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Die jungen Satanisten

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29.01.2013
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Die jungen Satanisten

Margo hieß eigentlich Margarita Sergeevna, aber es passte nicht zu ihr. Sie war eine schicke Frau. Fast wie eine Pariserin. Margo arbeitete als Empfangsdame im Hotel „Ukraine“. Das Hotel hatte mit der Ukraine nichts zu tun, es befand sich in Moskau. „Ukraine“ war teuer, groß und unästhetisch. Das Hotel war gebaut worden, als Stalin gelebt hatte, und sah entsprechend aus. Es stand und bedrückte die Moskauer mit seinem massiven und uncharmanten Wesen.
Margo befand sich auch in Moskau. Sie würde sich eigentlich lieber in Mailand oder in Paris befinden. In Mailand oder in Paris konnte man einen Pelzmantel tragen, und er wurde nicht jedes Mal mit Dreck übergossen, wenn ein Auto vorbei fuhr.

Vor 15 Jahren hatte Margo ihre Tochter Sascha bekommen. Das war Margos erste und letzte Tochter, denn Margo war nicht verheiratet. Saschas Vater war nach Amerika ausgewandert. Er hatte Amerikaner nicht besonders gemocht, aber schreiende Kinder hatten ihm noch weniger gefallen.

Margo hat Sascha sehr geliebt. Wollte, dass Sascha so wird, wie sie, nur besser. Kaufte ihr die gleichen Bücher, mit denen sie selbst aufgewachsen war. Vielleicht wurde Sascha auch besser. Aber sie wurde nicht so, wie Margo. Margo schwamm immer mit dem Strom, und Sascha schwamm überhaupt nicht. Sie interessierte sich für okkulte Praktiken.
„Soll sie sich doch rumlaufen, wie Vogelscheuche, wenn es ihr Spaß macht“, dachte Margo, wenn Sascha Lippen mit schwarzem Augenstift umrandete. Woher kam dieser hässliche Stil überhaupt, aus Amerika? Aus Amerika kam doch nie etwas Gutes.
In Margos Jugend hatte es vereinzelt Hippies gegeben. Sie hatten damals öffentliche Verachtung erfahren, weil sie nicht mit dem Strom geschwommen waren. Margo war gegen Hippies, aber auch gegen die öffentliche Verachtung. Sie wollte die Entfaltung Saschas Persönlichkeit nicht stören.
Sascha hatte komische Freunde und hing mit ihnen oft auf dem Friedhof rum. Was sie dort machten, war nicht ganz klar. Wahrscheinlich schossen sie Fotos und posteten sie im Internet. Sascha lud dauernd Fotos von Friedhöfen und ihren komischen Freunden hoch. Da hat Margo noch nichts gesagt. Für Friedhöfe war sie nicht zuständig. Wenn die Vogelscheuchen auf dem Friedhof die Leichen dabei störten, im Frieden zu ruhen, sollte sie der Wächter doch rausschmeißen.
Margo hatte etwas Mitleid mit Saschas düsterer Clique. Von Kinderspielplätzen wurden sie immer vertrieben. Von allen Nachbarn wurden sie beschimpft. Niemand mochte sie.
Einmal brachte Sascha einen schmächtigen Jungen mit dreckigen langen Haaren nach Hause.
„Das ist mein Freund. Wir machen Hausaufgaben“, sagte Sascha und verschloss sich mit dem schmächtigen Jungen in ihrem Zimmer. Aus dem Zimmer hörte man Schreie von Marilyn Manson.
„Wie heißt der Penner eigentlich?“, fragte Margo, nachdem er wieder gegangen war.
Der Penner hatte einen einfachen ländlichen Namen, aber nannte sich Azazio.
„Was soll denn das?“
„Azazio ist ein Satanist“, erklärte Sascha.
„Ach was, hat er Putin gewählt?“
„Sehr witzig. Er hat niemanden gewählt, er ist siebzehn. Azazio betet Satan an.“
„Fein“, sagte Margo. Sie fand alle religiösen Praktiken gleichermaßen lächerlich. Solange Azazio seine Heidenrituale nicht in Margos Haus vollzog, konnte er auch einen Holzstuhl anbeten. Es würde auf das gleiche hinauslaufen.
In Margos Jugend hatte man gesagt, Religion sei Opium für das Volk. Es war logisch und richtig gewesen.

Margo fuhr jeden Tag mit dem Bus an der Christ-Erlöser-Kathedrale vorbei. Früher war an dieser Stelle ein großes Schwimmbad gestanden. Leute waren in diesem Schwimmbad mit dem Strom geschwommen, hatten ihre Gesundheit verbessert. Dann hatte es einen Kurswechsel gegeben. Jetzt stand die Kathedrale. Jetzt wurde gebetet. Der Patriarch schwenkte im Fernsehen sein Rauchgefäß. Der neue Kurs steuerte offenbar ins Himmelsreich.
Margo fuhr jeden Tag mit dem Bus an der Christ-Erlöser-Kathedrale vorbei, und der Busfahrer bekreuzigte sich. Das Land ging den Bach runter. Wenn der Busfahrer sich bekreuzigt, was bleibt dann den Fahrgästen übrig?
Margo war 40 und sah aus wie 30. Dafür gab sie ihren halben Monatslohn aus. „Ukraine“ wollte attraktive Empfangsdamen haben. „Ihr repräsentiert hier das Hotel“, erklärte der Manager. „Das ist doch nicht zu viel verlangt. Mehr muss man an der Rezeption ja auch nicht tun.“ Das stimmte nicht. Margarita musste aus Gästen das Geld für die Minibar rauspressen. „In der Minibar fehlen drei Bier“, sagte Margo zu den Gästen. „Ich habe aus Ihrer Minibar nichts genommen. Ich habe sie nicht einmal angeschaut, Ihre Minibar. Ich weiß nicht einmal, wie eine Minibar aussieht. Lecken Sie mich doch am Arsch!“, sagten die Gäste. Margo war eine schicke Frau, niemand nahm sie ernst. Von wegen, Ausländer wären höflich. Sie waren vielleicht in ihrem Ausland höflich, aber nicht in „Ukraine“.

