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Die Medialität von Frau Fischovski aus Würselen
Madame Fischovski von Würselen war von Beruf ein Medium, wobei Berufung die bessere Bezeichnung wäre. Sie erhielt immer wieder Botschaften aus dem Jenseits und war gleichzeitig hellsichtig und weitsichtig! Natürlich gab es immer wieder Menschen, die ihr unterstellten, eine Scharlatanin zu sein und einfach im Internet Sachen zu googeln, welche sie dann den Angehörigen auftischt. An einem windigen Montagmorgen stand Gislinde Bazille vor dem Haus von Madame Fischovski, denn sie hatte einen Termin vereinbart. Der Grund war, dass sie einen tragischen Verlust erlitten hatte: Ihr Chinchilla namens Hans war plötzlich verstorben. Mit der Hilfe von Frau Fischovski wollte sie mit ihm in Kontakt treten.
"Herzlich willkommen", begrüsste Madame Fischovski Gislinde mit sanfter Stimme.
"Oh, vielen Dank", sagte Gislinde lächelnd. "Ich bin schon gespannt auf die Sitzung. Eine Bekannte von mir hat auch schon mal..."
"Ruhe! Setzen Sie sich auf den roten Stuhl!", befahl Madame Fischovski nun schon etwas weniger sanft.
Gislinde war, wie alle Menschen, die an solchen Schwachsinn glauben, sehr manipulierbar und hörig. Sie leistete Folge und setzte sich.
Madame Fischovski setzte sich ihr gegenüber und begann sogleich mit der Medialität. Mit geschlossenen Augen sprach sie sanft: "Ich spüre, dass Sie hier sind, weil Sie etwas beschäftigt..."
"Ja, so ist es! Ich..."
"Ruhe! Hier wird nicht einfach drauflosgeplappert! Ich muss mich fokussieren, sonst unterbricht die Leitung ins Jenseits!"
"Oh, entschuldigen Sie, natürlich"
Madame Fischovski fuhr fort:"Ich sehe einen grossen Verlust."
"Jaaaa, sehr gross", seufzte Gislinde
"Psst, bitte nicht unterbrechen. Es kommt jemand aus dem Jenseits, der ihnen gerne etwas sagen will. Es sagt mir, dass es ihm sehr gut gehe, und dass sie sich keine Sorgen machen müssen."
"Oh wie schön", lächelte Gislinde, "Wie ist sein Name?"
Mit dieser Frage hatte Madame Fischovski nicht gerechnet. Aber als geübtes Medium wusste sie auch diese Situation zu meistern. Sie hatte hin und wieder mit Skeptikern zu tun, die sie testen wollten. Also antwortete sie wie folgt: "Die Person sagt mir, dass Namen im Jenseits keine Rolle mehr spielen, denn man besteht nur noch aus Energie und Licht"
"Können Sie ihn bitte noch fragen, wieso er so unverhofft aus dem Leben geschieden sei?"
"Natürlich. Einen Moment bitte..." Madame Fischovski schloss abermals die Augen und machte ein angestrengtes Gesicht. "Mom... Moment. Ich glaube ich verliere die Verbindung... oh nein." Sie öffnete die Augen. "Es tut mir leid, aber Ihre skeptische Ausstrahlung hat den Kontakt leider zerstört.
"Oh, wie schade, aber ich bin so froh, dass es Hans gut geht."
"Ich muss mich nun ausruhen, kommen sie wieder bei Fragen. Die Sitzung kostet 200 EUR."
"Ich dachte die Sitzung geht eine Stunde? Es sind gerade mal 10 Minuten vergangen und es kostet trotzdem den vollen Preis?"
"Ja."
"Hmm, na gut. Bitteschön"
"Dankeschön. Sie finden selbst hinaus?"
"Ja. Auf Wiedersehen."
"Wiedersehn."
Gislinde verliess leicht enttäuscht das Haus von Madame Fischovski. Etwas mehr Informationen hätte sie sich schon erhofft. "Aber Medialität ist nun mal keine exakte Wissenschaft", tröstete sie sich selbst. Doch als sie gerade in ihren VW Polo einsteigen wollte, bemerkte sie auf der anderen Strassenseite einen Mann mit längeren Haaren, der jedoch in Richtung Anwesen von Frau Fischovski starrte. Er war in einen dicken grauen Wollmantel gehüllt und trug einen Hut.
Eine weitere Besonderheit dieses Mannes war, dass er einen Grashalm im Mundwickel hielt und kaute. Ausserdem hauste er in einer Höhle in der näheren Umgebung. Was niemand wusste, Hans war bereits vor 19 Jahren verstorben und war in Gestalt dieses Mannes an der Strassenseite reinkarniert! Dieser konnte sich an sein früheres Leben erinnern und war verzweifelt auf der Suche, nach seiner "alten" Mutter Giselinde. Da er zufälligerweise in der gleichen Region wiedergeboren war, hatte er ebenfalls von Frau Fischovski gehört - deshalb reservierte er ebenso einen Termin, um mittels der Hellsichtigkeit von der Frau von Würselen seine Mutter wiederzufinden. Im Gegensatz zu Gislinde war er kein leichtgläubiger Typ und hatte sich entsprechend vorbereitet, konkrete Ergebnisse zu erzielen. Dort angekommen wurde er ähnlich unfreundlich begrüsst und gebeten, auf dem roten Stuhl Platz zu nehmen.
"Sie wünschen?", fragte das Medium.
"Eine Rückführung", Hans.
"Gebongt. Ich zünde noch schnell eine Kerze an mit esoterischen Ölen, das erleichtert mir den Zugang zur Geisteswelt"
"Klar."
Das Medium zog die Vorhänge zu und setzte die besagte Kerze in Brand. Ein schummriges Licht erfüllte den Raum. Hans konnte es nicht erwarten, die alte Schachtel blosszustellen.Sie setzte sich nun wieder an den kleinen runden Tisch, so dass Hans ihr gegenüberhockte. "Legen Sie Ihre Hände behutsam in die meinen", sagte Madame Fischovski.
Obwohl Hans eine natürliche Scheue besass, leistete er Folge. Frau Fischovski begann:
"Ich sehe sie: sie hatten einen schlanken Körper! Ausserdem waren ihre Augen auffällig gross. Speziell ist noch, dass sie vielleicht in Südamerika zuhause waren."
"Können Sie bitte etwas konkreter werden - mit diesen beliebigen Angaben kann ich nichts anfangen?"
Fischovski war ab der frechen Reaktion verdutzt. Auch als Medium hatte sie eine Würde, die sie verteidigen musste. So entgegnete sie: "So nicht, junger Mann! Die Medialität ist nun mal keine exakte Wissenschaft!"
Es kam zu einem Handgemenge. Was niemand wusste: Madame Fischovski war nebenbei auch leidenschaftliche Gewichtheberin. So packte sie Hans mühelos und warf ihn einmal quer durch den ganzen Raum. Hans krachte in eine Glasvitrine und blieb stöhnend liegen. Vor ihm bäumte sich Madame Fischovski auf und sagte: "Ich befördere dich nun ins Jenseits, du Wicht!" Als sie gerade mit einem stumpfen Gegenstand ausholen wollte, wurde sie von hinten niedergeschlagen und blieb bewusstlos liegen. Hinter ihr stand niemand anders als Gislinde.
"Hans, bist du es?", fragte Gislinde mit grossen aufgerissenen Augen.
"Ja aber, ja... wie konntest du mich finden?", stotterte Hans den Tränen nahe.
"Dein buschiger Pferdeschwanz hat dich verraten! " Beide lachten und umarmten sich. Wobei sich das Lachen von Hans eher wie ein Fiepen anhörte. Unterdessen erlag Madam Fischovski ihrer Kopfverletzung und geleitete ins Jenseits über. Sie verliess ihren Körper und sah, wie sich Gislinde und Hans umarmten: "Na wartet! So ungeschoren kommt ihr mir nicht davon!" Sie wollte als russischer Mafiaschläger reinkarnieren, um sich an den Beiden zu rächen. Doch etwas ging schief und sie wurde als Blattlaus in Asien wiedergeboren.
Hans und Gislinde indessen heirateten und bekamen drei wunderschöne Kinder mit den Namen Pelzi, Flauschi und Günther.
Ende