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Die Kunst des Wachsens

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23.01.2004
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Die Kunst des Wachsens

Die Kunst des Ski-Wachsens

Bei Skifahren wird oft nur ans Bergerunterrutschen gedacht. Aber es gibt ja schließlich noch den guten alten Skilanglauf. Wenn man geeignete Schneeverhältnisse, Technikkenntnisse und eine schöne Landschaft zur Verfügung hat ist Spaß garantiert. Doch was nützt das alles, wenn das liebe Brett nicht richtig oder gar nicht gewachst ist? Richtig. NICHTS! Alte Skihasen verstehen diese Kunst des richtigen Wachsens. Aber was ist mit uns jungen, unerfahrenen Taugenichtsen? Um später auch noch Spaß am Skifahren zu haben, beschloss ich bei meinem Papa in Lehre zu gehen und die Hohe Schule zu erlernen. Was kam da nicht günstiger als ein einwöchiger Skiurlaub mit genug Fachkundigen und Experten in Sachen Ski und Wachs? Hier also meine Erfahrungen:

1. Tag:
Anreisetag. Schon im Auto bereitete mein Papa mich seelisch und moralisch auf das Kommende vor. Zuerst erklärte er mir, dass Wachs nicht gleich Wachs sei, dann folgte sehr detailliert der Unterschied zwischen Parafin und Wachs. Im Anschluss nannte er mir auch noch diverse Anbieter und deren verschiede Produkte. Schließlich muss man genau das Richtige drauftun. Und das richtet sich, so sagt mein Papa, nach Schneekonsistenz, Temperatur, Feuchtigkeit, Ski, Technik und was weiß ich nicht alles. Aber dieser Gedanke zerplatzte schneller als eine Seifenblase, als ich erfuhr, dass man Carving-ski auch wachsen müsse.
Zum Glück, kamen wir endlich an unserer Unterkunft an und hatten genug mit dem Gepäck zu tun als weiter über Wachs zu diskutieren. Am Abend jedoch, vielleicht gegen elf, schleifte mein Papa mich in den Skikeller um unsere Skier für den nächsten Tag zu preparieren. Natürlich nicht vollständig, denn man könnte sich ja verwachsen und den ganzen Stieg zur Sau machen. Also kommt erst einmal nur Parafin hoch, damit man gut rutscht. Aber welche Farbe? Blau, Orange, Gelb oder doch besser Rot. Um seine Entscheidung zu fällen durchsucht mein Papa sorgsam seinen aktenkoffergroßen Wachskoffer nach dem passenden Aufstrich. Nicht das man dann mit dem Klumpen Wachs einfach über den Ski fährt. Nein, man muss das Zeug auch noch mit einem Bügeleisen erwärmen bis es flüssig wird und es dann mit einem Korkschwämmchen sorgfältig auf einer bestimmten Stelle des Skis auftragen. Bloß gut, dass wir nur vier paar Ski mithatten.

2. Tag:
Kaum hatten wir gefrühstückt stürmte mein Papa auch schon in sein Revier, den Skikeller, wo er längst nicht der Einzigste war. Die Experten versuchten unauffällig beim Nebenmann zu spicken, um auch ja das Richtige zu wachsen. Es hieß wir müssten blau wachsen. Aber Klister rot würde auch noch gerado so funktionieren. Also wachsten alle kräftig blau auf die Steigzone. Während dieser Prozedur war ich übrigens sehr darauf bedacht meinen konzentrierten Papa nicht zu stören, das könnte unabsehbare Folgen haben. Nach etwa einer Stunde ist endlich auch der letzte fertig und es geht ab auf die Bretter. Schon am ersten Berg bemerken alle die blau gewachst haben einen großen Fehler. Der Schnee ist nämlich gefroren und ermöglicht daher nur den Klisterern einen wunderbaren Stieg. Mein Papa, durch diesen Fehlgriff natürlich nicht entmustigt, greift promt zum Notköfferchen proppenvoll mit Wachs und schmiert logischerweise den richtigen Stoff drauf. Allerdings konnten wir die Ski dann bei der nächsten Abfahrt abschnallen, da wir kein bisschen gerutscht sind und der pappende Schnee den Ski um etwa zehn Zentimeter vergrößerte
Am Abend die selbe Prozedur wie den Tag davor. Also nichts spannendes.