Sascha war 15 und sah auch aus wie 25. Dafür gab sie die andere Hälfte von Margos Monatslohn aus. Sie brauchte ständig neue schwarze Klamotten. Es blieb fast nichts für Lebensmittel übrig.
„Deine Sachen sehen alle gleich aus. Alle schwarz. Keiner merkt es doch, wenn du was Neues anhast“, antwortete Margo, wenn Sascha sie nach Geld fragte.
„Was laberst du? Natürlich merken Leute das. Mein Freund merkt es. In der Schule merken es alle.“
Zur Schule ging Sascha selten. Sie brauchte Nachhilfe in jedem Fach. Zur Nachhilfe ging sie auch nicht. Margo zahlte den Lehrern für zehn Nachhilfestunden, und Sascha bekam „befriedigend“.
Saschas beste Freundin hieß Lucrezia. Eigentlich hieß sie Mascha, hat sich aber in Lucrezia umbenannt. „Wie Lucrezia Borgia?“, fragte sie Margo einmal. „Was? Bosch?“ Lucrezia zog die aufgemalten Augenbrauen hoch. Die jungen Satanisten blieben von der Allgemeinbildung verschont. Lucrezia hatte eine Halbglatze. Die Hälfte ihrer Haare war abrasiert, die andere Hälfte war lang. Es gab in ihrer Truppe eine weitere Lucrezia. Die jungen Satanisten waren nicht sonderlich einfallsreich. Die zweite Luctezia war klein und dick.

Margo war einsam. Es ist besser, einsam zu sein, wenn man jung ist. Da hat man romantische Träume. Aber Margo war nicht mehr jung. Sah nur so aus. Sie fuhr jeden Tag eine Stunde zur Arbeit und eine Stunde zurück. Davon hatte sie Kopfschmerzen.
Einmal kam Margo nach Hause, und Sascha schaute mit Azazio fern. Sie schauten Spongebob und lachten. Aber sie lachten unnatürlich und schauten nicht auf den Bildschirm. Sie schauten irgendwohin, wo nichts war.
Dann stellte Margo Sascha zur Rede.
„Ich will nicht, dass du Kontakt zu ihm hast“, sagte sie zu Sascha.
„Ich werde Kontakt haben, zu wem ich will. Habe ich kein Recht darauf, oder was?“
„Ich sehe doch, dass dein Penner irgendwelche Drogen nimmt. Er wird in einer öffentlichen Toilette verrecken. Aber du hast kein Recht darauf! Nach allem, was ich für dich gemacht habe! Du reißt mir doch mein Herz raus. Ich habe für dich alles aufgegeben, alles!“
„Einen Scheiß hast du für mich aufgegeben. Das kannst du jemandem anderen erzählen“, sagte Sascha und ging in ihr Zimmer.
Sascha war grob, aber sie hat es nie böse gemeint. Sascha war ein gutes Mädchen. Sie hatte nur falsche Freunde.
Margo hatte für Sascha nichts aufgegeben. Es gab nichts aufzugeben. Als Sascha klein gewesen war, hatte Margo nichts gehabt. Jetzt hatte sie zwei Pelzmäntel und trug sie abwechselnd zur Arbeit. Aber sie hat doch für Sascha gearbeitet. Sie hat für Sascha gelebt. Und Sacha tauschte sie gegen drogensüchtige Penner.
Azazio war der Ursprung alles Unheils. Der Junge hatte definitiv einen genetischen Defekt. Seine Augen waren immer halb geschlossen, und sein Mund halb offen. Vielleicht war das auch die Folge seines übermäßigen Drogenkonsums. Margo wunderte sich, dass er noch lebte. Das widersprach ihren Biologiekenntnissen. Sie hatte Biologie studiert. Über Drogen wusste sie trotzdem nichts. Als Margo Biologie studiert hatte, hatte es keine Drogen gegeben und keine Satanisten. Nur Arbeiter und Bauer. Dann war alles in Brüche gegangen. Drogen und Satanisten waren aus Amerika gekommen.

Einmal ging Margo aus der Dusche und lief im Flur gegen Azazio. Azazio stieß einen unmenschlichen Schrei aus. Margo trug eine Schwimmbrille und eine Tüte auf dem Kopf. Na und? Die Brille schützte ihre Wimperextentions vor Wasser. Die Tüte erwärmte die Haarmaske. „Ukraine“ wollte attraktive Mitarbeiterinnen. Da brauchte der defektive Azazio nicht zu schreien.
„Warum hängt dieser Penner dauernd in unserer Wohnung rum und schreit auch noch?“, sagte sie zu Sascha.
„Azazio ist ein Dämon“, erklärte Sascha ernst.
„Das ist kein Argument. Ich habe ihn nicht eingeladen. Und wenn er schon da ist, dann soll er die Klappe halten. Ich brauche Schlaf. Sonst rufe ich die Polizei. Dann kann er den Bullen beim Verhör erzählen, dass er ein Dämon ist.“
„Was für Polizei? Bist du krank? Er hat doch nichts gemacht.“
„Nein, gar nichts! Er ist nur Tag und Nacht zugedröhnt.“
„Na und? Hat er kein Recht darauf? So ist er zumindest glücklich.“
„Er wird doch verrecken, dieser verdammte Junkie! Willst du mit ihm zusammen verrecken?“
„Ja.“

Nein, Azazio war kein Dämon. Azazio war eine Seuche. Margo konnte ihn nicht
rausschmeißen. Wenn sie ihn rausschmeißen würde, würde Sascha mitgehen. Sascha klebte an ihm, wie ein Kaugummi an der Fußsohle. Margo stellte sich manchmal vor, wie sie seinen Schädel mit einem Bügeleisen durchbrach. Dafür würde sie ins Gefängnis kommen. Dass sie damit Sascha retten würde, war auch nicht sicher. Sascha könnte sich dann erhängen und ihrem Geliebten ins Jenseits folgen.

Margo hatte von ihrem letzten Monatslohn neue Stiefel und eine Spiegelreflexkamera gekauft.
Sascha war den ganzen Tag damit beschäftigt. Sie fotografierte sich selbst von vorne und von der Seite, verzog dabei ein leidendes Gesicht. Für mehr Dramatik hatte sie sich mit einer Pipette Rotwein in den Mundwinkel getropft. Das sollte Blut darstellen.
„Mama, gibst du mir 3000 Rubel?“, brummte sie, als sie Margo sah.
„Wozu?“
„Ich brauche einen neuen BH.“
3000 Rubel waren nicht viel. Es waren etwa 80 Euro. Aber nicht für einen BH.
„Du hast schon 10 BHs. Alle gleich. Und erzähl mir nicht, dass deinen Freund Titten erregen.“ Margo bekam vom Gedanken an Azazio stechende Kopfschmerzen.
„Er denkt bestimmt, du wärst ein riesiges grünes Eihörnchen mit roten Augen. Ihn erregen chemische Substanzen, und die wird er mit meinen 3000 Rubel einkaufen!“
Dann verschwand Margos goldener Ring. Margo machte eine Szene, warf Azazios Sachen aus dem Fenster und drohte mit Polizei. Den Ring fand sie später im Regal, sie hatte ihn selbst verlegt. Aber danach hasste sie den defektiven Azazio noch mehr.

