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Die Opposition
Traviz: [pfeift vor sich hin]
Geist: He Traviz, nicht so schnell, mein Freund.
Traviz: [erschrocken] Wer ist da? Na los, zeig dich!
Geist: [schwebt zu ihm] Na, wie geht’s dir? Genießt du dein Leben?
Traviz: Was soll denn die Frage, ja natürlich. Bist du ....ein Geist?
Geist: Ja, bin ich. Ich bin der Geist der Opposition.
Traviz: Wie soll ich das denn verstehen?
Geist: Ich überzeuge die Menschen stets vom Gegenteil. Ich sage nein, wenn du ja sagst.
Traviz: Der Teufel?
Opposition: Der Teufel?
Traviz: [zitiert] Ich bin der Geist, der stets verneint.....
Opposition: Nein, der Teufel bin ich nicht. Du brauchst vor mir keine Angst zu haben.
Traviz: Was willst du von mir, Opposition?
Opposition: Macht dir dein Leben eigentlich Spaß, findest du dein Leben gut und bist du zufrieden?
Traviz: Natürlich. [überlegt] Ich habe eine schöne Freundin, einen großen Freundeskreis, gute Noten in der Schule, reiche Eltern, immer genug Essen.....
Opposition: Stop! Ich bin gekommen, um dir die Wahrheit zu zeigen.
Traviz: Du als Opposition willst mir ausgerechnet die Wahrheit zeigen? Müsstest du mir nicht nur Trugbilder zeigen?
Opposition: Wenn du glaubst, dass auf der Welt die Wahrheit überwiegt, dann bist du sehr naiv. Die Lüge! Das ist es, was heute zählt! Wer am besten lügen kann, der ist glücklich.
Traviz: [arrogant] Das glaube ich nicht. Mein Leben ist nahezu perfekt. Daran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern! Tschüß! [geht weiter]
Opposition: Wenn du denkst, ich mache das aus Spaß, dann hast du dich leider geirrt.
Was ist, wenn du morgen stirbst? Ändert sich dann nichts oder was?
Traviz: [überheblich] Ich bin überall beliebt, ich bin nicht krank, ich bin vorsichtig im Verkehr. Wieso sollte ich morgen sterben?
Opposition: Du bist naiver als ich dachte! Komm ich zeige dir deine perfekte Welt.
Traviz: Nein, ich bin jetzt verabredet mit meinen Freunden....
Opposition: [fordernd] KOMM!
Traviz: Hast du nicht gehört, ich....
Opposition: Bei mir laufen die Uhren anders, du wirst rechtzeitig wieder da sein. Versprochen.
Traviz: Versprochen?
Opposition: Das Wort der Geister; wir halten immer Wort.
Traviz: [zögernd] Na gut.
In einem Café
Traviz: [erstaunt] Hey, wie kommen wir denn so schnell hierher? Alle sind sie da, meine Freunde. Hey Leute, wie geht’s?
Opposition: Sie können dich nicht hören.
Traviz: Und wieso nicht, was wollen wir dann hier, wenn die mich sowieso nicht hören?
Opposition: Jetzt hör ihnen schon zu!
[ Vokan, Terak, Medisa, Berrit und Zagren, Traviz Freunde, sitzen an einem Tisch und reden]
Terak: Hoffentlich kommt Traviz etwas später. Der ist in letzter Zeit so komisch. Jedenfalls seit er mit Raonah zusammen ist.
Medisa: [kichert] Ja, Raonah das alte Flittchen.
[Alle lachen]
Traviz: WIE BITTE? Sag, dass das ein Scherz ist, Geist. Du hast sie verzaubert oder so! Es sind doch meine Freunde. Die würden im Leben nicht so über mich herziehen. Geist, sag was!!
Opposition: Das ist die Wahrheit! Das sind deine Freunde!
Traviz: Nein, das kann ich nicht glauben...
Opposition: Sieh hin, sie reden weiter.
Berrit: Raonah nutzt Traviz doch voll aus, weil er immer alles in Arsch gesteckt bekommt. [macht Traviz nach] Papa hast du ma n bisschen Geld??
[Gelächter]
Vokan: Habt ihr seine neuen Schuhe gesehen. Also wenn ich Traviz nicht kennen würde, dann würde ich glauben, er sei schwul.
Zagren: Ja genau, die Schuhe. So was Schwules!!
Terak: Was ist denn jetzt eigentlich mit Raonah und Thulkip? Hat er sie schon flachgelegt oder ist die Wette noch am laufen.
Vokan: Wette? Da braucht man nicht wetten, das wäre ja ein klarer Gewinn.
