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Thema des Monats Die neue Ordnung

Seniors
Beitritt
10.11.2003
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Die neue Ordnung

Alex verabschiedete sich von seinem Leibwächter und zog mich mit in den angrenzenden Raum, wo sogleich Beifall aufbrandete. Aber der galt nur ihm, mich kannte sicher niemand der Anwesenden. Alex und ich waren dagegen Freunde schon seit Kindheitstagen. Auch als Erwachsene kamen wir immer mal wieder zusammen, doch als er die Landesregierung verließ, wo er ein ziemlich hohes Amt innehatte, wurde der Kontakt intensiver. Das mag an seinem Engagement für die neue Partei gelegen haben, die er von Anfang an liebte. Aber auch sie liebte ihn – der Beifall zeigte, wie sehr.
Während ich zurückblieb und mich nahe des Eingangs auf den letzten noch freien Platz setzte, ging Alex zielstrebig zum Kopf des U-förmigen Tisches. Dort blieb er stehen und wartete lächelnd, bis der Beifall weniger wurde. Schließlich hob er wie zur Abwehr beide Hände und sagte:
„Meine Dame, meine Herren, vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Ihr werdet euch vielleicht gewundert haben, dass wir uns heute Abend in einem so kleinen Ort treffen, aber er liegt in der Mitte Deutschlands und ist gut erreichbar. Doch das Wichtigste ist: Hier sind wir, ist Björn zu Hause, so können wir leicht erkennen, ob ein Fremder hier rumspioniert. Ihr wisst ja: Die Systempresse würde unsere Zusammenkunft sofort an die große Glocke hängen, wenn sie davon Wind bekäme.“
Erneutes Klatschen unterbrach ihn.
„Weil wir gerade bei Fremden sind – der nette Herr, den ich mitgebracht habe, ist Rainer, ein guter Freund von mir. Und ja: Ich bürge für ihn.“
Während sich alle Augen auf mich richteten, versuchte ich ins Nirgendwo zu schauen. Ich gehörte ja nicht wirklich zu diesem erlauchten Kreis der Landesparteichefs – ich war nicht einmal in der Partei. Aber Alex hatte mich überredet mitzukommen, damit ich sähe, wie es bei ihnen zugeht. Natürlich musste ich ihm versprechen, über alles Stillschweigen zu bewahren, selbst meiner Frau hatte ich nicht gesagt, wo ich mich heute aufhalten und übernachten werde.
„Ich hoffe, ihr habt alle eure Getränke erhalten?“
Zustimmendes Gemurmel kam, und ich bemerkte erst jetzt, dass auch vor mir eine Karaffe Weißwein, Mineralwasser und zwei Gläser standen: Es waren Waldgläser, wie sie einst auch Goethe hatte. Ich freute mich still über diese kleine Aufmerksamkeit, die natürlich von Alex kam – wer wüsste sonst in diesem gottverlassenen Dorf von meiner Vorliebe für historische Dinge. Andererseits: Vielleicht hatte er uns gerade deswegen in diesen uralten Gasthof geladen?
„Apropos Systempresse. Carl von Ossietzky sagte mal: 'In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat.'“
Bei der Nennung des Namens wurde es kurz stiller im Raum, doch sogleich klatschten die Leute erneut, diesmal sogar kräftiger als zuvor.
„Gut. Bevor wir über unsere Ziele reden, die wir nach der Wahl in Angriff nehmen wollen, möchte ich an unsere Grundsätze erinnern, die zwar nicht ganz von uns sind, die aber bis heute nichts von ihrer Richtigkeit und Aktualität verloren haben. Ganz im Gegenteil, denn ohne uns, die nach diesen Grundsätzen leben und handeln, würde Deutschland schon lange den Bach runtergegangen sein.“
Wieder zustimmendes Gemurmel.
„Also erstens: Deutschland ist unser Land. Wir können auf eine sehr reiche Kultur zurückblicken, haben bürgerliche Freiheiten und einen Wohlstand erreicht, um den uns die Nachbarländer beneiden. Es wäre und ist fahrlässig, das alles aus der Hand geben zu wollen mit der Begründung: Unsere Zukunft heißt Europa! Und …“
„Scheiß Europa!“, schrie jemand aufgeregt dazwischen. Und ein anderer: „Scheiß Euro!“ Und weniger laut ein dritter: „Wir wollen unsere D-Mark wieder haben!“
„Und zweitens“, sagte Alex, als sich die Gemüter etwas beruhigt hatten: „Wir wollen keine verantwortungslosen Experimente mit und an unserem Volk. Nur hirnlose Ideologen glauben, dass eine Gesellschaft ohne die Institution Familie funktionieren kann. Oder dass jeder zu einem Deutschen wird, wenn er nur lange genug in unserem Land lebt und unsere Sprache spricht. Wir sagen nein zu Multikulti, und wir sagen ja zur Familie, der Kernzelle jeder Gesellschaft. Wer sie abschaffen will oder für entbehrlich hält, der wird uns kennenlernen.“
„Jawohl – der wird uns kennenlernen!“
Das kam wieder aus der gleichen Ecke wie vorhin der Ruf nach der D-Mark. Ich konnte den Rufer nicht sehen, weil zwischen uns inmitten der Längsseiten des U-Tisches zwei die Decke stützende Pfosten standen.
„Drittens: Wir müssen wieder selbstbestimmt handeln! Deutschland kann weder die innere noch die äußere Sicherheit garantieren, während die Bundeswehr in der ganzen Welt fremden Interessen dient. Eine politische Führung, die sich aus Rücksicht auf die Nachbarn nicht traut, eigenständige Entscheidungen im nationalen Interesse zu treffen, ist keine Führung, sondern ein Werkzeug in den Händen dieser fremden Interessen!“
„Höchste Zeit, dass sich das ändert!“ rief der kurzgeschorene Mann neben mir. Ich beugte mich zu ihm und wollte ihm schon sagen, dass die Bundeswehr laut Verfassung nicht im Innern eingesetzt werden kann, als Alex in seinem Vortrag fortfuhr.
„Viertens: Die so genannte System- und Lügenpresse hat sich ihren Namen redlich verdient. Das gebührenfinanzierte Staatsfernsehen betrachtet uns als Gegner, weil wir sagen, was offenbar nicht gesagt werden soll. Die politische Korrektheit liegt wie Mehltau auf unserem Land. Es ist ein Irrtum zu glauben, mit der Nichtbenennung von Missständen würden diese einfach verschwinden. Aber wir hielten uns bisher nicht daran und werden uns weiterhin nicht daran halten. Wer, wenn nicht wir, sind der Garant für die freie Rede und die schonungslose, ehrliche Analyse der Lage?“
„Hört, hört!“
„Fünftens. Deutschland war die Heimat unserer Vorfahren, deswegen muss Deutschland als Heimat unserer Kinder erhalten bleiben. Deutschland ist unsere Heimat, Deutschland ist unser Land, Deutschland ist unsere Nation!“
„Deutschland, Deutschland, Deutschland …“
Jetzt trampelten sie mit den Füßen und skandierten. Alle. Alle, bis auf einen. Mich. Ich hatte noch nie derartige Gefühlsausbrüche. Okay, früher als Jugendlicher, ja. Und wenn bei Fußballspielen die deutsche Nationalmannschaft gewinnt, freue ich mich heute auch. Aber mir würde zum Beispiel nie einfallen, die Nationalhymne mitzusingen. Es spielt ja nie Deutschland als Staat gegen einen anderen Staat, es spielen lediglich zwei Nationalmannschaften gegeneinander. Ihr einziger Unterschied: Reisepässe der Spieler.
„Doch Deutschland, meine lieben Freunde“, sagte Alex, „Deutschland ist gefährdet. Nicht nur wegen der Flüchtlinge, sondern auch wegen der mangelnden Bereitschaft deutscher Frauen, Kinder auf die Welt zu bringen. Erst Karriere, dann Kinder – so denken viele. Und verkalkulieren sich dabei: Wenn sie zu alt dafür sind, kriegen sie keine mehr, und wenn doch, sind diese oft von minderer Qualität. Ich glaube, wir sind uns einig, dass das nicht mehr so weitergehen kann. Daher eine Frage an euch alle: Wie können wir dem abhelfen?“
Zunächst sagte keiner was, bis dann ein ziemlich korpulenter Mann, der mir gegenüber saß, die Hand und Stimme hob.
„Ein Kind heutzutage großzuziehen kostet viel Geld, das viele nicht haben. Deswegen verzichten sie auf Kinder. Man müsste also das Kindergeld deutlich anheben.“
