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Die Jahreszeiten

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03.09.2008
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Die Jahreszeiten

Der Winter ist ein alter Mann. Er sitzt in seinem dicken Mantel aus weißem Eisbärenfell auf einem Berg im Schnee. Der März ist schon fast vorbei, aber der Nordwind hat noch einmal viel Frost und Eis gebracht. Er ist der Diener des Winters, und der Alte freut sich, wie schön kalt und weiß alles ist. Oh ja, er will noch lange bleiben.
Da kommt ein junger Mann herbeigetanzt. Aber wie sieht er aus! Er hat ganz grüne Kleider an und Blumen im Haar wie ein Mädchen. Sogar seine Socken sind grün und voller Blümchen.
„Was willst du denn hier, Frühling?“, ruft der Winter. „Verschwinde, sonst rufe ich den Nordwind und alle deine bunten Blümchen werden zu Eis!“
„He Alter, denkst du, ich habe Angst vor dir?“, lacht der junge Mann frech. „Hau du ab, deine Zeit ist vorbei, jetzt komme ich und lasse dein schönes weißes Eis zu Dreckwasser schmelzen.“ Er pfeift auf den Fingern. Da schiebt die Sonne die Wolken beiseite und guckt vom blauen Himmel herunter.
„Hallo, Frühling!“, ruft sie. „Endlich bist du da! Ich habe schon auf dich gewartet!“
„Halt den Mund, Sonne!“, ruft der Winter. Aber die Sonne lacht nur und schickt warme Strahlen auf die Erde. Da wird das Eis zu Wasser. Überall fängt es an zu tropfen. Der Frühling patscht mit dem Fuß in eine Pfütze.
„Bist du verrückt?“, schreit der Winter. „guck mal, was du gemacht hast! Mein schöner weißer Pelz ist ganz schmutzig!“
„Magst du das nicht?“, ruft der Frühling. „Dann verzieh dich doch!“ Und er patscht noch einmal so richtig schön in das Dreckwasser hinein.
„Nordwind“, brüllt der Winter, „komm schnell her!“
Aber der hat drei Monate lang schwer gearbeitet und ist müde. Er kann gerade noch den Winter auf seine Schulter setzten und mit ihm nach Norden fliegen.
Der Frühling ist Sieger. Schnee und Eis tauen weg, die Grashalme stecken ihre Spitzen aus der Erde, die Forsythienbüsche sind über und über voller leuchtend gelber Blüten, und überall riecht es nach frischem Grün. Die Bauern ernten das erste Gemüse, drei Monate lang blühen überall die Blumen und Bäume.
Dann kommt der Sommer. Das findet der Frühling okay, denn der Sommer ist sein Freund. Die Menschen lieben den Sommer genauso wie den Frühling. Er lässt das Getreide reifen und schenkt den Kindern die großen Ferien. Er möchte es überall schön heiß haben. Aber diesmal hat er zu viel getan. Die Menschen stöhnen unter der Hitze und wünschen ihn weit weg. Und der Sommer? Der möchte jetzt selbst weg, denn er hat von seiner eigenen Hitze Kopfschmerzen bekommen. Aber das geht nicht so einfach, denn er muss auf den Herbst warten. Und der kommt dann auch endlich. Er bringt große Körbe voller Obst mit.
„Bitte, hilf mir, lieber Herbst!“, ruft der Sommer. „Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen von der Hitze, die ich gemacht habe.“
„Du hast mal wieder übertrieben, nicht wahr?” sagt der Herbst kopfschüttelnd.
„Na ja ... Ich wollte doch nur, dass die Kinder in den Ferien schönes Badewetter haben.”
„Und was hast du ihnen gebracht? Backofenhitze. Na, schon gut. Hier, iss ein paar schöne saftige Pflaumen, das hilft“, sagt der Herbst.
Der Sommer isst die Pflaumen, aber die Kopfschmerzen gehen nicht weg. Da ruft der Herbst den Westwind. Der bringt einen tüchtigen Regenguss mit.
„Ah, das tut gut!“, ruft der Sommer. Er ist pitschnass geworden, aber die Kopfschmerzen sind weg.
„Dankeschön, Herbst“, sagt er und fliegt davon.
Wenn der Herbst kommt, werden die Menschen ein bisschen traurig, weil nun bald die Blätter von den Bäumen fallen und der Winter kommt. Da muss der Herbst die Leute fröhlich machen. Deswegen hat er das viele Obst mitgebracht. Schwer lassen die Bäume die Äste hängen und warten, dass all das viele Obst, das sie tragen müssen, endlich gepflückt wird, damit sie von ihrer Last befreit werden. Die Menschen lassen sich nicht lange bitten. Sie kommen mit großen Körben und da wandern nun alle die Äpfel, Birnen, Pflaumen und Weintrauben hinein. Die Bäume atmen erleichtert auf. Aber der Herbst weiß, dass es nicht genug ist, wenn er Obst bringt. Also pinselt er schnell noch alle grünen Blätter bunt: gelb, rot, orange und braun. Das finden die Leute schön und stellen sich große Sträuße mit den bunten Herbstblättern in die Wohnungen. An den Abenden lässt er weiße Nebelgestalten über die Wiesen tanzen. Das sieht wie im Märchen aus, manchmal aber auch richtig gruselig.
Aber bald kommt wieder der Nordwind geflogen. Auf seinen Schultern sitzt der Winter in seinem langen, weißen Pelzmantel. Er weiß, dass die Menschen eigentlich gar nicht richtig traurig sind, wenn er kommt. Er bringt ja das Weihnachtsfest, wo es viele Geschenke gibt! Die Kinder können skilaufen, Schlitten fahren, einen Schneemann bauen und Schneeballschlachten machen. Zuhause sitzen sie am warmen Ofen, und Mutter macht Bratäpfel. Die Kinder haben also auch im Winter jede Menge Spaß. Nur wenn der Alte zu lange bleibt, finden sie es nicht so schön. Aber sie wissen genau, dass der Frühling ihn am Ende doch wieder vertreibt. Und das weiß der Winter auch selbst. Er hofft nur, dass der freche junge Mann ihm das nächste Mal nicht wieder den Pelz dreckig macht.

 

Hallo hepra,

ein herzliches Willkommn auf kg.de.

Deine Geschichte von den Jahrezeiten hat mir gut gefallen. Besonders die Stelle, an der sich der Winter mit dem Frühling anlegt.
Hätte es begrüßt, wenn du später vielleicht noch ein paar solch lustige Dialoge eingebaut hättest. Das Ende hat für mich ein bisschen zuviel Erzählstil. Unterhaltungen, vielleicht zwischen den Bäumen, die unter dem Obst ächzen oder auch schimpfen, wenn ihre Blätter schon wieder bunt werden, würden den Text noch interessanter und vor allem lebhafter werden lassen.

Hier noch ein paar Kleinigkeiten, die mir beim Lesen aufgefallen sind:

Da kommt ein junger Mann getanzt.
- Da tanzt ein junger Mann herbei. / Da kommt ein junger Mann herbeigetanzt.

„Dann verfatz dich doch!“
- "Dann verzieh dich doch!" (ich glaube, der Ausdruck "verfatz" kennt nicht jeder, ich jedenfalls nicht)

Die Menschen stöhnen unter der Hitze und wünschen ihn eit weg.
- weit weg

Also pinselt schnell noch er alle grünen Blätter bunt:
- Also pinselt er noch schnell alle grünen ...

Gerne gelesen.
Viele Grüße
bambu

 

Hallo hepra,

ja, mir har deine Geschichte auch ganz gut gefallen. Die Jahreszeiten zu personifizieren kommt immer gut bei Kindern an.
Gut gelungen ist dir die Beschreibung, was die einzelnen Jahreszeiten so ausmacht. Das hat fast etwas Nostalgisches, wie aus einem alten Kinderbuch - das meine ich aber jetzt positiv. Daher passt die flotte Sprache meiner Meinung nach nicht so ganz, ist zu modern, wie dieses hier:

„Magst du das nicht?“, ruft der Frühling. „Dann verfatz dich doch!“

Oder das hier:


„He Alter, denkst du, ich habe Angst vor dir?“, lacht der junge Mann frech. „Hau du ab, deine Zeit ist vorbei

oder hier:

Das findet der Frühling okay


Ich finde, du musst die Geschichte gar nicht so "aufpeppen". Kinder hoeren auch gern etwas, was nicht unbedingt mit Umgangssprache garniert ist.


Viele Gruesse,
sammamish

 

Hallo sammamish,

gerade, das, was du "bemängelst", fand ich gerade erfrischend für die Geschichte. Das Freche hat mir echt gut gefallen.
Da sieht man mal, wie verschieden die Geschmäcker sind.

Viele Grüße
bambu

 
Zuletzt bearbeitet:

Im Sommer vorigen Jahres habe ich Kinderkurse in Deutsch als Fremdsprache geleitet (ich lebe in Kairo). Da habe ich (neben ein paar anderen) diese Geschichte für den Unterricht geschrieben, und sie hat den Kindern gut gefallen. Deshalb habe ich Mut gefasst und sie hier ins Forum gestellt.
@bambu: Ich hatte auch schon die Idee, noch mehr Dialoge einzubauen, aber ich fürchtete, dass die Geschichte dann zu lang geworden wäre. Und wenn eine Geschichte zu lang ist, legen die Kinder sie ganz schnell wieder aus der Hand oder fangen gar nicht erst mit dem Lesen an.
@sammamish: Ich hatte bei den frechen Redereien eigentlich nicht an ein "Aufpeppen" gedacht, sondern eher daran, dass die Kinder eben so sprechen und ich damit ihren Ton treffe. Und es hat den Kindern hier auch großen Spaß gemacht, dass die Jahreszeiten genauso reden wie sie selbst.
Alles in allem herzlichen Dank für eure freundlichen Kritiken.
Viele Grüße
Hepra

 

Hallo Hepra,

tolle Geschichte! Super schön gemacht für Kinder (und auch für Erwachsene *ggg*) Ich würde mir direkt wünschen, es gedruckt mit hübschen gezeichneten Illustrationen zu sehen.

Also herzlichen Dank für die gute Unterhaltung!

Schöne Grüße
MrsMurphy

 

Hallo, MrsMurphy,
erst einmal herzlichen Dank für die ermutigende Kritik. Deinem Wunsch kann ich mich nur anschließen. Aber dass einmal eine Anthologie aus den threads bei kg.de zusammengestellt wird, wird wohl ein schöner Traum bleiben.
Herzliche Grüße
Hepra

 

Hallo hepra,
hallo Mrs.Murphy,

ja, ich hatte auch schon mal beim Webmaster den Wunsch geäußert, ein Kinderbuch zu veröffentlichen. Aber dem wurde nicht entsprochen.
Ich kann ja nochmal sachte anfragen, denn es entstehen hier wirklich sehr schöne Geschichten.

@ hepra
Hast du schon mal bei Kinderzeitschriften angefragt? Gibt glaube ich in der Rubrik "Bücher & mehr / Ausschreibungen" Stellen, an die man das ganze Jahr über Texte schicken kann. Vielleicht versuchst du es dort einmal.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo babmbu,
vielen Dank für den wertvollen Tip. Sobald ich auf der Arbeit mal ein bisschen Luft holen kann, werde ich mich unbedingt dorthin wenden.
Herzliche Grüße
hepra

 

Hallo hepra,
Gratuliere zu deiner Geschichte. Ich fand sie durchwegs unterhaltend und recht flott geschrieben. Kann mir gut vorstellen, dass daraus ein schönes Buch wird
Lg
Bernhard

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bernhard,
auch dir herzlichen Dank für die fast schon ein wenig schmeichelhaft nette Kritik. Das bedeutet nicht, dass du mir schmeicheln wolltest, ich mich aber doch so ein ganz kleines bisschen geschmeichelt fühle. Ich hatte ehrlich gesagt nicht mit so viel positiver Kritik gerechnet, sondern eher gedacht, dass ihr mir die Geschichte "um die Ohren haut".
Im Moment bin ich sehr im Stress, da ich mit einem historischen Roman am Rowohlt-Romanwettbewerb teilnehmen will und das Buch schnell noch ein aller-allerletztes Mal überarbeiten will, und das, obwohl ich im Moment mit Arbeit überhäuft bin. Aber es kommen auch wieder ruhigere Zeiten, und dann werde ich euch ein paar mehr meiner Kindergeschichten vorstellen.
@ Bambu
Dir, liebe Bambu möchte ich in aller Öffentlichkeit an dieser Stelle für deine wundervolle Fairness danken. Das findet man sicher nicht alle Tage bei Moderatoren, die nach meinen Erfahrungen in anderen Foren eher ein wenig rechthaberisch sind.
Herzliche Grüße
Hepra

 

Hallo hepra,

ich weiß zwar nicht, was ich Außergewöhnliches vollbracht habe, aber trotzdem danke für die Lorbeeren.
Ich bin eigentlich immer bemüht, den Autorinnen und Autoren hier bei den Kindern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, soweit es in meiner Macht steht. Und wenn ich mich mal geirrt habe, dies auch ehrlich zuzugeben.

Für deinen historischen Roman wünsche ich dir viel Glück. An so ein riesiges Werk würde ich mich zum Beispiel nun überhaupt nicht dranwagen, geschweige denn bei einem Wettbewerb einreichen. Da kann man dir nur die Daumen drücken. Toi, toi, toi.

Viele Grüße
bambu

 
Zuletzt bearbeitet:

...Und wenn ich mich mal geirrt habe, dies auch ehrlich zuzugeben.

Eben das ist es, was ich meine!
Dank auch für die guten Wünsche für den Wettbewerb. Es ist ein Sprung ins kalte Wsser, aber den muss man wohl irgendwann inmal wagen.

 

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