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Die Insel

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16.08.2018
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Die Insel

Ich wachte auf und eine vage Erinnerung versuchte, sich in mein Bewusstsein zu drängen, doch sie entflog mir wieder. Langsam richtete ich mich auf. Ich saß auf einem steinernen Sockel, der ein kaltes, graues Licht abgab. Es beleuchtete eine beengte Grotte, dessen Wände mit verblichenen Malereien und groben Mosaiken von geflügelten und gehörnten Menschen bedeckt war. Ich stand auf und wäre fast auf die verwelkte weiße Rose getreten, die am Fuße des Sockels lag. Erneut war da eine Erinnerung, ein Schrei, der in meinem Kopf widerhallte und ein Mann, der mich anstarrte. Es war etwas geschehen, etwas Wichtiges. Ich versuchte aus den Eindrücken ein Bild zusammenzusetzen, doch es blieb verschwommen. Seufzend schritt durch den quadratischen Ausgang. Spärliches Sonnenlicht fiel durch einen mit Efeu bewachsenen Laubengang. Blinzelnd trat ich durch die massiven Säulen, die den Gang stützten und fand mich zwischen hoch gewachsenen Zypressen wieder.
„Willkommen!“, begrüßte mich eine kratzige Stimme.
Ich fuhr herum und erblickte einen alten Mann, der, angelehnt an einen Baum, vor mir saß. Langsam erhob er sich, wobei sich sein Gesicht vor Schmerzen verzog, was seine tiefen Falten betonte. Als er endlich stand, nahm er sich das dicke, in Leder gebundene Buch, welches ebenfalls am Baum lehnte, und hielt es wie ein neu geborenes Kind.
„Was …, was ist das für ein Ort?“, fragte ich ihn unsicher.
„Deine Heimat“, antwortete er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
„Nein“, sagte ich „Ich lebe…“ Bilder betraten mein Bewusstsein und verließen es wieder. Ein Wald, ein Weizenfeld, ein altes Haus, ein Junge und ein Mädchen, an mehr konnte ich mich nicht erinnern. Verwirrt schaute ich den Mann an.
„Du wohnst hier. Jeder andere Ort ist vergangen, dies ist nun deine Welt.“
Das Lächeln war verschwunden.
„Aber…“
Eine Frau trat zwischen den Zypressen hindurch.
„Du bist endlich wach!“, rief sie freudig „Wir haben schon auf dich gewartet!“
Sie ließ die Geige mit zerrissenen Saiten, die sie in der Hand hielt, fallen und umarmte mich stürmisch, wobei ihr faltiges Kleid durch die Luft wehte. Vorsichtig schob ich sie von mir.
„Wer seid ihr überhaupt?“, fragte ich verwundert.
„Deine Familie! Wir sind deine Eltern und deine Geschwister!“, sagte die Frau mit einem breiten Grinsen auf dem undefinierbar schönem Gesicht. Ich suchte in meiner Erinnerung nach irgendeinem Gegenbeweis, irgendeinen Grund, um ihr zu widersprechen, doch da war nichts.
„Geh mit ihr“, meinte der alte Mann und deutete auf die Frau, „Sie wird dir alles zeigen.“
Sie versuchte, sich bei mir unterzuhaken, doch ich wich zurück.
„Nein! Ihr versteht nicht. Ich gehöre hier nicht hin. Ich kann mich bloß nicht erinnern. Es wird zurückkommen, ich brauch bloß ein wenig Zeit, dann…“
„Doch, wir verstehen!“, unterbrach mich die Frau und griff nach meinem Arm. Wieder wich ich zurück.
„So erging es uns allen einmal. Die Erinnerungen werden verschwinden. Du wirst hier glücklich werden. Alle werden hier irgendwann glücklich! Komm mit, ich werde dich den Anderen vorstellen.“
Ich blieb, wo ich war.
„Du kannst uns vertrauen. Aber du musst ihr jetzt folgen!“, sagte der alte Mann streng und schob mich grob in Richtung der Frau. Ich schubste ihn von mir. Unbeholfen stolperte er zurück, verlor das Gleichgewicht und fiel auf den steinernen Boden des Laubenganges. Entsetzt kreischte die Frau und stürzte sich auf mich. Überrascht versuchte ich ihr auszuweichen, doch ohne Erfolg. Sie kratze mir übers Gesicht und krallte sich in meinen Rücken. Ich packte ihre Schulter, schleuderte sie von mir, drehte mich um und rannte davon, tiefer in den Zypressenwald hinein. Bei einem Blick über die Schulter sah ich, dass die Frau mich nicht verfolgte, sondern den alten Mann wieder auf die Beine half. Ich lief weiter, bis ich nur wenige Augenblicke später überrascht anhielt. Ich hatte den Wald schon wieder verlassen und stand vor einer schmalen Wendeltreppe, die in eine steile Felswand geschlagen war. Neben ihr befanden sich mehrere kleine Grotten, in dessen Mitte ein massiver Sockel stand. Sie sahen fast genauso aus, wie die, in welcher ich erwacht war, die Bilder an den Wänden schienen dieselben zu sein, selbst die Rosen lagen an der gleichen Stelle, allerdings spendete der Sockel kein mattes Licht und sie waren alle leer. Erneut blickte ich zurück. Zwischen den Bäumen konnte ich immer noch die seltsame Frau und den Mann erkennen, welche nun langsam in meine Richtung gingen. Ich entschied mich dazu, von ihnen fernzubleiben, und begann die Treppe hochzusteigen. Plötzlich sah ich ein Auto auf mich zukommen. Ein Mann schrie auf und starrte mich entsetzt an. Ich spürte Blut meinen Rücken hinunter laufen. Die Szene ging wieder so schnell, wie sie gekommen war. Verzweifelt versuchte ich, sie in mein Gedächtnis zu brennen, doch sie wurde immer unschärfer, bis ich nur noch den Schrei hörte.

