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Die Katastrophe

Beitritt
05.02.2003
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65

Die Katastrophe

Die Katastrophe


Der Januar des Jahres 3004 war angebrochen.

Endlich hatten sich die Menschen zur Vernunft durchringen können und eingesehen, dass angezettelte Kriege nichts mehr bewirken konnten, da fast alle Staaten im Besitz von Bomben waren, gegen deren ungeheure Wirkung sich die noch in alten Geschichtsbüchern manchmal erwähnte "Hiroshima"- Bombe wie eine Knallerbse ausnahm.

Zwar hatte es in den vergangenen Jahrhunderten noch kleinere Gefechte gegeben, die auch mehrere Millionen Tote gefordert hatten, aber zum Untergang der Erde hatten diese nicht geführt.

Die Weltstaat-Regierung hatte auch das Problem der Übervölkerung in den Griff bekommen, weil schon seit etwa 600 Jahren jeder neugeborene Junge sofort mit einem Medikament behandelt wurde, welches dafür sorgte,
dass er nur dann später zeugungsfähig werden konnte, wenn ihm ein Gegenmedikament zum Zeitpunkt der
Geschlechtsreife injiziert wurde.

Dieses Gegenmedikament wurde ihm aber staatlich kontrolliert nur dann verordnet, wenn ein naher Verwandter verstorben war - und sobald ihm die Vaterschaft glückte, wurde er zwangsweise wieder gegen weitere Vaterschaft geimpft - so konnte man dafür sorgen, dass die Verzehnfachung der Menschheit seit dem Jahre 2400 wenigstens stabil gehalten werden konnte.

Man hatte die Namensgebung für Menschen aus Gründen der besseren weltweiten Transparenz schon seit 2300 abgeschafft und es war genau an diesem Morgen, wo der Wissenschaftler Nr. 30 502 615 734, der von seinen Freunden nur "734" genannt wurde, eine gewaltige Entdeckung machte.

Eine von ihm entwickelte brennbare Flüssigkeit in Wasser gegossen bewirkte nämlich, dass sich das Wasser in eine ebenfalls brennbare Flüssigkeit verwandelte und zwar entstand genausoviel brennbare Flüssigkeit
wie Wasser zur Verfügung stand.

734 war ausser sich vor Freude, denn bei der Verbrennung des umgewandelten Wassers zeigten sich keinerlei
schädliche Gase, kein Geruch, keine giftigen Rückstände - es war leicht entflammbar und damit ideal geeignet
für Brennstoffzellen in Klimaanlagen, die die riesigen Bürostädte im Sommer kühlen sollten, denn die Außentemperaturen waren im Schnitt weltweit weitere 2 Grad angestiegen.

Natürlich war er verpflichtet, diese Entdeckung sofort zu melden, aber er wollte noch einmal genau überlegen,
welche Folgen seine Entdeckung wohl haben könnte.

Deshalb füllte er seine neu entdeckte Lösung in ein winziges Fläschchen und steckte sie in seine Manteltasche, weil er zuhause noch etwas damit experimentieren wollte, sprach in den Abmeldecomputer noch einen Code für die Gewährung eines halben Tages Urlaubes und fuhr mit der führerlosen Bahn nachhause.

Die Bahn war wie üblich total überfüllt und irgendeine üble Gestalt rempelte ihn beim Aussteigen an einer Haltestelle unsanft an.....

Als sich die führerlose Bahn wieder in Bewegung setzte, griff 734 noch einmal in seine Manteltasche und wurde kreidebleich.

Die Tasche war leer.

*
Einige Stationen zurück griff ein zerlumpter Mann in seine Tasche um die Beute zu betrachten, die er noch kurz vor dem Aussteigen in einer der führerlosen Bahnen gemacht hatte.
Immerhin schien ihm ja wohl mit dem Griff in die Tasche eines Fahrgastes die Erbeutung eines Drinks gelungen zu sein - aber bevor er einen Schluck nahm, roch er an der Flasche.
Mist - auf jeden Fall war es kein Alkohol, denn es roch überhaupt nicht - es fehlt ausserdem ein Etikett auf dem
Fläschen.

Schlecht gelaunt warf er das seltsame Ding durch einen Gullydeckel in einen Abwasserkanal.
Nur ein leichtes Klirren war zu hören.

Einige Straßen weiter direkt am Hafen stand der Arbeiter 211 502 687 am Beckenrand der Kläranlage und
gönnte sich eine Zigarette zur Mittagspause.

Als die Fabriksirene für die Nachmittagsschicht heulte, sorgte er mit einem Knopfdruck auf seinem tragbaren Computer dafür, das sich das grosse Schleusentor zum Hafenbecken öffnete, damit der Inhalt des geklärten Beckens ins Meer laufe konnte.

Dann warf er seine brennende Zigarettenkippe in das auslaufende Wasser.

