Was ist neu

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Mitglied
Beitritt
11.01.2004
Beiträge
16

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Der Krieg war vorbei. Endlich. Nichts sehnlicher hatten sich die Menschen gewünscht. Doch nun, nach den Jahren des Gräuels, begannen die Jahre des Jammers. Die Überlebenden des Krieges beneideten die Toten, denn die Toten konnten nicht den entsetzlichen Hauterkrankungen erliegen, die seit dem Chemiewaffeneinsatz wild um sich schlugen. Jeder Mensch war betroffen. Bei manchen zeigten sich die Symptome schon sehr auffällig, aber bei anderen war es nicht der Fall. Dennoch waren sie infiziert, doch die Folgen des Chemiewaffeneinsatzes würden bei ihnen erst später ausbrechen.

Carol Fraser, eine junge Ärztin, hatte sich zum Ziel gesetzt, die entsetzlichen Hauterkrankungen zu bekämpfen. Sie hatte gerade erst in Princeton ihren Abschluss gemacht, doch merkte man ihr nicht den Status eines „Frischfleisches“ an. Carol hatte die Routine eines „alten Hasen“. Schon als Kind wollte sie jedem helfen, doch stieß ihre Hilfe meist auf Missgunst, denn die Jahre des Krieges hatten die Menschen verbittert.

So etwas wie Gesetze gab es nicht mehr. Der europäische Kontinent, der unter dem Einsatz von Chemiewaffen am stärksten gelitten hatte, war stark entvölkert und Länder wie Frankreich, Deutschland oder Polen hatten keine Staatsoberhäupter mehr, weil es kein Volk mehr gab, das man regieren konnte. Weshalb damals überhaupt der Krieg ausgebrochen war, wusste heute niemand mehr genau.
Carol, die aus reichem Hause stammte und nur dadurch die Gelegenheit bekam, während des Krieges eine Schule zu besuchen, dachte oft darüber nach. Einige Leute munkelten, dass der Auslöser des Dritten Weltkrieges das Attentat auf das World Trade Center gewesen war, andere wiederum sagten, dass der Streit um die Rohstoffe schuld daran gewesen sei, was für Carol plausibler klang.
Der Krieg begann damals wohl zuerst rein konventionell. Von der Schule her wusste sie, dass das Öl knapp geworden war und sich die westliche und arabische Welt zu Verhandlungen getroffen hatten. Die Schulweisheit hatte sie gelehrt, dass die Verhandlungen zu nichts geführt hatten und sich die Ölknappheit zu einem atomaren Krieg entwickelte, der schließlich zum Kampf mit chemischen Waffen eskaliert war. Doch eine hundertprozentige Gewissheit, dass dies alles der Wahrheit entsprach, konnte man ihr selbst in der Schule nicht geben, da alle Aufzeichnungen während des Krieges vernichtet wurden. Menschen, die dies hätten bestätigen können, waren schon lange tot. Es war überhaupt ein Wunder, dass heute noch Menschen auf dem ehemals grünen Planeten wohnten.

Carol war gerade dabei neues Verbandmaterial aus einem Schrank zu holen, da in wenigen Minuten die ersten Patienten ihre Praxis, die aus einem einfachen Zelt bestand, aufsuchen würden. Die junge Frau fand an ihrem Beruf gefallen, obwohl sie ihn gerne unter anderen Umständen ausführen würde. Ihr Zelt, das gleichzeitig als Wohnung und Praxis diente, war von zahlreichen Rissen übersät. Hier im nirgendwo, irgendwo zwischen Deutschland und der Schweiz, hatte sie für die nächsten Monate ihr zuhause gefunden. Sie gehörte einem Ärzteverbund an, der schon seit fast zwei Jahren durch Europa zog, um die überlebenden Menschen medizinisch zu versorgen oder, wenn es nicht mehr anders ging, ihnen einen schmerzlosen Tod zu ermöglichen. Neben ihrem Zelt standen noch weitere Zelte, vor denen schon einige Menschen standen und warteten, bis der behandelnde Arzt die Praxis öffnen würde. Carol hatte sich alles zu Recht gelegt, drehte sich um und verharrte in ihrer Bewegung. Da war etwas. Irgendjemand erzeugte ein sonderbares Geräusch, das ihr schon einmal begegnet war. Die junge Ärztin öffnete den Reißverschluss des Zeltes und ging hinaus. Der Himmel war voller dicker, grauer Wolken, die der Sonne schon seit Jahren keine Chance gaben, einen Sonnenstrahl auf den Boden fallen zu lassen. Carol schaute sich um. Das Geräusch war weg. Sie wollte sich soeben umdrehen, um ins Zelt zurückzukehren, als das Geräusch erneut erklang. Es kam von einem Baum, der ohne Blätter und halbvermodert, in der Landschaft stand. Und nun sah Carol, wer für das Geräusch verantwortlich war.