Ein salziger Geruch brachte mich zurück in die Realität. Ich hatte die Spitze der Treppe erreicht. Die Felswand, auf der ich stand, stellte sich als weit weniger massiv heraus, als ich von unten vermutet hatte. Sie war höchstens fünf Meter breit und so eben, als wäre sie aus Beton gegossen. Zu meiner Linken befand sich der Zypressenwald, der in einer Art Innenhof aus Grotten übersäter Wände eingeschlossen war. Zu meiner Rechten war das Meer, das diesen Ort umgab. Es wurde nur durch eine kleine Bucht in den Innenhof gelassen, wo die Felswand eine Lücke aufwies. Ich ließ meinen Blick über den Horizont gleiten. Wie war ich bloß an diesen Ort gekommen? Hatte der Schrei etwas damit zu tun? Seufzend setzte ich mich auf die Felswand und ließ die Beine über der Kante baumeln. Meine Gedanken drifteten gerade wieder ab, als ich einen kleinen Punkt ausmachte, der sich vom Horizont abhob. Ich beugte mich nach vorne und kniff die Augen zusammen. Weit in der Ferne erkannte ich ein Ruderboot, in dem eine Person saß, die ein weißes Gewand trug, welches im Wind wehte. Vor ihr lag eine ebenso weiße, längliche Kiste. Traurig sah ich zu, wie das Boot sich immer weiter entfernte und schließlich verschwand. Erst jetzt merkte ich, wie verzweifelt ich war. Ich fühlte mich einsam und wünschte, ich hätte genauso wie die weiße Gestalt einfach von dieser Insel verschwinden können.
„Das hättest du nicht sehen sollen.“, sagte ein kleiner Junge, der plötzlich neben mir saß. Ich zuckte zusammen.
„Wo kommst du denn her?“, fragte ich gezwungen freundlich, um meine Niedergeschlagenheit zu verbergen.
„Du hättest der Geigerin folgen sollen, so wie der Schreiber es dir gesagt hat“, fuhr er fort und schaute mich mit den Augen eines weisen Mannes an. „Jetzt wird es schwieriger für dich werden.“
„Warum?“, wollte ich wissen.
„Du wirst nur langsam vergessen. Du hast zu früh den Boten gesehen und möchtest wahrscheinlich mit ihm zurück ins Land jenseits des Meeres reisen.“
Eine böse Ahnung überkam mich. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, fragte ich: „Wenn der alte Mann und die seltsame Frau der Schreiber und die Geigerin sind, was bist du dann?“
„Ich bin der Trompeter“, antwortete der Junge und deutete auf ein blechernes Instrument, welches neben Ihm lag. „Und du bist der Maler.“
Er schob einen kleinen Kasten aus dunklem Holz zu mir herüber. Ich öffnete ihn und schaute hinein. Im Kasten lagen Pinsel, groß, klein, buschig und borstig, ein Kohlestift und Fläschchen mit Farbe.
Langsam nickte ich. Die Ahnung verfestigte sich. Doch ich musste es genau wissen.
„Was ist das für ein Ort?“, fragte ich den Jungen, der mich mit seinen weisen Augen anguckte.
„Deine Heimat“, erwiderte er.
„Ich weiß, aber was ist meine Heimat?“
„Die Insel der Toten“

