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Die neu gewonnene Freiheit eines Musikers
Sein Haar flackerte im Wind. Er saß einsam und allein in seinem Landrover und lauschte andächtig der Musik die aus dem Autoradio dröhnte. Langsam aber stetig kullerte ihm eine Träne über sein Antlitz, er fuhr sich noch einmal übermütig mit der Hand durch sein Haupthaar und gab danach Vollgas.
Viel ist seit damals passiert. Seit 1999. Das Jahr, in dem er entschloss sein Leben radikal zu ändern. Viele um ihn trauernde Menschen konnte er seit dem beobachten. Unter anderem auch Leute, die ihn zu "Lebzeiten" nicht ausstehen konnten und ihn als "Hanswurst der Musikbranche" bezeichneten. Hektisch zündete er sich eine Zigarette an. Der Schmerz war ihm anscheinend zu Kopf gestiegen.
Plötzlich konnte er es wieder fühlen. Die Begeisterung die ihn schon damals bei seinem ersten Auftritt durchströmte. Die Vibrationen der Musik, das Gekreische der Menge, der zerbrechlich zarte Moment, in dem er zum ersten Mal seine Stimme ertönen ließ und auf einmal sämtliches Lampenfieber wie weggeblasen schien.
Er konnte es wieder fühlen. Nur stand er heute nicht auf der Bühne neben mehreren professionellen Musikern und einem begeistert brüllenden Publikum, sondern saß in einem Landrover und bretterte ziellos auf einer endlos scheinenden Straße herum.
Aber es war sinnlos die Entscheidung von damals zu bereuen, er hatte den ständigen Erfolgsdruck einfach nicht mehr stand gehalten. Er hatte es satt, dass die Gesellschaft stets ein bestimmtes, klischeehaftes Verhalten von ihm erwartete, er hatte es satt, wie er als Person ständig auf seine Werke reduziert wurde.
Es war die richtige Entscheidung gewesen. Hoffentlich... Andererseits... Was ist ein Mann der Öffentlichkeit, wenn er nicht mehr an derselbigen teilhaben kann? Ein erbärmliches Überbleibsel unserer Wegwerfgesellschaft, Abfall der MTV-Generation, eine Reinkarnation eines unsinnigen Starkults. "Warum mache ich mir etwas vor, verdammt?" keuchte er. Das Leben als Star war seine Bestimmung gewesen, doch er hatte beschlossen, diesem Leben durch einen vorgetäuschten, "tödlichen" Autounfall ein Ende zu setzen. Er wollte einfach wieder frei sein. Doch seine neu gewonnene Freiheit war in Wirklichkeit sein eigens geschaffenes Gefängnis geworden.
Ein Schild rauschte beängstigend schnell vorbei auf dem geschrieben stand: "The Dominican Republic - the perfect holidayparadise!"
Doch dieses letzte Anzeichen der Gefahr konnte ihn nicht mehr beeindrucken, er war sich nämlich schon längst über sein neues Ziel im Klarem.
"Tote können nicht mehr sterben..." murmelte er, bevor er mit 150 Sachen in die nächste Leitplanke knallte.
Das einzige, was die Rettungskräfte bei der Bergung noch mit Sicherheit feststellen konnten, war ein leiser summender Ton aus dem Autoradio, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handelte es sich dabei um Falcos "Out of the Dark - into the Light".
FOLGENDE HINTERGRUNDINFOS SIND ZUM VERSTEHEN DIESER GESCHICHTE ERFORDERLICH:
Falco (Hans Hölzl) starb im Sommer 1999 bei einem Autounfall in der dominikanischen Republik, er fuhr einen Landrover.