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Die Notlandung

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23.10.2002
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Die Notlandung

Achim Köppen Heckenweg 6 32278 Kirchlengern 2
1 Manuskript

Die Notlandung

„Fünfzig Prozent Schub auf die Bremstriebwerke. Zehn Grad Neigungswinkel.“
Roger Solms nickte bestätigend.
Langsam sackte der spindelförmige Körper der „Mercator 1“ in die tieferen Schichten der Planetenatmosphäre. Hin und wieder wurde das Raumschiff von schweren Erschütterungen erfaßt, welche die Mannschaft tief in ihre Sitze preßte.
Unter ihnen lag eine fremde, unbekannte Welt, die nach erstem Anschein große Ähnlichkeit mit dem Mars in der heimatlichen Milchstraße hatte. Der ganze Planet schien von ständigen Sandstürmen heimgesucht zu werden. Mächtige Ringgebirge, die wahrscheinlich vulkanischen Ursprungs waren, konnte man jetzt auf dem großen Hauptbildschirm erkennen.
Kein Platz, an dem Leben gedeihen würde. Eine blaßrote Sonne hing vor ihnen am Himmel.
Ein sterbender Stern.
„Außentemperatur -20 Grad Celsius und fallend“, meldete Solms.
“Landekufen ausfahren, alle Stationen sichern. Wir setzen gleich auf. Noch dreißig Meter, noch zwanzig.“ Roter Staub wurde aufgewirbelt.
„Noch zehn.“ Eine letzte Erschütterung ging durch das Schiff “Aufgesetzt.“
Tief drangen die Landekufen der Mercator 1 in den rötlichen Boden ein.
Captain Frank Schmidt stand vom Kommandosessel auf, reckte sich und gähnte müde.
„Mr.Solms, Sie übernehmen jetzt das Kommando. Mr. Rodriguez, ich möchte in fünfzehn Minuten eine genaue Atmosphärenanalyse.“
Rodriguez nickte.
„Ich werde unsere Landung dem Commodore melden.“
Solms grinste und schob sich eine Zigarette in den linken Mundwinkel. „Wollen Sie ihm beim Sortieren der Briefmarken helfen, Sir?“
Schmidt wollte etwas erwidern, unterließ es dann aber doch. Er mußte froh sein, daß ihm wenigstens noch diese paar Männer gehorchten, denn die Mercator 1 war nur noch ein Wrack.
Das ganze Drama hatte vor etwa einem Jahr begonnen:
Die Mercator war ursprünglich ein modernes Forschungsschiff gewesen. Eines der ersten mit einem neuartigen, überlichtschnellen Antrieb.
Doch schon bei der ersten Expedition zu einem entfernten Sternennebel war es geschehen: Ein Meteorit hatte eines der beiden überlichtschnellen Solartriebwerke so schwer beschädigt, daß es nicht mehr möglich war, dieses zu benutzen. Das zweite war dann fünf Monate später durch Überlastung ausgefallen. Mit den normalen Impulstriebwerken würden sie von dieser Galaxis für den Rückflug zur Erde fast 100 Jahre benötigen. Eine Reparatur der beschädigten Teile war nicht möglich, denn niemals hatte man mit einem derart schweren Schaden gerechnet, die Rückkehr zur Erde schien daher so gut wie ausgeschlossen zu sein .
Die Besatzung hatte diese Tatsache auf unterschiedliche Weise aufgenommen: Während einige von ihnen in dumpfe Lethargie verfielen, lagen andere wieder ständig betrunken in ihren Unterkünften, so daß von den ursprünglich sechzig Mann Besatzung nur noch knapp fünfzehn übrig blieben, um die wichtigsten Funktionen zu überwachen.

