. Und jedes Wort verursacht so ein Stechen im Magen. Meine Mutter erzählt immer allen Leuten, wie gut ich doch damit zurecht kommen würde, etwas schwerer als die anderen zu sein. Die hat gut reden. Sie ist gerstenschlank und wird von allen bewundert. Zumindest von den Männern. Seitdem mein Vater tot ist, kann sie sich vor Einladungen kaum retten. Das kann ich nicht gerade sagen. Mich hat noch nie jemand eingeladen. Naja, bis auf letzte Woche halt.

Ich stand da also so am Baum und knabberte an meinem Wurstbrot. Da kamen Nina und Malte Richtung Liebesbaum gelaufen. Also direkt auf mich zu. Ich wusste, ich sollte einfach schnell weggehen. Aber irgendwie sah ich Nina und sie lächelte mich an. Meine Beine waren wie festgewurzelt. Ich vergass die Welt um mich herum. Ich sah nur noch ihr hübsches lächelndes Gesicht. Ich hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Sollte das Liebe sein? Ist es das, wovon alle immer sprechen? Ich starrte sie an. Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit. Sie kam zu mir. Sollte meine Mutter doch recht gehabt haben? Nimmt Nina wirklich mein Inneres wahr? Das komische Gefühl wurde immer stärker.
Doch plötzlich war es gar nicht mehr flau in meinem Magen. Es tat weh. Es tat sogar sehr weh. Ich bekam keine Luft mehr. Tränen schossen in meine Augen.
Dann verstand ich, was passiert war. Malte hatte mitbekommen, dass Nina mich anlächelte und ich sie verträumt anstarrte. Und schon hatte ich seine Faust in meinem Magen.
„Hey, Fettwanst! Was starrst du Nina so an. Verpiss dich!“
Ich lief heulend davon.
„Schneller, du Schwabbel!“, schrie Malte mir hinterher.
Und ich lief schneller. Die höhnischen Blicke der anderen Schüler taten fast mehr weh als mein Magen. Ich rannte auf die Toilette und schloss mich ein. Dort verbrachte ich den Rest der Pause, weinend und verzweifelt. Wie konnte ich nur denken, dass mich jemand mögen würde. Nina hatte nur gelächelt, weil sie genau wusste, was passieren würde. Und ich bildete mir ein, dass sie mich mögen würde. Sie war halt doch, wie alle anderen.

Als es zum Ende der Pause klingelte, verliess ich die Toilette. Draussen stand Nina. Sie war die Letzte auf dem Schulhof.
„Es tut mir leid, was da gerade passiert ist.“, sagte sie.
„Malte benimmt sich manchmal wie ein Arschloch. Im Inneren ist er aber ein guter Kerl.“
Im Inneren ein guter Kerl. Das bin ich laut meiner Mutter auch. Bin ich also genau so ein Kerl wie Malte? Lächerlich.
„Am Samstag mache ich eine Geburtstagsparty bei mir zu Hause. Ich möchte dich als Entschuldigung dazu einladen. Kommst du?“
Ob ich komme? Natürlich werde ich kommen. Alles war vergessen. Das war meine erste Einladung! Aber Malte wird natürlich auch da sein. Klar, er ‚ging’ schliesslich mit Nina. Aber das war mir völlig egal. In diesem Moment vergass ich alles. Ich sah Nina an und stammelte: „Ich komme gerne.“ Daraufhin drehte sie sich um und ging in ihre Klasse.
Ich stand noch einige Minuten auf dem Schulhof und dachte über das Geschehene nach. Das werde ich niemals vergessen. Erst bekomme ich eine Tracht Prügel und dann lädt mich mein Traummädchen zu ihrer Geburtstagsparty ein.

Am Samstag stand ich natürlich pünktlich vor ihrer Tür. Ich war so nervös. Ich klingelte, sie machte auf und begrüsste mich mit einem Kuss auf die Wange. In diesem Moment wusste ich, was Liebe ist. Ich schwebte in das Haus ihrer Eltern. Das alles war so unglaublich. Ich auf Ninas Party. Und geküsst hat sie mich auch. Ich war der glücklichste Mensch auf Erden.
„SCHWABBELALARM!“
Und schon war ich wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt. Malte hatte mich entdeckt und begann seinen vernichtenden Schlag gegen mich.
„Alles auf den Boden. Er explodiert jeden Moment!“
Die übrigen Gäste lachten sich halb tot. Ich blieb wie angewurzelt stehen und starrte ihn an. Mein Leben könnte so schön sein, ohne ihn. Ich spürte, wie Wut von mir Besitz ergriff. Der Zorn wurde immer grösser, meine Furcht immer kleiner. Ich sah Malte in die Augen. Aus Wut wurde Hass. Mein Blick wanderte zur Schere auf dem Tisch. Ich griff zu. Sie lag so gut in meiner Hand. Ich stürzte mich auf Malte und stach ohne Zögern zu.
Anschliessend rannte ich raus. Ich lief und lief und lief.