 

Hallo Yellow,

hier mal ein erster Eindruck:

Ich versuchte aus den Eindrücken ein Bild zusammenzusetzen, doch es blieb verschwommen. Ich seufzte und schritt durch den quadratischen Ausgang.
Wortwiederholungen...

Sie trug ein faltiges Kleid und hatte ein Gesicht von undefinierbarer Schönheit.
Hier ist mir nicht ganz klar ob sie ein Kleid mit Falten trägt oder ein ungebügeltes Kleid? Was macht ihr Gesicht so undefinierbar schön?

„Deine Familie! Wir sind deine Eltern und deine Geschwister!“, sagte die Frau mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
Das breite Grinsen wirkt hier eher deplaziert.
Geheimnisvolles Lächeln fände ich mMn besser...

Ich gehöre hier nicht hin. Ich kann mich bloß nicht erinnern.
Wortwiederholungen

Ich lief weiter, bis ich nur wenige Augenblicke später überrascht anhielt. Ich hatte den Wald schon wieder verlassen und stand vor einer schmalen Wendeltreppe, die in eine steile Felswand geschlagen war.
Wortwiederholungen

Ich finde die Idee mit der Insel gut. Aber leider komme ich dem Prot nicht wirklich nah, verstehe nicht richtig was er fühlt, was er denkt, was diese Situation mit ihm macht.
Am Ende löst sich alles auf, aber was ist der Maler, der Trompeter, etc. welche Funktion haben sie und welchen bezug hat das zu der Insel der Toten?

Eine böse Ahnung überkam mich.
Warum? Was denkt er? Wovor hat er Angst?

Liebe Grüße
Jo

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @JoanaMaria
Vielen dank für deine Rückmeldung. Ich möchte hier mal ein bisschen darauf antworten.

Wortwiederholungen...
Oh Mann. Ich frage mich echt, warum mir das nicht aufgefallen ist. Die im Dialog finde ich aber eigentlich ganz okay, weil man sich beim Sprechen andauert wiederholt, vor allem wenn man mit der Situation gerade etwas überfordert ist.
Am Ende löst sich alles auf, aber was ist der Maler, der Trompeter, etc. welche Funktion haben sie und welchen bezug hat das zu der Insel der Toten?
Der Trompeter, der Schreiber und die Geigerin haben keine nähere Bedeutung, ich habe mir das einfach als ein Brauch auf der Insel gedacht, dass alle Bewohner einen Gegenstand, der zu Lebzeiten für sie wichtig war, zugeteilt bekommen. Das hätte ich natürlich weiter ausführen können, aber ich finde, dass das den Handlungsfluss zu sehr gestoppt hätte. Der Maler hat aber eine Bedeutung. Die Geschichte basiert nämlich auf dem Gemälde "Die Toteninsel" von Arnold Böcklin, welcher seine Initialen über eine der abgebildeten Gräber geschrieben hat. Eigentlich hatte ich vor, das in die Anmerkung zu schreiben, hab mich aber irgendwie dagegen entschieden.
Wovor hat er Angst?
Vor dem Gedanken tot zu sein.