Nur auf diese fünfzehn konnte sich Schmidt überhaupt noch einigermaßen verlassen. Selbst Commodore Winter, der eigentliche Kommandant des Schiffes, hatte diese Umstände seelisch nicht verkraftet. Er kapselte sich immer mehr ab und war nicht mehr in der Lage, das Schiff zu führen. So saß er nur noch in seiner Kabine und beschäftigte sich mit seinen Briefmarken. Schmidt hatte jetzt die Kabine des Commodore erreicht und klopfte kurz an.
Ein schwaches „Herein!“ war zu hören.
Winter war wie immer über seine Briefmarken gebeugt, die er auf einem großen Metalltisch ausgeschüttet hatte. Es war die einzige Beschäftigung, der er überhaupt noch nachging.
Er sortierte sie, ordnete sie nach Ländern oder Sachgebieten und steckte sie dann fein säuberlich in seine Alben, um sie dann zwei Tage später wieder herauszuholen und erneut zu sortieren. Eine sinnlose Arbeit also, aber die einzige, der er, wie schon erwähnt, überhaupt noch nachging.
„Wir sind gelandet, Sir“, meldete Schmidt.
„Gelandet? Ach so, ja, ja, äh - wo denn?“
„Na, auf dem Planeten, den wir gestern geortet haben. Ich hoffe, daß wir in den Bergregionen in tiefer gelegenen Höhlen endlich Wasser finden werden.“
„Wie? Fehlt uns denn welches?“ fragte Winter, ohne sich auch nur von den Briefmarken abzuwenden.
„Aber ja, das habe ich Ihnen doch gestern schon gemeldet. Da unsere Wiederaufbereitungs- anlage schon seit über zwei Monaten nicht mehr richtig arbeitet, sind wir auf frisches Trinkwasser dringend angewiesen.“
„Sehr schön, dann unterrichten Sie mich, wenn Sie es finden sollten, und jetzt lassen sie mich in Ruhe, Sie sehen ja, daß ich beschäftigt bin.“
Schmidt war schon an der Tür, als ihn der Commodore wieder zurückrief. „Ach ja, wäre es möglich, daß Sie mir jemanden schicken, der mir beim Sortieren hilft?“
Schmidt nickte nur, es war sinnlos. Mit Winter war nicht mehr zu rechnen.
Er verließ die Unterkunft und betrat den Flur. Die Gangbeleuchtung links und rechts neben ihm flackerte schwach.
Schmidt winkelte seinen rechten Arm an und betätigte den Kommunikator, ein etwa armbanduhrgroßes Gerät.
„Kommandozentrale, hier ist Schmidt. Was ist eigentlich mit den Lichtverteilern auf Sektion C ? Ich hatte doch heute morgen angeordnet, daß sie repariert werden sollen.“
„Das verstehe ich nicht, Sir“, kam die Stimme von Rodriguez aus dem kleinen Gerät. „Ich habe es sofort an Jenkins weitergegeben. Es müßte doch längst in Ordnung sein.“
Schmidt tat noch ein paar Schritte in das flackernde Halbdunkel des Ganges. Ein plötzliches Geräusch ließ ihn herumfahren. Jetzt konnte er, etwas abseits an die Wand gelehnt, eine Gestalt erkennen. Kopfschüttelnd ging er zu ihr hinüber und betätigte wieder das Kommunikatsionsgerät.
„Alles klar. Ich habe Jenkins gefunden. Er hat eine ganze Flasche mit schottischem Whisky leergemacht. Schicken Sie jemand anderen her, damit die Arbeit endlich erledigt wird.“
„Verstanden, Sir.“
„Was ist übrigens mit der Atmosphärenanalyse?“
„Nun, da die meisten unserer Meßgeräte nicht mehr richtig funktionieren, war nur eine sehr grobe Analyse möglich. Die Atmosphäre ist sehr dünn. Sie enthält hauptsächlich Kohlendioxyd und Spuren von Wasser, aber wenig Sauerstoff. Die Oberflächentemperatur wird kaum die Null-Grad-Grenze erreichen. Die Sonne ist übrigens ein roter Riesenstern vom Typ des Antares.“
„Sehr gut, dann bereiten Sie schon einmal alles für eine Expedition ins Bergland vor.
Ausrüstung und Bewaffnung für sechs Leute und versuchen Sie, wenigstens, eines von den Mobilen einsatzfähig zu machen, damit wir nicht zu Fuß gehen müssen. Ich bringe Jenkins in seine Unterkunft und komme dann später wieder in die Zentrale.“
Kurz nachdem er den Betrunkenen in seine Kabine gebracht hatte, traf Schmidt auf seinem Weg in die Zentrale Dr. Helena Burns, die Chefärztin der Mercator 1.
„Hallo Frank, wie geht es Ihnen heute?“
Schmidt lächelte gequält: „Wollen Sie das wirklich wissen?“
„Nein, natürlich nicht. Ich weiß wie katastrophal unsere Situation ist.“
„Dann wissen Sie sicherlich auch, daß wir dringend frisches Wasser benötigen, das wir sehr wahrscheinlich aber nur in den Bergen finden werden. Außerdem müssen wir dringende Reparaturen durchführen.“
„Sie wollen jetzt sicherlich wissen“, fragte die Ärztin, „wie es um die Einsatzfähigkeit der Männer bestellt ist?“
Der Captain nickte.
„Keiner von ihnen ist auch nur bedingt einsatzfähig. Sie übrigens auch nicht.“
„Das habe ich mir gedacht. Trotzdem bleibt uns keine andere Wahl, wenn wir überleben wollen. Bis später, ich muß jetzt in die Zentrale.“ Er verabschiedete sich.

Genau zwei Stunden später quälte sich eines der Planeten-Mobile durch die triste Wüstenlandschaft auf das nahe Gebirge zu. An Bord des kleinen, panzerähnlichen Fahrzeuges befanden sich neben Schmidt noch der zweite Offizier Solms, ein Techniker und drei Wissenschaftler: Der Geologe Carl Mueller, der Biologe Björn Lindström und der Physiker Poul Simmons. „Wann werden wir dort sein?“ erkundigte sich der Captain bei Solms.
„Ich schätze, in einer halben Stunde.“
„Nach meinen Meßgeräten zu urteilen, werden wir dort oben sicher Wasser finden. So wie es aussieht, gibt es da sehr viele Höhlen“, meldete sich jetzt Carl Mueller zu Wort.
„Ich hoffe, daß Sie recht haben, Carl, sonst sieht es schlecht für uns aus.“
Ein plötzlicher Summton ließ Schmidt herumfahren. „Was gibt es?“ wandte er sich an den Techniker.
„Eine große Ansammlung von Metall, etwa zwei Meilen in nördlicher Richtung. Dort hinter diesem Ringgebirge“, dabei deutete er auf einen kleinen Ortungsschirm, direkt vor sich. „Der Detektor schlägt voll aus.“
„Was kann das sein?“
„Sehen wir es uns an! Soviel Zeit haben wir gerade noch.“
Mit aufheulenden Motoren und erhöhter Geschwindigkeit fuhren sie weiter. Die Ausläufer des Gebirges näherten sich.
Langsam schob sich das schwere Kettenfahrzeug den Abhang hinauf.
Als sie schließlich die letzte Anhöhe erreicht hatten, wurde das Summen des Ortungsgerätes noch intensiver.
Dann konnten sie den Grund dafür erkennen. Ungläubig starrten sie auf den kleinen Bildschirm des Mobils. So etwas hatten sie zuvor noch nie gesehen. Dort im Tal des Kraters lagen die Trümmer eines ihnen völlig unbekannten Raumschiffes. Es hatte die Form einer Kugel und einen Durchmesser von etwa fünfhundert Metern und ruhte schräg auf mehreren zerborstenen Landestützen.
„Extraterristrisch“, entfuhr es Simmons. „Eine Schiff solcher Bauart gibt es im ganzen Sonnensystem nicht.“

„Da suchen wir seit Jahrhunderten nach intelligenten Leben im Weltall und finden ausgerechnet auf diesem unwirtlichen Planeten die ersten Spuren davon“, entgegnete Lindstöm.
Vorsichtig lenkte der Techniker das Mobil nun hinunter ins Tal.
„Mr. Solms und Mr.Simmons würden sie mich bitte begleiten, ich möchte es mir sehr gerne etwas gründlicher ansehen“, wandte sich Schmidt nun an seinen zweiten Offizier und den Physiker.
Die beiden Männer nickten.
Sie verließen den Kommandostand des Fahrzeugs und begaben sich nach hinten, wo sich die Druckschleuse befand.
Inzwischen war das Raupenfahrzeug unten im Tal angekommen, sie hielten direkt vor dem gigantischen Raumschiff.
Nachdem sie ihre Druckanzüge angelegt hatten, drückte Schmidt ihnen noch, je einen schweren Photonenkarabiner in die Hände.
„Nur für alle Fälle, wir wissen ja nicht was uns dort draußen erwartet.“
Der pfeifende Wind und die roten, aufwirbelnden Staubmassen, waren das erste was sie wahrnahmen als sich die Schleusentür vor ihnen öffnete.
„Mein Gott, das ist ja furchtbar. Man sieht kaum die Hand vor Augen“, schrie Simmons ins Helmmikrophon.
„Bleiben sie nur ganz ruhig und schalten sie den Scheinwerfer, vorne am Helm ein.“
„Dort drüben ist so etwas wie eine Leiter, wir sollten von dort versuchen ins Schiff zu kommen“, meldete sich jetzt Solms über Helmfunk.
„Ja, in Ordnung. Schmidt an Mobil 1, wir haben einen möglichen Einstieg entdeckt. Wir versuchen von dort aus einzudringen. Ende!“
„Verstanden. Ende!“
Mit größter Vorsicht kletterten sie die schmalen Sprossen empor, die in etwa zehn Meter Höhe an einem großen, offenen Schleusentor endeten. Von hier aus konnten sie fast die ganze Kraterlandschaft überblicken.
„Sehen sie Captain, es muß aus nördlicher Richtung gekommen sein und hat bei seiner Notlandung fast den ganzen Berg, dort drüben mit abgetragen“, erklärte Solms mit ausgestrecktem Arm.
„Unglaublich, unsere Schiffe währen bei solch einem Unternehmen wahrscheinlich in tausend Teile zerschellt.“
„Es muß sich um eine uns, weit überlegene Rasse gehandelt haben“, meldete sich der Physiker zu Wort. „Schauen sie sich nur einmal die kristalline Struktur der Außenhülle an“, fuhr Simmons weiter fort. „Vermutlich sollte es dadurch eine noch größere Stabilität bekommen. Wahrscheinlich eine Speziallegierung.“
Schmidt nickte.
„Möglich, aber wir sollten jetzt weiter ins Innere gehen. Wir haben nicht mehr all zuviel Zeit, wenn erst einmal die Sonne untergegangen ist, können wir dort draußen gar nichts mehr erkennen und unsere Wassersuche vergessen.“
Sie folgten einem schmalen Korridor ,welcher scheinbar zum Zentrum des Schiffes führte. Hin und wieder, blickten sie in die links und rechts des Ganges befindlichen Kabinen, konnten dort aber weder Tote noch sonst irgend eine Spur der Besatzung entdecken. Ganz im Gegenteil, die kleinen Kammern wirkten eher so, als wenn man sie erst vor kurzer Zeit aufgeräumt hätte. Nur die auffällig rote Staubschicht, die sich auf alles gelegt hatte, zeigte, daß dem nicht so war. „Ich frage mich, was aus der Mannschaft geworden ist, ob sie alle das Schiff verlassen haben? Dort draußen kann man doch höchstens für ein paar Stunden überleben.“
Schmidt schüttelte den Kopf.

„Ich weiß es nicht. Ich schätze, daß sie über kurz oder lang alle gestorben sind.“ Er deutete nach vorn. „Dort drüben, das muß die Zentrale sein.“
Sie hatten nun das Zentrum des Kugelschiffes erreicht. Vor ihnen befand sich so etwas, wie eine automatische Schiebetür.
„Hm, verschlossen. Hängt wahrscheinlich mit an der Hauptenergieversorgung des Schiffes.“
„Dort drüben ist ein Kippschalter, vielleicht können wir sie damit aktivieren?“ Solms deutete dabei auf die rechte Wand.
„Ich glaube, das lassen wir besser bleiben. Wir wissen ja nicht genau was damit noch ausgelöst wird. Vielleicht ein automatisches Alarmsystem. Das ist mir die Sache nicht wert.“
„Dann können wir nur noch umkehren“, meinte der Physiker.
„Genau Doc, wir haben ohnehin keine Zeit mehr, die Sonne geht bald unter.“
„Zum Glück ist die Bergregion, in der wir die Quellen vermuten, ganz hier in der Nähe. Beeilen wir uns also.“
Sie verließen das Wrack.
Circa 25 Minuten später standen sie dann endlich auf einem Art Höhenplateau und blickten hinunter ins Tal. Die Landschaft wirkte jetzt, wo die Sonne fast untergegangen war, noch unheimlicher und feindseliger. Die fernen Sterne und Galaxien flackerten unruhig in der sturmgepeitschten Atmosphäre.
„Die Temperatur fällt rapide, wir haben jetzt minus dreißig Grad“, meldete Solms nach einem Blick auf das Armbandthermometer.
„Gut, dann laßt uns keine Zeit verlieren.“
„Wir müssen da hinauf“, erklärte Björn Lindström und deutete dabei auf einen schmalen Felsvorsprung. „Dort befindet sich ein Höhleneingang.“
Mühsam kletterten sie in ihren plumpen Druckanzügen die Felswand empor. Das Mobil hatten sie weiter unten am Abhang unter der Obhut des Technikers zurückgelassen.
Schon bald hatten sie den Eingang erreicht.
Im diffusen Licht ihrer Helmscheinwerfer zeichneten sich die Umrisse einer großen Höhle deutlich vor ihnen ab. Mächtige Stalagmiten wuchsen vom Boden bis fast unter die Decke.
„Hm, möglicherweise Salz“, murmelte Carl Mueller bei deren Anblick.
„Dort vorne ist ein Durchgang“, rief Simmons.
Hastig gingen sie darauf zu, stoppten aber im letzten Augenblick noch rechtzeitig ab. Der Weg hörte abrupt auf, und vor ihnen tat sich ein riesiger Abgrund auf.
„Wie tief mag es dort hinuntergehen?“ dachte Simmons laut.
„Das werden wir gleich wissen.“
Mit diesen Worten nahm Schmidt einen großen Stein vom Boden auf und warf ihn hinunter. Dann zählte er leise.
Erst nach einigen Sekunden hörten sie ihn unten aufschlagen.
Dann war ein kurzes Platschen zu hören.
„Das müßten etwa hundert Meter sein. Außerdem klingt es eindeutig nach Wasser.“
Die Mienen der Männer erhellten sich.
„Mr.Solms, gehen Sie bitte zurück zum Mobil und holen Sie die Seilwinde. Wir müssen jemanden hinunterlassen.“
Kurze Zeit später kehrte der zweite Offizier wieder zurück.
Es dauerte nicht lange, und sie hatten die Winde vor dem Abhang aufgebaut.
„Wenn Sie es erlauben, Sir, wäre ich gerne der erste, der hinunterklettert.“
Schmidt lächelte. „Nur zu, Solms, Sie haben es sich verdient, aber seien Sie vorsichtig.“
Rasch hatte Solms den Karabinerhaken an seinem Gürtel befestigt, dann glitt er an dem Seil in die Tiefe.

Bald war nur noch sein Atem durch die Helmlautsprecher zu hören.
„Ich bin jetzt unten“, kam seine Stimme nach einiger Zeit wieder aus den Helmlautsprechern. „Hier ist eine riesige Höhle. Sie muß mehrere Quadratmeilen groß sein, und dort ist tatsächlich Wasser. Es sieht zumindest wie solches aus. Ein unterirdischer See. Ich werde ihn mir genauer ansehen.“
„Hören Sie, Solms, entnehmen sie unbedingt Wasserproben“, fiel ihm jetzt Björn Lindström ins Wort.
„Das werde ich tun. Die Temperatur ist übrigens gestiegen, hier unten sind fast plus 15 Grad. Außerdem ist überall so gelbes Zeug an den Wänden, sieht wie Schwefel aus.“
„Ja, das kann sein“, meldete sich nun der Geologe. „Möglicherweise ist der See vulkanischen Ursprungs.“
„Ich entnehme jetzt die Proben“, mit diesen Worten füllte Solms etwas von dem Wasser in ein kleines Analysegerät, das er an seinem Gürtel trug.
„Das ist ja das reinste Heilwasser: Kalium, Magnesium und Karbonade in sehr hohem Anteil.“
Plötzlich stockte seine Stimme, und er wurde nervös.
„Moment, ich glaube dort drüben hat sich etwas bewegt. Ja, hier unten ist etwas Lebendiges.“
Seine Worte überschlugen sich: „Halt, komm Sie nicht näher oder ich schieße.“
Ein leises Zischen war zu hören und ein dumpfer Schlag, dann nur noch Stille.
„Solms, was ist mit Ihnen? Melden Sie sich“, schrie Schmidt in das Helmmikrophon.
Stille.
„So melden Sie sich doch.“
Nichts.
Plötzlich spannte sich das Stahlseil der Winde, so, als ob irgend jemand oder irgend etwas an ihm heraufkletterte.
„Sind Sie das, Solms?“
Keine Antwort.
„Waffen entsichern und bereithalten!“ befahl Schmidt
Die Männer gehorchten.
Im gleichen Augenblick erschien eine leuchtende Gestalt über dem Abgrund. Sie schien regelrecht in der Luft zu schweben. Rein äußerlich hatte sie die Umrisse eines Menschen, war aber körperlich durchscheinend, man konnte die inneren Organe wie Herz und Lunge erkennen. Nur eine gallertartige Masse schien diese zu schützen.
Langsam und mit erhobener rechter Hand schritt der Fremde jetzt auf die auf sie zu.
„Feuer!“ brüllte Schmidt.
Das fremde Wesen schien für einen kurzen Augenblick überrascht zu sein, als es von den
Strahlen getroffen wurde. Dann aber bildete sich plötzlich eine bläuliche Kugel um dessen
Körper. Die tödlichen Strahlen prallten an ihr ab und fraßen sich in das umliegende Gestein.
Panik überfiel die Männer.
„Los, weg hier“, schrie einer von ihnen.
Hals über Kopf rannten sie auf den Höhlenausgang zu. Keiner von ihnen dachte noch an
Solms. Auch Schmidt nicht. Die Höhle hinter sich lassend, taumelten sie in ihren schweren
Anzügen auf das Mobil zu. Ohne sich auch nur einmal umzudrehen, bestiegen sie es und
kehrten so schnell wie sie konnten zum Schiff zurück.

Alle Besatzungsmittglieder hatten sich in der Kommandozentrale versammelt. Zumindest
all diejenigen, die noch halbwegs einsatzfähig waren. Neben Schmidt noch der dritte Offizier
Rodriguez, die Wissenschaftler Lindström, Mueller und Simmons, aber auch die Ärztin
Helena Burns. Sie schwiegen nachdenklich. Die Sicherheitssysteme der Mercator 1 waren

auf Rot gestellt worden: Für den Fall, daß sich der Außerirdische dem Schiff nähern sollte.
Sie würden dann sofort Alarm geben.
„Woher wollen Sie wissen, daß Solms wirklich tot ist?“ brach die Ärztin plötzlich das Schweigen.
„Woher!“ schnaubte Rodriguez sie verächtlich an. „Genügt es ihnen nicht, daß er sich nicht
mehr meldet?“ Unser Schiffssender ist stark genug, wir müßten ihn doch sonst empfangen können!“
„Vielleicht ist nur sein Sender defekt, oder er ist ohnmächtig geworden.“
„Ach was, der Fremde wird ihn getötet haben“, entgegnete Rodriguez bitter.
„Ich weiß, was Sie für Solms empfunden haben, aber wir sollten uns dadurch nicht zu
falschen Taten verleiten lassen. Dieser Fremde ist vermutlich einer der letzten Überlebenden
des Kugelraumers, den sie entdeckt haben. Ich glaube nicht, daß er feindliche Absichten hat,
sondern er kämpft, genauso wie wir, ums Überleben.“
„Da mögen Sie teilweise Recht haben, Doktor, aber in unserer Situation gibt es nur zwei
Alternativen: Entweder wir oder der Außerirdische“, schaltete sich jetzt Schmidt ein. „Er hat das Wasser, das wir benötigen. Ich denke kaum, daß er mit sich handeln läßt.“
„Da haben Sie vollkommen recht Captain, es gibt in nur diese beiden Möglichkeiten“, pflichtete ihm nun auch Mueller bei. „Ohne Wasser sind wir verloren.“
„Aber Captain, vielleicht kann uns der Fremde helfen. Er ist uns technisch mit Sicherheit
weit überlegen.“
„Darum ist er ja auch eine Gefahr für uns.“
Noch ehe die Ärztin etwas erwidern konnte, heulten die Sirenen der Mercator 1 auf.
„Alarmstufe Rot, irgend jemand nähert sich dem Schiff“, meldete Rodriguez der zum Ortungs-
pult hinübergegangen war.
„Hauptbildschirm ein!“
Der vier mal drei Meter große Bildschirm im vorderen Teil der Zentrale erhellte sich.
„Da ist er!“ schrie Mueller und deutete dabei auf den Schirm.
Tatsächlich war dort der Außerirdische zu sehen, wie er sich mit ausgestreckten Armen, winkend, dem Schiff näherte. Er war noch etwa hundert Meter entfernt.
„Magnetschutzschirme aktivieren, Geschütze eins bis vier ausfahren. Fertigmachen zum Objektbeschuß“, befahl Schmidt.
Die schweren Strahlengeschütze fuhren aus ihren Verankerungen.
„Captain, das können Sie nicht tun. Der Fremde hat doch gar keine feindlichen Absichten“, flehte ihn die Ärztin an.
„Wollen sie dieses Ungeheuer etwa an Bord kommen lassen? Denken Sie doch an Solms.
Außerdem trage ich hier die Verantwortung.“
„Ziel, Rot“, meldete Rodriguez.
„Geschütze eins bis vier, Feuer frei.“
Die Geschütze verwandelten die ganze Umgebung in einen wahren Hexenkessel. Das Gestein
schmolz unter der Gluthitze und wurde zu flüssigem Magma.
„Das hat ihn endlich erledigt“, jubelte der dritte Offizier.
„Nein seht nur, es lebt noch. Das gibt es doch einfach nicht“, stotterte Lindström fassungslos.
Plötzlich veränderte sich das Wesen. Seine Gestalt wurde zu einer Kugel aus bläulicher Energie. Mit einem Aufheulen schoß es auf das Schiff zu, der Magnetschirm brach zusammen,
und dann war alles zu Ende.


Xor hatte schon sehr lange auf diesem Planeten gelebt.
Er war damals gezwungen gewesen, hier notzulanden. Seine gesamte Besatzung war im
Laufe der Zeit umgekommen. Nur er hatte in der großen Höhle überlebt.
Als dann die Fremden aufgetaucht waren, schöpfte er neue Hoffnung. Aber leider nicht sehr
lange. Denn diese Wesen waren nur primitive Hominiden, die ihre Aggressionen nicht unter
Kontrolle hatten. Mehrfach hatte er versucht, mit ihnen friedlich Kontakt aufzunehmen.
Jedesmal hatten sie aggressiv reagiert.
Jetzt lebte niemand mehr von ihnen. Er hatte sie, Einen nach dem Anderen getötet. Sie hatten ihm keine andere Wahl gelassen.
Sein kugelförmiger Körper schwebte durch die leeren Korridore des unbekannten Schiffes.
Aber was war das?
Dort drüben konnte er noch Lebensimpulse wahrnehmen. Einer dieser Fremden mußte seinem
Angriff entkommen sein.

