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Die kleine Schnecke und der große Hut
Die kleine Schnecke und der große Hut
Es war einmal eine kleine Weinbergschnecke namens Snuki. Sie lebte mit ihren Eltern und ihren fünf Geschwistern in einem schönen Blätterwald am Rande der Stadt. Snuki war die Jüngste von allen und immer auf der Hut. „Du musst dir einfach mehr zutrauen!“, sagte ihre Mutter. Aber wie sollte sie sich denn mehr zutrauen. „Die Welt ist groß und gefährlich. Es kann so viel passieren. Am besten ich bleibe in meinem Schneckenhaus. Da bin ich wenigstens sicher.“, dachte Snuki.
„Aber die Welt ist auch groß und bunt. Überall kann man Neues entdecken und lernen. Das macht großen Spaß.“, sagte der Vater.
Für Snuki aber war es alles andere als Spaß. Die Welt machte ihr vielmehr Angst und sie traute sich nur mit ihrer Mutter oder ihrem Vater aus ihrem Schneckenhaus heraus, um einen kleinen Spaziergang zu machen oder Futter zu suchen.
„So, Snuki. Nun bist du alt genug, um alleine Futter zu suchen. Es wird Zeit, dass du dich auf den Weg machst. Du kannst nicht immer bei uns bleiben. Du musst deine eigene Familie gründen.“, sagte der Vater eines Tages.
Mutter und Vater verabschiedeten sich von Snuki und ließen sie alleine. „Wir ziehen weiter in den Tannenwald. Dort bauen wir uns ein neues Heim. Du kannst uns gerne mal besuchen kommen. Lebe wohl, kleine Schnecke. Geh deinen Weg und pass gut auf dich auf.“, sagten die Eltern.
Snuki war nun auf sich allein gestellt. Sie blieb den ganzen Tag und die ganze Nacht und einen weiteren Tag in ihrem Schneckenhaus und traute sich nicht heraus. Irgendwann war der Hunger so groß, dass sie nicht mehr warten konnte. Sie reckte vorsichtig ihre Fühler hervor und schnupperte die frische Waldluft.
Es roch herrlich nach Pilzen und vermodernden Blättern. Also kroch sie zaghaft voran um etwas Essbares zu suchen. Da vorne war saftiges Farnkraut. Bis dahin würde sie es doch wohl schaffen. Es war ja nur eine kurze Strecke. Snuki redete sich tapfer Mut zu und setzte sich in Bewegung. Auf einmal wurde es stockfinster um sie herum. Es war, als hätte jemand jegliches Licht ausgeknippst. Und nicht nur das Mondlicht fehlte, nein, auch die Gerüche hatten sich verändert. Es roch nicht mehr nach frischer Waldluft, sondern sehr eigenartig. Snuki versuchte mit ihren Fühlern zu ertasten, wo sie sich wohl befinden konnte. Sie stieß an eine weiche Wand und versuchte an ihr entlang zu kriechen, bis sie wieder da angelangte, wo sie gestartet war.
„Ich muss im Kreis gelaufen sein. Wo bin ich bloß hineingeraten. Ob das eine Falle ist?“ Sie zitterte vor Angst. Doch es half nichts, sie musste hier irgendwie heraus gelangen.
Da entdeckte sie mit einem Mal eine winzige Öffnung aus der etwas Waldluft zu strömen schien. „Ich rufe mal laut um Hilfe, vielleicht hört mich ja jemand.“ Sie rief so laut sie konnte und einige Augenblicke später erschien an der Öffnung die kleine Schnauze eines Haselmäuschens.
„Hast du um Hilfe geschrien?“, wollte es wissen.
„Ja, ich bin in eine Falle geraten und komme hier nicht mehr heraus, kannst du mir helfen?“, fragte Snuki die Maus. „Ja, ich kann dir helfen. Sie hob mit ihrem Schnäuzchen die Falle einige Zentimeter hoch und Snuki konnte nun durch die größer gewordene Öffnung kriechen. „Ich danke dir, meine Retterin. Du hast mich aus dieser Falle befreit. Ohne dich wäre ich da sicherlich nie mehr heraus gekommen.“, sagte Snuki dankbar. „Weißt du überhaupt, wo du gefangen warst?“, fragte das Mäuschen. „Nein. Es war auf einmal stockfinster um mich herum und ich konnte mich nicht mehr orientieren.“, entgegnete sie.
„Dann will ich das Geheimnis mal lüften. Das ist keine Falle. Irgendein Mensch hat im Wald seinen Hut verloren und du bist da irgendwie hinein geraten.“, erklärte die Maus.
„Oh, ich glaube, ich muss noch viel lernen. Vielleicht kannst du mir dabei helfen.“, sagte Snuki.
„Ich glaube, Du musst erst einmal alleine weiter gehen. Vielleicht triffst du noch andere Schnecken oder andere Tiere. Ich bin zu schnell für dich und muss jetzt für den Winter Futter sammeln, damit wir genug zu essen haben. Lebe wohl kleine Schnecke.“ „Hab vielen Dank noch mal.“, entgegnete Snuki.
So kroch sie weiter ihres Weges und war sehr froh, nicht mehr in einem dunklen muffigen Hut gefangen zu sein. Da war ihr die Freiheit doch viel lieber. Sie schnupperte die angenehme Waldluft und sah zum ersten Mal die Schönheit des Waldes. Wie die Sonne sich in den bunten Blättern fing und einen wunderbaren Glanz verbreitete. Von da an liebte sie ihren Wald und eines Tages besuchte sie mit ihren eigenen Kindern ihre Eltern im Tannenwald.
Das war eine Freude. Sie feierten zwei Tage lang das Wiedersehen, bevor sie sich wieder aufmachten, den Weg nach Hause anzutreten.
Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch immer glücklich und zufrieden in ihrem geliebten Blätterwald.