Die Kaulquappen
Die Kaulquappen
Es hatte tagelang geregnet, eine kleine Sintflut. Der Teich im Garten meiner Kindheit war übergelaufen und hatte sich mit Schlammwasser verschwemmt zur Straße, die nicht mehr zu sehen war.
Ein völlig verdreckter Junge stapft in Gummistiefeln umher und rettet vereinzelte Kaulquappen in seinen Plastikeimer.
Unzählige Stunden habe ich vor diesem Teich kniend verbracht, ihm mit meinem scharfen Blick gebannt die Geheimnisse entlockt.
Wie die Posthornschnecken ihre Glibbereier an Seerosen und Steine heften. Wie Libellen auf Halmen kurz pausieren und weiterschwirren, während die Larven im Nassen lauern bei den Wasserläufern, Würmern und Wanzen. Wie die schwarzen Punkte im Froschlaich täglich neu geformt bald schlüpfen und mir die liebsten all dieser Wesen waren.
Als es dunkel wurde, verlangten meine Eltern endlich ins Haus zu kommen. Die Tiere würden schon alleine zurückfinden, trösteten sie mich hilflos. Aber mir war klar, dass von den Hunderten, die einmal Frösche werden wollten, allen ein elendes Ende gewiss war.
So standen wir gerührt und mir quollen Tränen, wie sie mitleidsvoll nur Kinderaugen weinen können.
Fast nie werde ich an diese Katastrophe erinnert. Umso seltsamer erscheint mir jetzt, dass sie hier vor mir aufgeschrieben steht. Eigentlich auch eine belanglose Begebenheit, der sicher jeder ähnliche hinzuzufügen wüsste. Allerdings habe ich es nicht vergessen. Auch nach so vielen Jahren, sehe ich klar.
Tage später fand ich viele kleine Körper leblos auf der Wiese liegen. Von da an, glaube ich, seltener geweint zu haben.