3. Tag:
Mein Papa verzweifelt fast, denn das Wetter kann sich einfach nicht entscheiden ob über oder unter null Grad Celsius. Dies wiederum zwingt meinen Papa zur Unentschlossenheit. Ich gab ihm den Tipp doch blau und grün zu mischen, aber er lehnte kopfschüttelnd ab. Schließlich überwand er sich und tat lila drauf. Diesmal lag er tatsächlich goldrichtig. Unsere Bretter hatten einen wunderbaren Stieg und runter zu waren wir unschlagbar. Vorallem Mama, die beim diversen Versuchen zu bremsen erfolglos scheiterte.
Abends ließ Papa heute mal das Auftragen des Parafins aus, da er nicht so genau wusste wie das Wetter werden würde. Außerdem plante er für Morgen einen Wettkampf noch kurzfristig wahrzunehmen. Und bei so einer Gelegenheit wachst man doch vorort.

4. Tag:
Schon vor dem Frühstück schaute mein Papa mindestens fünf mal auf das Thermometer und war so in GedAnken versunken, dass er seinen Teller einfach fallen ließ.
Im Auto beratschlagte er dann instinktiv welcher Wachs am passendsten sei. Beim Wettkampf schaute er sich noch zusätzlich bei den Einheimischen um, um auch ja die richtige Wahl zu treffen. Nach kurzer Zeit erfuhr er, dass Klister Silber das Optimum sei. Auf diese Auskunft reagierte mein Papa höchst seltsam: Er starrte den Mann, der ihm den Tipp gegeben hatte entgeistert an. Denn er hatte alles mögliche in seinem Köfferchen von Klister rot über blau bis grün und violett. Aber silber! Hätte er sich nur noch mal im lokalen Sportgeschäft zugedeckt! Ja, er wusste noch nicht einmal, dass es Klister Silber gab! Ach, Papa. Jedenfalls war er nach dem Wettkampf nicht nur fix und fertig wegen der Strecke sondern auch wegen seinem gewaltigen Fehlgriff auf Swix orange. Mir kam es fast so vor als wäre das richitge Wachsen ein größerer Wettstreit als der Marathonlauf auf Skiern. Aber ich sprach ihn nicht mehr darauf an.
Abends verfolgte er gespannt den Wetterbericht und stellte fest, dass es tatsächlich immer wärmer wurde. Eine Katastrophe!

5. Tag:
Und die Prophezeihung des Wetterdienstes wurde war: Man konnte dem Schnee fast beim Schmelzen zusehen! Klar, es war schon irgendwie schade, aber zum Glück hatte der Wachswahn endlich ein Ende gefunden. Doch schon hörte ich im Skikeller jemanden rumwerkeln. Mein Papa natürlich. Und was tat er? Er entwachste die Ski! Seine ganze Arbeit umsonst! Jetzt tat er mir echt leid.
Die weiteren Tage hatten sich also erledigt und wir fuhren kurzerhand nach Hause.

 

Hallo Fineliner,

deine Geschichte fängt schon gut an - mit einem doppeldeutigen Titel. Was dann kommt, hat mir auch gefallen. Der Vater mit seinem "Wachs-Wahn" nervt zunächst seinen Sohn und wird dann Opfer seiner eigenen Obsession. Bravo!

Der Einsatz von Klammern als Stilmittel ist m. M. nach problematisch. Zwar habe ich schon Romane gelesen, in denen das fabelhaft wirkte. Vor allem, wenn man in Klammern das sagt, was in einem eigenen Satz zu viel Gewicht bekommen würde. Du setzt die Klammern aber hier ein, um Kommentare des Prot. einzuflechten:

(Häh? Warum denn nicht?)
Das wirkt teilweise albern und ist manchmal auch noch überflüssig, weil der Leser sich das ohnehin fragt. Das ist aber Geschmackssache.

Beste Grüße
knagorny

 

Hallo knagorny,
ich dachte schon es antwortet keiner auf diesen Beitrag. Umso mehr freut es mich auch, dass dir meine geschihcte gefallen hat.

Aber ich denke ich habe nirgendwo in meiner geschichte das Geschlecht des Prots festgelegt. Oder?

Das mit den Klammern ändere ich am besten sofort

tschüß fineliner

 

Aber ich denke ich habe nirgendwo in meiner geschichte das Geschlecht des Prots festgelegt.
Da hast du völlig recht. Irgendwie habe ich mich mit dem Prot. identifiziert - was im Übrigen für deine Geschichte spricht -, und deshalb nahm ich an, dass es ein Mann ist.
Gruß
knagorny

 

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