Einmal kam Margo nach Hause, und Sascha lag im Flur auf dem Boden. Sie zitterte, und ihre Haut hatte einen bläulichen Stich. Neben ihr lagen eine leere Packung Schlaftabletten und eine halbvolle Colaflasche. Es waren Margos Schlaftabletten, und sie wusste, dass in der Packung nicht mehr viele drin gewesen waren. Sascha hatte gute Chancen zu überleben. Das gefiel ihr nicht. Als der Notarzt kam, sagte Sascha mit schwacher Stimme: „Ich fahre nicht ins Krankenhaus. Ihr könnt mich nicht dazu zwingen, ihr Faschisten“.
Am nächsten Tag lag Sascha im sterilen Krankenhauszimmer. Das Bett war weiß, und Saschas Haare waren pechschwarz. Wie der Teer auf dem Schnee. Und Saschas Gesicht war grau. Sie hatte dunkle Augenringe. Margo saß auf dem Bett und streichelte Saschas Haare. „Meine Arme. Meine Süße…“
„Er hat mich betrogen“, sagte Sascha zu sich selbst, irgendwie verwundert. Sie starrte auf die Decke. Auf der Decke gab es nichts zu sehen. „Er hat mich betrogen mit Lucrezia. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es nicht!“
Margo verstand es auch nicht. Beide Lucrezias waren absolut unansehlich.

Nach einigen Tagen saßen die jungen Satanisten wieder gemütlich im Treppenhaus. Sascha,
Azazio, beide Lucrezias und noch ein namenloser kränklicher Junge. Als ihnen im Treppenhaus kalt wurde, setzten sie ihr Lebensfest in Saschas Küche fort. Margo hörte, wie sie dort lachten und schwere Gegenstände fallen ließen. Sie konnte nicht schlafen, wenn marginale Teenager in der Küche saßen.
„Ich muss um sechs Uhr aufstehen. Verschwindet.“
Die Satanisten drehten sich unzufrieden um.
„Pssssst“, sagte Sascha. „Wir beschwören Satan. Du störst.“
Auf dem Tisch stand tatsächlich eine schiefe Kerze und lagen irgendwelche Zettel. Das Licht hatten sie ausgemacht.
„Beschwört ihn woanders, verdammt nochmal. Geht zum Friedhof. Oder zum Spielplatz.“
Die Satanisten schauten Margo mit runden Augen an. Sie waren empört.
„Ist doch arschkalt draußen“, sagte Azazio.
„Ich muss um sechs aufstehen. Du bringst mich um, Sascha.“
„Aber wir haben schon angefangen!“
„Dann kommt zum Ende. Jetzt!“
„Dhat kann ec it tiunda, Ef ec se tunridhur leica lopti a ec sva vinc”, brummte Azazio trist.
Der Kerzenrauch zog zum leeren Kühlschrank. Die Flamme flatterte, dann erlosch sie ganz.
„Idioten! Wer hat auf die Kerze gehustet?“, schimpfte Azazio leise.
In der Küche wurde es stockdunkel. Neben dem Kühlschrank befand sich ein Fremdkörper. Margo sah es schlecht, sie war kurzsichtig. Aber die Satanisten hatten junge Augen und sahen es gut. Eine Lucrezia sprang auf schlug auf den Lichtschalter. Die Glühbirne ging an und erleuchtete die Küche mit gelbem Licht. Sie waren ja nicht in einem billigen Horrorfilm. Neben dem Kühlschrank stand Satan und schaute sich um.
„Was ist hier los?“, fragte er. Er hatte eine hohe und unangenehme Stimme.
„Nichts“, sagte Azazio.
Die Satanisten waren sichtlich erstaunt. Sie hatten nicht erwartet, dass die Masche aus dem Internet funktioniert. Margo war auch erstaunt. Mit Satan hatte sie trotz ihrer gewichtigen Lebenserfahrung nicht gerechnet. Satan stand immer noch neben dem Kühlschrank. Die Küche war acht Quadratmeter groß, und man konnte nicht durchlaufen. Satan war klein und irgendwie jämmerlich.
„Selber jämmerlich“, sagte Satan beleidigt. „Früher war ich der Größte. Ihr Menschen seid in der letzten Zeit zu groß geworden mit eurer hormonellen Ernährung. Missgeburten.“
Sascha drängte sich zur Tür vor und rannte in ihr Zimmer. „Wo ist die verfickte Spiegelreflexkamera?“, schrie sie von dort.
„Stimmt es eigentlich, dass Sie menschliche Seelen kaufen?“, fragte Margo.
„Ich kaufe nichts“, antwortete Satan schnell. „Ich fliege dann zurück in die Hölle. Auf Wiedersehen!“, sagte er zu Margo. Er hatte wohl Angst, dass man ihm Seelen andrehen würde. Oder er wollte nicht fotografiert werden.
„Ist es dort schlimm, in der Hölle?“, fragte Margo.
„Kommt darauf an“, sagte Satan etwas verwundert. „Manche richten sich gut ein, die haben es gut. Und andere nicht. Alles wie in der Welt. Sie können ja mitkommen, wenn Sie möchten.“
„Gibt es dort Hotels?“, fragte Margo.
„Ja, so was in der Art.“
In der Hölle war alles wie in der Welt. Nur ohne Sascha.
Margo schaute die Satanisten an. Sie vermengten jetzt Wodka mit Ananassaft in den Plastikbechern. Satan hat sie offenbar nicht weiter interessiert. Lucrezia mit der Halbglatze kaute den Kerzenwachs. Sascha machte mit Azazio rum, sie hatte keine Kamera gefunden. Azazio pustete Zigarettenrauch aus, Sascha atmete ihn ein, verdrehte dabei die Augen und fühlte sich wie Kate Moss. Sascha brauchte sie nicht mehr.
„Ja, ich möchte mitkommen“, sagte dann Margo. Sie küsste Sascha auf die Stirn und flog mit Satan in die Hölle.