[Traviz schnaubt]
Opposition: Das sind also deine Freunde? Sind die alle so dumm? Sie reden über deine Schuhe!! Was ist denn das für ein Kriterium deines Charakters?
Traviz: DAS SIND NICHT MEINE FREUNDE!! DAS IST EIN TRUGBILD!
Opposition: Nein Traviz, es ist die Wahrheit! Öffne deine Augen, deine Ohren. Es sind ihre Stimmen und ihre Körper und ich schwöre, es sind auch ihre Seelen.
Traviz: Das kann doch nicht sein. Ich dachte, ich wäre beliebt. Die können mir gestohlen bleiben, diese Arschlöcher. Diese Lügen über Raonah, dieses Gerede über meine Schuhe....Nein, das sind nicht meine Freunde.
Opposition: Komm, wir sind noch nicht fertig.
Traviz: Hast du auch gute Nachrichten für mich?
Opposition: Komm!
[bei Raonah im Haus]
[Raonah sitz mit Thulkip auf dem Bett, sie reden]
Traviz: NEIN, NEIN!
Opposition: Warte, Traviz. Du musst die Wahrheit sehen!
Traviz: [hysterisch] Ich will nicht.
Opposition: SIEH HIN!
[Traviz schaut mit Tränen in den Augen zu den beiden]
Raonah: ....Ich weiß nicht, Thulkip. Wegen Traviz und so. Das ist echt ne doofe Situation. Bitte glaub mir.
Thulkip: Ach Raonah, ich will dich doch nicht bedrängen. Im Leben nicht. Aber ich will dir die Wahrheit über Traviz erzählen.
Traviz: Was willst du, du Hurensohn? Was für eine Wahrheit?!
Raonah: Was?! Betrügt er mich?
Thulkip: Raonah, du bist viel zu gut für diesen...diesen Abschaum.
Raonah: Rede nicht so über Traviz. Erzähl mir die Wahrheit.
Thulkip: Eigentlich musste ich ihm versprechen, dir nichts zu erzählen, aber ich kann es nicht länger ertragen, mit anzusehen, wie dieser Mistkerl dich behandelt.
Raonah: [mit Tränen in den Augen] Erzähl es mir, bitte!
Thulkip: [nimmt ihre Hand, streichelt sie] Er ist letzte Woche mit Berrit ins Bett gegangen und die Woche davor mit Medisa. Er hat allen ganz stolz davon erzählt, drohte uns aber, eine reinzuhauen, wenn wir es dir erzählen würden.
Raonah: [weint] Dieses...dieses Schwein, wie kann er mir das nur antun?
Thulkip: [umarmt sie, hat ein gemeines Funkeln in den Augen] Ich weiß es nicht....ich weiß es nicht.
Traviz: [verzweifelt] Glaub ihm kein Wort, Raonah, er lügt....er lügt.
Opposition: Sie können....
Traviz: Ich weiß, dass sie mich nicht hören!! Warum tust du mir das an, Geist?
Opposition: Antun? Ich tue dir einen Gefallen, ich öffne dir die Augen, zeige dir die Wahrheit. Möchtest du weiter in deiner Scheinwelt leben? Möchtest du, dass alle hinter deinem Rücken über dich reden, ohne dass du auch nur einen Funken Ahnung hast?
Traviz: [einsichtig] Nein, will ich nicht.
Opposition: Also sieh hin.
Raonah: Warum tust du das alles für mich, Thulkip? Ich dachte, du wärst immer so oberflächlich und würdest mit den Frauen nur schlafen wollen.
Thulkip: Du bist eben die Einzige, der ich mein wahres Inneres zeigen kann und will.
Raonah: [kommt auf ihn zu, küsst ihn, sie sinken aufs Bett] Thulkip, bitte schlaf mit mir!
Thulkip: Aber nur, wenn du es wirklich möchtest. Ich will dich nicht überrumpeln oder dich zu irgendetwas zwingen, was du nicht willst.
Raonah: Du bist so lieb, aber ich weiß, was ich jetzt will. [zieht sich aus]
Traviz: [weinend] NEIN!!! NICHT!! Bitte Geist, ich will weg hier, ganz schnell. Bitte. Ich will ganz schnell weg hier. Lass uns gehen. Nur schnell weg hier.
Opposition: Das ist also deine Freundin? Ziemlich naiv die Kleine. Er wird sie sowieso morgen oder übermorgen verlassen.
Traviz:[zornig] Meinst du, dass weiß ich nicht?! Thulkip ist der allerschlimmste, was das angeht. Warum ist sie nur so dumm? Jetzt lass uns weg hier!
