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Die Menschen

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19.03.2016
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Die Menschen

Es war verhältnismäßig warm für diese Jahreszeit, doch trotzdem liefen die Menschen in dicken Mänteln durch die Stadt. Er saß in dem kleinen Eckcafé in der Fußgängerzone, so wie er es immer tat, wenn er die Zeit dazu fand. Er saß und beobachtete die Menschen. Die Menschen waren sonderbar. Verschieden aber trotzdem gleich. Die Art und Weise, wie sie durch die Straße liefen, erinnerte ihn an sie, wie sie damals war: unsicher und doch bestimmt, vorwärtsstrebend und doch zurückblickend. Dann sah er sie. Wie immer um diese Zeit. Nichts ungewöhnliches.

Sie lief jeden Tag hier entlang, denn das war der kürzeste Weg zu dem Ort, den sie ihr Zuhause nannte. Fast immer sah sie in dem kleinen Café an der Ecke, diesen Mann sitzen. Er war vielleicht vierzig, und sah recht gut aus, aber besaß trotzdem irgendetwas, das ihn anders machte. Er saß dort oft stundenlang und musterte die träge Masse der Menschen, die sich durch die Fußgängerzone schob. Er erinnerte sie an ihr Kindheit. Auch sie hatte damals oft stundenlang an einem Platz gesessen und die Menschen beobachtet. Die Menschen waren sonderbar.

Es war sehr lange her, seit sie sich das letzte Mal bewusst begegnet waren. Sie wusste nicht, dass er nun auch in der Stadt lebte, und er hatte es auch nur zufällig herausgefunden. Er hatte oft überlegt, ob er sie ansprechen sollte, aber er hatte große Zweifel ob sie ihn überhaupt noch erkennen würde, geschweige denn etwas mit ihn zu tun haben wollte.

Sie hatte lange gebraucht, bis sie ihn erkannt hatte, er war schon sehr lange her. Sie hätte ihn einfach ansprechen können, aber es war einfach zu viel geschehen seit damals.

Er hatte viel nachgedacht in letzter Zeit. Viel über sich, viel über sie. Es hatte lange gedauert, doch er hatte eine Entscheidung getroffen.

Sie wollte früh ins Bett gehen, doch es hatte an der Tür geklingelt.

Er.

Sie unterhielten sich die ganze Nacht. Über sie, über ihn; über damals, über heute.

Es war verhältnismäßig warm für diese Jahreszeit, doch trotzdem liefen die Menschen in dicken Mänteln durch die Stadt. Sie saßen in dem kleinen Eckcafé in der Fußgängerzone, so wie sie es immer taten, wenn sie die Zeit dazu fanden. Sie saßen und beobachteten die Menschen. Die Menschen waren sonderbar.

 

Hej Matze99,

zuerst fällt mir auf, dass Deine Protagonisten namen- und überhaupt ziemlich eigenschaftslos bleiben. Namen müssen zwar nicht sein, aber wenn Du zwei Menschen mit "sie" und "er" betitelst, dann sollten die schon deutlich stärker durch ihre Handlungen hervortreten, damit man sich in die hinein versetzen kann.

Wenn Du zwischen denen einen Dialog einbauen würdest, könnten Deine Leser nachvollziehen, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen.

Querbeet ein bisschen Textkram:

Die Menschen waren sonderbar. Verschieden aber trotzdem gleich.
Hier wird nicht klar, was Du damit meinst. So bleibt das ein Allgemeinplatz, vielleicht kannst Du das genauer formulieren?

der kürzeste Weg zu dem Ort, den sie ihr Zuhause nannte.
Wozu so umständlich? Erklär dem Leser, warum es nicht ihr zu Hause ist oder lass es ganz weg. Solche Andeutungen machen Deine Geschichte nicht spannender, sondern ungenau.

geschweige denn etwas mit ihn zu tun haben wollte.
mit ihmzu tun haben

er war schon sehr lange her.
es war schon lange her

Sie lief jeden Tag hier entlang
Wo ist hier?

