Die kranke Königin
Die kranke Königin
In einem großen Königreich mit einem prächtigen Schloss lebte einmal eine Königin mit ihren beiden Kindern. Die Königin war die mächtigste Frau im ganzen Königreich. Alle gehorchten ihr, mochten aber ebenso ihre liebevolle Art. Sie war immer glücklich und stets nett und hilfsbereit zu allen Menschen in ihrem Reich. „Guten Tag! Wie geht es euch? Ich wünsche euch eine schöne Zeit.“ grüßte sie tagein, tagaus freundlich alle Leute, denen sie begegnete. Die Bürger waren froh, solch eine gute Königin zu haben.
Nur eine gab es, die die gute Königin am liebsten tot hätte sehen wollen, die alte, böse und gar widerliche Hexe. Im dunklen Wald, fern ab des prächtigen Schlosses, sagte man, lebte die alte Hexe mit ihrem Hexengebräu in ihrem kleinen Häuschen.
Alle Leute im Land fürchteten die böse Frau, ganz besonders aber die Königin. Die Alte wollte sie verhexen, vergiften, gar töten, nur um selbst die mächtigste Frau im gesamten Königreich zu werden.
Die Herrscherin aber wusste das sehr gut und kam der Hexe niemals zu nahe, so dass die Hexe ihr nie etwas zu Leide zu konnte. Glücklich und zufrieden lebte die Königin mit ihren beiden Kindern.
Doch eines Tages, als ihr Sohn und ihre Tochter gerade sieben waren, bekam die Königin eine schwere Krankheit. Sie drohte zu erblinden, ihr Augenlicht zu verlieren, nicht mehr richtig sehen zu können. Und eine solch kranke Königin ist wahrlich keine gute Herrscherin mehr über ihr Reich. Doch sie wusste sich zu helfen. Sie war noch stark genug, um gegen ihre Krankheit anzukämpfen. Um wieder gesund zu werden, brauchte die Königin eine seltene Medizin, das Regenbogengras. Dieses Regenbogengras besteht aus allen bunten Farben, die man zum Sehen benötigt und es könnte der Königin helfen, ihr Augenlicht zurückzugeben.
Schwierig war es nur, das Regenbogengras zu finden. Und selbst konnte die kranke Königin sich nicht mehr auf den Weg machen.
„Meine stolzen Kinder, wie ihr wisst, geht es euerer Mutter nicht sehr gut. Die Augen werden immer schwächer und ich kann nur noch wenig klar sehen. Meine Herrschaft über das Königreich geht dem Ende zu. Nur eine Medizin kann mein Augenlicht noch retten, das Regenbogengras.“, erklärte die Mutter.
„Du bist unsere liebste Mutter und Königin. Wir werden alles für dich tun, damit du wieder gesund wirst“, entgegnete der Sohn, und die Tochter stimmte zu.
Noch am selbigen Tag machten sie sich bereit, aufzubrechen und die heilende Medizin für ihre Mutter zu suchen. Die Königin erklärte den beiden: „Ihr findet das Regenbogengras nur bei Mondschein. Und ihr erkennt es daran, dass es in allen Farben des Regenbogens leuchtet. Es wächst hinter einem großen, spitzen Stein. Jedoch ist der Weg dorthin sehr gefürchtet. Er führt durch den dunklen Wald. Doch dahinter werdet ihr es finden.“ Erschrocken antwortete das Mädchen „Oh weh… durch den dunklen Wald… Da wohnt die böse Hexe!“ Das stimmte. Doch die Mutter sprach ihren beiden Kinder Mut zu „Ihr beide seid alt und tapfer, um es gemeinsam zu schaffen. Aber nehmt euch in Acht vor der bösen, alten Hexe!“
Mit dem Gedanken, ihre Mutter heilen zu können, machen sich die zwei Kinder auf den Weg. Dieser führte über eine große Blumenwiese mit bunt blühenden Blumen, einen kleinen rauschenden Bach und durch ein kleines belebtes Tal. Die schöne Landschaft und die Tiere, denen sie begegneten, stimmten sie fröhlich und zuversichtlich, die Aufgabe für ihre Mutter gut zu erfüllen.