 

Ich muss dazu sagen, ich habe (der Einfachheit halber) deinen Text kommentiert, während ich ihn gelesen habe!

Prinzipiell mag ich deinen Stil gern. Dieses kurze, autarke, zusammenfassende. Nach drei, vier Zeilen ist mir das aber zuuuu kurz, zuuuu zusammenfassend.
Vielleicht könnte man da aber auch mit einem simplen Zeilenwechsel Abhilfe schaffen.

"Margo schwamm immer mit dem Strom, und Sascha schwamm überhaupt nicht."
Diesen Satz liebe ich! Der ist toll!

Allgemein, der zweite Absatz liest sich flüssiger. Teilweise empfinde ich die Sätze immer noch zu abgehackt. Das kann natürlich aber auch persönlicher Stil sein. Vorlieben.

Die Dialoge mag ich gern. Sehr!

Nach wie vor stört mich dieses abgehackte - allerdings passt es gut zu Margo, so wie ich sie mir vorstelle. Abgeklärt, prägnant.

Bei direkter Rede würde ich (!) jedoch lieber ne neue Zeile beginnen.

"Margo war eine schicke Frau, niemand nahm sie ernst."
Auch toll! Sagt viel aus!

Margo sieht zehn Jahre jünger aus, Sascha zehn Jahre älter, dafür geht das Geld drauf. Grosse Liebe von mir dafür!

Dritter Absatz: jaaaaa..... jaaaa, noch besser!
Immer noch: die direkte Rede find ich super. Und es liest sich langsam (für mich) flüssiger... gewollt? Fände ich interessant.

Es wird flüssiger, spannender, interessanter.

Der Twist war nun wirklich überraschend. Gerade durch die trockene Art (also doch Absicht?).

Das Ende... hm. Ich mag es nicht. Das ist aber meine persönliche Meinung. Mögen andere anders sehen. Ich glaube zu ahnen, was du damit ausdrücken wolltest, aber ich finde es irgendwie - ja, die Story hätte was anderes verdient. Und nein, ich habe keine Ahnung was.^^

Insgesamt: absolut interessant! Definitiv! Lesenswert. Und es hat mir gefallen, nur das Ende reisst mich nicht mit und wie gesagt, der Stil ist nicht meiner, muss er aber ja auch nicht.
Eine gute Arbeit und eigentlich ist alles was ich zu kritiesieren habe/hätte basierend auf persönlichen Vorlieben... hm.

 

Hallo Schenja,

ich habs wieder voll gern gelesen.

Margo hat Sascha sehr geliebt. Wollte, dass Sascha so wird, wie sie, nur besser. Kaufte ihr die gleichen Bücher, mit denen sie selbst aufgewachsen war. Vielleicht wurde Sascha auch besser. Aber sie wurde nicht so, wie Margo. Margo schwamm immer mit dem Strom, und Sascha schwamm überhaupt nicht. Sie interessierte sich für okkulte Praktiken.

Find ich klasse irgendwie, diese trockene Sicht.


„Das ist doch nicht zu viel verlangt. Mehr muss man an der Rezeption ja auch nicht tun.“ Das stimmte nicht. Margarita musste aus Gästen das Geld für die Minibar rauspressen. „In der Minibar fehlen drei Bier“, sagte Margo zu den Gästen. „Ich habe aus Ihrer Minibar nichts genommen. Ich habe sie nicht einmal angeschaut, Ihre Minibar. Ich weiß nicht einmal, wie eine Minibar aussieht. Lecken Sie mich doch am Arsch!“, sagten die Gäste. Margo war eine schicke Frau, niemand nahm sie ernst. Von wegen, Ausländer wären höflich. Sie waren vielleicht in ihrem Ausland höflich, aber nicht in „Ukraine“.

find ich auch klasse, wie du das zusammenfasst und dem Leser zeigst
„Das ist mein Freund. Wir machen Hausaufgaben“, sagte Sascha und verschloss sich mit dem schmächtigen Jungen in ihrem Zimmer. Aus dem Zimmer hörte man Schreie von Marilyn Manson.

:)


Margo wunderte sich, dass er noch lebte. Das widersprach ihren Biologiekenntnissen. Sie hatte Biologie studiert. Über Drogen wusste sie trotzdem nichts. Als Margo Biologie studiert hatte, hatte es keine Drogen gegeben und keine Satanisten. Nur Arbeiter und Bauer. Dann war alles in Brüche gegangen. Drogen und Satanisten waren aus Amerika gekommen.

Also das Setting ist schon sehr interessant, so was liest man hier nicht so oft. Post-Kommunismus Russland, wo Religion wiederkommt, aber auch "Satanisten," und man könnte meinen, dass die Leute jetzt erst recht denken: alles aus Amerika ist schlecht. Das passt auch zur Margos Grundstimmung, diese Nostaligie, sie ist einsam und redet häufig von früher und lebt bisschen in der Vergangenheit. Ich finde das alles sehr gut gemacht.

Zum Ende: Ich fand es echt super, weil das mich überrascht hat, aber eigentlich logisch ist. Man sieht die ganze Zeit, wie schlecht es Margo geht, sie ist einsam, sie arbeitet in "Ukraine", ihre Tochter ist so ziemlich alles was sie hat, aber man ist halt wie Margo auf die Tocher fixiert, man macht sich um die Tochter Sorgen, und dann ist es aber umgekehrt, dann wird Margo zum Schluß von Satan verführt. Die Kinder spielen nur, die Selbstmordszene wirkt dann im Nachhinein wie selbstinszeniert, aber "Satan" arbeitet die ganze Zeit, auch an Margo, und zum Schluß ist es tatsächlich die Mutter und eben nicht die Tochetr, die sich von Satan verführen lässt und mit ihm in die Hölle fährt. Das ist schon ein ziemlich trauriges Ende, aber auch ein folgerichtiges und ein gutes.