Viele Grüße
Yellow

 

Hallo!
Zu aller erst gefällt mir die Geschichte echt nicht schlecht. Ich habe nur einen kleinen Kritikpunkt. Bei der Passage des

Plötzlich sah ich ein Auto auf mich zukommen.“
Plötzlich sah ich ein Auto auf mich zukommen.
An dieser Stelle ist mir der Gedankensprung nur etwas unklar. Du wolltest damit wahrscheinlich ausdrücken, wie der Protagonist gestorben ist, jedoch hat mich das beim Lesen etwas verwirrt. Wäre vielleicht eine andere Lösung schlauer.

Lg

 
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Guten Morgen,

Der Trompeter, der Schreiber und die Geigerin haben keine nähere Bedeutung, ich habe mir das einfach als ein Brauch auf der Insel gedacht, dass alle Bewohner einen Gegenstand, der zu Lebzeiten für sie wichtig war, zugeteilt bekommen.

Mit dem Hintergrund den ich jetzt habe, macht das alles mehr Sinn. Daher würde ich es in die Geschichte einbauen. Auch wenn es nur ein Satz ist. Z.B. könnte ihm der kleine Junge etwas mehr erklären (nur ein Vorschlag). Ich finde, dass die Geschichte noch viel mehr Potenzial hat :-)

Das mit den Wortwiederholungen kann jedem passieren. Manchmal sieht sowas erst ein objektiver Dritter, da man selber zu vertieft ist.

Liebe Grüße
Jo

 

Liebe(r?) Yellow,
das ist eine spannende gruselige Geschichte, aber leider kann man das als Leser nicht so spüren.
Aber erst mal ein paar Fehler: "Vage" schreibt man mit Vogel-Vau. :-) Die Wände waren bedeckt..(Plural).
Da kommt noch vieles aber da geh ich jetzt nicht weiter rein. Lass doch mal das Korrekturprogramm von "Word" drüber. Das findet einiges.
Die Frage, warum ich die Spannung nicht fühle, ist wichtiger.
Du beschreibst zu viel. Das macht die spannendste Szene langweilig. Versuch doch mal, so viel Beschreibung wie möglich in Handlungssequenzen einzubauen. Dann erfährt der Leser alles, was er erfahren soll, und es bleibt viel dichter und lebendiger.
Nur ein Beispiel: Du schreibst: "Ich fuhr herum und stand einem Mann mit gebeugten Rücken und tiefen Furchen im Gesicht gegenüber, der in einen langen grauen Anzug gekleidet war und ein dickes, in Leder geschlagenes Buch im Arm hielt."
Lass ihn stöhnen beim Versuch, sich aufzurichten, dann hast du den gebeugten Rücken beschrieben. Lass ihn seinen Anzug glatt streichen, dann weiß man, dass er einen an hat. Ein paar Sätze später lächelt er, das kannst du prima mit den Furchen verbinden. Wenn du uns zeigst, was er mit dem Buch macht, musst du nicht erzählen, dass er eins in der Hand hat.
Verstehst du, was ich meine?
Mit mehr inneren Dialogen kannst darauf verzichten, zu erzählen, was sie fühlt. Dann fühlen wir mit. Der alte Grundsatz: "Don't tell! Show!"
Und verzichte auf Beiwerk, das nicht wirklich Bedeutung hat. Schreiber, Trompeter, Geigerin....Das macht neugierig und dann kommt die Enttäuschung. Damit hat es ja gar nichts auf sich. Das solltest du nicht tun. Leser überraschen, ja! Enttäuschen, nein. :-)
Ich finde es Klasse, dass du dich Kritik aussetzt! Da wird was draus!

Alles Gute weiterhin und bleib dran!
lg
wander

 

„So erging es uns allen einmal. Die Erinnerungen werden verschwinden. Du wirst hier glücklich werden. Alle werden hier irgendwann glücklich! Komm mit, ich werde dich den Anderen vorstellen.“
Ich blieb, wo ich war.

Moin, Yellow,

ich tu mal so, als wär‘ ich von weisem Alter, denn noch bevor die Geschichte sich nicht als Erzählung über eine Ich-Findung preisgab, war mir klar, dass die Insel kein Elysion (bei den Griechen die Insel der Glückseligen, bei Schiller und somit Beethoven latinisiert zum Elysium im song of joy) sein konnte, sondern eher Tartaros, wobei dem Protagonisten die bezaubernde Lethe noch nicht beigesprungen ist – kurz, einfach zu vergessen (was manchmal sogar eine Gnade ist).

Selbstverständlich fällt auch mir die Ich-Lastigkeit auf, die sich in einem solchen ih-bezogenen-Text nur vermeiden lässt, wenn man keine Bange vor Ellipsen hat, indem das Pronomen einfach weggelassen wird, denn i. d. R. verrät ja die Form des Prädikates, welches Pronomen da ausgelassen wurde und nur selten kann es zu Verwechselungen kommen, wie etwa beim "werden", wenn "werde" sowohl ein "ich werde" und Konjunktiv I bedeuten kann, wobei auch das einfacher zu unterscheiden ist, als die meisten glauben: Der Konjunktiv hat nix mit der Zeitenfolge und folglich dem Indikativ zu tun - er zeigt eine Möglichkeit/Potentialität auf, die erst den Indikativ ermöglicht. Aber bevor ich dich volllaber, zu deinem Text, der im Gegensatz zu dem märchenhaften und m. E. gelungenen Text alle Schwächen aufzeigt, die man überhaupt zeigen kann - besonders aber Flüchtigkeit (auszumachen daran, dass es einmal korrekt und dann wieder eben nicht so richtig richtig klappt). Die Vorredner haben schon einiges aufgezeigt (besonders jetzt gerade @wander - aber ich hatte mir den Text gestern schon runtergezogen und jetzt durchgesehen.

Ich geb mal ein Beispiel, wie die Ichlastigkeit überwunden weden kann (aber nicht muss, es gehört schon Mut dazu, Lesegewohnheten zu sprengen - dann kommt die Rede vom "Lesefluss" auf, der realer ist als die Inseln der Glückseligen und der unglücklicheren Toten):

wachte auf. Eine wage Erinnerung versuchte sich in mein Bewusstsein zu drängen, doch ich bekam sie nicht zu fassen. Langsam richtete ich mich auf. Ich saß auf einem steinernen Sockel, der ein kaltes, graues Licht abgab.
4 x ich – warum in diesem Fall nicht den Mut, den langen, zwoten Satz dem ersten zu vermählen, etwa „Wachte auf und eine vage Erinnerung versuchteKOMMA sich in mein Bewusstsein zu drängen, doch ich bekam sie nicht zu fassen.“

(Nebenbei, „vage“ (i. S. von ungenau) kommt nicht von „wagen“ sondern aus den welschen „vagus“ und „vague“), womit wir bei einem zwoten Problem sind: Verwechselungen, zwar nicht als SuperGAU der schreibenden Zunft in der Verwechselung von das und dass, aber auch nicht ohne Gefährdund , wenn etwa lassen und lesen verwechselt werden, wenn auch nur einmal (ansonsten klappt‘s ja)

Ich lies meinen Blick über den Horizont gleiten.
Imperativ zu „lesen“ mit Prät. von „lassen“, „ließ“, was für Flüchtigkeit spricht, die mir in deinem Märchen nicht so deutlich wie hier aufgefallen ist.

