Was ist neu

Die Jagd

Mitglied
Beitritt
09.01.2002
Beiträge
150

Die Jagd

Ein langer dunkler Schatten legte sich über das zerfurchte Tal. Der Gesang der Vögel verstummte und sogar der Wind schien sich zu fürchten, denn das Rascheln der Blätter ließ schlagartig nach. Eine riesige gefiederte Schlange schwebte geräuschlos über die Baumkronen. Ein ausgewachsenes Weibchen, dreißig Fuß lang, mit einem moosgrünen Federkleid, dass sich durch die feuchte Tropenluft schlängelte als befände es sich im Wasser. Ch’amak hockte in einem Gebüsch und beobachtete das fliegende Geschöpf. Ein dünner Schweißfilm lag auf seiner gebräunten, mit rituellen Tätowierungen übersäten, Haut und verlieh ihr einen eigenartigen Glanz.

Ch’amak war ein ah chih - ein Jäger -, und gehörte zum Stamm der Xpujil, der sich Südlich des Tals niedergelassen hatte. Schon einmal, vor etwa zwanzig Mondphasen, hatte er einen Quetzacoatl - eine gefiederte Schlange -, niedergestreckt, was ihm den Ruf einbrachte ein mutiger und listiger ah chih zu sein. Er spannte seine Muskeln und nahm die Verfolgung auf. Wie ein Raubtier hastete er durch das Dickicht des Dschungels, den Blick immer wieder zum Himmel gerichtet um die längliche Gestalt, die er durch die Baumwipfel erkennen konnte, nicht aus den Augen zu verlieren. Barfuss, nur mit einem Lendenschurz bekleidet und bewaffnet mit einem Speer dessen Spitze eine besondere Krümmung aufwies - eine Art Widerhacken -, und an dem ein Seil befestigt war, sprang er über morsches Gehölz und kämpfte sich durch das üppige Pflanzengewirr. Äste und Blätter peitschten ihm durch das Gesicht und hinterließen rote Kratzspuren. Doch Ch’amak war bereits dem Jagdrausch verfallen; ein Rausch der ihn den Schmerz und die Ermüdung seiner Glieder vergessen ließ.

Plötzlich hörte der Wald auf und vor Ch’amak ragte eine steile Felswand empor. Er sah noch die gefiederte Schlange über dem Fels verschwinden, befestigte hastig das Speer an seinem Rücken und begann zu klettern. Es war dunkles und scharfes Gestein, dass zwar Halt bot aber Ch’amaks Hände und Füße zerschnitt. Plötzlich rollte eine tiefes Donnerähnliches Grollen über das Tal. Ein Laut der durch Ch’amaks Inneres fuhr und seine Knochen zum vibrieren brachte. Das Stück Fels auf das er stand, löste sich und fiel krachend zu Boden.
Eine kurzen Augenblick lang baumelte der ah chih in der Luft. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, als auf einmal sein ganzes Gewicht an seinen Händen hing und sie in die scharfen Kanten des Felsen gedrückt wurden. Er ruderte mit den Beinen, fand an einer Stelle Halt und blieb erst einmal bewegungslos stehen um einige Male tief durchzuatmen. Sein Herz pochte wild gegen seine Brust als wollte es aus seinem organischen Gefängnis ausbrechen.
Erneut war ein dröhnendes Geheul zu hören, es klang diesmal mehr wie ein Schrei oder ein Ruf. Ch’amak konnte sich denken was dieser Ton zu bedeuten hatte und dieser Gedanke erfüllte ihn mit Unbehagen. Er musste jetzt schnell handeln. Er blickte nach oben und sah, dass ihn noch gut zehn Meter von der Stelle trennten an der das dunkle Gestein und der Himmel sich trafen. Er fing wieder an zu klettern und erhöhte, trotz der brennenden Schmerzen in seinen Händen, das Tempo. Als er es endlich geschafft hatte die Felswand zu bezwingen, brach er zusammen. Auf dem Boden liegend, hob und senkte sich sein Brustkorb hektisch während er nach Atem rang. Ein weiterer markerschütternder Schrei riss Ch’amak aus seiner Untätigkeit. Er raffte sich auf, wusch sich hastig in einem kleinen Wasserloch das Blut von den Händen und marschierte in die Richtung aus dem die Geräusche kamen. Er ging einen steilen Abhang hinauf und blickte plötzlich in einen tiefen Krater hinunter. Es sah aus als hätte die Faust eines Riesen, oder gar eines Gottes, auf dieses Stück Erde eingeschlagen. Im trichterförmigen Becken des Kraters hatte sich Regenwasser gesammelt und dort einen kleinen See gebildet. Knapp über dem grünlichen Wasser schwebte die gefiederte Schlange langsam im Kreis. Sie hatte ihr Federkleid aufgeplustert und stieß wieder einen Ihrer gutturalen Laute aus. Ch’amak schlich sich näher, immer bedacht, dass der Wind ihm entgegen blies, damit die Schlange ihn nicht witterte.