Ein kleiner Vogel saß auf einem Baumstamm und sang fröhlich vor sich hin. Jetzt wusste Carol wieder woher sie das Geräusch kannte. In der Schule hatte sie sich zahlreiche Animationen über Vögel angehört. Sie hatte Musikdateien abgespielt und sich die verschiedenen Klänge diverser Vögel eingeprägt, doch in der Natur hatte sie noch nie einen Vogel gesehen. Wenn sie den Gesang des Vogels richtig einordnen konnte, musste es sich hierbei um ein Rotkehlchen handeln. Aber wie war das möglich? Auf der Erde existierten seit mehreren Jahrzehnten keine Tiere mehr! Und in Europa schon erst gar nicht. Durch den weitreichenden atomaren Fallout waren alle Tiere in Europa schon nach wenigen Monaten nach Ausbruch des Krieges verendet. Das gleiche galt für den Rest der Welt. Dieser Vogel, den Carol auf dem Baum vor sich sah, dürfte überhaupt nicht existieren! Wie sollte er überlebt haben? Plötzlich spürte sie, wie ein sonderbares Gefühl ihren Rücken wärmte. Sie drehte sich um und kniff ihre Augen zusammen. Das war doch nicht möglich. Die Wolkendecke riss auf und die Sonne nahm ihren rechtmäßigen Platz ein.

Seit mehr als fünfunddreißig Jahren hatte kein Mensch mehr die Sonne erblickt. Fünf Milliarden Menschen waren seitdem gestorben und niemand hatte mehr daran geglaubt, irgendwann in seinem Leben noch einmal die Sonne zu sehen. Die Patienten vor den Zelten hatten die Sonne natürlich auch bemerkt. Einige tanzten wild umschlugen auf dem toten Boden herum, andere fielen auf die Knie und falteten ihre Hände zu einem Gebet zusammen. Man sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt, dachte Carol, und wer auch immer dieses Zitat erfunden hatte, hatte Recht.
Eine ältere Frau, durch die Folgen des Krieges gezeichnet, kam auf Carol zu.
„Entschuldigung. Bitte, können Sie mir helfen?“, fragte sie und streckte Carol ihren Arm entgegen, der von Eiterpusteln übersät war. Carols Blick sank vom Himmel herab auf die gebrechliche Frau.
„Ich komme sofort. Gehen Sie schon einmal ins Zelt!“
Die Frau tat wie ihr aufgetragen wurde und verschwand wenige Augenblicke in Carols Praxis.
Carol drehte sich noch einmal zu dem Rotkehlchen um, das immer noch auf dem Zweig saß und fröhlich sein Lied sang. Ein Lächeln machte sich in ihrem Gesicht breit und sie wusste, dass die Zeit der Sorgen und des Leid ein Ende finden würde. Sie machte kehrt und verschwand wenige Momente darauf in ihrem Zelt, vor dem sich schon andere Patienten versammelt hatten.

 

Hallo Terrabyte, erst einmal herzlich willkommen auf kg.de und insbesondere im SF-Forum :thumbsup:

Ich finde Deine Geschichte nicht schlecht. Aber auch nicht besonders gut. Ich schreibe einfach mal, was mir aufgefallen ist.

- rein formal: Es gibt keinen Grund, die wörtliche Rede kursiv zu schreiben.
- es gibt ein paar wenige Rechtschreibfehler, z.B. Großschreibung: im Nirgendwo
- ein paar sprachliche Holperer: " Nichts sehnlicher hatten sich die Menschen gewünscht." -> Nichts hatten sich die Menschen sehnlicher gewünscht.
"Hauterkrankungen ... um sich schlugen" -> schiefes Bild.
"und verschwand wenige Augenblicke in Carols Praxis." -> da fehlt vermutlich nur ein "später".

Nun zur inhaltlichen Kritik.
Positiv finde ich, dass die Geschichte positiv endet, auch der Titel enthält eine positive Message. Leider muss ich sagen, dass ich das Ende reichlich kitschig finde. Kennst Du den Antikriegsfilm "Im Westen nichts neues"? Die Hauptfigur sieht kurz vor Ende des 1. Weltkriegs mitten auf dem Schlachtfeld plötzlich einen Vogel. Und wird dann erschossen. Der Vogel ist ein Symbol. Und die Sonne ein zweites. Fehlen nur noch die Streicher in der Filmmusik, dann ist es der totale Kitsch-Overkill. Ich würde mich einfach auf eines der beiden Symbole beschränken. Man könnte dann die Sonne in einem Schlusssatz als Ausdruck der Hoffnung erwähnen, etwa so: "Vielleicht würde eines Tages die Sonne wieder scheinen."