Aber die Einleitung enthält auch einen möglichen Widerspruch, ich zitier noch mal

Langsam richtete ich mich auf. Ich saß auf einem steinernen Sockel, ...
Hatte der Icherzähler auf dem Sockel gelegen? Ist da noch ein Tisch, auf den man den Kopf gebeugt haben könnte?

Die Flüchtigkeit setzt sich in unfreiwilligen Gezeitenwechseln fort

Blinzelnd trat ich durch die massiven Säulen, die den Gang stütz[t]en und fand mich zwischen hoch gewachsenen Zypressen wieder.
(Kommt öfters vor, musstu selber schauen ...)

„Willkommen[!]", begrüßte mich eine kratzige Stimme.
Ist nicht falsch – aber klingt ein Willkommensgruß nicht nach mehr als einer Aussage?

Was[...]…[,] was ist das für ein Ort?“, fragte ich ihn unsicher.
Die Auslassungspunkte direkt am Wort behaupten, dass wenigstens ein Buchstabe am Wort fehle, da wäre dann aber auch die Ästhetik des Apostrophes rationeller.
Also immer ein Leerzeichen zwischen Wort und Auslassungspunkten. Das Komma wird sicherlich nicht durch die Auslassungspunkte symbolisiert … oder?
Da musstu auch nochmals alles abklopfen …

Die nächste Flüchtigkeit, was vordem doch geklappt hat bei Aussagesätzen und wörtl. Rede

„Deine Heimat[...]“, antwortete er …
(Musstu auch alles noch mal durchsehen)

Bilder betraten mein Bewusstsein und verließen es wieder.
Haben Bilder Beine? Eher Flügel, könnt‘ man vermuten, wenn sie kommen und gehen und den Kopf fliehen, verfliegen.
Sie ließ die Geige mit zerrissenen S[a]iten, die sie in der Hand hielt, …
Ich suchte in meiner Erinnerung nach irgendeinem Gegenbeweis, irgendeinen Grund[,] um ihr zu widersprechen, doch da war nichts.
Sie versuchte[,] sich bei mir unterzuhaken, doch ich wich zurück.

Ich entschied mich dazu, von ihnen fern zu bleiben[,] und begann die Treppe hochzusteigen.
"fernbleiben", ein Wort, auch der Infinitiv!, und das „und“ setzt nicht den Nebensatz, sondern den Hauptsatz fort!, darum das Komma am Ende des Nebensatzes!

Ich spürte Blut meinen Rücken [h]inunter laufen.
Verzweifelt versuchte ich[,] sie in mein Gedächtnis zu brennen, doch sie wurde immer unschärfer, bis ich nur noch den Schrei hörte.
Meine Gedanken drifte[te]n gerade wieder ab, …
Ich fühlte mich einsam und wünschte[,] ich hätte genauso wie die weiße Gestal[...]t einfach von dieser Insel verschwinden können.
„Jetzt wird es schwieriger für dich werden[.]
… und deutete auf ein blechernes Instrument, welches neben hm lag. „Und du bist der Maler[.]

Im Grunde ist es gut, dass jetzt der Gedanke an ein Wunderkind (der von mir verehrte Rimbaud - wer will heute Arthur Rimbaud sein? - mischte bis zu seinem 18. Lebensjahr die Welt der frz. Lyrik auf und gilt manchem Nachgeborenen als erster Popstar - ließ dann aber gar bald die Dichtkunst hinter sich, um - ich brings immer gern auf den Punkt - Waffenhändler zu werden. Da ist der von mir über deinem Märchen zitierte Donovan angenehmer, der seine ersten Songs Catch the Wind und das zitierte, eher schlichte Colours mit ca. 17 veröffentlichte und als junger Mann dem George Harrison von den Beatles das Fingerpicking beibrachte usw. usf.) veflogen ist. Und eine Ursache dieser kleinen Havarie seh ich in dem falschen Ehrgeiz, möglichst viele Texte hierorts einzustellen - als wäre Masse jemals ein Kriterium der Güte gewesen.

Tschüss und bis bald

Friedel

 

Hallo @Friedrichard
Was soll ich sagen? Mit dem Ehrgeiz, möglichst viele Texte hierorts einzustellen, hast du wohl recht. Das nähste Mal sollte ich wohl lieber selbstständig noch etwas länger an meiner Geschichte feilen. Wie auch immer, danke für die Darlegung meiner (vielen) Fehler, ich hoffe ich habe jetzt alle Flüchtigkeiten behoben.

Ich geb mal ein Beispiel, wie die Ichlastigkeit überwunden weden kann (aber nicht muss, es gehört schon Mut dazu, Lesegewohnheten zu sprengen - dann kommt die Rede vom "Lesefluss" auf, der realer ist als die Inseln der Glückseligen und der unglücklicheren Toten):
Ich fürchte, dass ich den Mut dafür nicht habe. Die Verwirrung, die dadurch verursacht werden würde, wäre wahrscheinlich schlimmer, als die Ichlastigkeit.
Haben Bilder Beine? Eher Flügel, könnt‘ man vermuten, wenn sie kommen und gehen und den Kopf fliehen, verfliegen.
Warum nicht beides? :D
Im Grunde ist es gut, dass jetzt der Gedanke an ein Wunderkind (der von mir verehrte Rimbaud - wer will heute Arthur Rimbaud sein? - mischte bis zu seinem 18. Lebensjahr die Welt der frz. Lyrik auf und gilt manchem Nachgeborenen als erster Popstar - ließ dann aber gar bald die Dichtkunst hinter sich, um - ich brings immer gern auf den Punkt - Waffenhändler zu werden.
Da hab ich ja noch mal Glück gehabt. :)

Viele Grüße
Yellow

 

Da hab ich ja noch mal Glück gehabt.
Wer weiß das schon,

lieber Yellow,

wo selbst die sieben Wirtschaftsweisen in ihren Prognosen der wirtschaftl. Entwicklung unserer schönen Republik trotz riesigen mathematischen Apparates (und keines wegs großmütterlichen Kaffeesatzes) auch nur einmal richtig lagen. In solch bewegten Zeiten darf man sich glücklich schätzen, am nächsten Tag ungestört das machen zu können, was man sich für den Tag vorgenommen hat.

ich fragte:
Haben Bilder Beine? Eher Flügel, könnt‘ man vermuten, wenn sie kommen und gehen und den Kopf fliehen, verfliegen.
Du fragst dagegen:
Warum nicht beides?

Hm, Hollywood hat wohl die Falschaussage "als die Bilder laufen lernten" geprägt. Es laufen wohl eher die Geschäfte ...

Aber würdestu beim Daumenkino meinen, dass die schnelle Abfolge von Zeichnungen "laufen"?
Tatsächlich ist den Bildern ja etwas geschehen (sie "werden" quasi zum Laufen gebracht und für's fliegen gälte das auch, flögen sie denn.
Also eine Passiv-Konstruktion wäre angebracht. Aber wer ist schon so pingelig. Selbst ich nicht.

Wie dem auch sei, es wird schon werden,

meint der

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @wander
Da werde ich wohl noch ein bisschen überarbeiten müssen. Vielen Dank für den Tipp, ich habe aus irgendeinen Grund noch nie darüber nachgedacht diesen Leitspruch des Kinos auch auf Kurzgeschichten anzuwenden. Das sollt ich wohl dringend machen, auch wenn es, glaube ich, "Show, don´t tell" heißt. :D

Viele Grüße
Yellow

PS:

Liebe(r?)
Lieber! :)

 

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