Jetzt sitze ich hier unter dem Liebesbaum. Die Schere halte ich immer noch umklammert. Ich weiss nicht, wie es Malte geht. Es ist mir auch egal. Ich will nicht mehr die Lachnummer der Anderen sein. Ich will das nicht mehr ertragen. Was ist das für ein Leben? Ich kämpfe mich nur noch von einem Tag zum nächsten. Alle lachen über mich. Mein Inneres. Das ich nicht lache. Nina hat mich doch auch nur als Clownsnummer zu ihrer Party eingeladen. Das war alles ein Spiel von ihr. Nichts war ehrlich. Was soll ich noch auf dieser Welt, wenn selbst Nina gegen mich ist? Der einzige Mensch, der mich wirklich mag, ist meine Mutter. Aber soll ich ein Leben mit meiner Mutter verbringen? Als fettes Muttersöhnchen? Nein, das will ich nicht. Anscheinend bin ich falsch auf dieser Erde. Oder Gott brauchte eine Witzfigur zur Unterhaltung der übrigen Menschen, also hat er mich erschaffen. Doch da mache ich ihm einen Strich durch die Rechnung. Nicht mit mir. Ich habe genug. Ich habe noch die Schere. Ich steche sie einfach in mein Handgelenk.
Es tut nicht mal weh.
Oh Gott.
So viel Blut.
Mir wird ganz schummrig.
Vielleicht hätte ich doch nicht...
Zu spät? Ich will noch nicht...
Ich wollte doch nur...
Neiiiiiiiiiiiiiiiiin...

 

Hallo,

das war meine erste selbstgeschriebene Geschichte.
Nehmt darauf aber bitte keine Rücksicht. Ich kann Kritik vertragen. ;)

Viele Grüsse

Thorsten

 

Hej Highlander!

Als Erstling gar nicht so schlecht, denke ich. Allerdings auch noch nicht Pulitzer-Preis-verdächtig. Ich finde Deine Charaktere im Gegensatz zu Existence ziemlich stereotyp: Der Dicke, der von allen gehänselt wird, die Schulschönheit, die ihn bemitleidet und ihr ach so toller Freund, der den Dicken ärgert und vorführt, wo er nur kann.

Mir hätte es besser gefallen, wenn Du eine ungewöhnliche Geschichte erzählt hättest, wenn der Dicke respektiert wird, wenn er den Schönling vörführt, oder wenn er eine Freundin hat, die der andere ihm ausspannen will. Eben etwas, womit der Leser nicht rechnet.

Einen kleinen Fehler hab ich noch gefunden:

Sie ist gerstenschlank
Hm, ich dachte, von Gerstensaft wird man dick??? Du meinst "gertenschlank", vermute ich.

Lieben Gruß

chaosqueen :queen:

 

Hallo Chaosqueen, Hi Existence,

vielen Dank für die Analyse meiner Geschichte.

Ich freue mich zunächst, dass sie jemandem gefallen hat, Existence. Deine Kritik war sehr konstruktiv und vor allem sehr berechtigt. Ich werde den Anfang der Geschichte leicht abändern.

Ein kleines Lob habe ich ja auch von dir, Chaosqueen, bekommen. Zumindest habe ich es als Lob verstanden. Ich habe natürlich hier nicht den Anspruch gehabt, eine ganz aussergewöhnliche Geschichte zu schreiben. Wie schon erwähnt, ist es mein Erstlingswerk. Ich wollte einfach mal etwas zu Papier bringen.

Dass meine Geschichte nicht völlig niedergemacht worden ist, bestärkt mich daran, weiterzuschreiben. Vielleicht bekomme ich ja doch noch irgendwann den Pulitzer-Preis. ;)

Viele liebe Grüsse

Thorsten

 

Hallo derhighlander,

den Anfang der Geschichte fand ich inhaltlich und auch sprachlich nicht schlecht. Besonders die Wende vom Gefühl des Verliebtseins zum Schmerz (am "Liebesbaum") finde ich wirklich gut formuliert. Ab dem Punkt, wo die Schere erwähnt wird, gefällt mir der weitere inhaltliche Verlauf aber nicht mehr. Der Mord/"Totschlag" kommt mir (auch in Bezug auf die sprachliche Umsetzung) zu plötzlich und ich hätte, wie auch Existence, ein offenes Ende bevorzugt.

Eine kleine Sache noch:

Naja, einige sagen, 105kg bei einer Grösse von 1,80cm sind doch völlig ok.
1,80cm? Und eigentlich müsste es "Größe" heißen, aber du verwendest anscheinend gar kein "ß", oder?

