Die letzten Vögel
Alles was noch zu hören ist, sind ihre Schritte über den staubigen Boden. Die Vögel haben schon lange aufgehört zu singen. Der Wald, der einst eine Vielfalt an tierischen Bewohnern besaß, war nun kaum mehr als ein Haufen Asche, abgebrannt bis zum letzten Baumstumpf. Und das Dorf, welches einst doch so voller Leben war, lag nun verlassen da.
„Die ersten Vögel fliehen beim letzten Sonnenstrahl
Das wilde Feuer glüht, verletzt die Tiere all.
Die letzten Vögel ziehen gar in Finsternis verhüllt.“
Alles, was jetzt noch zu hören ist, sind ihre Schritte über den staubigen Boden. Durch die Überreste des Dorfes schreitend, sieht sie sich traurig um. Dies ist alles, was von ihrer einst so prächtigen Heimat noch übrig ist. Und von der übermächtigen Stille beinahe erstickt, beginnt sie schließlich hysterisch zu lachen.
„Ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah“
Doch auch dieser Anfall des Wahnsinns vermag sie nicht der grausamen Realität zu entreißen. Und so läuft sie weiter durch die Trümmer, bis sie schließlich vor einem ihr einst so vertrauten Ort erneut zum Stillstand kommt.
„Rot gefärbt, er glüht, auf dein fahl Gesicht herab
Die sterbend Träne rollt über Schutt und Asch hinweg
Ein weiterer Schrei verhallt, doch du vernimmst ihn nicht
Schaudernd seh ich hoch auf dein trauerndes Gesicht“
Lange starrt sie in die Leere, bis sie schließlich das Gebäude betritt, eines der wenigen, welche noch betretbar sind. Sofort umgeben vom Geruch des Todes, läuft sie weiter; erst die einst prachtvolle Treppe hinauf, welche nun auseinanderzufallen droht, und schließlich den stickigen Gang hinunter.
„Ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah ah“
Vorsichtig, beinahe ehrfürchtig betritt sie den Raum, wie sie es schon unzählige Male bevor getan hatte. Langsam schreitet sie auf die Überreste des Bücherregales zu, und nach kurzem Suchen zieht sie schließlich ein zerfledertes, staubiges Buch hervor.
„Rot wirkt dein Gesicht in des Morgengrauens Licht
Totenstill der Wald, nicht ein Tier mehr ist in Sicht
Lautlos steigt hervor, eine weiße Taub´ empor
Du blickst rasch herab auf mein sterbendes Gesicht“
Bedächtig blättert sie durch die Seiten, bis schließlich ein altes, vergilbtes Foto lautlos auf den Boden fällt. Behutsam hebt sie es auf, und verlässt das Haus und das Dorf auf dem selben Weg, wie sie gekommen war. Leise sang sie dabei das Lied der letzten Vögel.
„Ein letzter Schrei ertönt in der Stille Finsternis.“