Also ich habs echt sehr gern gelesen, dieses Russlandzeug, die Nostalgie, das Setting, all das mit Satanisten gemischt und dann deine trockene, bissige Art – das ist schon hochinteressant, ich mag das wirklich. :)

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Schenja,
ich mochte das auch wieder total gerne. Ich les zur Zeit Kaminers Onkel Wanja und hab mich sehr gefreut, als du auch mit der Tatsache gespielt hast, dass die Religion in ihren unterschiedlichen Facetten die vormaligen Ideologien ersetzt. Und das, gekoppelt mit deinem trockenen, lakonischen Humor, das fetzt bei mir. Ich muss nicht lachen, du weißt schon, so mit gehaltenem Bauch, aber meine Mundwinkel krieg ich auch nicht mehr zusammen. Und das, obwohl (vielleicht sogar weil) man ja zwischen all diesen ironischen Gegenüberstellungen ganz genau mitkriegt, dass es Margo gar nicht gut geht und dass sie nichts als Sascha auf der Welt hat.
Mir hat es insgesamt gefallen, aber das Ende ist dann auch so eine richtig schöne Weiterführung deiner Idee. Die Satanisten, die sich gar nicht für Stan interessieren, sondern sich nur ein bisschen als Symbol für ihr Anderssein damit schmücken. Und dann die Margo, die den Teufel fragt, ob es in der Hölle auch Hotels gibt.

In der Hölle war alles wie in der Welt. Nur ohne Sascha.
Und diese Zusammenstellung hier, die finde ich sehr aufschlussreich. Da merkt man dann dran, dass die Margo, obwohl sie ihre Tochter nach ihrem Bilde erschaffen wollte, ganz schön an ihrer Tochter leidet.

Und der Teufel, den hast du auch ganz klasse gemacht.

Er hatte wohl Angst, dass man ihm Seelen andrehen würde
.
Das ist meine Teufelslieblingsstelle.

Also - ich bin wie schon beim ersten Text - begeistert und fasziniert, ich will dich nicht noch mehr loben, sonst wirst du noch überzwerch. Und das wär ja nix.
Ich denk, es ist auch eine Geschmacksfrage, dass ich so auf deine beiden Texte anspringe, ich mag halt diesen trockenen, frechen, bissigen Humor. Da steh ich wirklich sehr drauf, das Ironische, Sarkastische, was so scheinbar locker dahinperlt.

PS: Hast da noch ein paar Vertipperli drin im Text, hab grad zuwenig Zeit, sie rauszufriemeln, aber schau mal drüber, findest du bestimmt selbst.

Liebe Grüße
von Novak

 

Hallo Cobh! Kann gut sein, dass bei mir die Sätze zu abgehackt sind, ich hab's nicht so mit flüssigen Übergängen. Ich finde das Ende gut, natürlich weil ich es geschrieben habe :) Aber ein anderes würde nicht passen. Es freut mich, dass Du die Dialoge gut findest!
Hallo JuJu! Cool, dass du die Nostalgie verstanden hast, so denken dort tatsächlich viele Leute. Den Schluss habe ich eigentlich nicht als Selbstmord gedacht, das wäre zu dramatisch für den sonst sarkastischen Ton. Aber man kann es auch so sehen. Es wäre dann wirklich ein tragisches Ende.
Hallo Novak! Danke für einen so positiven Kommentar ! Das motiviert mich :) Das Dir das Ende gefällt, freut mich besonders! Kaminer finde ich übrigens auch gut.

 

Hallo Schenja

Der Titel machte mich neugierig, obwohl die illusorische Gedankenwelt von Satanisten mich eigentlich abschreckt, die Konfusion in der sie leben.

Sie war eine schicke Frau. Fast wie eine Pariserin.

Hier musste ich auflachen, da es ein altes Klischee aufgreift. Möchte man die Pariserinnen auf ein allgemeingültiges Merkmal fixieren, dann ist es deren Sprache. Darin sind sie unheimlich schnell gegenüber Französinnen aus andern Landesteilen.

Margo befand sich auch in Moskau.

Dieser Satz erübrigt sich eigentlich, da vorgehend ja erwähnt wird, dass in dem Moskauer Hotel als Empfangsdame arbeitet.

Das war Margos erste und letzte Tochter, denn Margo hatte keinen Mann.

Wenn ich dies so lese, interpretiere ich, dass sie nie mehr mit einem Mann Sex hatte. Wenn dem nicht so wäre, klänge es mir lebensnaher: denn Margo war nicht verheiratet.

Das Land ging den Bach runter. Wenn der Busfahrer sich bekreuzigt, was bleibt dann den Fahrgästen übrig?

:lol:

Die zweite Luctrzia war klein und dick.

Hier verhaspelte ich mich beim Lesen.

Dass sie damit Sascha retten würde, was auch nicht sicher.

war

Es waren Margos Schlaftabletten, und sie wusste, dass in der Packung nicht mehr viele drin gewesen waren. Sascha hatte gute Chancen zu überleben. Das gefiel ihr nicht.

Das liest sich komisch, als würde Margo dies denken, dabei ist es Sascha, wobei es mir nicht real erscheint. Es geht um Schau, ansonsten hätte sie wohl etwas Wirksameres gewählt.

„Was ist hier los?“,
fragte er. Er hatte eine hohe und unangenehme Stimme.

Unnütze Zeilenschaltung.

Sascha drängte sich zur Tür vor und rannte in ihr Zimmer. „Wo ist die verfickte
Spiegelreflexkamera?“, schrie sie von dort.

Ebenso hier.

Wahrlich eine unterhaltsame Geschichte, auch wenn abgehackte Sätze mich manchmal zögern liessen. Sie passt zum Geist des Marilyn Manson, der einst ja auch Kurzgeschichten schrieb, seine reaktive Verhaltensweisen und Musik.

