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Die Hetzjagd
Martin betrat das erste Mal "Neuland". Er stand auf einem Berg, blickte über Wälder, blühende Wiesen getaucht in Sonnenlicht, die keine Wolke trübte.
Es würde schwer werden, den steilen Abhang herunterzuklettern doch es blieb ihm nichts anders übrig, da er die Rufe seiner Verfolger wahrnahm.
Martin nahm ein Seil aus dem Rucksack, befestigte es hastig am Stamm einer kleinen Birke und seilte sich so schnell wie möglich ab. Auf der Hälfte des Weges musste er herabfallenden Steinen ausweichen und als er hochsah, standen die Männer über ihm und riefen etwas, was er nicht verstand. Aber es war ihm auch egal. Nur weg hier. Die letzten zwei Meter sprang er hinunter, schrammte sich das Knie an einem Stein auf und rannte in den Wald.
Im Dauerlauf durchquerte er den Wald. Völlig außer Atem blieb Martin schließlich an einem kleinen See stehen, schöpfte Wasser, kühlte sich das erhitzte Gesicht. Doch als er die Hände fort nahm, sah er in dem See eine wunderschöne Frau liegen.
Oh mein Gott, dachte er geschockt und wich von dem Gewässer zurück.
Es war bestimmt nur eine Einbildung, versuchte sich Martin einzureden, trat ein Stück näher an den Rand und blickte in den See. Doch die Frau war kein Trugbild, sondern starrte ihn mit leeren Augen an, während ihre langen blonden Haare wie lebende Tentakeln um sie herum schwebten. Ihr Körper wirkte bläulich, wie aufgedunsen, auf ihrer Brust blitzte plötzlich kurz etwas Grünes auf, was er erst nicht erkennen konnte.
Martin schaute genauer hin. Ein Anhänger schimmerte verlockend an ihrem Hals, so verlockend, dass er nicht widerstehen konnte. Gierig griff er in das klare Wasser, riss die Kette vom Hals der Toten und steckte ihn schnell in die Tasche. Martin überlegte, was er mit der Leiche anstellen sollte, doch obwohl er wusste, es war nicht seine Schuld, blickte er sich ängstlich nach allen Seiten um, stets das Gefühl im Nacken, beobachtet zu werden.
Martins Überlegungen wurde unterbrochen von wildem Hundegebell und lauten Rufen. Sie hatten ihn fast eingeholt. Schnell raffte er sein Zeug zusammen und mit einem letzten Blick auf die Leiche, floh Martin aus dem Wald in das nahe gelegene Kornfeld, dass er schnellen Schrittes durchpflügte.
Das Hundegebell wurde leiser und Martin rannte auf eine belebte Straße zu. Dort stand ein verlassener Käfer, mit laufendem Motor. Ohne groß über die eigentlichen Besitzer nachzudenken, stieg er ein, trat das Pedal durch und raste davon, auf die nächste Stadt zu.
In Winston angekommen, hielt er schließlich bei seinem alten Freund und Archäologen Dr. Hans Hofer an, zeigte ihm den Anhänger und erzählte von der Toten.
Dr. Hofer untersuchte das Fundstück genauer und kam zu dem Schluss, dass es ein Teil des "Schlüssels der Heilung" war. Er konnte bewirken, dass niemand mehr in „Neuland“ krank werden würde.
Er ermahnte Martin vorsichtig zu sein, denn das Volk der Keritaner wollte den Schlüssel auch besitzen, um seine andere Seite zu nutzen, Krankheiten zu verbreiten und die Menschen auszulöschen. Martin müsste sich beeilen um die letzten sechs Teile zu finden. Er musste alle Teile des Schlüssels dem Propheten Maralon bringen, denn nur er konnte den Schlüssel aktivieren.