Als er den Blick zum Himmel erhob, wurde seine Vermutung über den Sinn der sich wiederholenden Laute bestätigt. Das Weibchen signalisierte mit Ihren Rufen ihre Paarungsbereitschaft.
Am blauen Firmament zeichneten sich die Umrisse eines weitere Quetzacoatl ab und Ch’amak hatte kaum noch Zweifel, dass es sich da um ein männliches Exemplar seiner Art handeln würde. Er verfluchte sich innerlich, nicht schon im Wald zugeschlagen zu haben.
Der Kampf mit einer gefiederten Schlange barg schon genug Risiken; sich mit zweien anzulegen war Selbstmord. Ch’amak hockte sich hinter einen großen Stein und beobachtete die sich nähernde Kreatur. Es war größer als das Weibchen und seine Federn hatte eine blaurote Färbung. Es umkreiste einige Male den Krater in schwindelerregender Höhe und gab ein melodisches Pfeifton von sich, das sich anhörte als würden zweihundert Vögel auf einmal das gleiche Lied anstimmen. Plötzlich schossen beide Geschöpfe auf einander los. Nur knapp verfehlten sie sich und blieben einige Meter voneinander in der Luft stehen.
Sie verhielten sich wie zwei kämpfende Raubkatzen die auf den richtigen Moment für einen Angriff warten. Die Männliche Schlange unterbrach ihr Gesang und für einen kurzen Augenblick schien die Zeit still zu stehen. Ganz langsam und behutsam näherten sie sich, um einander kreisend, bis sie sich schließlich berührten. Erst am Schweif, dann von unten nach oben, drehten die beiden Kreaturen sich spiralförmig ineinander, bis sie scheinbar zu einem einzelnen Wesen verschmolzen. Ch’amak - der das Schauspiel, das sich vor seinen Augen abspielte, immer noch fasziniert verfolgte -, wurde plötzlich bewusst, dass der Tag sich dem Ende neigte. Er war hin und her gerissen, zwischen diesem Spektakel, das seines Wissens noch nie ein Mensch beigewohnt hatte, und dem Wissen, dass der Abstieg bei Nacht äußerst gefährlich werden würde. Die Vernunft siegte über die Neugier und Ch’amak verließ sein Versteck. Er schlich leise davon, ohne noch einmal zurück zu blicken.
Es dämmerte bereits. Der Himmel ähnelte einem ruhigen türkisfarbenem Meer, auf dem vereinzelt blasse Wolken schwammen. Während die Sonne, wie ein blutroter Edelstein, langsam dem Horizont entgegen sank, kletterte Ch’amak vorsichtig den steilen Fels hinunter.

Als der Tag gewichen war und die Nacht den Dschungel in vollkommener Dunkelheit getaucht hatte, lag Ch’amak auf den breiten Ast eines Baums und dachte über das nach, was ihm heute widerfahren war. So seltsam wie es ihm auch vorkam, irgendetwas in ihm hatte sich verändert. Es war ein neues Gefühl. Ein Gefühl, das er bisher noch nie gespürt hatte.
Er fühlte sich einsam.

[ 25.04.2002, 13:16: Beitrag editiert von: grasi ]

 

Moin Grasi :)

Eine interessante Geschichte die für mich aber Fantasy und nicht SciFi ist.
Schade, falsches Forum.