Opposition: Wie du meinst.
[In einem Haus, das Traviz unbekannt ist]
Traviz: Oh Gott, was jetzt wohl kommt.
Opposition: Du wirst sehen...
[Im Haus sitzt ein Mädchen in Traviz Alter traurig in ihrem Zimmer und schreibt]
Traviz: Das Mädchen geht auf meine Schule.
Opposition: Ich weiß.
Traviz: Aber ich habe gar nichts mit ihr zu tun, was wollen wir denn noch hier?
Opposition: Gar nichts?
Traviz: Nein. Was schreibt sie denn da? Ich kann es nicht sehen, sie beugt sich zu sehr darüber.
Opposition: Ich kann es ebenfalls nicht sehen, aber wir werden es gleich sicher wissen.
[Das Mädchen packt den Kugelschreiber weg, steckt den Zettel in einen Umschlag und schreibt Traviz darauf.
Traviz: Das...das ist mein Name. Was hat sie vor?
[Mädchen nimmt ein Messer und schneidet sich die Pulsadern auf]
Traviz: HALT. NEIN. HALT [versucht, sie an ihrem Vorgehen zu hindern, greift aber immer durch sie hindurch wie durch Luft] Bitte hör doch auf damit. Geist, tu was!
Opposition: Ich bin genauso machtlos wie du.
[Beide starren wie gebannt das Mädchen an. Sie windet sich. Ihr Todeskampf dauert lang. Traviz und die Opposition stehen wie versteinert da]
[Mutter betritt das Zimmer]
Mutter: [kreischend] Oh Gott, das viele Blut. MARGOTA!!! Nein! Bitte sag was, sprich mit mir, ich bin es: deine Mutter. Bitte Margota tu uns das nicht an, du bist unser einziges Kind. Lebe....bitte lebe....lebe.....
Traviz: Ich fühle mich so hilflos. Warum kannst du nichts tun, Geist? Du kannst Zeit und Raum überlisten, aber kein Mädchen vor dem Tod retten?
Opposition: Der Einzige, der sie hätte retten können warst du!
Traviz: [erschüttert] Wieso ich?!
Opposition: Sieh...
[Mutter nimmt den Umschlag, holt den Zettel heraus und liest vor]
Mutter: [liest] Lieber Traviz. Wenn du diesen Brief liest, bin ich schon tot, vergessen, zerfallen. Du hast dich nie für mich interessiert, hast mich nie angeschaut, nie mein Lächeln erwidert, mich wie Luft behandelt. Du warst meine große Liebe. Ich wusste es seit ich 14 bin, dass ich niemand anderen wollte. Jeder Tag war ein Dolchstoß in mein Herz, jede Minute, die du mich verschmäht hast, wollte ich vergessen. Am Ende waren es zu viele Tage, zu viele Minuten voller Schmerz. Auch jetzt bin ich mit den Gedanken bei dir, stelle mir vor, wie du mir beim Schreiben zuschaust, mich versuchst aufzuhalten und wir zu zweit noch mal neu beginnen. Da das aber alles Hirngespinste sind und du dich wahrscheinlich niemals mit mir abgeben wirst, will ich sterben. Nur noch sterben. Sterben. Sterben. Sterben. Sterben.
Ich hoffe, du wirst eines Tages merken, wie viel du mir bedeutet hast. Ich kann einfach nicht mehr. Ich denke, ich habe mein Leben einem unnahbaren Traum gewidmet, der weiter weg war, als die Sonne. Einen Neustart gibt es nicht, niemand bekommt eine zweite Chance. Niemand... Ich liebe dich Traviz. -Ein Engel
[Mutter bricht zusammen.]
Traviz: Das darf doch alles nicht wahr sein. Hört denn das nicht mehr auf? Was ist los? Warum wird mein schönes Leben hier zerstört. Was habe ich denn getan? Was? Geist, wer schickt dich? Wer will mich kaputtmachen? Was bist du?
Opposition: Traviz, ich habe keinen Antrieb. Ich bin der Geist der Opposition und wollte dir zeigen, was für ein Widerspruch dein Leben ist: Die perfekte Harmonie nach außen, aber innen das saure Leben. Du warst einfach dran, die Wahrheit zu erfahren. Belüg dich nicht selbst, Traviz! Lerne die wahren Facetten des Lebens kennen.
Traviz: Wer möchte denn schon leben, wenn es das ist, was wir Leben nennen?
Opposition: Du allein musst mit der Wahrheit fertig werden.
Traviz: Du zeigst mir die Wahrheit und überlässt mich meinem Schicksal?
Opposition: Du musst stark sein. Ganz stark. Du darfst dich nicht aufgeben. Sei stark, Traviz. Das Leben ist vertrackt.
Traviz: Gut, ich werde es versuchen. Du hast mir hier schwere Kost serviert, aber ich muss lernen, damit fertig zu werden. Na schön!
Opposition: Wir sind noch nicht am Ende, Traviz. Ein letztes mal müssen wir noch fort.
Traviz: Schlimmer kann es fast schon nicht mehr werden. Ich habe keine Freunde, keine Liebe, ich bin ein Mörder. Was kommt jetzt? Hat mein Vater bankrott gemacht und wir landen auf der Straße? Zeigst du mir die Zukunft?
Opposition: Nein, ich zeige dir nur die Gegenwart, komm.
[In einem Haus]
Traviz: Hier war ich auch noch nie. Moment, was sind denn das für Kinderfotos. [sieht sie sich an] Ach, das ist Delf aus meiner Klasse, ja. Den kann ich auf den Tod nicht leiden.
Opposition: Er dich auch nicht.
Traviz: Tja, aber das ist kein allzu großes Geheimnis. Das wusste ich schon vorher.
Opposition: Jetzt warte erst einmal ab. Du wirst schon sehen, was ich meine.
Traviz: Da ist ja Delf, dieser Arsch.
Opposition: Hör hin.
Delf: So Traviz, du hältst dich wohl für den besten, was? Nein mein Lieber, nicht mit mir, nicht mit Delf. [stellt sich mit Pistole vor den Spiegel] Morgen bekommst du, was du verdienst. Morgen ist mein Tag. Du wirst schön das Zeitliche segnen.
Traviz:[komplett erschüttert, panisch] Aber...aber Geist, will er mich...töten?
Opposition: Sieht ganz so aus. Ich weiß, was du heute mit ihm in der Schule gemacht hast.
Traviz: Ich weiß, dass das verkehrt war, aber deswegen muss er mich doch nicht gleich umbringen.
Opposition: Du hast ihn vor der ganzen Klasse bloßgestellt [verurteilend] du hast ihm die Hose heruntergezogen und seine Privatsphäre verletzt. Kannst du dir vorstellen, was das für eine Demütigung ist?
Traviz: Er will mich töten, verdammt und du redest über Demütigung? Er soll mich lieber zehnmal demütigen, als umbringen. Ich will nicht sterben.
Opposition: Du wusstest nicht, wie er reagieren wird. Du hast gedacht, dass der dumme Delf schon seine Klappe halten wird und du bist das Risiko eingegangen, dass seine Psyche zerstört wird.
Traviz: [entrüstet] Psyche zerstört? Das war ein dummer Streich, weiter nichts.
Opposition: Nicht für Delf. Sieh.
Delf: [zielt in den Spiegel, macht Schussgeräusche nach] Stirb! STIRB! Ich töte dich Traviz und jeden Einzelnen, der gelacht hat. Ihr werdet alle bezahlen. So leicht legt keiner Delf aufs Kreuz, nein nein.
Traviz: Dann fahr ich halt nicht mehr zur Schule. Ich will nicht sterben.
Opposition: Er wird dich kriegen. Es tut mir leid, aber er ist hochintelligent, er weiß, wo und wie er suchen muss, um dich zu finden. Wenn du wegrennst, tötet er deine Eltern.
Traviz: [panisch] Woher weißt du das?
Opposition: Ich weiß es.
Traviz: Woher?
Opposition: Ich weiß es.
Traviz: WOHER?!
Opposition: Ich weiß es, ich kenne seine Psyche, er ist hochintelligent, aber schizophren und paranoid! Er wird dich töten ohne Zögern, ohne Angst, ohne Gewissen. Du kannst nicht fliehen. Niemals!
Traviz: Ich bin achtzehn Jahre alt, ich will nicht sterben. Was hatte mein Leben für einen Sinn? Alle reden sie über den Sinn des Lebens, welchen Sinn hatte mein Leben, Geist? Geist?
[Sieht sich um. Der Geist der Opposition ist weg. Traviz steht dort, wo ihn der Geist aufgriff]
Was hatte mein Leben für einen Sinn? Ich will eine Antwort!! Ich hatte keine Freunde, keine Liebe und ich bin ein Mörder. Morgen werde ich mit meinen achtzehn Jahren ermordet. Also was hatte mein Leben für einen Sinn? Geist, wo bist du? GEIST?!!!