Martin und Dr. Hofer saßen noch im Labor. Mittlerweile waren zwei Stunden vergangen und als unten in der Eingangshalle ein Tumult ausbrach, der bewies, das seine Verfolger ihn gefunden hatte, sprang Martin behände durch das Fenster, fiel in einen Rosenbusch und floh zerkratzt und blutend weiter.
Dr. Hofer hatte ihm noch ein paar Namen genannt, wo er Hilfe finden würde, bei der Suche nach den restlichen Stücken.
Martin hatte zwei Tage später fast die Burg von Leorin erreicht. Nur wenige Meilen trennten ihn von seinem Ziel, doch seine Verfolger hatten schon eine ganze Weile aufgeholt und kamen unaufhaltsam näher.
Martin war erschöpft, er lief schon seit Tagen durch diese Wüste, die Sonne brannte ihm Löcher in den Kopf und schleppenden Schrittes schlurfte er durch den Sand.
Mit trockenen Lippen, immer wieder nach Wasser murmelnd, stolperte er eine Düne hinunter und fiel auf die Knie. Er leckte sich die Lippen, stütze sich auf die rissigen Hände und richtete sich langsam auf.
Eine Kralle drang durch sein Hemd und das Gewicht des Hundes riss ihn wieder zu Boden. Knurrend stand der Köter über ihm und die Last ließ Martin noch schwerer atmen.
Er wand sich, um an das Messer an seinem Gürtel zu kommen, bekam es schließlich zu fassen, rammte die Klinge in den Hals des Tieres, das mit einem Röcheln auf ihm zusammenbrach und rollte sich den toten Hund vom Körper.
Geduckt, mit dem Messer in der Hand, an dem das Blut herabtropfte, stand Martin da und schaute sich um. Die Burg war vielleicht noch zwanzig Meter entfernt. Wenn er seine ganze Energie zusammennahm, die er noch hatte, konnte er es schaffen. Fliehen lag ihm eigentlich nicht. Aber seine Verfolger waren in der Überzahl und er hatte kaum noch Kraft. So hatte er keine Chance.
Martin kam nur mühsam voran, denn der Sand verlangsamte sein Tempo, doch er ließ sich nicht beirren. Mit festem Blick auf die Burg rannte er weiter.
Ein Schuss fiel und Martin versuchte zick zack zu laufen, doch plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz in seinem Arm, wo die Kugel eingedrungen war. Die Hand auf die Wunde gepresst lief er weiter.
Noch 10 Meter. Der nächste Einschlag ging ins rechte Bein, Martin schrie auf. Mit zusammengebissenen Zähnen schleifte er sein verletztes Bein hinter sich her.
Noch 5 Meter. Ein Geschoss flog knapp an seinem Kopf vorbei und eines streifte ihn an der Hüfte.
Martin sah durch einen Schleier das Tor der Burg auf sich zukommen. Er kämpfte sich vorwärts aus zahlreichen Wunden blutend. Er hatte fast keine Energie mehr, doch das rettende Tor, war so nahe, er würde es bestimmt schaffen.
Blut schoss an das Tor der Burg, als Martin gerade die Hand ausgestreckt hatte, um sie zu öffnen. Mit erstauntem Blick fiel er auf die Knie, griff sich an die Stirn, wobei das Blut zwischen seinen Finger und in die Augen floss und schlug, wie in Zeitlupe, auf den Boden auf. Es wurde schwarz um ihn.
Der Stuhl knarrte, als sich Martin müde zurücklehnte. Zu oft hatte er die Geschichte vor seinen Augen abspielen lassen und kam einfach nicht auf die Lösung, wie er das zweite Siegel erreichen konnte. Verdammt, dachte Martin und schloss die Augen. Es waren noch so viele Gefahren zu bestehen und er wusste nicht ob er das bis zum Ende durchhalten würde.
Müde strich er sich über die Augen und dachte:“ Morgen schaffe ich es bestimmt, den weiteren Weg zu gehen!“ während er den Monitor ausschaltete und das Joypad beiseite legte.