Gruß,
Juliane

 

Hallo Juliane,

zunächst vielen Dank für das Lob.
Ich werde mir das Ende noch einmal neu überlegen. Vielleicht finde ich da ja eine elegantere Lösung.

Das hast du richtig erkannt. Ich verwende kein ß mehr, da ich nicht so genau weiss, wann man nach der Rechtschreibreform ein ss und wann ein ß setzt. Stört das beim Lesen?
Mit dieser Beschreibung der äusseren Erscheinung bin ich auch noch nicht so sehr zufrieden. Hast du da vielleicht einen kleinen Tipp für mich?

Viele Grüsse

Thorsten

 

Also, zunächst mal: die Geschichte hat mich berührt, ich konnte die Beklemmung und Wut des Protagonisten nachfühlen. Das ist gut.

Wie auch Existens ist mir aufgefallen, dass du dir mit den Zeitformen nicht ganz einig wirst: Im ersten Absatz wechselst du ein paar mal, legst dich im Mittelteil auf Vergangenheit fest, um am Ende in die Gegenwart zu springen. Find ich auch nicht so glücklich. Das solltest du nochmal durchgehen.

Ich werde mir das Ende noch einmal neu überlegen. Vielleicht finde ich da ja eine elegantere Lösung.
Es würde dem Ende schon helfen, wenn du alles nach "Ich hab ja noch die Schere." abschneidest. Das lässt den Suizid zwar immer noch als wahrscheinlichsten Ausgang, er muß aber nicht mehr notwendiger Weise eintreten.

@Existence: Ein Ende mit strafrechtlichen Folgen fände ich nicht so gut, weil der Protagonist dann wieder als Looser da steht. Damit das nicht platt wird, muß es richtig gut ausgearbeitet sein, und würde dann wohl zum Hauptteil der Story.

Wegen der etwas stereotypen Charaktere würde ich mir nicht zu viele Gedanken machen. Bei deiner nächsten Story kannst du darauf ja mehr Energie verwenden.
(Vielleicht schreibst du ja ne Story über strafrechtlichen Ermittlungen betreffs eines ewigen Loosers, der im Affekt einen Peiniger erstochen hat :D)

Das hast du richtig erkannt. Ich verwende kein ß mehr, da ich nicht so genau weiss, wann man nach der Rechtschreibreform ein ss und wann ein ß setzt. Stört das beim Lesen?
Ich bin mit der neuen Rechtschreibung auch nicht so bewandert, aber mir ists mit ß lieber.
Mir hilft: wird der Vokal vor dem ss/ß kurz gesprochen, kommt das doppelte "s", bei langem Vokal das "ß". Stimmt glaub ich meißtens :)

gutes Gelingen : lucutus

 

Hallo Lucutus,

die Zeitformen sind zu Beginn der Geschichte extra so gewählt. Der Protagonist beschreibt in diesem Abschnitt sowohl seine Erlebnisse, also Vergangenheitsform, als auch die beiden Personen Nina und Malte. Die Beiden sind ja immer noch so, wie er sie beschreibt. Da muss ich doch die Gegenwartsform wählen, oder sehe ich das falsch? Und ganz am Ende befindet er sich ja wieder in der Gegenwart und erzählt nicht mehr die Geschichte.

Da lieferst du mir auch gleich eine Idee für meine nächste Geschichte. das finde ich gut. :D

Ich habe gerade mal nachgelesen, wie das mit dem ss/ß ist. Du hast recht mit deiner Regel. Bis auf die ein oder andere Ausnahme natürlich. Warum soll die deutsche Sprache auch leicht sein. :cool:

Read You

Thorsten

 

Hallo Thorsten,

eigentlich meinte ich mit

1,80cm?
nur, dass die Einheit nicht stimmt (oder ist er wirklich nur knapp zwei Zentimeter groß? :D), ansonsten habe ich an der Beschreibung eigentlich nichts auszusetzen. Der Satz "Naja, einige sagen, 105kg bei einer Grösse von 1,80cm sind doch völlig ok." passt sprachlich ganz gut - zumindest am Anfang, später überwiegt dann doch das Selbstmitleid.

Dass die "Verbannung" des ß stört, kann ich so nicht sagen, es fällt (mir) eben auf. Außerdem mag ich das ß :D, da tut es mir schon leid. Auch ich hab mir die Regelung nochmal angeschaut - ist doch eigentlich nicht schwer, oder ;)?

Gruß,
Juliane

 

Hallo Juliane,

ups. So klein sollte er wirklich nicht sein. Ich werde ihn mal etwas wachsen lassen. :-)

Ich werde es mir auch wieder angewöhnen, dass ? an den richtigen Stellen zu benutzen.

Viele Grüße

Thorsten

 

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