„Nein“, sagte ein anderer. „Das würde nichts bringen. Seit der Einführung des Kindergeldes wurde der Satz ständig erhöht, und die Natalität sank trotzdem weiter oder ist auf dem gleichen niedrigen Niveau geblieben.“
„Schon, aber ohne das Kindergeld wäre die Situation noch schlimmer!“
Eine lebhafte Diskussion entwickelte sich, der ich aber keine Aufmerksamkeit schenkte, weil ich wusste, dass Alex sie mit einem Vorschlag, den wir beide in vielen Gesprächen ausgearbeitet hatten, beenden würde. Und so kam es auch.
„Meine lieben Freunde, so geht das nicht. Lasst uns doch vernünftig über das Für und Wider reden. Tatsache ist, trotz Kindergeld und Kitas schrumpft Deutschlands Bevölkerung seit Jahrzehnten. Noch mehr Kindergeld würde nur die Falschen animieren, Kinder zu kriegen: Die, die schon jetzt von Hartz-IV und Kindergeld leben, ohne sich groß um ihre Kinder zu kümmern. Da kann eine fünfköpfige Familie schon jetzt auf fünfzehnhundert Euro monatlich kommen, plus Wohnungsmiete und Heizung. Und für jedes weitere Kind, kommen noch mal vierhundertfünfzig Euro dazu. Um dieses Geld mit ehrlicher Arbeit zu verdienen, tun sich viele schwer, also lassen sie es gleich bleiben. Nein, das Problem wird so nicht zu lösen sein.“
„Richtig“, sagte der, der vorhin gegen die Erhöhung des Kindergeldes war. „Ich muss Alexander in diesem Punkt zustimmen: Auf diese Weise bekämen die Falschen noch mehr Kinder. Und damit würde Deutschland langsam aber sicher verblöden, wie das schon vor Jahren unser Freund Sarrazin prophezeit hatte.“
„Na ja, so richtig blöd sind die Hartz-IV-Empfänger ja nicht, wenn sie diese Leistungen des Staates in Anspruch nehmen, ohne dafür was zu tun, oder?“
„Ach, du weißt genau, wie ich das meine!“
„Ruhig, ruhig, meine Freunde“, fuhr Alex dazwischen. „Ich habe heute nicht ohne Grund meinen Freund Rainer eingeladen, denn er hat eine Idee, die es in sich hat. Bitte, Rainer.“
„Zuviel der Ehre, Alex“, begann ich. „Die Idee ist ja nicht nur von mir, du hast daran ebenso großen Anteil. Aber okay, hier ist sie: Wir müssen erreichen, dass die richtigen Leute mehr Kinder bekommen. Und wer sind die Richtigen? Die, die arbeiten und gut verdienen. Die sind in der Regel gut ausgebildet und haben im Beruf bewiesen, dass sie's drauf haben. Sie hängen sich voll rein und halten so die deutsche Wirtschaft am Laufen. Und was erhalten sie vom Staat dafür? Nichts. Ganz im Gegenteil: Sie zahlen horrende Steuern, um diesen Staat zu finanzieren. Einen Staat, der mit diesem Geld nur so um sich wirft – siehe Wirtschaftsflüchtlinge, siehe Hartz-IV und Kindergeld.“
„Das wissen wir bereits“, kam von irgendwo hinter dem Pfeiler. „Aber was konkret willst du tun?“
„Die Steuern proportional zur Kinderzahl senken: Je mehr Kinder eine Familie hat, desto weniger Steuern zahlt sie. Wir, das heißt Alex und ich, haben mal grob geschätzt, dass bei sechs Kindern keine Steuern mehr bezahlt werden müssten. Für den Staat würde das ein Nullsummenspiel sein, vorausgesetzt natürlich, dass das Kindergeld drastisch reduziert würde.“
Erst mal sagte keiner was. Vielleicht rechneten sie im Stillen nach, wie viel Steuern sie sparten, wenn der Vorschlag Gesetz würde.
„Keine Steuern, egal wie hoch das Einkommen wäre?“
„Ja. Natürlich müsste man das noch genauer kalkulieren. Im Prinzip dürfte das bei einer Kinderzahl von fünf bis sieben greifen.“
„Fünf wären ungünstig“, sagte Tatjana. Sie saß rechts vom Alex und führte das Protokoll, weil Alex meinte, Frauen wären dazu geeigneter als Männer.
„Wieso ungünstig?“, fragte jemand von meiner Tischseite.
„Wegen der Assoziation mit Hitler, natürlich“, sagte Tatjana. Das klang ein wenig von oben herab, weil sie gar nicht den Fragenden anschaute, sondern weiter so tat als schriebe sie im Protokoll.
„Hitler? Was haben wir mit ihm zu tun?“
„Okay, nicht direkt mit ihm. Aber mit dem Mutterkreuz. Er hat es gestiftet, um die Geburtsfreudigkeit der deutschen Frauen zu steigern.“
„Aber das Mutterkreuz gab es erst ab dem achten Kind!“
„Das goldene, ja. Das bronzene schon beim Fünften.“
„Und wenn schon. Die Franzosen haben das auch. Heute noch.“
„Ja, aber sie haben den Krieg gewonnen. Deswegen können sie machen, was sie wollen. Wir dagegen …“
Tatjana sprach nicht zu Ende, aber jeder wusste, was sie meinte. Ich kannte sie aus dem Fernsehen, hielt sie bisher für kaum fünfzig Jahre alt. Aber hier, in Natura, sah sie älter aus. Wahrscheinlich wegen der nach hinten gezogenen und zu einem Dutt zusammengebundenen Haaren wirkte sie streng wie eine aus der Zeit gefallene Gouvernante.
„Stimmt, die Assoziierung mit dem Mutterkreuz wäre ungünstig für uns“, sagte Alex. „Schon jetzt werden wir von der Lügenpresse als Nazis diffamiert, und das wäre ein gefundenes Fressen für sie.“
„Was soll ich nun aufschreiben: Fünf oder sechs?“, sagte Tatjana.
„Sechs“, sagte Alex. „Oder gibt es noch Einwände?“
„Na ja“, sagte der alte Mann, auf dem äußersten Ende des Kopftisches. „Einen Einwand habe ich nicht. Aber einen Gedanken. So ins Generelle gehend.“
„Lass' hören, Reinhard!“
„Hm, ja. Also wenn Frauen der für uns interessanten sozialen Schicht weiter so spät ihr erstes Kind bekommen, werden sie schon rein zeitlich kaum in der Lage sein, fünf und mehr Kinder zu gebären.“
„Wieso?“, kam es von einer jungen Stimme auf der anderen Seite des Tisches.
„Die Menopause wird sie daran hindern, junger Mann“, sagte Reinhard und lehnte sich mit einem Lächeln selbstzufrieden zurück. „Um das zu wissen, muss man nicht Arzt sein wie ich.“
„Okay, okay“, tönte es zurück. „Man wird ja mal fragen dürfen.“
Dieses kleine Intermezzo zwischen alt und jung gefiel mir. Der eine wahrscheinlich schon über siebzig, der andere knapp über dreißig, ja, das war die richtige Mischung für eine Partei, die nicht nur mitreden, sondern auch gehört werden will. Die Piraten sind ja an ihrem jugendlichen Leichtsinn gescheitert. Nur Hitzköpfe mit Geltungsdrang, das konnte nicht gut gehen.
„Und Reinhard, hast du, hat irgendjemand einen Vorschlag, wie man das Problem lösen könnte?“, warf Alex in die Runde.
„Na ja“, sagte Reinhard nach einer Weile und richtete sich in seinem Stuhl wieder kerzengerade auf. „Eine Möglichkeit wäre es, das Heiratsalter weiter zu senken.“
„Unsinn!“, kam es wieder wie geschossen von der anderen Seite. „Wenn die Leute nicht heiraten und Kinder kriegen, wenn sie zwanzig sind, warum sollten sie das mit sechszehn tun.“
„Jedes zusätzliche Kind zählt“, antwortete Reinhard ruhig. „Wir sollten uns an den muslimischen Ländern ein Beispiel nehmen: Sie haben auch aufgrund des niedrigen Heiratsalters – wenn ich mich nicht irre, liegt dieses in Iran bei dreizehn Jahren – eine so große Natalität. Und im kanonischen Recht der katholischen Kirche stehen ohnehin nur vierzehn Jahre als Mindestalter drin, da wären wir mit unseren sechszehn zwei Jahre drüber. Das frühe Kinderkriegen hätte übrigens einen schönen Nebeneffekt: Eine so junge Mutter kann schwerlich die Ausbildung beenden, was sie automatisch vom Arbeitsmarkt fernhält, was natürlich ebenso automatisch bedeutet, dass es mehr Arbeit für Männer gibt und diese, weil dann Mangelware, besser bezahlt werden müssten. Damit hätten wir zwei Probleme auf einmal gelöst: Die Arbeitslosigkeit würde sinken, während das Lohnniveau stiege. Beides ließe sich gut im Wahlkampf verwenden. Auf jeden Fall wäre unser Ziel erreicht: Frauen blieben zu Hause, um weitere Kinder zu bekommen, was sich aufgrund der progressiven steuerlichen Erleichterungen erheblich auf das dann ohnehin höhere Familieneinkommen auswirken würde.“