Jadzia

 

Oops !! :shy:

Ich glaube ich brauche mal langsam eine dickere
Brille :drool: !! - war ich doch der festen Überzeugung im Fantasy Bereich gepostet zu haben !!

 

Nö nö Du bist eindeutig hier im SF gelandet. Ist aber nicht wirklich schlimm, denn die Story ist gut.
Eine Gute Idee. Flüssig zu lesen und Rechtschreibfehler fallen mir sowieso nicht auf.

*wink*

Jadzia

 

Hallo Grasi!

Soll ich sie nach Fantasy verschieben?

[ 17.04.2002, 18:23: Beitrag editiert von: Abraxas ]

 

Hallo Grasi!

Eine sehr schön und treffend beschriebene Geschichte, die mir sprachlich sehr gut gefällt.
Nur einige Rechtschreibfehler trüben das Lesevergnügen.

Inhaltlich hab' ich eigentlich auch nichts auszusetzen; insgesamt recht positiv.
Das Ende (der letzte Satz) gefällt mir; er stimmt nachdenklich.

Viele Grüße,

Michael

 

Hi grasi,

tolle Geschichte, ehrlich! Gibt's da mal noch einen Teil? Also mir gefällt sie! :thumbsup:
Da kann man jetzt auch eine jede Menge hinein interpretieren. Das geht bis zum "Eins sein mit der Natur"... Aber ich finde die Story so schön, wie sie ist; sprachlich sehr gut geschrieben. Und ich hab ihn so richtig durch den Dschungel rennen sehen... :D

Kompliment!

Griasle
stephy

 

Hallo Grasi,

beim ersten Lesen dachte ich, dass jetzt eine Shadowrungeschichte kommt (da stand sie noch in Sci-Fi). Und ich muss sagen, dass sie mir gut gefallen hat. Besonders das Ende hab ich mir anders vorgestellt. Da wurde ich ziemlich überrascht.

Trotzdem ghabe ich ein paar Sachen gefunden, die mir aufgefallen sind:

Ein ausgewachsenes Weibchen, dreißig Fuß lang, mit einem Seewassergrünen Federkleid, dass sich durch die feuchte Tropenluft schlängelte als befände es sich im Wasser.
Ich hab die Wortwiederholung gekennzeichnet. Ich würde eine andere Farbbezeichnung vorschlagen, z.B. meergrün. Außerdem schreibt man seewassergrün klein.

Wie ein Raubtier hastete er durch das Dickicht des Dschungels, den Blick immer zum Himmel gerichtet um die längliche Gestalt, die er durch die Baumwipfel erkennen konnte, nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich bin zwar nur urch einen europäischen Wald gelaufen, aber trotzdem hats mich ordentlich auf die Schnauze gehaun, weil ich nur nach oben geschaut hab. Und ich denke mal, dass es in einem Dschungel noch mehr Gestrüpp gibt. Deshalb erscheint mir diese Stelle etwas realitätsfern.

Das Stück Fels auf das er stand, löste sich und fiel scheppernd zu Boden.
Felsen machen zwar Lärm, wenn sie runterfallen, scheppern aber nicht.

... seinen Händen hing und sie in den scharfen Kanten des Felsen gedrückt wurden...
Ich denke, dass es "die scharfen Kanten" heißen müsste.

Er blickte nach oben und sah, dass ihn noch gut zehn Meter von der Stelle trennten an der das dunkle Gestein und der Himmel sich trafen.
Schöne Formulierung.

Auf dem Boden liegend, hob und sank sich sein Brustkorb hektisch während er nach Atem rang.
senkte

Ein paar Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen (z.B. Weibschen, Trichterförmig, das/dass-Fehler), die aber nicht ins Gewicht fallen.

Alles in Allem: sehr schöne Geschichte mit einem überraschenden Ende.

Viele Grüße,
Abraxas

 

Hallo Leute !

Vielen Dank für die Kritik und die Verbesserungsvorschläge.

Ich habe einige Kleinigkeiten geändert.

Liebe Grüße

:smokin: grasi

[ 25.04.2002, 10:58: Beitrag editiert von: grasi ]

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom