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Die K-Frage löst sich

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Die K-Frage löst sich

Wir schreiben das Jahr 2200. Juhu – die Demokratie lebt noch in diesem unserem Lande! Und somit auch die Gewohnheit, alle vier Jahre einen neuen Regierungschef zu küren. Auch heute noch wird er Kanzler genannt, im Volltext: Bundeskanzler.

Die Kanzlerwahl steht wieder vor der Türe. Nicht direkt – es sind noch gut zwei Jahre bis dahin, aber die politischen Parteien haben sich schon wieder, wie üblich, auf den Wahlkampf eingeschossen. Das heißt im Einzelnen:

Wichtige politische Entscheidungen werden auf die vier Jahre nach der nächsten Wahl verschoben; unangenehme Entscheidungen erst recht. Beschlüsse, die vom Volk als Zuckerl aufgenommen werden könnten, werden vorgezogen und mit breiten Presse- und Werbekampagnen überzogen. Der Rest wird totgeschwiegen oder für kurze zwei Jahre auf Eis gelegt. So läuft wenigstens nichts davon!

Aber es heißt hauptsächlich: den gegnerischen Kanzlerkandidaten niedermachen. Auch dieses Ziel hat sich in den letzten zweihundert Jahren nur marginal verändert.

Die großen, etablierten Parteien fangen als erste damit an. Nach bewährtem Rezept wird der Kanzler der Gegenpartei (erst der amtierende, dann der Kandidat) vom Kopf her seziert, auseinandergelegt und frei nach dem Motto „so nicht...“ in allen Details dargestellt. Am Anfang stehen die eher intellektuellen, kopfgesteuerten Argumente, um dann aber sehr schnell den emotionalen zu weichen. Für die restlichen 23 Monate des Wahlkampfs werden nur noch jene Argumente vor der Öffentlichkeit ausgebreitet und breitgetreten, die möglichst tief unter die Gürtellinie gehen. Je tiefer, desto erfolgreicher. Es ist ein Ritual.

Die Splitterparteien drehen das Fähnlein wie gewöhnlich nach dem politischen Wind. Dazu sind Argumente stets so verpackt, dass sie jederzeit, ohne Gesichtsverlust für die Partei, ins Gegenteil verwandelt werden können. In diesen Parteien findet man übrigens die echten, innovativen und flexiblen Marketingstrategen und Werbefachleute. Dort wird noch echte Leistung gefordert! Die Wirtschaft sollte sich diese Namen gut merken.

Am schwierigsten haben es die mittelgroßen Parteien, diejenigen, die das berühmte Zünglein an der Waage darstellen. Sie müssen sich nämlich festlegen. Und das schon relativ frühzeitig. Für, oder gegen einen fremden Kandidaten, denn ein eigener hat im Wahlkampf sowieso keine Chance.

Kanzlerkandidaten haben es da vergleichsweise leicht. Ihnen wird von den Beratern gesagt, was sie gerade tun, oder auch lassen sollen. Die Schuld für ein eventuelles Fehlverhalten (also dafür, nicht gewählt zu werden) trägt sowieso immer der Kandidat der Gegenseite.

Der geneigte Leser erkennt sofort, daß sich an der politischen Situation in den letzten zweihundert Jahren wenig geändert hat. Genauso wenig, wie in den zweihundert Jahren davor.

Es scheint ebenfalls noch so zu sein, daß alle Parteien, unabhängig von Couleur, Größe und politischer Bedeutung, maßgebliche finanzielle Beteiligungen an der heimischen Papier- und Druckindustrie halten. Anders kann ich mir die unheimliche Anzahl von Wahlplakaten nicht erklären. Jedenfalls habe ich noch auf keinem Plakat unten rechts, kleingedruckt „Made in China“, oder so was ähnliches gelesen. Es muß sich also um die inländische Produktion handeln.

Lediglich der Inhalt der auf der Plakatfülle transportierten Botschaft hat sich geändert. Das Nichtssagende wurde weiterentwickelt bis zur absoluten Perfektion. Als kritischer Beobachter glaube ich nicht, dass das noch gesteigert werden kann.

Noch eine Kleinigkeit lässt sich konstatieren: die früher wild aufgestellten, aufgeklebten oder aufgehängten provisorischen Plakatträger sind ordentlichen, großflächigen Plakatwänden aus Aluminium gewichen. Hier herrscht also wesentlich mehr Ordnung und Disziplin. Außerdem bleiben die Plakate über die gesamte Legislaturperiode im direkten Blickfeld der Wähler. Ich denke, hier haben die Parteien von irgend welchen schwarzen Konten größere Beträge locker gemacht, um Aktienpakete der Alu-Industrie zu erstehen. Damit können sie auch positiven Einfluss auf die Preisgestaltung der Plakatwände nehmen. In sich völlig logisch. In vielen Regionen des Landes hat übrigens der Wald von Plakatwänden den echten Wald praktisch schon vollständig ersetzt. Im Moment wird in den Geheimlabors der Industrie an einer Sauerstoffproduzierenden Plakatwand gearbeitet. Prototypen werden zu Testzwecken in den nächsten Tagen aufgestellt.

Aber was hat sich denn wirklich verändert in den letzten zweihundert Jahren?