„Alles schön und gut“, sagte jemand von meiner Seite. „Aber es gibt die Pille und Abtreibungen.“
„Klar, doch das kann man ändern. Zum Beispiel, indem man eine Abtreibung wieder wie Mord bestraft.“
„Ja, und dann gehen Frauen, die abtreiben wollen, wieder wie früher nach Holland oder England. Und was wäre die Folge? Es würden wieder die Unterschichtmädchen, die sich das nicht leisten können, Kinder bekommen. Was wir ja gerade verhindern wollen, oder?“
„Man könnte auch das Abtreiben im Ausland in der gleichen Weise bestrafen.“
„Das würde nicht gehen!“
„Wieso nicht? Beim sexuellen Kindesmissbrauch haben wir das bereits.“
„Das ist aber was anderes!“
„Anderes? Das sehe ich nicht: Mord ist Mord, egal wo er geschieht.“
Ich war zunächst erschrocken über Reinhards Vorschlag, aber je länger die Diskussion dauerte, desto einleuchtender wurden mir seine Argumente. Und wenn es den Grünen im Hamburg gelungen ist, das Wahlalter auf sechszehn Jahre zu senken, dann dürfte auch kein Problem sein, das gleiche für Heiratsalter durchzusetzen, schließlich kann man nicht argumentieren, jemand sei reif genug, an politischen Entscheidungen mit weit reichenden Folgen mitzuwirken, aber nicht reif genug, um zu heiraten und Kinder zu kriegen. Und die Abtreibung als Mord zu definieren dürfte ohnehin nicht schwierig sein, schließlich fordert die katholische Kirche das schon seit ewigen Zeiten. Mit Recht möchte man sagen, denn Leben ist Leben, wer es mutwillig vernichtet, mordet.
„Aber um wirklich eine Abschreckung zu bewirken, müsste man die Todesstrafe wieder einführen. Für Mord und sexuellen Kindesmissbrauch. Einsperren für immer, das reicht nicht. Es verursacht nur unnötige Kosten. Dass wir solche Leute bis zum Tod durchfüttern müssen, ist ein Skandal.“
„Das geht in der EU nicht“, sagte Alex ruhig und bestimmt.
„Klar, die Statuten sind dagegen. Aber was sollte die EU machen, wenn wir sie trotzdem einführen? Uns ausschließen?“, sagte Reinhard und ließ seinen Blick über die Runde wandern. Als niemand antwortete, sagte er förmlich: „Ich beantrage, folgende drei Punkte ins Parteiprogramm aufzunehmen: Heiratsalter für Frauen wird auf sechszehn Jahre gesenkt, mit Zustimmung der Eltern und der zuständigen Stellen vom Jugendamt kann ein Mädchen schon mit vierzehn heiraten. Zweitens: Abtreibung wird als Mord gewertet und bestraft. Dies gilt auch für Abtreibungen im Ausland. Drittens: Die Todesstrafe wird für Mord und sexuellen Kindesmissbrauch wieder eingeführt.“
Darauf sagte niemand was. Tatjana schaute Alex an, der sich einige Augenblicke Zeit nahm, bevor er nickte. Als Tatjana mit dem Schreiben fertig war, sagte er: „Sonst irgendwelche Vorschläge?“
„Schon, ja“, sagte Björn, der links von Alex saß. „Um den geänderten Ansprüchen an Frauen gerecht zu werden, schlage ich vor, dass wir anregen, in den Schulen wieder eine Geschlechtertrennung einführen. Es ist bekannt, dass Mädchen bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie ohne männliche Dominanz lernen. Es wäre zudem unsinnig, Mädchen mit höherer Mathematik zu belasten, die sie zu Hause bei den Kindern niemals brauchen werden. Viel wichtiger wären so Fächer wie Ernährung, Gesundheit oder Glück.“
„Glück? Was sollte da unterrichtet werden?“, kam von meinem Nachbarn. Es war eine Frage, die ich auch stellen wollte.
„Na, Anleitung zum Glücklichsein“, sagte Björn. „Sinn des Lebens erklären, zum Beispiel. Von der Antike bis heute. Ein bisschen Philosophie und ein bisschen C. G. Jung, Traumdeutung und so was. Das haben die Weiber gern.“
„Schon“, sagte mein Nachbar. „Aber das darf nicht zu Lasten der höheren Mathematik gehen, schließlich ist sie nur dazu da, um diejenigen, die sich keine Nachhilfe leisten können, vom Gymnasium und Studium abzuhalten. Ich meine, niemand, außer den späteren Ingenieuren, braucht zu wissen, wie Differentialgleichung geht. “
„Gut, dann eben zu Lasten eines anderen Fachs. Geografie wäre dazu geeignet, denke ich. Die ist entbehrlich. Wer wissen will, wo Hawaii liegt, braucht er das nur bei Google eintippen. Im Grunde muss er das nicht mal eintippen, es reicht schon, Hawaii laut zu sagen. Aber das sind Details. Wie das umgesetzt wird, sehen wir später. Wichtig ist zunächst die Absicht, in diese Richtung gehen zu wollen.“
„Stimmt“, sagte Alex und nickte abermals Tatjana zu. Als sie fertig mit dem Schreiben war, fragte er erneut: „Weitere Vorschläge?“
„Flüchtlinge“, sagte ein Mann, der mir gegenüber saß. „Was sagen wir zu Flüchtlingen?“
„Da haben wir schon unsere Meinung kundgetan“, antwortete Alex. „Sobald Frieden im Nahen Osten einkehrt, gehören sie abgeschoben. Und zwar alle.“
„Und wenn sie sich hier schon integriert haben? Wenn deren Kinder besser Deutsch können als arabisch?“
„Egal. Wenn die Eltern arbeitslos sind und abgeschoben werden, werden Kinder mit abgeschoben. Das sind wir dem Familiengedanken einfach schuldig. Wir können nicht sagen, Familie ist uns heilig, und dann reißen wir sie bedenkenlos auseinander.“
„Und die sonstigen Migranten? Ich meine die Wirtschaftsflüchtlinge?“
„Auch die müssen weg. Wer länger als ein halbes Jahr arbeitslos ist, wird abgeschoben.“
„Und wenn sie deutsche Staatsbürgerschaft haben?“
„Dann nur, wenn sie auch eine zweite besitzen. Franzosen machen das bereits, wir könnten uns dem einfach anschließen.“
„Und wer wird dann unseren Müll allwöchentlich wegfahren? Du weißt doch: Unsere Müllabfuhr ist zu neunzig Prozent in türkischer Hand.“
„Schon klar. Aber weil kaum ein Deutscher diese Arbeit machen will, werden sie auch nicht arbeitslos. Damit stellt sich das Problem gar nicht.“
Das hörte sich alles hart an, aber es hatte Hand und Fuß. Und Tatjana schrieb wieder fleißig mit.
„Also ich hätte noch was“, sagte der alte Reinhard.
„Ja?“, sagte Alex.
„Ja. Die Erziehung von so vielen Kindern in der Familie könnte schwierig werden. Ich meine, alles wird auf den Schultern von Frauen liegen, die damit leicht überfordert sein könnten.“
„Ja, und?“
„Man müsste ihnen wieder mehr Freiraum verschaffen.“
„Ja, ja - und?“
„Zum Beispiel, indem wir das Züchtigungsverbot, das ohnehin erst seit 2000 gilt, aufheben.“
„Ausgeschlossen!“, sagte Alex. „Schon mit den jetzt beschlossenen Änderungen werden wir Schwierigkeiten mit den Frauenverbänden bekommen, aber das würde einfach zu viel werden – das werden sie auf keinen Fall schlucken.“
„Wenn du dich da nicht täuschst. Die Emanzen, diese Männerhasserinnen und Lesben, die haben häufiger als die Heterosexuellen Sado-Maso-Beziehungen, bei denen das Schlagen eine große Rolle spielt. Sie werden vielleicht pro forma dagegen sein, aber heimlich werden sie es begrüßen, wenn sie dann ungestraft so junge Dinger verdreschen können.“
„Das glaub' ich nicht.“
„Ist aber wahr. Ich bin Arzt und habe als solcher Dinge gesehen, die sich außerhalb des Vorstellungsvermögens eines Normalsterblichen befinden.“
„Aber es ist doch bekannt, dass Alice Schwarzer und die ihren dagegen sind.“
„Vergisst Alice, diese vertrocknete Männerhasserin. Auf sie hören die Frauen schon lange nicht mehr.“
„Trotzdem. Mir ist unwohl bei dem Gedanken.“
„Unwohl? Wenn der Heilige Vater die würdevolle, planmäßige körperliche Bestrafung befürwortet, dann kann das nicht so schlimm sein.“
„Die Kirche hat natürlich Erfahrung in diesen Dingen. Da hast du Recht.“