Commodore Andrew Winter war wie immer über seine Briefmarken gebeugt. Er sortierte
gerade Deutschland 1980 bis 1990 neu ein, als plötzlich die Tür geöffnet wurde und ihn ein
kalter Luftzug berührte.
„Na also“, knurrte er ungehalten, “endlich schickt man mir jemanden. Wurde auch allmählich
Zeit. Sie können gleich dort vorne beginnen. Alle Marken müssen neu sortiert werden.
Nun, worauf warten Sie noch, Mann!“

ENDE

 

Hi Achim,

wie ich sehe dein erster Beitrag hier, also heiße ich dich mal herzlich willkommen (ich spreche einfach mal stellvertretend für die Moderatoren) :anstoss:

deine Geschichte hat mir stilistisch gesehen gut gefallen. Die Sätze lesen sich flüssig und ich bin kaum über Schnitzer gestolpert.

Allerdings konnte mich die Geschichte an sich nicht so ganz überzeugen. Die Ausweglose Situation der Besatzung und ihre Suche nach Wasser finde ich in Ordnung. Den Planeten (Stern) finde ich persönlich ein wenig zu blass und detaillos. Nur Sandstürme und Wüste finde ich nie wirklich spannend. Zudem ist der Planet (fast) vollkommen ausgestorben, was die Atmosphäre nicht grade hervorhebt. Ein Geheimnisumwitterter Planet mit einer ausgeprägten Tier und Pflanzenwelt hätte mir wesentlich besser gefallen. Aber das ist ja sehr subjektiv betrachtet. Ich vermisse also ganz klar die Spannung in deiner Geschichte.

Was die Charaktere angeht, so bleiben sie für meinen Geschmack arg hölzern. Konzentriere dich lieber auf einen Protagonisten, dessen Gefühle du aber auch klar zu Ausdruck bringst. Du sagtest doch, das sie die Erde nie wieder sehen werden. Das wird doch sicherlich in jedem deiner Charaktere Spuren hinterlassen.
Dieser Commodore Winter z.B gefällt mir ganz gut. Aber grade Solms bleibt blass wie ein Weißbrot. Die anderen ebenfalls. Das sind einfach nur Namen, hinter denen sich völlig belanglose Personen verstecken.
Das würde ich unbedingt weiter ausbauen. Ein paar Leute könnten doch z.B eine Familie haben die sie schrecklich vermissen.

Dann kommt die Sache mit dem Alien, die mich ebenfalls absolut kalt gelassen hat.
Am Ende kommt das liebe Ding dann winkend :susp: vorbei und macht die Menschen ratz fatz nieder.
Dabei gehst du an keiner Stelle ins Detail.
Der Kampf ist genauso aprubt zuende wie er zwei Zeilen vorher angefangen hat.

Das der Alien am Ende Commodore Winter besucht fand ich gelungen.

Insgesamt aber gefiel mir die Geschichte nicht so gut. Die Spannungskurve bleibt stehts ziemlich weit unten.

Und dennoch liest sich alles sehr flüssig und sauber.
Ich würde dir raten, die Geschichte noch mal zu überarbeiten und ihr spannende Momente zu verpassen.
Auch an den Charakteren solltest du feilen, dann kann daraus sicherlich was werden! Die Geschichte hat noch Potenzial.

Talent ist auf jeden Fall vorhanden bei dir :)

schöne grüße
Christian

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Christian!!
vielen Dank für deine Kritik. Natürlich hat die Geschichte auch Schwächen, das gebe ich offen zu.
Klar hätte man auch an dem einen oder anderen Charkter noch arbeiten können, um die ganze Ausweglosigkeit dieser Situation noch besser darzustellen.
Der Kernpunkt der Aussage war aber der, dass die Besatzung trotz der hoffnungslosen Situation in der sie sich ja befanden und obwohl der Außerirdische ja ursprünglich friedlich war, ihre Vorurteile gegenüber einem fremden Wesen nicht überwinden konnten. Sie reagierten im althergebrachten Stil mit Gewalt. Eben wieder einmal typisch menschlich. Wie der Kampf dann im Detail abging, ist meiner Meinung nach nebensächlich
Gruß, Achim

 

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