Fast immer sah sie in dem kleinen Café an der Ecke, diesen Mann sitzen.
Komma weg

Du kannst deinen Text benutzen, um ein paar Eckpunkte zu klären, z.B. wo und wann sehen und wann treffen die sich. Was soll dann jeweils passieren.
Für eine richtige Geschichte brauchst Du Figuren mit Eigenschaften, mit Emotionen und einer Sprache.

Ich wünsch Dir viel Spaß dabei, dazu etwas auszutüfteln. ;)

Gruß
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Matze99,

ein paar Gedanken von mir zu deiner Geschichte ...

Für mich ist es absolut passend, dass deine Protagonisten "sie" und "er" bleiben; zwei Inseln umspült von einem Meer sonderbarer Menschen, die sich fremd zu fühlen scheinen. Und ich mag grundsätzlich - also völlig losgelöst von deiner Geschichte - den Gedanken an: "Man trifft sich immer zweimal im Leben", gepaart mit ein wenig fehlendem Mut. Und es gut ausgehen kann, wenn der Mut das Kommando übernimmt.
Das alles transportiert sich mir auch über die Sprache. Beispielsweise mag ich den Perspektivwechsel von ihm zu ihr, der sich der gleichen Worte bedient - für mich betont das die Ähnlichkeit, vielleicht auch die Verbundenheit.

Was mir ein wenig fehlt, ist die Geschichte zwischen Kindheit und jetzt. Was hat diese beiden auseinandergetrieben?

Das ist jetzt weniger Kritik als Interpretation; aber auch die darf ja sein!?

Sprachlich habe ich nur einen Vorschlag zu vermelden. Und zwar bei diesen Satz:

"Es war verhältnismäßig warm für diese Jahreszeit, doch trotzdem liefen die Menschen in dicken Mänteln durch die Stadt."

Ich finde: du kannst das "doch" getrost streichen.

Schattenspringer

 

Hallo Matze99, ich muss zugeben, dass ich am Schluss der Geschichte dachte: Hä? Ich habe leider nicht verstanden, worum es geht. Da ich gerade im SciFi-Modus bin, hatte ich sogar vermutet, es sind Aliens, die Menschen beobachten und sie seltsam finden, da sie selbst nicht so schnell frieren. Es fehlt halt, wie schon gesagt wurde, ein wenig mehr Spezifisches. Dass die beiden Personen sich anders fühlen ist ja klar, aber was soll das mit den Wintermänteln? Drückt das ihr Anderssein aus? Wahrscheinlich eher nicht. Vielleicht wäre ein anderer Aspekt typischer.
Nett finde ich aber, dass sie dann zu zweit sind, das ist ein Happy End.
Alles ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck und hoffentlich nicht zu flapsig ausgedrückt.
Grüße
Steffi

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, Matze99, dass die Zahl in deinem Nick nicht, was weiß ich, für den Hubraum deines Kleinmotorrades steht oder für das Alter deiner Großmutter, sondern für dein Geburtsjahr. Was nichts anderes hieße, als dass du noch sehr jung bist. Und das wiederum spricht schon mal für deinen Text. Also nicht, dass ich ihn brillant fände, aber, nun ja, ich will’s mal so sagen, ich habe hier im Forum von weitaus älteren Autoren schon weitaus uninteressantere (und sprachlich weitaus unbeholfenere) Texte lesen müssen.

Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, dass du für diese Geschichte in deinem Kopf viele und umfassende Ideen hattest, und damit komme ich schon zum ersten Aber. Für mein Gefühl nämlich gelingt es dir nur in Ansätzen, mir, dem Leser, die Ideen hinter der Geschichte ausreichend zu vermitteln. Einerseits unterliegst du zwar nicht dem verbreiteten Anfängerfehler, allzu geschwätzig auch noch das Allerunwichtigste zu beschreiben, andererseits unterläuft dir der verbreitete Anfängerfehler, dein eigenes Wissen um die Hintergründe der Geschichte auch bei den Lesern vorauszusetzen. Aber so gerne ich zwischen und hinter den Zeilen lese, so sehr brauche ich dafür auch Anhaltspunkte und im besten Falle auch Figuren, die es mir leicht machen, an ihrem Schicksal teilzuhaben. (Je näher ich Figuren kommen kann, umso leichter fällt es mir, mich für sie zu interessieren.)
Aber beides lässt du hier vermissen: Weder erfahre ich, wer die zwei Menschen sind, die sich in der Geschichte (wieder?)begegnen, noch, was es mit ihrem Verhältnis (bzw. ihrem Verhalten) auf sich hat. Im Grunde erzählst du mir von zwei Menschen, die beide offenbar zu viel Tagesfreizeit haben und diese in irgendwelchen Cafés totschlagen.