„Glaube mir: Es geht in der Gesellschaft wieder zurück zu mehr Disziplin und überhaupt zu den sogenannten Sekundärtugenden. Fleiß, Treue, Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit, Sauberkeit, das sind Tugenden, die zunehmend wieder gefragt werden. Es wird sogar überlegt, das Benehmen als Schulfach einzuführen. Ich wollte das schon vorher in die Diskussion einbringen, aber hier passt es besser, finde ich.“
„So gesehen, ja, könnte gehen“, sagte Alex schließlich. Während Tatjana schrieb, schaute er auf die Uhr.
„Wir sollten langsam zu einem Ende kommen. Noch Wortmeldungen?“
„Ja, ich habe noch einen Punkt, der noch nicht erwähnt wurde.“
Die Stimme kam von der anderen Seite, den Sprecher sah ich jedoch nicht: Er war hinter der zweiten Säule versteckt. Aber ich hatte keine Lust mich zur Seite zu neigen, um ihn zu sehen, und versuchte allein durch die Stimme einen Eindruck von ihm zu bekommen.
„Es geht um das Internet. Oder genauer: Um uneingeschränkten Zugriff auf beliebige Inhalte dort. Insbesondere denke ich hier an Kinder, die mit ein paar Klicks grässlich entstellte Leichen betrachten können, um vom sexuellen Dingen mit allen möglichen Perversionen gar nicht zu reden.“
„Ja, und?“
„Das muss verhindert werden.“
„Das wird schon verhindert“, sagte Alex. „Sofern diese Dinge im Bereich des deutschen Rechts liegen, wohlgemerkt. Bei Inhalten, die auf ausländischen Servern liegen, sind wir machtlos.“
„Machtlos?“ die Stimme wurde lauter. „Wieso sind die Chinesen in diesen Dingen nicht machtlos? Die können die sogenannten unliebsamen Wahrheiten offenbar unterdrücken. Für sie spielt auch keine Rolle, wo diese Wahrheiten liegen: Ob im Inland oder im Ausland, die Chinesen bekommen sie nicht zu Gesicht, wenn die Regierung es nicht will.“
„Ja, die haben eine Zensurbehörde mit mehreren tausend Leuten, die nichts anderes tun als das Netz zu kontrollieren. Aber das geht bei uns nicht. Weil wir keine Diktatur sind und uns an das Recht halten müssen.“
Ich bewunderte Alex für diese Erwiderung, denn das war genau auch meine Meinung.
„Aber dieser Unrat im Netz verdirbt uns. Von klein auf verdirbt er uns.“
„Verzeihung, aber das ist Ansichtssache!“, meldete sich Björn zu Wort. „Ich freue mich, dass zum Beispiel Amerikaner praktisch keine Zensur kennen. Nur so kann ich auf Seiten zugreifen, die bei uns aus unerfindlichen Gründen verboten sind. Oder was glaubt ihr, woher ich die vielen Ideen habe, für die ich auf unseren Demos so viel Beifall bekomme?“
„Gut, in dem Fall ist das natürlich günstig. Aber was ist, wenn wir die Regierung stellen? Wollen wir dann auch den ganzen Schmutz dulden, die bei jeder Kleinigkeit auf uns regnen wird. Selbst wenn wir die Presse im Land unter Kontrolle bekommen, was ich natürlich hoffe, bliebe dann noch das Ausland. Von da aus könnten wir angegriffen werden, müssten uns dauernd rechtfertigen. Ich bezweifle, ob wir das wirklich zulassen sollen.“
Die Stimme hatte zweifellos recht, und ich wollte jetzt doch sehen, wem sie gehörte. Es war ein kleiner, unscheinbarer Mann mit Brille und Bart. Der war zwar ordentlich gestutzt, aber ein Mann mit Brille und Bart hat gewöhnlich etwas zu verbergen. Will offenbar nicht, dass man in seinen Gesichtszügen liest. Gut, als Student hatte ich auch einen Vollbart gehabt, aber das war Mode damals. Jetzt waren andere Zeiten, und so fiel dieser bärtige Mann unter lauter glattrasierten schon auf.
„Nun“, sagte das Männchen. „Wir hatten ja schon das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz, mit dem sich beliebige Internetseiten sperren ließen, aber die damalige Politik hielt es für opportun, das Gesetz gar nicht in Kraft treten zu lassen.“
„Wir könnten es wieder aufleben lassen, oder?“
„Sicher. Aber zuerst müssten wir unsere Presse so knebeln, wie Ungarn und Polen es bereits getan haben. Danach könnten wir jeden, der noch dagegen wär', der Kinderpornografie verdächtigen, mit allem, was noch dazu gehört: Hausdurchsuchung, Beschlagnahme von internetfähigen Geräten. Und ganz wichtig: Was geschehen ist, müsste durch gezielte Indiskretion bei den Nachbarn und den Arbeitgebern bekannt werden. Derjenige ist dann erledigt, egal ob sich später seine Unschuld herausstellt oder nicht. Das würde Angst ohne Ende erzeugen – ich bin sicher, das Gesetz wäre in Nullkommanix durch und in Kraft.“
„Schon. Aber nicht alle sind Angsthasen. Es würden sich Leute finden, die dagegen klagten.“
„Sicher. Und das ist schon der nächste Punkt: Nach der Presse, der sogenannten vierten Gewalt, müsste auch die Justiz, die dritte Gewalt, unter die Kontrolle der Exekutive, das heißt unter unsere Kontrolle gebracht werden.“
„Und wie, wenn ich fragen darf?“
„Wie Orban, Erdogan und Kaczyński es gemacht haben. Durch die Besetzung der leitenden Positionen mit unseren Leuten. Sobald das erfolgt ist, fügen sich die anderen. Orban hat als Erster ein paar Jahre dafür gebraucht, Erdogan und Kaczyński nur noch ein paar Wochen. Sie beide wussten: Wenn du schmerzliche Einschnitte vornehmen musst, mach' sie sofort und schnell, damit die Gegner keine Zeit haben, sich zu formieren.“
„Bleibt noch das Bundesverfassungsgericht.“
„Das ist kein Gegner, den man beachten müsste. Das hat schon der ehemalige bayerische Ministerpräsident und ehemalige Kandidat für das Bundeskanzleramt gewusst, als er zum Kruzifixurteil sagte: ‘Wir respektieren das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, aber wir akzeptieren es nicht.’ Und in der Tat: Das Gericht hatte und hat keine Handhabe, seine Urteile durchzusetzen, wenn das vom Volk gewählte Parlament es nicht will.“
„Aber das Recht und die Verfassung!“
„Das Recht ist zwar wichtig, aber über dem Recht steht das Wohl des Volkes. Es wird im Namen des Volkes Recht gesprochen, nicht im Namen des Rechts. Das Recht hat dem Volk zu dienen, nicht umgekehrt. Wenn das Recht dem Wohl des Volkes widerspricht, dann darf das Volk, in dem Fall wir als seine Stellvertreter im Parlament, es missachten oder ändern. Wir dürfen nicht vergessen: Es gibt nur einen Souverän im Staat. Und das ist nicht das Recht, auch nicht die Verfassung, es ist allein das Volk. Und das ist konkret immer derjenige, der die Mehrheit des Volkes vertritt. Wenn Gott will, werden das nach den Wahlen wir sein.“
Als das Männchen geendet hatte, herrschte ein langes Schweigen. Ich wusste, er hatte Recht, trotzdem wagte ich eine Frage: „Das läuft in Richtung einer Diktatur, nicht?“
„Diktatur würde ich's nicht nennen. Eher eine gelenkte Demokratie.“
„Du meinst, wie in Russland?“
„So ungefähr. Aber besser, wir Deutsche sind keine Stümper. Alles, was wir machen, ist wohl überlegt und geplant. Deswegen werden wir ja von allen bewundert.“
„Und gefürchtet.“
„Ja, und gefürchtet. Und das ist auch gut so.“
Als ich entgegnen wollte, dass das Fürchten, das ich meinte, einer Zeit entstammte, auf die wir nicht stolz sein können, sagte Alex: „Gut, ich denke, wir sind am Ende für heute. Falls es noch Fragen oder Vorschläge geben sollte, behaltet sie erst mal für euch und tragt sie morgen vor. Wir treffen uns wieder hier um zehn Uhr morgens.“
Alle standen auf.
„Noch etwas: Von dieser Sitzung darf außer dem, was Tatjana geschrieben hat, keine Aufzeichnungen geben. Auch keine Gedächtnisprotokolle. Nichts. Deswegen habt ihr auch eure Handys draußen abgeben müssen. Erzählt das bitte auch niemand von euren Freunden, auch nicht Parteifreunden. Wann der Zeitpunkt für die Bekanntgabe sein wird, werden wir morgen oder noch später beschließen.“

 

Hallo Dion,

Ich bin völlig ratlos. Für wen hast du diese Geschichte geschrieben? Es ist doch hoffentlich Satire!

Zögerliche Grüße

wieselmaus

 

Hallo Dion,

mir geht es ganz ähnlich wie wieselmaus: Ich vermisse den Satire-Tag. Oder hast Du den absichtlich weggelassen, damit wir es nicht zu früh merken? Ich musste jedenfalls an manchen Stellen ziemlich schlucken und nur selten lachen - das spricht schon mal dafür, wie erschreckend realitätsnah und scheinbar logisch die Aussagen auf diesem Parteitag sind. Das Ende ist natürlich nur eklig. Da kann man nur hoffen, dass diese Leute nach ihrer Machtergreifung zuerst die Todesstrafe für Kindesmissbrauch einführen und dann zur Herabsetzung der Altersgrenze "leider" nicht mehr kommen ...

Da mich das Thema einfach zu sehr gruselt, flöhe ich mal nur noch die Formalien durch. Da habe ich noch recht viele Stellen gefunden:

wurde der Kontakt intensiver.

Ihr werdet euch vielleicht gewundert haben, dass wir uns in einem so kleinen Ort treffen, aber er liegt in der Mitte Deutschlands und ist gut erreichbar. Doch das Wichtigste ist: Hier sind wir, ist Björn zu Hause, (...)

Den unterstrichenen Teil musste ich dreimal lesen, um ihn zu verstehen. Ich kenne diese Sprechweise, aber geschrieben ist das ungleich schwerer zu erfassen, weil man den Sprechrhythmus nicht hört.

versuchte ich ins Nirgendwo zu schauen

Aber Alex hatte mich überredet mitzukommen, damit ich sähe, wie es bei ihnen zugeht. Natürlich musste ich ihm versprechen, über alles Stillschweigen zu bewahren, selbst meiner Frau hatte ich nicht gesagt, wo ich mich heute aufhalten und übernachten werde.

Tempusprobleme: Die erste Stelle mag noch angehen, wenn es auch heute noch so in der Partei zugeht, obwohl die Geschichte in der Vergangenheit liegt. Aber die zweite Stelle muss m.E. "würde" heißen, weil das "Heute" ein vergangenes ist.

Es waren WaldgläserKomma wie sie einst auch Goethe hatte.

Carl von Ossietzky (...) Bei der Nennung des Namens wurde kurz stiller im Raum

:thumbsup:

Bevor wir die Diskussion über unsere Ziele reden

:confused:

würde Deutschland schon lange den Bach runtergegangen sein

Nicht falsch, aber schöner: "wäre ... runtergegangen"

haben bürgerliche Freiheiten und einen Wohlstand erreicht, um die uns die Nachbarländer beneiden.

sagte AlexKomma als sich die Gemüter etwas beruhigt hatten

weil zwischen uns inmitten der Längsseiten des U-Tisches zwei die Decke stützenden Pfosten standen.

Und wenn bei Fußballspielen die deutsche Nationalmannschaft gewann, freue ich mich heute auch.

Entweder "gewann, freute" oder "gewinnt, freue".

dass das nicht mehr so weitergehen kann. Daher Frage an Sie alle:

Seit der Einführung des Kindergeldes

Zur Kindergelddiskussion fallen mir sachliche Einwände ein, zum Mutterkreuz auch. Aber die braucht es hier wohl nicht ...

wie das schon vor Jahren unser Freund Sarrazin prophezeit hatte

„Ach, du weißt genau, wie ich das meine!“

Die, die arbeiten und gut verdienden

dass sies drauf haben

Das ist kein Apostroph, sondern ein Akzent. Kommt noch öfter vor.

Die Steuern proportional zur Kinderzahl senken

„Keine Steuern, egal wie hoch das Einkommen wäre?“

Hm, jetzt bin ich ungefähr halb durch den Text und habe, ehrlich gesagt, keine Lust mehr, Dir Deine Fehler zu suchen. Sind doch ein paar mehr als notwendig. Vielleicht schaust Du selber noch mal durch.

Grüße vom Holg ...

 

Hola Dion,

nach Deiner sehr gelungenen „Die Kirche von Wildenwart“, zu der ich Dir einen bewundernden Kommentar geschickt hatte, ist das heute mein zweiter Komm an Dich.
Leider ohne Bewunderung.
Diesmal hat mich die komische Angewohnheit, erst das Ende einer Geschichte zu lesen, davon abgehalten, den ganzen Text zu studieren.
Ich erkenne Dich gar nicht wieder. Altherren-Phantasien, die nach Aspirin schreien – und ein Kalauer zum Schluss.
Selbst wenn der erste Teil Deiner Geschichte bravourös sein sollte, dann hätte ihn das unappetitliche Finale gründlich verdorben.

Sehr schade.
José

 

Danke, The Incredible Holg,

für die Mühe des Fehlersuchens. Leider hat diesmal niemand den Text korrekturgelesen und ich selbst bin oft blind für die eigenen Fehler. Aber ich wollte ihn posten, bevor die Tür des Wettbewerbs schließt, so ist er nun da wie er ist – ich hoffe, ich werde ihn mit eurer Hilfe schneller fehlerfrei kriegen.

Ich vermisse den Satire-Tag. Oder hast Du den absichtlich weggelassen, damit wir es nicht zu früh merken? Ich musste jedenfalls an manchen Stellen ziemlich schlucken und nur selten lachen - das spricht schon mal dafür, wie erschreckend realitätsnah und scheinbar logisch die Aussagen auf diesem Parteitag sind.
Wie kannst du den Satire-Tag vermissen, wenn du ziemlich schlucken und nur selten lachen musstest? Dieser Text ist mitnichten eine Satire, er könnte vielmehr sehr nah an der Realität in der nahen Zukunft sein, wenn wir nicht aufpassen. Für heute nur so viel: Die auf meiner kleinen Zusammenkunft der Länderchefs einer imaginären Partei geäußerten Kernthesen sind der Tagespresse entnommen.

Das Ende ist natürlich nur eklig.
Das sollte auch so sein. Danke.


Danke, wieselmaus, fürs lesen und kommentieren.

Es ist doch hoffentlich Satire!
Nein, Satire ist es nicht. Siehe bitte dazu auch meine Antwort an Holg.

Sehr schade.
Du sagst es, josefelipe, sehr schade - dass du in Geschichten nur gewisse Stellen suchst und danach urteilst.

 

Hallo Dion,

etwas beruhigt bin ich schon. Aber die Frage bleibt doch: Für wen hast du geschrieben? Wenn es nicht satirisch gemeint ist, dann segelst du gefährlich nahe an Scheinwahrheiten entlang. Ich könnte mir vorstellen, dass du so Beifall bekommst, den du gar nicht haben willst. Aus deinem Blog habe ich entnommen, was dich an gesellschaftlichen Themen umtreibt. Leider kann ich nicht glauben, dass - trotz bester Absichten - du mit diesem Text das wirre Gedankengut aufhalten kannst. Und die, die nicht zu den Protagonisten des Textes gehören, brauchen nicht erst überzeugt zu werden, dass Gefahr im Verzug ist. Oder glaubst du, dass sich bei wortkrieger solche Leute wie Alex tummeln?

Gruß wieselmaus
.

 
Zuletzt bearbeitet:

Dion schrieb:
Für heute nur so viel: Die auf meiner kleinen Zusammenkunft der Länderchefs einer imaginären Partei geäußerten Kernthesen sind der Tagespresse entnommen.

Beim Lesen gestern Abend gingen meine Vermutungen in eine ähnliche Richtung, bzw. sogar noch einen Schritt weiter.
Ich stellte mir nämlich vor, Dion, du seist tatsächlich bei so einer einschlägigen Veranstaltung gewesen, undercover quasi wie weiland Günther Walraff, der Text sei also weniger dystopische Fiktion, als vielmehr das Gedankenprotokoll einer realen Begebenheit aus der Jetztzeit.
Dass es genug Gruppen und Parteien, ob legale oder Illegale, gibt, in denen diese bizarre Ideologie auf die von dir geschilderte Art oder noch radikaler vertreten wird, wissen wir ja alle. Der Text spiegelt für mich also weniger einen Blick in die Zukunft, sondern eher unsere momentane Gegenwart.

Ob es nun dieses Ende braucht?
Ich finde es passend und kann auch irgendwie nachvollziehen, dass es dir einfach ein Bedürfnis war, diese Typen als das zu zeigen, was sie in Wahrheit sind: machtgeile, perverse Pharisäer.
Dass gerade die vermeintlichen Weltverbesserer oft die größten Arschlöcher waren, zeigt uns ja die Weltgeschichte.


Eine Handvoll Fehler hab ich noch für dich:

warum sollten sie das mit sechszehn tun.
Es wäre zudem Unsinnig,
Wenn jemand wissen will, wo Hawaii liegt, braucht [er] das nur bei Google eintippen, [oder: Wer wissen will ...]
Wer länger als [ein] halbes Jahr arbeitslos ist,
wir könnten sich [uns] dem einfach anschließen.“
Pflicht¬bewusstsein

Dein Text ist zwar keine unterhaltsame Geschichte, aber allemal ein bedrückendes Zeitdokument.

offshore

 

Hallo Dion,

also ich kann mit dem Text als Geschichte wenig anfangen. Inhaltlich mag das interessant sein, aber wenn ich hier den Maßstab für eine gut erzählte Geschichte ansetze, dann fällt der Text bei mir durch. Mit Worten umgehen, das kannst du natürlich, flüssig liest sich das schon. Aber wo ist hier die Entwicklung? Wo sind greifbare Figuren? Die sind arg hölzern, leblos und austauschbar. Insgesamt wirken die auf mich wie ein Alibi, um die gesamte Empörung, überhaupt in das Gewand einer Geschichte pressen zu können. Ich hab den Eindruck, das, was du sagen willst, wäre in einer Kolumne besser aufgehoben. Zumindest in dieser Dichte. Wenn es wirklich als Geschichte wirken soll, müssten hier eine Menge an Thesen zugunsten der Figurenzeichnung raus. Dein Icherzähler müsste in viel stärkerem Konflikt mit dem Ganzen stehen, dann wäre schon mal eine Menge gewonnen.
In der jetzigen Form sind alle Personen nach meinem Geschmack nur Stichwortgeber, deren einzige Funktion darin besteht, all die Infos in den Text zu zwängen.

Das Ende dann reißt es auch nicht raus. Das war irgendwie klar, dass es daraus hinausläuft. Da hätte es mich mehr geschockt, wenn du am Ende die gutbürgerliche Familie gezeigt hättest. Dass mich das Ende nicht schockt, sollte mich wahrscheinlich schocken. Aber das hat ja nichts mit deiner Geschichte zu tun.

Wie auch immer, ist ein Text, an den man inhaltlich viel rumdiskutieren kann. Bin mir sicher, dass viele die kg auch ganz anders wichten als ich. Mal sehen, was noch so für Stimmen eintrudeln.
Einmal mehr interessant, in welche Richtungen das Thema des Monats so interpretiert wird.

Grüßlichst
Weltenläufer


edit: Wegen des Titels: da ich gestern erst das Erwachen der Macht gesehen habe, musste ich den natürlich klicken :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Dion,
auf den ersten Blick erscheint mir deine Geschichte so, als habest du einen Zettelkasten ausgeschüttet, in dem du alles zum Thema ‚Rechtes Gedankengut’ gesammelt hast und daraus eine Geschichte (wenn man deinen Text als solche bezeichnen kann) konstruiert. Du sprichst so vieles an, was sich zum Thema sagen lässt, und packst es in eine fiktive Rechtsaußen-Versammlung.

Garniert wird das Ganze durch eine Rahmenhandlung mit Kinderpornographie. Nicht nur, dass ich diesen Rahmen als gewollte Aufpeppung des nüchternen Mittelteils empfinde, er stößt auch mich mehr ab, als dass er mich auf irgendetwas hinwiese.
Während die Versammlung exemplarischen Charakter haben könnte, kann ich dies bei deiner Rahmenhandlung nicht nachvollziehen.
Ich kann ernst offshore nur bedingt zustimmen, wenn er sagt:

diese Typen als das zu zeigen, was sie in Wahrheit sind: machtgeile, perverse Pharisäer.

Es wäre zu einfach und wir wären schnell mit ihnen fertig, wenn sich die Bewertung dieser Menschen auf einen so einfachen Nenner bringen ließe.
Machtgeile Pharisäer finden sich in allen politischen Gruppierungen und perverse eben auch. Das ist leider kein alleiniges Merkmal der Rechtsaußen-Politiker-Szene. Möglicherweise gibt es sie dort mehr als in anderen Lagern. Aber als mögliche Erklärung, wie es die Rahmenhandlung suggeriert, ist mir das zu wenig und zu eindimensional.

In letzter Zeit wird hier oft die Frage nach dem Mehrwert, den mir ein Text gibt, gestellt. Oder anders gefragt: Was nehme ich als Leser mit aus deiner Geschichte?

Der Unterhaltungswert: Für mich ist dieser nicht sehr hoch. Ich bin weder amüsiert noch erschüttert über das, was mir da vorgesetzt wird. Du vermengst reale Aussagen mit fiktiven Vorschlägen einer Lösung der Probleme. Die Aussagen kenne ich, die Vorschläge sind in einem bestimmten extrem-rechten Kontext denkbar, aber so für meine Begriffe doch sehr konstruiert.
Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die ganze Thematik in einer Satire besser aufgehoben gewesen wäre. So begegnet mir in deinem Text das, was mir die Medien tagtäglich ähnlich präsentieren und was mich dort empört und erschüttert. Dazu bedurfte es deiner Darstellung nicht.

Bringt mich deine Geschichte zum Nachdenken? Nicht mehr, als es die Berichterstattung der Medien auch schon tut. Da wird mir nichts Neues vorgestellt (abgesehen vom fiktiven Teil), da muss ich nicht über Gründe und Folgen dieser Rechtsaußen-Betrachtungsweise nachdenken. Ich lege deinen Text zur Seite und sage: Naja, da hat einer alles gesammelt und teilweise weitergesponnen. Aber das alles wird von der Realität längst eingeholt und bringt mir deshalb nichts als die Zusammenstellung dessen, was ich schon kenne.

Die sprachliche Seite: Du schreibst sehr gut, aber deine Sprache schafft es nicht, mich für den Inhalt zu entschädigen. Auch ich bin sehr gespannt auf die weitere Diskussion zu deinem Text.

Freundliche Grüße
barnhelm

 

Die Montage-Idee gefällt mir. Ob sich der Schluss daraus zwingend ergibt, wäre zu überlegen.
Als Satire würde ich den Text auch nicht bezeichnen (welche satirischen Elemente wären da zu nennen?).
Was mir nicht gefällt, sind die Vornamen. Ich fänd's mit Nachnamen atmosphärisch (oder ästhetisch) überzeugender, auch wenn dann wieder das Realismus-Argument droht.

 

Hallo Dion!

Deine Geschichte erinnert mich an einen älteren Text von dir:

http://www.wortkrieger.de/showthread.php?56252-Die-W%FCrde

Auch damals ging es dir darum, dass blutjunge Mädchen unter patriarchalische Männergewalt geraten und sadistisch behandelt werden könnten. Rotherham lässt grüßen!

Er treibt dich um, nicht wahr?

In Die Würde sahst du - wenn ich mich recht erinnere - diese Gefahr von Papst Franziskus ausgehen, und in diesem Text - wenn ich es richtig verstanden habe - von der AfD.

Zum Thema der Verheiratung Minderjähriger gibt es übrigens einen neuen Roman:

Michel Houellebecq: Unterwerfung

In diesem Roman, einer Dystopie, bekommt Frankreich einen islamischen Prädident, die Scharia wird eingeführt, und urfranzösische Biedermänner dürfen minderjährige Mädchen heiraten... Aber du bleibst in deinen Erzählungen lieber dem deutsch-konservativ-katholischen Milieu treu, in dem du dich auskennst.

Aber was mir durch den Kopf geht:

Das Thema lässt dich nicht in Ruhe, du willst Schuldige ausmachen und landest erst beim Papst, dann bei der AfD - warum nicht mal andere, unkonventionelle Wege gehen bei der Spurensuche?

gibt dir als Anregung
gerthans

 

Aber die Frage bleibt doch: Für wen hast du geschrieben? Wenn es nicht satirisch gemeint ist, dann segelst du gefährlich nahe an Scheinwahrheiten entlang.
Wenn du das erkannt hast, wieselmaus, dann habe ich den Text auch für dich geschrieben. Logisch und in sich konsistent zu argumentieren, vermögen auch jene, die politisch an den Rändern stehen. Es ist nur eine Frage des eigenen Standpunktes, wie man dann das Gesagte beurteilt. Und dieser Standpunkt wandert in der Bevölkerung seit einigen Jahren nach rechts. Einer der Mitverfasser von 5 Punkten, über die Alex am Anfang meiner Geschichte spricht, ist einer der häufigsten Gäste in den Fernsehtalkrunden der letzten Jahre. Er wird so häufig eingeladen, weil sehr viele Zuschauer ihn und seine Redebeiträge gut finden.

Das Problem der etablierten Parteien ist, dass sie sich nicht mit dem rechten Gedankengut auseinandersetzen wollen. Aber mit dem Ignorieren, dem Nicht(an)sprechen, gewinnt man niemand. Im Gegenteil: Man überlässt das Feld jenen, die sprechen: Auf den Demos, im Internet und anderswo. Und was fällt den Etablierten als Gegenmaßnahme ein? Sprechverbote. Oder, wie du es sagst: Man sollte besser nicht darüber schreiben, weil die Gefahr besteht, Beifall aus der falschen Ecke zu bekommen.


Ich stellte mir nämlich vor, Dion, du seist tatsächlich bei so einer einschlägigen Veranstaltung gewesen, undercover quasi wie weiland Günther Walraff, der Text sei also weniger dystopische Fiktion, als vielmehr das Gedankenprotokoll einer realen Begebenheit aus der Jetztzeit.
Danke, Ernst, einen besseren Kompliment kann ein Autor wohl schwer bekommen.

Der Text spiegelt für mich also weniger einen Blick in die Zukunft, sondern eher unsere momentane Gegenwart.
Na ja, diese Partei steht kurz vor dem Gewinn der Bundestagswahl – und soweit ist es bei uns noch nicht.

Ob es nun dieses Ende braucht?
Ja, denn sonst könnte jemand tatsächlich auf die Idee kommen, da sitzen lauter ehrbare Leute, die lediglich etwas verschrobene Standpunkte vertreten.

Dein Text ist zwar keine unterhaltsame Geschichte, aber allemal ein bedrückendes Zeitdokument.
Eine unterhaltsame Geschichte wollte ich gar nicht schreiben, aber die Vorgänge bei uns und um uns herum zu beleuchten, das wohl.


also ich kann mit dem Text als Geschichte wenig anfangen. Inhaltlich mag das interessant sein, aber wenn ich hier den Maßstab für eine gut erzählte Geschichte ansetze, dann fällt der Text bei mir durch.
Das ist natürlich schade, weltenläufer. Man muss sich entscheiden, wo der Schwerpunkt einer Kurzgeschichte liegen soll: In der Information oder in der Dramatik. Was bringt es mir, die Figuren zu zeichnen, wenn dadurch der Kern dessen, was gesagt werden soll, auf der Strecke bleibt. Ich fand, dass die Figuren weniger wichtig sind, weil eben austauschbar. Wenn ich den umgekehrten Weg gehen würde, könnte der Leser denken: Da fantasieren sich ein paar Verrückte etwas zusammen, das keine Bedeutung für das reale Leben in Deutschland hat. Das ist ja gerade, was nicht nur in diesem Land passiert: Die Rechten werden nicht ernst genommen, bis es passiert – siehe Ungarn, siehe Polen.

Dein Icherzähler müsste in viel stärkerem Konflikt mit dem Ganzen stehen, dann wäre schon mal eine Menge gewonnen.
Da kann man so sehen, ja. Mein Icherzähler steht dem Ganzen zwar eher kritisch gegenüber, aber er ist nicht entschlossen genug: Weder bei den politischen Sachen, noch am Ende bezieht er Stellung – man weiß nicht, ob er nun mitmachen oder doch die Finger davon lassen wird. Er ist der typische Zauderer, der nicht weiß, was er will und den Entscheidungen am liebsten aus dem Weg geht. Ein sogenannter Nichtwähler.

Danke allen fürs Lesen und Kommentieren.

PS: Ich werde auch den restlichen Kommentatoren noch heute antworten, bloß habe ich im Moment keine Zeit.

 

Hallo Dion,

das habe ich nun wirklich nicht gemeint, dass man ganz den Mund halten soll, damit man nicht Beifall von der falschen Seite bekommt. Es ist geht mir um das Vehikel, mit dem deine Überzeugung transportiert werden soll. Der Zauderer müsste deutlicher konturiert werden. Denn das ist ja wohl die Zielgruppe, um die es dir geht und die du aus dem Dunstkreis Pegida retten möchtest. Wo würdest du denn ogerne deine Geschichte veröffentlicht sehen, damit sie die von dir intendierte Wirkung entfalten könnte? Die braucht doch Öffentlichkeit! Ich Die meine das überhaupt nicht ironisch. Das Verhältnis von Absicht und Wirkung in der Kommunikation.

Ich bin selbstverständlich weiter an der Diskussion interessiert.

Gruß wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dion

mögen deine Absichten noch so ehrenwert sein: so nach dem Motto "Wehret den Anfängen", mag es auch so sein, dass in Umkehrung der political correctness der propagandistischen Presse, ich eine Meinung vertrete, die du und andere nicht teilen.

Aber dieser Text gehört weder in den Wettbewerb (letzte Ausfahrt? letzter Ausweg: Kinderfickerei?) noch hier ins Forum. Mich wundert, dass die Moderatoren dies bisher hinnehmen. Schließlich ist der Text rein politisch und am Ende sogar noch gewaltverherrlichend. Du kennzeichnest den Beitrag ja nicht einmal als Satire oder gibst dir die Mühe im Text satirische Elemente zu verwenden.

Schreib das ganze in einem Blog oder was auch immer. Oder mach einen Roman daraus. Beispiel dafür: Houellebecq "La Soumission." Eine Kurzgeschichte ist das jedenfalls nicht.

Keine Ahnung, was ich noch schreiben soll. Ich bin nicht hier, um in einen politischen Diskurs einzusteigen...

Nichts für ungut...
Grüße
Isegrims

 

Hallo Dion,

Mein Icherzähler steht dem Ganzen zwar eher kritisch gegenüber, aber er ist nicht entschlossen genug: Weder bei den politischen Sachen, noch am Ende bezieht er Stellung – man weiß nicht, ob er nun mitmachen oder doch die Finger davon lassen wird. Er ist der typische Zauderer, der nicht weiß, was er will und den Entscheidungen am liebsten aus dem Weg geht. Ein sogenannter Nichtwähler.

Also, das ist bei mir nicht so angekommen. Nach meinem Verständnis steckt Dein Erzähler mittendrin: Er hat an mindestens einem wichtigen Punkt des Programms aktiv mitgearbeitet und genießt außerdem das volle Vertrauen des Parteichefs - das kann ja nicht einzig und allein auf einer lange zurückliegenden Jugendfreundschaft beruhen, sondern muss zumindest auf Seiten von Alex eine ziemlich sachliche Einschätzung von Rainers Gesinnung widerspiegeln.

Ja, gewisse Zweifel hat Rainer offensichtlich. Aber dass er echt kritisch gegenüber dem "Ganzen" wäre, sehe ich echt nicht belegt - höchstens gegenüber einigen der extremeren Auswüchse. Er ist allerdings auch nicht der typische Charakter, der zu Beginn mal begeistert dabei war und dann allmählich zunehmende Zweifel bekommt. Dann müsste er ja zumindest Parteimitglied sein.

Also, je länger ich darüber nachdenke, desto merkwürdiger, um nicht zu sagen inkonsistenter kommt mir das vor: Dass jemand, der nicht mal in der Partei ist, am Programm mitwirkt und auf einem geheimen Spitzentreffen spricht, ist nicht nur für den Plot seltsam, sondern auch als Charakterbild. Ich weiß nicht, was das sein soll, aber ein Nichtwähler ist das nicht.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dion,

es fällt mir schwer, mich zu deinem Text zu äußern.

Was du zeigen willst,
die von einem aufstrebenden Politiker und seinen Mitdenkern 'intelligent' vorgebrachte Variante dumpf-dummer, gestriger Thesen, die Verunglimpfung der - historisch und geographisch fast einmalig freien, und von praktisch jedermann mitgestaltbaren - Presse als Lügenpresse, die akute Gefahr, die dahinter steht (und gegen die man angehen muss, ob als Pfarrer, Banker, Sozialhilfeempfänger oder Schreiberling, raushalten gilt nicht),
das sollte gezeigt werden.
Und sprachlich machst du das auch gut. Aber es kommt mir am Ende zu dick, zu platt auch: Wer politische Perversitäten ausheckt, der tut das ebenso im Sexuellen? Kommt sicher vor, aber oft genug auch bei jenen, die ethisch Korrektes äußern ...
Die moralische Entrüstung über das menschenverachtende Denken beim Leser dadurch anzuheizen, dass die Vertreter der 'neuen Rechten' junge Mädchen sexuell ausbeuten? Das macht mir ein Unbehagen trotz der verständlichen Absicht des Textes. Und er ist mir auch zu lang, zu sehr die Aneinanderreihung politischer Thesen.
Dennoch hat er was Wichtiges in sich. Wie du dieses Wichtige so transportieren könntest, dass es beim Leser sinnvoll ankommt ... weiß ich leider selbst nicht. Aber wer weiß, vielleicht fällt dir ja noch etwas dazu ein?

Viele Grüße,

Eva

 

auf den ersten Blick erscheint mir deine Geschichte so, als habest du einen Zettelkasten ausgeschüttet, in dem du alles zum Thema ‚Rechtes Gedankengut’ gesammelt hast und daraus eine Geschichte (wenn man deinen Text als solche bezeichnen kann) konstruiert.
Wenn ich das täte, barnhelm, wäre die Geschichte dreimal so lang geworden: Man glaubt gar nicht, was diese rechte Parteigenossen öffentlich so von sich geben.

