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Die kleine Prinzessin
Verbrannter Fleischgeruch liegt in der Luft und von der Burg ist nicht mehr viel übrig geblieben. Es ging alles sehr schnell und als die Drachen abzogen waren, die ersten Sonnenstrahlen sich den Weg durch die dunkle Wolkendecke bahnten, war zu sehen was sie hinterließen.
Nur ein kleines Mädchen ahnte was geschehen würde. Doch niemand hat auf sie gehört. Sie wusste, dass eines Tages die Drachen ihre Mutter rächen würden, nur wussten die Drachen nichts von ihrer Existenz.
Sie ist ein Niemand unter den Burgbewohnern, ein kleiner Bastard. Sie versteckte sich in der besagten Nacht im düsteren Teil der Burg und wartete. Verängstigt sitzt sie zusammengekauert in der hintersten Ecke des Verlieses. Es fällt ihr schwer zu atmen, die Luft ist von dicken Rauchschwaden durchzogen, aber sie hat überlebt. Sie lächelt und murmelt leise vor sich hin: „Ach ihr dummen arroganten Tölpel, dachtet, ich kleines Mädchen wüsste nicht wovon ich spreche. Immerzu habe ich euch gewarnt und doch wusste ich, wie ihr reagiert. Höhnisch lachend habt ihr mich stehen lassen, jedes Mal. Jetzt habt ihr das bekommen, was ihr verdient habt für eure dumme Ignoranz. Ich muss hier weg. Ich habe keine Zeit, mich um die wenigen Überlebenden zu kümmern, besser gesagt, ich will es auch gar nicht. Ihr seid doch selbst schuld.“ Sie wusste nicht, dass zwanzig der besten Krieger des Burgherren in dieser Nacht nicht auf der Burg verweilten. Sie erkundeten die Umgebung.
Sie schaut nicht mehr zurück, als sie die Brücke erreicht und den tosenden Fluss überquert. Barfuß rennt sie in die erneut nahende schwarze Nacht, als wenn der Lichtbringer persönlich von ihr Besitz ergreifen will. Ihr weißes Kleid ist mittlerweile von langen Dornen zerfetzt und der unschuldige Körper von tiefen Wunden übersät. Mit Tränen in den Augen rennt sie weiter, kleine Schweißperlen rinnen an ihrem zarten Körper herunter. Sie hat keine Zeit zum Weinen. Ihre Mutter sagte immer, weinen ist etwas wozu wir nicht geschaffen wurden. Sie vermisst sie, musste für ihren Fehltritt bitter bezahlen. Warum hat sie sich nur mit dem Burgherren eingelassen, sie wusste doch, dass es verboten war, sich mit Menschen einzulassen. Wir sind Drachenhüter und nichts anderes. Ich bin ein Mischling und ich habe längst meine Entscheidung getroffen für wen ich kämpfe, es sind nicht die Menschen. Ihre Gedanken wirbeln wild in ihrem Kopf herum. Warum habe ich die Menschen überhaupt gewarnt? Sie hassten mich! Sie weiß es nicht.
Von weitem waren schon von der Burg aufsteigende, dunkle Rauchschwaden zu sehen und den Kriegern bot sich bei ihrer Ankunft ein grauenvolles Bild. Nur noch der Tod war anwesend. Sie wussten, wer dafür verantwortlich war. „Wir müssen sie kriegen, sie darf uns nicht entkommen,“ rief einer der Krieger und sie waren sich schnell einig. Sie sind gute Spurenleser und machten sich umgehend auf den Weg. Auch sind sie berüchtigt dafür, dass sie ihre Opfer bis in den Tod hetzen. Stunden vergehen und einer der Krieger hält einen Fetzen Kleid in die Höhe. „Wir sind auf der richtigen Spur.“ Sich ihrer Sache sicher grölen sie und rufen durch den dichten Wald: „Wir werden Dich kriegen, notfalls mit Gewalt!“
Ängstlich dreht sie sich um, verzweifelt schaut sie hoch. Der Himmel bleibt stumm.
„Ach, Ihr Götter mein, beschützt mich in meiner Pein. Lasst mich dieser Meute entkommen, ich flehe Euch an, lasst mich nicht allein! All ihr Drachen, habe meine Entscheidung doch schon längst getroffen, steht an meiner Seite, so will ich auf Ewig euch gehorchen!“ Ständig wiederholt sie den letzten Satz: „All ihr Drachen, habe meine Entscheidung doch schon längst getroffen, steht an meiner Seite, so will ich auf Ewig euch gehorchen!“ Immer und immer wieder.
Ihre nackten Füße schmerzen, aber sie merkt dies nicht mehr, denn immer mehr macht sich Verzweiflung breit, sie hat Angst davor, dass die Drachen sie im Stich lassen. Aufgewühlt von Emotionen, rennt sie weiter und weiter. Verstohlen schaut sie immer wieder gen Himmel. Sie gibt die Hoffnung nicht auf. Doch der Himmel bleibt noch immer stumm! Angekommen auf einer kleinen Lichtung, schutzlos unterm Himmelszelt, bleibt sie stehen. Sie kann nicht mehr und senkt ihren Kopf, die schwarzen langen lockigen Haare fallen ihr ins Gesicht. „Weinen? NEIN! Aufgeben? NEIN!“ Ihre Mutter wäre so stolz auf sie gewesen.
Die Meute, welch sie erbarmungslos gejagt hatte, steht am Waldesrand. Sie lachen und johlen. Sie sind sich ihres Sieges sicher, die Prinzessin hat verloren.
Für diesen Moment vergisst sie ihren Schmerz. Lächelnd dreht sie sich um und schaut ihren Peinigern tief in die Augen. Das Lachen, ihr Grölen verhallt in dieser dunklen Nacht. Sie wussten nicht, dass der stumme Himmel auf der kleinen Lichtung für die kleine Drachen-Prinzessin erwacht. Sie hebt ihre Arme und schaut nach oben. Ihre Gedanken werden eins mit denen der über ihr kreisenden Drachen. Sie lassen sie nicht im Stich.