Doch als es langsam abends wurde und es zu dämmern begann, gelangten sie an den dunklen Wald. Als sie ihn sahen, breitete sich ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengrube aus. Angst bekamen sie ein wenig. Hoffentlich treffen sie nicht auf die gar böse Hexe. Die Beine der beiden Kinder begannen zu zittern. Doch ermutigten sie sich gegenseitig „Wir schaffen es durch den dunklen Wald und lassen uns von der alten Hexe nicht aufhalten. Wir wollen unserer Mutter helfen. Und wenn wir beide fest zusammen halten, sind wir stärker und schaffen es.“
Als sie den dunklen Wald betraten, hörten sie überall Geräusche, Vögel zwitschern, Rehe traben, und noch viele andere. Jedes Mal fuhren sie zusammen und dachten gleich an die Hexe. Es war furchterregend im dunklen Wald.
In nicht weiter Ferne sahen die beiden eine Frau. Erschrocken fragt das Mädchen „Schau, ist das die böse Hexe?“ Aber als sich die Dame langsam näherte, sah sie hübsch und freundlich aus. Ganz und gar nicht wie eine Hexe. „Guten Tag!“ grüßten die beiden Kinder die Frau. „Du bist ganz alleine im dunklen Wald. Das ist gefährlich.“ Schelmisch schmunzelte die Frau. „ Ja, ich bin ganz alleine. Ich habe viele gute und saftige Beeren in meinem Körbchen gesammelt“, erzählte sie mit leicht krächzender Stimme. „Wollt ihr ein paar der leckeren Beeren kosten?“
„Nein, aber vielen Dank. Wir müssen weiter“, gab das Mädchen zur Antwort. Der Junge aber überlegte kurz, ob er nicht doch ein paar der gut aussehenden und saftigen Beeren probieren sollte. „Ja, ich möchte bitte welche haben“, sagte er. Da lachte die Frau krächzend auf, räusperte sich und meinte so leise, dass die Kinder es nicht hören konnten: „Probier nur, probier nur... meine vergifteten Beeren. Hä hä hä!“
„Nein, mach das nicht!“ schrie seine Schwester. „Ess sie nicht! Das ist die böse Hexe. Sieh nur ihre alten Finger an mit den langen, hässlichen Fingernägeln. Das ist die Hexe!“ „Ja, sie wollte mich vergiften!“ rief nun auch der Junge, warf die Beeren auf den Boden und nahm seine Schwester an der Hand. „Lauf, schneller, wir müssen der bösen Frau entkommen. Lauf!“
So schnell sie nur konnten liefen sie fort von der Alten, über Steine, über Wurzeln und zwischen den Bäumen hindurch. Die alte Hexe konnte ihnen nicht folgen und bald waren sie weit genug entfernt, um vor Verhexungen sicher zu sein. Aus der Ferne konnten sie nur noch grimmiges und fürchterliches Geschimpfe hören. „‘Aaaahhhhhhhhh!“, rief die Hexe verzweifelt. „Wieder hab ich es nicht geschafft, sie aufzuhalten und nun wird die Königin wieder gesund werden. Aaaahhhhhhh! Ich kann nicht die mächtigste Frau im ganzen Land werden. Ich werde sterben. Aaaahhhhh!“ Und aus der Weite konnten sie noch ein düsteres Funkeln sehen und die Hexe verschwand.
Schließlich erreichten die beiden Kinder das Ende des dunklen Waldes. Nun war es auch nicht mehr weit, um das Regenbogengras zu finden. Hinter dem großen, spitzen Stein sahen sie es schon leuchten, in allen Farben des Regenbogens. Sieben Halme zupften sie ab und machten sich auf den Rückweg. Nun brauchten sie keine Angst mehr zu haben vor der bösen, alten Hexe.
Im Schloss der Königin angekommen, erzählten die beiden ihrer Mutter, was im dunklen Wald geschah, übergaben ihr die Medizin und ruhten sich aus.
Die Königin bedankte sich tausend Mal bei ihren mutigen und hilfsbereiten Kindern. Sie kochte sich eine gesunde Suppe aus dem heilenden Regenbogengras. Und wenn die Medizin geholfen hat, regiert sie heute noch als mächtigste und liebevollste Frau ihr ganzes Königreich.