Nun komme ich zu meinem eigentlichen Hauptkritikpunkt. Du steckst zuviel in die Geschichte, und Du erklärst zuviel. Du erfindest einen dritten Weltkrieg und bringst Fakten über ihn, die nicht völlig glaubwürdig sind (z.B. Chemiewaffen nach Atomwaffen, keine Regierungen mehr...). Lass das einfach weg, Du brauchst es nicht. Es gibt viele, viele Geschichten mit solchen postapokalyptischen Szenarien. In den besseren von ihnen kommt es nicht auf ausführliche Hintergrunderklärungen an (denk z.B. an Mad Max), sondern das Jetzt in der Erzählung. Entscheidend für solche Geschichten und auch für Deine ist, dass ein furchtbarer Krieg stattgefunden hat, die Leute schwer erkrankt oder tot sind und keine Hoffnung haben. Die Details des Krieges sind dafür nicht von Bedeutung. Es ist für die Geschichte irrelevant, ob es Verhandlungen zwischen der westlichen Welt und den Arabern über Öl gab. Du versucht, da plausible Zusammenhänge zu erfinden, aber das musst Du gar nicht. Denn das Thema Deiner Geschichte ist die Hoffnung, die klassische "Auferstehung aus Ruinen". Also solltest Du dem Leser ermöglichen, sich darauf zu konzentrieren, er soll nicht darüber nachdenken, ob Dein Kriegsszenario plausibel ist. Beschreibe mehr das Leiden und die Hoffnungslosigkeit, am besten exemplarisch an einem Patienten, mit dem Carol redet. Nach dem Motto: Show, don't tell. Den dritten Absatz würde ich dafür streichen.

Fazit: sprachlich brauchbar, inhaltlich nicht neu, zu kitschiges Ende, zuviel Erklärungs-Ballast.

Uwe
:cool:

 

Hallo Bit *g*,
auch von mir willkommen auf KG.de!

Nun, deine Geschichte lässt mich etwas zweigespalten zurück.
Einerseits finde ich deine Idee der Apokalyptischen Welt recht gut (auch wenn ich ebenso wie Uwe den Sinn hinter einem Atom- und einem Chemiekrieg nicht ganz verstehe...), andererseits bringst du die Fakten aus der Vergangenheit schlecht ein.

Es wäre besser du würdest mehr über das Leben von Carol erzählen (sie könnte sich dabei ja Gedanken über den Krieg machen), anstatt die Fakten in einzelnen Absätzen dem Leser zu präsentieren.

Den Schluß finde ich ebenfalls etwas überzogen. Denn es ist schon seltsam, dass zugleich ein Vogel und die Sonne wieder auftauchen. Eines von beiden würde als Hoffnungsträger vollkommen ausreichen.

lg Hunter

 

Hallo!

Danke für die Kritiken!

Ich weiß, dass ich in meinen Geschichten immer zuviel erkläre. Das ist etwas, das ich bislang noch nicht ablegen konnte, aber ich arbeite dran.
Dazu muss ich noch erwähnen, dass ich die Geschichte nicht überarbeitet habe. Mit anderen Worten: in Word verfasst und direkt hier rein gesetzt.

Allerdings gibt es vier Versionen dieser Geschichte. Für eine musste ich mich schließlich entscheiden, da ich kg.de nicht mit allen vier Geschichten langweilen wollte. :)

Das Ende ist kitschig, ich gebe es selber zu! Allerdings ist es nur eine Geschichte, ein weiterer Stein im Mosaik meiner schriftstellerischen Laufbahn, die wahrscheinlich nie ihren Anfang nehmen wird. Aber all zu schwarz möchte ich diesbezüglich auch nicht sehen. :)

Ich schreibe zurzeit mit zwei Freunden an einem großen Projekt. Keine Kurzgeschichte, sondern für uns alle der erste Roman. Das man an einem Plot so lange sitzen kann, hätte ich nie gedacht. Aber es soll perfekt werden, na ja, jedenfalls perfekter als "Die Hoffnung stirbt zuletzt".

MfG
Terrabyte.

P.S.: Freunde nennen mich Markus.

 

Hm, mal so ganz unter uns:
Es kommen genug bearbeitungsbedüfrtige Geschichten ins Forum.
Bitte das nächste Mal wenn möglich vorher nochmal durchlesen ;)
Nicht zuuu ernst nehmen.
Aber du könntest die Geschichte ruhig nochmal überarbeiten, würde sie dann gerne nochmals lesen.

glg Hunter

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom