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Die Meute
Die Meute
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Schnee hüllte die Gipfel der Berge ein. Bis auf leise zischende Windböen war es weitgehend ruhig in dieser Nacht. Vom wolkenlosen Himmel warf der Vollmond sein Licht auf die riesigen Schneeflächen. Nur wenige wagten sich in dieser friedlichen aber doch so kalten Nacht mit einem Fahrzeug auf die gefrorenen Straßen. Die Idylle wurde bald durch die Scheinwerfer eines langsam und vorsichtig gefahrenen Autos durchbrochen. Am Steuer saß Jim und blickte hoch konzentriert durch die freigekratzte Scheibe. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß seine Frau Lois. Sie blickte schweigend durch die Seitenscheibe auf die vorbeischleichende Winterlandschaft. Beide hatten sich nach 15 Jahren Ehe nicht mehr viel zu sagen. In Wahrheit hatte sich ihre einstige Liebe in Abneigung entwickelt. Es mag zum einen an der langen Zeit gelegen haben, in der sich beide auseinandergelebt hatten. Zum Andern auch daran, dass Jim es seiner Frau nie recht machen konnte. Er arbeitet als Vertreter für eine kleine Versicherungsgesellschaft. Konnte gerade so die Hypothek für ein kleines Haus bezahlen. Lois hingegen lebte als Hausfrau. Sie gab gern das wenige Geld ihres Mannes aus und träumte davon einmal in besseren Kreisen zu verkehren. Oft hatten sie sich darüber gestritten. Lois warf Jim vor ein Versager zu sein und dafür hasste er sie. Nicht wenig Zeit verbrachte Jim damit Pläne zu schmieden sie umzubringen und einfach abzuhauen. Etwa mit Gift oder dem allseits beliebten Föhn, welchen er ihr in die Badewanne schmeißen konnte. Bei diesen Gedanken fühlte er sich wohl und konnte seiner Kreativität freien Lauf lassen.
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Das laute Quietschen der Bremsen riss Lois aus ihren Gedanken. Jim hatte sie voll durchgetreten und den Wagen zum Stehen gebracht. „Was ist los? Bist du nicht in der Lage Auto zu fahren“ schrie Lois. „Wie wäre es wenn du mal nach vorn sehen würdest?“ erwiderte Jim verärgert. Lois blickte durch die Frontscheibe. Was sie sah lies ihr den Atem weg. Im Scheinwerferlicht war deutlich ein große hundeähnliche Kreatur zu erkennen. Mit blutverschmiertem Maul blickte es in Richtung des Fahrzeuges und knurrte. Lois und Jim saßen wie angewurzelt in ihrem Fahrzeug. Vor der Kreatur lag der leblose Körper eines nicht mehr identifizierbaren größeren Tieres. Allem Anschein nach könnte es ein Wildschwein gewesen sein. Immer wieder riss die Kreatur mit ihren messerscharfen Zähnen Fleischstücke aus dem leblosen Körper. „Na mach schon du Trottel fahr vorbei!“ rief Lois in Panik. Jim trat mit voller Wucht aufs Gas um möglichst schnell wegzukommen. In diesem Moment riss der Heckantrieb das Fahrzeug herum. Ins Schleudern geraten hatte Jim den Wagen nicht mehr unter Kontrolle. Das Fahrzeug stürzte den Abhang neben der Straße hinunter.
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Als Jim die Augen öffnete spürte er einen stechenden Schmerz in den Rippen. Das Fahrzeug lag auf dem Dach. Neben ihm stöhnte seine Frau. Lois hatte es schlimmer erwischt als ihn. Sie lag eingeklemmt auf dem Beifahrersitz, Blut floss aus einer Wunde an ihrem Kopf. Zuerst befreite Jim sich von seinem Gurt und kroch aus dem Fahrzeug. Was er dann sah verschlug ihm den Atem. Das liegengebliebene Fahrzeug war umzingelt von einer Meute riesiger hundeähnlicher Kreaturen. Sie alle knurrten, fletschten die Zähne, waren bereit sich an den Körpern von ihm und seiner Frau zu nähren. Jim stand für einen Moment wie angewurzelt da und brachte keinen Laut heraus. Was waren das für Kreaturen? Wölfe? Wilde Hunde? Wie komm ich hier heil wieder raus? All diese Gedanken schossen ihm in Sekunden durch den Kopf. Dann vernahm er das Stöhnen seiner Frau aus dem Auto. „Jim hilf mir!“ rief sie mit schwacher, flehender Stimme. Und in diesem Moment, als die Meute den Kreis um das Fahrzeug enger zog brachte ihn das Flehen seiner Frau auf einen Gedanken. Ja es war die Lösung. Nicht nur um dieser Situation zu entkommen sondern auch um seinem eigenen Leben wieder etwas Ruhe zu geben. Ruhe vor seiner Frau. Ohne zu zögern rannte er los. Sein Ziel war der Hang den das Auto hinunter gestürzt war. Seine Chance war ihn hinaufzuklettern in der Hoffnung die Meute würde sich auf seine wehrlose blutende Frau stürzen. Die Kreaturen griffen an. Blitzschnell stürzten sie zum Fahrzeug um das eingeschlossene und blutende Opfer zu reißen. Jims Plan ging auf. Während die Meute mit seiner Frau beschäftigt war erreichte er den Hang. Ohne sich umzusehen kletterte er hinauf zur Straße. Das letzte was er von seiner Frau hörte waren laute Schreie, die zu einem wässrigen Gurgeln wurden bevor sie für immer verstummte. Auf der Straße angekommen rannte Jim los. Noch war er nicht in Sicherheit. Er hoffte die Meute würde lang genug mit seiner Frau beschäftigt sein, bis er genügend Strecke zurückgelegt hat oder jemand ihn finden würde. Glücksgefühle überkahmen ihn. Es war ein ganz normaler Unfall, bei dem seine Frau blutrüstigen hundeähnlichen Bestien zum Opfer gefallen war. Niemand würde ihn verdächtigen, dass er sie absichtlich zurückgelassen hat. Beim Gedanken daran übersah er die Scheinwerfer eines weiteren Autos, welches mit quietschenden Reifen auf ihn zukam.....