Im politischen Bereich ist es sicher die Art, wie die einzelnen Parteien ihren Kanzlerkandidaten bestimmen.

Vor zweihundert Jahren genügte es, aus der Handvoll populärer Politiker, die es maximal in jeder Partei gab, einen zu benennen. Und schon war der Kandidat geboren. Bestimmte Fähigkeiten wurden nicht gefordert.

Heute sind der gläserne Bürger und somit das gläserne Wahlvieh längst Realität geworden. Und somit haben sich die Anforderungen an einen Kanzlerkandidaten verschoben. Von jedem Menschen sind auch die geheimsten Wünsche erfasst, katalogisiert und – sortiert nach den unterschiedlichsten Kriterien – jederzeit abrufbar. Ein wahrer Segen für die Parteien, ein Füllhorn und eine Fundgrube zugleich.

Mit einfachen Fragebogen (selten mehr als 400 Fragen) werden jetzt die Bedürfnisse der Wähler exakt ermittelt. Diese Fragebogenaktionen werden auch in Schulen und Kindergärten durchgeführt. Natürlich haben die Kinder der heutigen Zeit noch immer kein Stimmrecht, aber die Parteien müssen sich strategisch auch auf die Jugend, also auf die künftigen Wähler einrichten. Sicher ein kluger Schachzug.

Ab diesem Punkt läuft die Auswahl der Kandidaten in den Parteizentralen ganz einfach ab: Die, laut Angaben in den Fragebogen, gewünschten Kriterien einer Kandidatenpersönlichkeit werden mit modernsten Computern ermittelt und den Profilen der eigenen Parteimitgliedern gegenüber gestellt. Diejenige Person, die die höchste Übereinstimmung erreicht ist der Kandidat. Sie kann, statistisch gesehen, mit dem absoluten Wahlsieg rechnen und somit den Wahlkampf ganz ruhig und gelassen angehen. Jede früher so abstoßende Polemik könnte jetzt bei den Wahlreden unterbleiben. Es wäre ein schon fast paradiesischer Zustand für die Bürger! Leider widerspricht aber dieses Vorgehen auch heute noch dem Wesen von Politikern diametral. Sie wollen von diesem, sonst für jedermann klar erkennbaren Vorteil, einfach keinen Gebrauch machen. Echt Schade.

Bleibt noch ein anderes, kleines, Problem: nämlich dass es auch heute in unserem Lande nur einen einzigen Bundeskanzler geben kann. Aber auch hier wird fieberhaft an einer praktikablen Lösung gearbeitet. Die Fachleute sehen der Zukunft mit Optimismus entgegen.

Es ist auch heute noch faszinierend, zu sehen, wie einfach doch Demokratie funktioniert.

 

Hallo Ernst Clemens,

ich habe deine Kurzgeschichte , das will ich fairerweise gleich zu Beginn
klarstellen, mehr überflogen als gelesen, denn ab dem 6. Absatz, oder so,
habe ich bereits erkannt, was in den nächsten 20 Absätzen, oder so, folgt.

Leider wenig innovativ, klingt vielmehr so, als ob du aus verschiedenen
Zeitungen einige Kommentare gelesen hättest, um daraus dann einen einzigen, großen
Kommentar zu schreiben.
Das ganze verpackt mit ein wenig "Bla,bla", in der Zukunft angesiedelt,
um dann noch nur von der Gegenwart zu reden und am Schluss die
obligatorische Feststellung, dass Demokratie nun einmal nicht funktioniert.
Zudem wäre es schön, hätte deine Kurzgeschichte, wie es bei Geschichten
nun einmal üblich ist, auch eine Handlung.

Der Titel "Die K-Frage" ist zudem irreführend. Dieser Begriff
kennzeichnet vielmehr die innerparteilichen "Kungeleien"( wie es so schön heißt )
um den Kanzlerkandidaten( Stoiber oder Merkel, por ejemplo ).

Ich hoffe, meine Kritik hat etwas weitergeholfen,

Kritiker.

 

guten morgen kritiker - erstmals vielen dank für deinen beitrag. fangen wir von hinten an. "die k-frage" sehe ich wirklich als die grundsätzliche frage "wer wird kanzler?". Dass ich zusammengefasst habe, siehst du richtig. ich versuchte durch die summe der oberflächlichen argumente/meinungen rüberzubringen, anhand welcher banalitäten in unserer demokratie oft wichtige entscheidungen festgemacht werden - weder sachlich, noch begrifflich sauber. oder hatten wir 1800 schon demokratie hier? ich glaube man wusste damals noch gar nicht, wie man das wort schreibt. schade ist allerdings, dass du eine kritik abgibst und als vorspann dazu sagst, du hättest die geschichte nur überflogen. ernsthaft? beste grüße. ernst

 

hallo alfredo - danke, dass du diese alte geschichte von mir wieder ausgegraben hast. deine kritik ist zwar vernichtend - aber dafür ehrlich. und das zählt mehr! ich bin mir noch nicht sicher, ob es sich überhaupt lohnt, die ganze story umzuschreiben. vielleicht ist was neues besser und einfacher. ich sehe es einfach als ein lehrstück - kann nur besser werden in zukunft! also nochmals vielen dank und beste grüße. ernst

 

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