© K. Briesemeister Lingen, 04.03.2003 02:07:35

 

Hmm... Endzeit mal anders...schade eigentlich, wo sie es nun fast geschafft hätten..
Aber der Gedanke ist nicht schlecht...echt nicht schlecht.
Lord

 

Danke Lord.
Ich hatte übrigens absichtlich die Folgen nicht beschrieben, nachdem der Arbeiter seine Kippe in das Wasser geworfen hatte, weil sich jeder selbst ausmalen kann, was passiert wenn erst z.B. die Nordsee brennt, dann der Atlantik, Pazifik usw.

Ob das die richtige Methode ist?

gruss
klaus

 

Wenn du damit meinst, ob es richtig ist, das offensichtliche nicht auszusprechen, dann ja!
das ist schliesslich das schöne an Geschriebenem, dass es Raum für die eigene Imagination lässt und nichts festlegt wie z.b ein Film.
Lord

 

Danke Lord, so ähnlich dachte ich auch - aber Du hast es sehr gut am Vergleich zwischen Film und Literatur dargestellt.

Die Katastrophe wäre in so einem Fall ja nicht nur das Verbrennen der Weltmeere sondern damit verbunden ja auch eine totale Verseuchung des Grundwasser über die kapillaren Zugänge im Erdreich.

Hinzu käme noch, dass sich eventuell noch fallender Regen in neuen Brennstoff
verwandelte.

Gehört schon fast in das Genre Horror.
Schöne neue Welt (Huxley) lässt grüßen...

Und ich auch.

Klaus

 

Moin!

Fiese Enden kommen immer gut an. Zwei Fragen allerdings:

1) Warum gibt es in einer dermaßen kontrollierten Welt immer noch kriminelle Subjekte? Da hätte ich mir einen kleinen Hint gewünscht, dass evtl. halt irgendwo in den Sraßen noch Abschaum herumlungert, der sich jeglicher Kontrolle erfolgreich entzieht und sozusagen der fröhlichen Anarchie frönt.

2) Bei so einer Entdeckung ist es höchst unwahrscheinlich, dass ein Wissenschaftler solch eine brisante Flüssigkeit nur in ein kleines Fläschchen füllt und dieses dann in seine Manteltasche verstaut. Höchst unprofessionell. Aber vielleicht befand sich 734 noch im Rausch seiner Entdeckung...

Der Einstieg und die Abhandlung über Injektionen und Gegeninjektionen ist mE zu lang geworden, da dies im weiteren Verlauf der kurzen Geschichte überhaupt keine Rolle spielt. Vielleicht wäre eine Kürzung der ersten Absätze ratsam.

Aber ansonsten... Ja, ich mag das Ende. Das Bild von brennenden Ozeanen hat was. Apokalypse pur.

Gruß,

Poncher

 

Danke Poncher,

Kriminalität hat es seit Geschichte der Menschheit gegeben - ich glaube, sie wird sogar im Laufe der Zeit noch zunehmen, weil auch die Verbrecher immer mehr von der Technologie Gebrauch machen können.
Aber o.k. - um die Story kurz zu halten, wollte ich mich nicht zulange mit der Entwicklung von Kriminalität aufhalten.

Dein anderes Argument allerdings beeindruckt mich sehr - es betrifft die Länge der Geburtskontrolle - ich wollte damit nur sagen, dass eigentlich das grösste Problem der Menschen beseitigt war, (Krieg und Übervölkerung) und durch so einen dummen Fehler eines (wie du richtig erkannt hast - euphorisierenden
Wissenschaftlers) die ganze Welt in Brand gerät....

Ich werde diese Geburtskontrolle deshalb
verkürzen, da hast Du recht.

Es freut mich aber, dass diese Geschichte überhaupt hier anzukommen scheint - denn die Kritik ist (Gottseidank) immer sehr genau und sachlich hier.

Das gilt auch für Deine Anmerkung.
Danke.


Gruss
Klaus

 

Hallo Klaus,

Deine Geschichte gefällt mir gut, aber ich habe da ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Erstens,
Du schreibst gern sehr kurz und kommst sehr schnell auf den Punkt. Das bewundere ich, denn ich neige zum Lamentieren, grins...

Zweitens,
nur um mal Rosinen zu picken:
Was hat der Penner mit dem Deckel gemacht?
Normaler Vorgang:
Deckel aufdrehen - riechen - stutzen - wundern - ärgerlich den Deckel draufschrauben - alles wegschmeissen...
Dann wäre nämlich "erst mal" nix passiert...
Lass den Kerl entweder das Zeug ausgiessen, weil ihm die Flasche gefällt oder stell ihn so gierig dar, dass er den Deckel gleich wegschmeisst...
Auch wenn der Leser eh schon die Erwartungshaltung hat, dass der Kerl das Zeug wegschüttet, sollte man das doch erwähnen - finde ich...

Drittens,
trotz allem gehört Deine Story zu Science Fiction wie ich finde und sollte dort auch bleiben.

Viertens,
wäre es ein guter Gag gewesen, wenn der Kerl an der Kläranlage sich gewundert hätte, dass es an diesem Tag an seinem Arbeitsplatz gar nicht stank. Das hätte ihm auffallen müssen. Nebenbei - um Korinthen zu entdarmen - sollte es in einer solchen Zukunft noch mehr Automatisierung als jetzt schon geben...und in der Kläranlage wären wohl alle Alarmlichter angegangen, ob einer nicht zu identifizierbaren Flüssigkeit, die STATT des ungeklärten Wassers durch ihre Kanäle schwappt.
Auch wenn es "keinerlei schädliche Gase, kein Geruch, keine giftigen Rückstände" hat - so ist es trotz allem kein Wasser...
(Merkt man, dass mein Bruder an so einem Ort arbeitet, grins?)

Ansonsten eine geniale Idee, die mich an einen alten Film mit Keanu Reeves erinnert. Gabs da nicht auch einen wasserähnlichen Brennstoff, der ganze Stadtviertel in die Luft jagte? BLOW hiess der Film, glaube ich...

Henry Bienek

 

Hallo Henry,

Deine Anmerkungen gefallen mir.
In der Tat neige ich zu sehr kurzen Darstellungen in meinen Geschichten, weil
ich versuche, den Leser auch selbst etwas denken zu lassen. Das hat mehrere Gründe:
Ich halte eine Kurzgeschichte für gut, wenn
sie wirklich kurz ist, d.h. 40-50 Seiten
sind für mich als Kurzgeschichte nicht mehr akzeptabel.

Die Leser von heute wollen schnell wissen, worum es eigentlich geht.
(fraglich - ich weiß aber, dass z.B.
die Jugend weitaus weniger liest - und
vor langen Texten sogar zurückschreckt -
jedenfalls ein grosser Teil....).

Deine Tips sind aber wertvoll, weil sie
nur wenig mehr an Platz gekostet hätten.
Dennoch glaube ich, dass man - sobald man zuviel Details schildert - leicht aus dem Kern der Geschichte herauskommt.

Ich bin ja schon kritisiert
worden, dass ich oben etwas zur Geburtenregelung zu ausführlich war (weil das nicht zur Geschichte gehört ein durchaus bemerkenswerter Hinweis) - die gleiche Kritik könnte ich vielleicht auch bekommen, wenn ich zu sehr das Aufschrauben und Riechen an
einer Flasche beschreibe.

Mich würden genau zu diesem Punkt auch andere Meinungen interessieren - denn sicher bin ich mir keineswegs.

Wie lang darf/soll eine Kurzgeschichte
sein?


Es ist auf jeden Fall eine Diskussion wert, ob man meine Geschichte an einigen
Stellen detaillierter darstellen müsste.

Deinen Hinweis auf die Kläranlage muss ich allerdings sehr ernst nehmen - vielleicht müsste ich dazu die ganze Kläranlage rausnehmen und den Dieb das Zeug in einen nahegelegenen Fluss schmeissen lassen, sodass wir an der Prüfung durch die Kläranlage vorbeikommen.
Dass Dein Bruder damit zu tun hat, glaube ich gerne.
Ich hoffe, er muss da nicht auch noch die Proben abschmecken (grins).

Gruss
Klaus

 

Hallo Klaus,

sicher wollen viele Leute schnell wissen, wie es weitergeht...aber das genau kann man sich ja als Autor zunutze machen.

So kann man zum Beispiel gleich am Anfang ein HALLO-Ereignis oder ein Geheimnis einstreuen, dass den Leser aufrüttelt und neugierig macht. Dann lässt man die Geschichte ein wenig vor sich hinplätschern und baut später wieder etwas ein, was eine Verknüpfung zu obigem Geheimnis hat. Und Stück für Stück löst der Leser das Puzzle, weil er immer mehr, aber doch nie genug erfährt, grins...
Dann ist es eigentlich egal wie lange die Geschichte ist...wobei ich selbst eine Geschichte bis zu 15 Seiten noch als Kurzgeschichte betrachten würde.

Du musst ja auch keinen Roman zu der Flasche scheiben, grins...Bsp:

Er schraubte den Deckel von der Flasche...
"aber bevor er einen Schluck nahm, roch er an der Flasche. Mist - auf jeden Fall war es kein Alkohol, denn es roch überhaupt nicht - es fehlte ausserdem ein Etikett auf dem Fläschen."
Wütend und enttäuscht schmiss er die Flasche in den Gully. Den Deckel schmiss er gleich hinterher.

Nein, mein Bruder muss keine Proben abschmecken, grins...

Henry Bienek

 

Hiho
Aeh, wer klaut denn so ein kleines Fläschen? Ich meine heutzutage macht des doch auch (fast) niemand. Gibts denn in 1000 Jahren eine bedrohliche Knappheit an (kleinen) Fläschchen?
haha, sorry, das musste sein! Der Diebstahl der Probe war mein einziges Problem mit deiner Geschichte - hat mir sonst gut gefallen :)

 

Hi serge,
ich glaube, dass man in 1000 jahren noch mehr klaut und säuft als heute.
Und Alkoholiker wie Taschendiebe denken eh' nicht klar - die klauen erstmal, was gerade
zu kriegen ist, auch kleine Fläschen (für Alkoholiker sowieso viel besser zu verstecken).
Insofern ist das Problem vielleicht nicht so riesig für diese Geschichte.

Danke für Deine Kritik.

Klaus

 

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