Die Menschen waren sonderbar. Verschieden aber trotzdem gleich. Die Art und Weise, wie sie durch die Straße liefen, erinnerte ihn an sie, wie sie damals war: unsicher und doch bestimmt, vorwärtsstrebend und doch zurückblickend.
Also hier z.B. lässt du schon einmal die Chance einer tieferen Charakterisierung der Protagonisten aus. Ich habe null Ahnung, was genau im Verhalten der Passanten ihn an was genau erinnert. Ich mein, „unsicher und doch bestimmt, vorwärtsstrebend und doch zurückblickend“ sagt doch so ziemlich genau nix aus.

Nichts ungewöhnliches [Ungewöhnliches]

Sie lief jeden Tag hier entlang, denn das war der kürzeste Weg zu dem Ort, den sie ihr Zuhause nannte. Fast immer sah sie in dem kleinen Café an der Ecke, [kein Komma] diesen Mann sitzen. Er war vielleicht vierzig, [kein Komma] und sah recht gut aus, aber besaß trotzdem irgendetwas, das ihn anders machte.
Lass uns Leser doch wissen, was ihn anders macht.

Er erinnerte sie an ihr[e] Kindheit.
Woran erinnert sie sich dabei?

Auch sie hatte damals oft stundenlang an einem Platz gesessen und die Menschen beobachtet. Die Menschen waren sonderbar.
Was ist sonderbar an den Menschen?

Er hatte viel nachgedacht in letzter Zeit. Viel über sich, viel über sie.
Worüber genau hat er nachgedacht?
usw.

Sie wusste nicht, dass er nun auch in der Stadt lebte, und er hatte es auch nur zufällig herausgefunden.
Was hatte er herausgefunden? Dass er nun auch in der Stadt lebte? Merkst du’s? Das ist missverständlich formuliert.

Er hatte oft überlegt, ob er sie ansprechen sollte, aber er hatte große Zweifel[,] ob sie ihn überhaupt noch erkennen würde, geschweige denn[,] etwas mit ihn [ihm] zu tun haben wollte.

Sie hatte lange gebraucht, bis sie ihn erkannt hatte, er [es?] war schon sehr lange her.

Tja, in Wahrheit lässt du mich mit vielen Fragen zurück, und ich finde, es ist allemal Sache des Autors mir zumindest ein paar Antworten zu geben, ansonsten ich mir die Geschichte ja gleich selber schreiben könnte.

Aber wie du schreibst gefällt mir und es macht mich neugierig auf weitere Texte von dir.
Willkommen hier, Matze.


offshore

 

Hallo Matze,
ich habe jetzt noch mal über die Geschichte nachgedacht und darüber, dass mein Kommentar doch zu flapsig und kurz war, während ich mir ja selber immer längere und ausgewogene Kommentare wünsche. Und ich hatte auch gar nicht beachtet, dass du Jungautor bist, was offshore ja richtig erkannt hat. Mich hat wahrscheinlich irregeführt, dass deine Hauptpersonen in den Vierzigern sind.
Daher noch eine etwas differenziertere Ansicht: Auf jeden Fall habe ich länger über den Text nachgedacht, was positiv ist. Und als Schüler schon eine solche Idee umzusetzen und den Text in ein Forum einzustellen ... alle Achtung.
Mir selber geht es oft so, dass ich denke: ist doch klar, was ich meine. Leider ist es das anderen Leuten nicht, weil sie in einer ganz anderen Gedankenwelt sind (so wie ich mit meinen Aliens :-)). Daher würde ich mir mehr Details wünschen, mehr Orientierung. Die Art und Weise, wie sie durch die Straße liefen, erinnerte ihn an sie, wie sie damals war: unsicher und doch bestimmt, vorwärtsstrebend und doch zurückblickend. Hier habe ich mir im Nachhinein gedacht: Wenn die Menschen ihn an die Frau erinnern, das passt doch irgendwie nicht, weil sie ist ja wie er, oder?
Er sieht sie dann, wie immer - ich konnte daraus nicht gleich erkennen, dass mit "sie" hier die gleiche Frau gemeint ist, über die er vorher nachgedacht hatte. Auch das "nichts ungewöhnliches" schien mir eher so, als wenn sie ihm nicht viel bedeutet. Man könnte das einfach weglassen, denn wenn sie "wie immer um diese Zeit" kommt, ist es ja klar, dass das nicht ungewöhnlich ist.
Ein Vorschlag: Er könnte ja vergleichen wie sie früher war und jetzt ist, weil er sie ja erst in der Vergangenheit sieht und dann heute. In etwa: Sie erinnerten ihn daran wie sie früher war ... Dann erschien sie plötzlich auf der Straße, als wäre sie aus seinen Gedanken in die Realität gesprungen (sinngemäß).
Was vielleicht auch die Handlung mehr strukturieren würde, wäre, wenn ihre Gedanken mehr von seinen getrennt wären, ein Absatz wäre eine Möglichkeit, dann nur noch ihre Gedanken beschreiben, nicht seine mit ihren vermischen (auch er hatte es nur durch Zufall herausgefunden).
Dann wäre noch die Frage, warum er sich schließlich noch ein Herz fasst und bei ihr klingelt, wenn er sich vorher nicht getraut hat. Und woher weiß er, wo genau (in welchem Haus) sie wohnt?
Der Anlass könnte ja ein Blick von ihr sein oder eine Geste. Vielleicht setzt sie sich ja neben ihn ins Café und wartet, dass er etwas sagt. Er traut sich nicht, aber dann steht er bei ihr vor der Tür.
Das mit den Mänteln, obwohl es gar nicht so kalt ist stört mich irgendwie (hast du ja wahrscheinlich gemerkt :-)). Ich finde, das ist so profan. Gibt doch schlimmere Sachen, die man merkwürdig finden kann. Aber vielleicht ist das nur mein Problem.
Ich hoffe, dass der Kommentar im Gegensatz zu dem ersten hilfreicher ist und freue mich, wieder von dir zu lesen.
Grüße
Steffi

 
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Hallo offshore!
Vielen Dank für die Kritik :) Ja, es stimmt schon, dass viele Fragen offen bleiben und dies natürlich für Verwirrung sorgen kann. Aber ich persönlich mag es, wenn in einer Geschichte auch Interpretationsfreiraum gelassen wird und der Autor nicht alles vorgibt. Aber da ich noch nicht so viel Erfahrung mit dem Schreiben von Kurzgeschichten habe, war es vielleicht auch ein bisschen zu viel der Interpretationsfreiheit, darum vielen Dank!

Gruß, Matze


Hallo Steffi!
Danke für die beiden Kritiken!
Freut mich, dass dich meine Geschichte zum Nachdenken angeregt hat. Zur kurzen Erklärung: Das mit den Wintermänteln soll bedeuten, dass die Menschen trotz entsprechender Gründe an den alten Gewohnheiten festhalten, aus Angst etwas falsch zu machen. Kann aber verstehen wenn sich das auf den ersten Blick verwirrend anhört. Wie schon gesagt wurde, bin ich neu hier und tue auch gerade in Sachen Kurzgeschichten meine ersten Schritte, daher vielen Dank für das ausführliche Feedback, :)
Gruß, Matze


Hallo Schattenspringer!
Danke für die sehr gute Interpretation, die sehr wohl sein darf und muss! ;)

Gruß, Matze

 

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