Insgesamt habe ich mich gut amüsiert.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Alexander! Ich kenne die satanistische Lehre nicht. Aber ich weiß, dass sie eine haben :) Das ganze wird aus der Sicht von Margo geschildert, und aus ihrer Sicht sind die Satanisten dumme Kinder, die schwarze Klamotten tragen und irgendwelche Drogen nehmen. Deinen Kommentar fand ich interessant zu lesen, weil Du dich mit dem Thema offenbar gut auskennst.
Mit dem Hotel stimmt allerdings alles, eine Freundin von mir arbeitet in "Ukraine", das von einem Jahr in "Radisson Royal" umbenannt wurde. Die Gäste wollen dort tatsächlich nicht für Bier zahlen. Viele übernachten dort, weil es so bekannt ist, dann sind sie mit dem Service unzufrieden und meckern wegen der Minibar. Das Hotel ist nicht heruntergekommen, sondern aus architektorischer Sicht einfach hässlich. Stalin hatte keinen Geschmack :D Das Hotel symbolisiert, meiner Meinung nach, die Sowjetunion, der Margo nachtrauert. http://www.inmoskau.de/blog/wp-content/hotel-ukraina-moskau.jpg (ob der Link funktionieren wird?) Cool, dass Du die Geschichte trotz ideologischen Unstimmigkeiten lustig fandest, war auch so gemeint.
Hallo Anakreon! Danke fürs Kommentieren! Ich hatte viele Zeilensprünge wegen dem Kopieren, habe wohl ein Paar übersehen. Aber hallo, Pariserinnen sind doch schick ;)

 

Hallo Schenja,

auch deine zweite Geschichte hat mir gut gefallen. Du bringst mich echt zum lachen, das schaffen die wenigstens Texte und ich muss herausfinden, wie du das machst. Wie bei deinem "Erstling" benutzt du Sprache und Begriffe scheinbar unbekümmert und hast einen sehr trockenen und feinen Humor, der sich nie selbst feiert, sondern immer überraschend zuschlägt. Das ist wirklicht gut-

Es gäbe jetzt viele Stellen, die ich zur Untermalung meines Lobs hervorheben könnte, es gibt einige wenige Stellen, wo ich etwas Kritisches anmerken könnte, zu Beidem habe ich nicht mehr die Zeit, weil mir grad ein Termin im Nacken sitzt, und da ich die Geschichte grad noch las, wollte ich wenigstens mein (positives) Urteil loswerden.

Ja, das sind mal Text, die bei mir genau den Nerv treffen, wo sich so viel entdecken lässt und die ich mit großer Freude lese. Klingt jetzt so ein bisschen kritiklos groupiemäßig - und bringt's wahrscheinlich auf den Punkt. Kann man dir nur einen längeren Atem hier wünschen ...

Rick

 

Are you motherfuckers ready
For the new shit?
Stand up and admit,
tomorrow's never coming.
This is the new shit.
Stand up and admit.
Do we get it? No.
Do we want it? Yeah.
This is the new shit,
Stand up and admit.

(Marilyn Manson - This Is The New Shit)

Ein wahrlich passender Soundtrack zu deinem Text,
liebe Schenja,
den Song hab ich jetzt beim Lesen drei- oder viermal in Endlosschleife gehört. Ein toller Song zu einem tollen Text …

Deine neue Geschichte hat mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückgelassen.
Lachend, besser gesagt grinsend, weil sie den hohen Erwartungen entsprach, die dein Debüttext in mir geweckt hat.
Sprachlich, stilistisch hast du mich auch diesmal wieder ab der ersten Zeile überzeugt, und ich wiederhole gerne, was ich schon über deinen Erstling gesagt habe: vom Anfang bis zum Ende wirkt auch diese Geschichte wie aus einem Guss. Ich finde kaum sprachliche Unsicherheiten, sondern nur einen souveränen, ausgereift klingenden, sehr eigenständigen, irgendwie sympathisch rücksichtslosen Stil. (Beinahe kann ich dich hören, wie du vor der Tastatur vor dich hinmurmelst: „Ich schreibe halt so, mir taugt das.“)
Ja, mir taugt das auch.

„Azazio ist ein Satanist“, erklärte Sascha.
„Ach was, hat er Putin gewählt?“

Herrlich, Schenja, einfach so hingeworfen, witzig und bitterböse.

Margo war einsam. Es ist besser, einsam zu sein, wenn man jung ist. Da hat man romantische Träume. Aber Margo war nicht mehr jung. Sah nur so aus. Sie fuhr jeden Tag eine Stunde zur Arbeit und eine Stunde zurück. Davon hatte sie Kopfschmerzen.

Ja, und mein zweites Auge war nicht richtig weinend, sondern eher blickte es nachdenklich, weil das für mich eine wirklich traurige Geschichte ist, traurig auf so vielen Ebenen eigentlich.
Das Scheitern der Mutter/Tochter-Beziehung, dieser unlösbare Generationenkonflikt als Sinnbild des in Wahrheit immer Alleinseins jedes menschlichen Individuums. Und wie halt jeder versucht, im Rahmen seiner mehr oder weniger bescheidenen Möglichkeiten das Beste aus diesem Jammertal zu machen, die Mutter will für Sascha nur das Beste und weiß gleichzeitig, dass ihr das, vor allem in diesem gesellschaftlichen Kontext nicht gelingen wird. Aber vielleicht weiß sie auch gar nicht, was das Beste für Sascha ist? Ihre eigenen Träume sind ohnehin schon längst auf der Strecke geblieben.
Ja, und Sascha lehnt sich einfach auf. Gegen die Mutter, gegen die Gesellschaft, gegen die ganze Welt, was bleibt ihr anderes übrig?
Das Kokettieren mit dem Satanismus, mit dem Anderssein, ist ja nur eine naive Attitüde, das hat in meinen Augen nichts Religiöses, sondern ist nur der Versuch, sich von der wirklichen Scheiße der Älteren abzugrenzen, legitime jugendliche Antihaltung, mehr nicht.

Margo fuhr jeden Tag mit dem Bus an der Christ-Erlöser-Kathedrale vorbei. Früher war an dieser Stelle ein großes Schwimmbad gestanden. Leute waren in diesem Schwimmbad mit dem Strom geschwommen, hatten ihre Gesundheit verbessert. Dann hatte es einen Kurswechsel gegeben. Jetzt stand die Kathedrale. Jetzt wurde gebetet. Der Patriarch schwenkte im Fernsehen sein Rauchgefäß. Der neue Kurs steuerte offenbar ins Himmelsreich.
Margo fuhr jeden Tag mit dem Bus an der Christ-Erlöser-Kathedrale vorbei, und der Busfahrer bekreuzigte sich. Das Land ging den Bach runter. Wenn der Busfahrer sich bekreuzigt, was bleibt dann den Fahrgästen übrig?

Das wirklich Bedenkliche, das dein Text anspricht, ist für mich das regressive, hirnlose Verhalten der (erwachsenen?) Massen, die ihr Heil in religiösem Hokuspokus, gleich welcher Glaubensrichtung, suchen.
Kann man das den Menschen vorwerfen, frage ich mich, kann man den Menschen ihre Dummheit vorwerfen? Und kann man es ihnen vorwerfen, dass aufgrund dieser Blödigkeit, die ihrer biologischen Art offenbar immanent zu sein scheint, auch jegliche politische Utopie, so erstrebenswert sie auch sein mag, zum Scheitern verurteilt ist? Weil letztlich immer die Dummheit (das Böse?) siegt?

Deine Geschichte, Schenja, gibt wirklich viel zum Nachdenken her, erst recht das bizarre Ende, also da kann man schon ins Grübeln geraten, was man da hinein/herauslesen will …

Wie unbefangen und unbekümmert du ein ernstes Thema angehst, wie du gekonnt zwischen Ironie und Sarkasmus balancierst, ist für mein Gefühl, für meinen Geschmack ein wirkliches kleines Kunststück.

Ein eigentlich pessimistischer Text und trotzdem musste ich beim Lesen andauernd grinsen.

offshore

 

Hallo,

ich sage zu der KG noch was, aber aus den Satanisten könntest du Okkultisten machen. Satanisten wie in der CoS glauben nicht an einen personifzierten Satan, im Gegenteil, es sind sehr aufgeklärte, rationalistische Menschen, bei denen Rituale nichts mit Kinderblut, sondern eher mit Psychohygiene zu tun haben.

Gruss, Jimmy

 

@ Jimmy

Ohne dass mich die beiden Szenen an sich tiefer beschäftigen, eine Zuordnung der „Satanisten“ zu den „Okkultisten“, würde der Sache m. E. nicht gerecht.
In jungen Jahren kannte ich einen Kreis von älteren Leuten, gelangweilte Reiche, die dem Okkultismus in Séances frönten. Die Nähe zu C. G. Jung war dabei nicht zufällig, aber mit einem Satanskult hatten die überhaupt nichts am Hut. Es ging dabei, soweit ich dazu Kenntnis erhielt – mich interessierte dieser Zauber nicht – um angeblich grenzüberschreitende Fähigkeiten von Mediums, Tischrücken, dem Glauben, wenn man den Ruf eines bestimmten Vogels hört, er einen Tod ankündigt und dergleichen. Heute hat diese Bewegung wohl vor allem in der Esoterik ihren Wurmfortsatz.
Die Szene in der Geschichte scheint mir eher im Umfeld von „Gothic“ platziert, einer Subkultur denen es eher um eine Distanzierung zur etablierten Gesellschaft geht und dies mit morbiden Fantasien ausleben, aber nicht wirklich an einen Satan glauben. Die Satanserscheinung am Ende der Geschichte werte ich einzig als lustige und fiktive Idee, die aber auch nur eine illusorische Wahrnehmung der Mutter sein könnte. Der Szene, der die Jungen angehören, tut dies keinen Abbruch. Wirklicher Satanismus gab es ja auch, doch ist der anders zu orten.
Diese Anmerkung nur, damit man reale geschichtliche Gegebenheiten, bei aller Fiktion, nicht durcheinanderbringt.

Nichts für ungut.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Alexander! Es gibt viele "alternative" junge Leute, die meinen, Satanisten zu sein, oder auch Punks oder sonstiges, obwohl sie keine Ahnung davon haben. Satanisten würden natürlich nicht Satan mit einer Kerze beschwören und einen Selbstmordversuch aus Eifersucht unternehmen, weil es der Idee des Satanismus eigentlich widerspricht. Es gibt neben den Satanisten, die Du verteidigst, theistische Satanisten, die Satan wie Gott anbeten, es gibt Anhänger von LaVey, es gibt Metallisten, zu deren Image und Kultur auch Satan gehört. Es gibt allerdings auch Poser, die nichts davon sind und sich Satanisten nennen. Die Kritik ist durchaus berechtigt, ich habe in der Geschichte Satanisten verarscht, weil ich es iwgendwie lustig fand. Aber wenn ich sie realistischer darstellen würde, wäre es zu ernst und vor allem zu kontrovers. Ich finde es besser, wenn sie eine Parodie bleiben. Bei mir sind sie vielleicht unglaubwürdig dumm, das stimmt. Vielleicht führe ich irgendwo ein Dialog ein, aus dem hervorgeht,dass sie zum mindest etwas Ahnung vom Satanismus haben.
Hey Jimmy! Wie gesagt, der Begriff Satanismus ist nichts geschützt, deshalb kann sich jeder so nennen, wer es will... Ich mag es allerdings alles nicht, weder die echten noch die pseudo.
Hallo Ernst! Ich habe mich sehr gefreut über Deinen Kommentar :) Du hast sehr richtig verstanden, was ich gemeint habe:

Das Scheitern der Mutter/Tochter-Beziehung, dieser unlösbare Generationenkonflikt als Sinnbild des in Wahrheit immer Alleinseins jedes menschlichen Individuums.

Kann man das den Menschen vorwerfen, frage ich mich, kann man den Menschen ihre Dummheit vorwerfen? Und kann man es ihnen vorwerfen, dass aufgrund dieser Blödigkeit, die ihrer biologischen Art offenbar immanent zu sein scheint, auch jegliche politische Utopie, so erstrebenswert sie auch sein mag, zum Scheitern verurteilt ist? Weil letztlich immer die Dummheit (das Böse?) siegt?
Naja Menschen können aus biologischen Grünen denken und machen Denkfehler :) Es freut mich sehr dass Du meinen Stil gut findest und in der Geschichte neben der Ironie und der Verarschung von "okkultistischen" Kindern eine Aussge findest, die ich versucht habe reinzupacken. Ich bin übrigens kein großer Fan von Marilyn Manson, er hat schon ein Paar gute Sachen, ist aber nicht so mein Stil. Intelligent ist er schon, das muss ich zugeben.

 

@ Anakreon: ich wollte aus ihnen Goths machen, dann wären sie natürlich lächerliche Goths :D Ich wollte halt, dass am Ende Satan erscheint, deshalb sind sie jetzt Satanisten.

 

@ Rick: Danke für den positiven Kommentar, es freut mich, dass Du meinen Humor lustig findest ;)

Klingt jetzt so ein bisschen kritiklos groupiemäßig - und bringt's wahrscheinlich auf den Punkt.
- groupiemäßig, hihi

 

Hey,
ich kann dir irgendwie als Geschmacksmeldung nur mitgeben: Mich hat das nicht so überzeugt. Ich hab so aus dem Augenwinkel immer mal Kommentare durchgeblättert und hab da gelesne: Toll und frisch und lustig, dann hat sich da bei mir ein Bild aufgebaut, ich hab mir die Geschichte dann mal aufgehoben und eben durchgelesen und bei mir zündet da nix. Ich find den abgehackten Stil ermüdend, die Figuren ziemlich eindimensional und auch die Probleme dort ziemlich flach dargestellt- und dann die Lösung mit dem Satan - tjo, ich dachte es läuft auf irgendeinen Konflikt hinaus zwischen der Mutter, die die Tochter in die Realität holen will, weil sie sich selbst nach einem Traum sehnt, und der Tochter, die sich gegen die Realität stellen will, aber dann taucht der Satan da wie ein Deus ex machina auf und die Geschichte endet mit einem Witz.
Unbekümmert ist es, ja, und nach vorne erzählt, das stimmt. Das ist gut und schön. Vielleicht hab ich einfach keinen Draht zu einer Geschichte, die vor allem lapidar Dinge sagt wie sie sind. Die Mutter gibt die Hälfte des Geldes aus um 10 Jahre jünger zu sein, die Tochter die andere Hälfte um 10 Jahre älter zu sein. So als Leser nick ich das ab und hak das auch ab. Jo, so sind sie die Mütter und Töchter. So richtig nah werden mir beide nicht und die sieben-Wort-Hauptsätze ermüden mich dann rasch.

Weiß nicht, denke, wenn du soviel Lob bekommst, dann mach einfach so weiter. Lies mal die Sachen von maria, die frühen, die müssten dir gefallen. Ich denke, wenn man unbekümmert schreibt und Talent hat, strahlt man eine gewisse Energie aus, die auf jeden Fall was hat und viele anspricht.
Vielleicht stumpft man da als Leser auch irgendwann dagegen ab, wär schade eigentlich.

Gruß
Quinn

 

Hi Quinn! Danke fürs Lesen und kommentieren!
Ich finde nicht, dass Probleme oberflächlich dargestellt sind, zumindest in meinem Köpfchen macht es alles Sinn, was ich schreibe :) Die Kritik am Stil ist aber berechtigt, es kann sein dass die Sätze zu abgehackt sind- werde versuchen es zu verbessern.
Was unbekümmert angeht- es ist halt schwierig, eine Balance zwischen zu unbekümmert und zu pathetisch zu finden.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Schenja,

„Azazio ist ein Dämon“, erklärte Sascha ernst.
„Das ist kein Argument. ...",

solche eingestreuten Kleinigkeiten sind einfach schön!

Und eine Nebenschleife wie:

"Dann verschwand Margos goldener Ring. Margo machte eine Szene, warf Azazios Sachen aus dem Fenster und drohte mit Polizei. Den Ring fand sie später im Regal, sie hatte ihn selbst verlegt. Aber danach hasste sie den defektiven Azazio noch mehr."

bringt in wenigen Worten die Situation auf den Punkt und ist psychologisch sehr stimmig!
Wenn ich auch diese Geschichte im Aufbau nicht so klar fand (vielleicht überfordert mich aber auch nur die Vielschichtigkeit, die erwähnten Örtlichkeiten, Personen, geschichtliche und gesellschaftliche Aspekte ... es sind einfach sehr viele), so gefällt sie mir doch insgesamt sehr gut.

Viele Grüße,

Eva

 

Hallo Eva! Danke schön für das Kommentieren! Es freut mich, dass die Geschichte mit dem verlorenen Ring jemanden aufgefallen ist! Ich finde, es ist ein interessanter psychologischer Befund, dass man eine Person, die man selbst schlecht behandelt, in dem Fall zu Unrecht beschuldigt, gerade dafür selbst nicht mag. Aufbau ist nicht schlecht, (zumindest chronologisch :)), aber vielleicht nicht so flüssig- werde darauf achten.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schenja,

weil Du es so bedauerlich fandest, dass mir Deine Wohngemeinschaft nicht so gefiel, habe ich mir noch eine andere Geschichte zu Gemüte geführt und siehe da, diese gefällt mir richtig gut! Da gibt es ein paar hübsche Formulierungen und auf Wortwiederholungen hast Du auch verzichtet.

(Aber vielleicht lag es bei der WG auch nur daran, dass ich mit anderen (falschen?) Erwartungen daran gegangen bin. Enttäuscht war, dass sie so gar nichts mit der erwähnten Serie zu tun hatte. Mag sein, dass Deine WG der Realität entspricht, ich dachte mehr an chaotische Typen, witzige
Diskussionen, Liebeleien, Verwicklungen, Highlife rund um die Uhr; wurde statt dessen mit spießigen Zicken, noch einer blassen Gestalt (die gleich abnippelt) konfrontiert und die Handlung erschien mir zu lahm. Dass eben alles immer nur Ansichtssache ist, konnte man bei weiteren Bewertungen sehen.)

Anders jedoch hier.. da gibt es interessante Personen, eine spannende Handlung. Über Margo und ihre Gedanken, den feinen Humor und Sarkasmus musste ich echt lachen. Seltsamerweise habe ich noch nicht einmal die viel zitierten abgehackten Sätze als solche empfunden, halte die Dialoge für gelungen. Etwas überrascht war ich vom Schluss, der schien mir nicht ganz zu passen. Die Mutter, auf ihre Tochter fixiert, lässt sich vom Satan verführen, fliegt mit ihm zur Hölle? Naja, ein bisschen (zu) viel Ironie, oder? Ansonsten aber eine sehr amüsante Geschichte und dafür hast Du völlig zu Recht die Lobeshymnen meiner Vorredner verdient.

Sehr unterhaltsam und gerne gelesen. :)

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünscht

Darkeyes

 

Hi Darkeyes! Danke für Dein Kommentar! Cool, dass ich jetzt doch Deine Anerkennung ernten konnte, jetzt kann ich ruhig schlafen :DD
Endlich fand jemand die agehackten Sätze gut! Danke für die positive Rückmeldung! Der Schluss ist nur eine Metapher, in der Wohngemeinschaft eigentlich auch, aber hier ist es ganz surral. Das Schlüsselwort war für mich die Hölle und nicht der Satan. Ich glaube nicht daran, dass man von Satan verführt wird xD Aber man kann es natürlich deuten wie man will.
LG, Schenja

 

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