Garniert wird das Ganze durch eine Rahmenhandlung mit Kinderpornographie.
Da geht es gar nicht um Pornografie, und schon gar nicht um die Kinderpornografie, da wird lediglich davon geredet, Sex mit Jugendlichen zu haben.

Während die Versammlung exemplarischen Charakter haben könnte, kann ich dies bei deiner Rahmenhandlung nicht nachvollziehen.
Du kennst wohl zu wenig alte Männer. Vielleicht weiß du auch nicht, was bei ganz normalen Firmentagungen abends so alles passiert. Das ist vielleicht mit ein Grund, warum die (männlichen) Führungskräfte keine Frauen in Führungspostionen haben wollen. Tatjana in meiner Geschichte ist nur zugelassen, weil sie enger mit dem Parteichef verbunden ist als andere. Warum dem so ist, wird aber nur angedeutet.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die ganze Thematik in einer Satire besser aufgehoben gewesen wäre.
Warum in aller Welt glauben so viele, man könnte den Rechten nur adäquat begegnen, wenn man sie lächerlich macht?


Die Montage-Idee gefällt mir.
Danke, tortitch. Doch die vielen Infos bergen auch die Gefahr in sich, dass die Dramaturgie auf der Strecke bleibt, was manch einer hier schon gesagt hat.

Was mir nicht gefällt, sind die Vornamen. Ich fänd's mit Nachnamen atmosphärisch (oder ästhetisch) überzeugender, auch wenn dann wieder das Realismus-Argument droht.
Ich habe mich für Vornamen entschieden, weil, erstens, sich Parteimitglieder auf dieser Ebene meistens mit Vornamen ansprechen, und zweitens, weil für gut informierten Leser auch so erkennbar sein dürfte, wer hinter den Vornamen steckt.


Rotherham lässt grüßen!
Davon, gerthans, wusste ich bis heute nichts.

In Die Würde sahst du - wenn ich mich recht erinnere - diese Gefahr von Papst Franziskus ausgehen, und in diesem Text - wenn ich es richtig verstanden habe - von der AfD.
Ja, allerdings von der AfD in einer Form, die entstehen könnte, wenn sich die Rechtsextremen weiter so durchsetzten wie bisher schon. Ich meine, die ehemals Gemäßigten haben sich verabschiedet – sie gründeten die neue Partei Alfa, die niemand kennt oder kennen will -, und die ehemals Extremen – z.B. Frauke Petry -, sind jetzt die neuen Gemäßigten.

Michel Houellebecq: Unterwerfung

In diesem Roman, einer Dystopie, bekommt Frankreich einen islamischen Prädident, die Scharia wird eingeführt, und urfranzösische Biedermänner dürfen minderjährige Mädchen heiraten... Aber du bleibst in deinen Erzählungen lieber dem deutsch-konservativ-katholischen Milieu treu, in dem du dich auskennst.

Ja, ich bevorzuge: Schuster, bleib bei deinem Leisten.

Das Thema lässt dich nicht in Ruhe, du willst Schuldige ausmachen und landest erst beim Papst, dann bei der AfD - warum nicht mal andere, unkonventionelle Wege gehen bei der Spurensuche?
Tja, so ist nun mal. Oder kennst du jemand auf dem linken politischen Spektrum, der für sich in Anspruch nimmt, „wertkonservativ“ zu sein? Und wertkonservativ bedeutet heute das, was ich in der Geschichte die Rückbesinnung auf die sogenannten Sekundärtugenden nannte. Die Träger dieser Rückbesinnung sind zweifellos die christlichen Kirchen und Parteien, die das C in Namen tragen.


Wo würdest du denn ogerne deine Geschichte veröffentlicht sehen, damit sie die von dir intendierte Wirkung entfalten könnte?
Ich bezweifle, wieselmaus, dass Geschichten politisch etwas bewirken können. Menschen bilden sich ihre Meinung aus vielen Quellen und über einen langen Zeitraum, eine Geschichte wie diese kann da höchstens ein Steinchen in diesem Meinungsgebäude darstellen.

Sowohl in meiner Geschichte „Die Würde“ als auch hier ging ich auf aktuelle Ereignisse ein, um sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Und das geht ganz schnell – in der Wikipedia steht zum Beispiel nichts über den Spruch des aktuellen Papstes, dass planvoll verabreichte Schläge auf den Hintern gut sind, um Kindern beim Wachsen und Reifen zu helfen. Das ging damals durch alle Medien, jetzt will keiner mehr davon wissen.

Ähnlich wird es wohl den Ereignissen gehen, die heute vielleicht Verwunderung auslösen, morgen aber vergessen sein werden. Wenn sich die Gesellschaft als Ganzes in die gleiche Richtung bewegt, wird die ehemalige Ausnahme zur Normalität.


Aber dieser Text gehört weder in den Wettbewerb (letzte Ausfahrt? letzter Ausweg: Kinderfickerei?) noch hier ins Forum. Mich wundert, dass die Moderatoren dies bisher hinnehmen. Schließlich ist der Text rein politisch und am Ende sogar noch gewaltverherrlichend.
Ich fürchte, Isegrims, du bist mit dieser Meinung hier allein. Aber okay, wenn du tatsächlich der Meinung bist, dieser Text ist gewaltverherrlichend, dann melde ihn einfach.

 

keine Ahnung Dion, ob ich da alleine stehe...
Denunziantentum liegt mir nicht; ich habe nur von mir gesprochen... ich finde den Text implizit gewaltverherrlichend und mehr ein politisches Statement...

 

Nach meinem Verständnis steckt Dein Erzähler mittendrin: Er hat an mindestens einem wichtigen Punkt des Programms aktiv mitgearbeitet und genießt außerdem das volle Vertrauen des Parteichefs - das kann ja nicht einzig und allein auf einer lange zurückliegenden Jugendfreundschaft beruhen, sondern muss zumindest auf Seiten von Alex eine ziemlich sachliche Einschätzung von Rainers Gesinnung widerspiegeln.
Dazu, Holg, kann ich nur sagen: Echte Freundschaft, vor allem solche aus der Kindheit stammende, kann nichts erschüttern.

Dass jemand, der nicht mal in der Partei ist, am Programm mitwirkt und auf einem geheimen Spitzentreffen spricht, ist nicht nur für den Plot seltsam, sondern auch als Charakterbild.
Es kommt vor, dass externe Berater eingeladen und zu einem Thema sprechen. Und in diesem Fall bürgt sogar der Parteichef für die Loyalität Rainers, was etwaige Bedenken bei den übrigen Teilnehmern zerstreuen dürfte. Dazu kommt, dass dieser Vorschlag mit der Steuerfreiheit ab 6 Kindern ursprünglich aus der CDU kommt und dort auch diskutiert wurde. Es könnte sein, dass sowohl Alex als auch Rainer dort früher Mitglied waren, aber nicht gehört wurden. Was ich dazu gedichtet habe, ist lediglich die Mutterkreuzdiskussion.

Aber es kommt mir am Ende zu dick, zu platt auch: Wer politische Perversitäten ausheckt, der tut das ebenso im Sexuellen?
Für diese Menschen, Eva, sind das, was sie sagen, keine politischen Perversitäten: Sie meinen es ernst. Und das Sexuelle beschränkt sich nur auf 3 Personen, wobei für die dritte das gar nicht sicher ist. Außerdem ist das in dieser Geschichte nur eine Randnotiz, aber wie immer, wenn vom Sexuellen die Rede ist, interessiert das die meisten. Was nur natürlich ist bei Menschen, die in einer Gesellschaft leben, die daraus ein Geheimnis macht bzw. machen möchte.

Ich danke euch allen fürs Lesen und Gedankeneinbringen.

 

Hallo Dion,


ich habe Deine Geschichte gelesen. Zuerst dachte ich, interessant alle diese Vorstellungen zusammen zu bringen, dann dachte ich, wie will er da zu einem Punkt kommen, dass es nicht nur eine Situations-Beschreibung ist und dann schliesst Du mit dem Aufzeigen der Doppel-Moral. Insgesamt doch lang und nicht ganz glaubwürdig für mich. Super finde ich, dass Du ein politisches Thema nimmst. Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich.

Einige Kleinigkeiten:

oft von minderer Qualität
finde ich nicht passend, "behindert"?

Daher Frage an euch alle
"Daher, Frage ..." oder "Daher die Frage ..."?

Natalität
kannte ich selbst nicht, in dem Kontext zu wissenschaftlich? einfach "Geburtenrate"?

mit einem Vorschlag, das wir
"mit einem Vorschlag, den wir" richtig?

Schrieben
Schreiben

vornehmen muss
vornehmen musst

Im der Gaststube
In der Gaststube

Viele Grüße
oheim

 

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