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Die Heimkehr

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31.12.2016
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Die Heimkehr

Wir waren endlich wieder zu Hause und das fühlte sich unbeschreiblich gut an. Zum ersten Mal seit langem hatten wir wieder das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit in uns. Lenni und ich hatten uns auf eine zehnwöchige Abenteuerreise begeben, waren nun aber drei Tage später nach Hause gekommen als geplant. Drei Tage, die wir ohne Essen und Trinken verbringen mussten und keine Chance hatten, uns bei Mutter zu melden.

„Wir waren doch ganz schön lange weg“, stellte ich also fest, nachdem Mutter uns die Tür öffnete und konnte mich nicht so recht entscheiden, ob ich dabei sie oder Lenni anschauen sollte, also warf ich beiden einen flüchtigen Blick zu.

„Zu lange“, schluchzte Mutter, während ihr Tränen über die Wangen liefen.

Wir gingen gemeinsam in die Küche und setzten uns an den Tisch.

„Es lief anders als erwartet“, versuchte Lenni zu erklären.

Ich legte meine Hand auf seine Schulter und gab ihm so das Zeichen, den Versuch abzubrechen, weil ich wusste, dass Mutter Recht hatte. Wir hatten uns in etwas verrannt. Wir wollten einfach nicht einsehen, dass wir uns getäuscht hatten und hielten deswegen krampfhaft an unseren Theorien fest, bis wir schließlich in diese Schieflage geraten waren und nur noch nach Hause wollten.

„Ich war krank vor Sorge um euch. Vater habe ich auch schon ganz verrückt gemacht. Rückkehr 30.08. war doch fest abgemacht und als wir Tags zuvor telefonierten, habt ihr das auch nochmal bestätigt. Wo wart ihr die drei Tage noch?“, wollte Mutter wissen und versuchte dabei nicht vorwurfsvoll zu klingen.

Das gelang ihr aber nur bedingt, doch Lenni und ich hatten es auch nicht anders erwartet. Wir schauten uns fragend an und überlegten, ob wir ihr die Wahrheit erzählen sollten. Lenni war das Ergebnis eines One-Night-Stands, seine Mutter zog ihn alleine auf und seitdem sie gestorben war, verbrachte er ziemlich viel Zeit bei uns. Wir waren eine Art Ersatzfamilie für ihn geworden und ich sah ihn inzwischen mehr wie einen Bruder als nur einen Freund. Ich verstand mich so gut mit ihm, dass wir nur über Gestik und Mimik miteinander kommunizieren konnten und sein dezentes Kopfschütteln und der leicht beschämte Blick verrieten mir, dass er nicht wollte, dass wir Mutter ganz ehrlich alles erzählen. Zwar wäre ich spontan anderer Meinung gewesen, aber Lennis Zweifel brachten auch mich ins Grübeln und ich dachte, dass es vielleicht doch besser sei, Mutter vor der Wahrheit zu schützen.
Wir vermischten also ein paar Standartausreden mit den harmlosen Dingen, die uns wirklich widerfahren waren und schafften es so irgendwie eine halbwegs plausible Geschichte zusammenzubekommen. Meiner früheren Deutschlehrerin Frau Bieler, die ich während meiner Schulzeit nicht sonderlich mochte, dankte ich jetzt innerlich dafür, dass sie mich einfach in die Theater-AG steckte und mich dort immer wieder dazu brachte, mein Improvisationstalent zu trainieren. Und Lenni hatte sich in seiner Schulzeit so viele Ausreden fürs Zuspätkommen einfallen lassen müssen, dass ihm das Geschichtenerfinden jetzt nicht sonderlich schwerfiel.

„Aha, so war das also. Aber warum habt ihr euch in dieser Zeit nicht gemeldet und gesagt, dass ihr etwas später nach Hause kommt?“, hakte Mutter etwas verdutzt nach und ich wusste nicht so recht, ob sie unsere Story geschluckt hatte.

„Als wir das letzte Mal miteiander telefoniert haben, waren wir gerade am Strand. Nach dem Telefonat sind wir direkt ins Meer gesprungen und haben es doch tatsächlich beide geschafft zu vergessen, das Handy aus der Hosentasche zu machen“, berichtete ich eine erfundene wenn auch witzige Geschichte in Erinnerung an den Fauxpas eines Fußballkollegen.

Ich tat so als müsste ich über uns selber lachen und Lenni stieg sofort in mein Gelächter ein. In Wahrheit waren uns unsere Handys von einer sehr dubios anmutenden Person mit den Worten „ihr sollt nicht in fremden Sachen herumschnüffeln“ abgenommen worden und weder den muskulösen Mann im Achtzigerjahre-Style noch unsere Handys haben wir seitdem wiedergesehen. Da wir ständig unterwegs waren, surften wir meist mit dem Handy im Internet und beschafften uns so unsere Informationen und irgendjemandem muss das nicht gepasst haben.

„Oh Mann, sowas kann auch nur euch passieren“, konstatierte Mutter erleichtert und nahm uns in den Arm.

„Haha, ja nur uns“, sagten wir und lachten gespielt, während Mutter uns fast erdrückte.
Ich hatte das Gefühl, dass sie uns die Geschichte fürs Erste zwar abkaufte, um die Freude über unsere Heimkehr nicht zu trüben, dass sie später aber nochmal nachhaken würde. Mutterinstinkte und so.

Wir schlichen in mein Zimmer und wussten, dass uns mit der Ankunft unseres Vaters noch ein ausführlicheres Gespräch blühen würde.

„Wir müssen uns auf heute Abend vorbereiten und uns eine Strategie zurechtlegen“, forderte Lenni.

Ich aber schluchzte nur und fiel mit dem Gesicht voraus auf mein Bett. Ich war todmüde und immer noch völlig verwirrt von den Ereignissen der letzten Tage.

„Lass uns doch einfach die Wahrheit sagen“, schlug ich vor, „ich muss endlich diese durchgehende Angespanntheit loswerden.“
Das Gefühl der Erleichterung, dass ich mir von der Wahrheit versprach, war zu verlockend, als dass sich irgendeine Sorge darum, ob Mutter diese verkraften würde, dagegen noch durchsetzen konnte.


„Ich weiß nicht“, zweifelte Lenni und ich spürte, dass er in einem inneren Dilemma war.

Wahrscheinlich hatte er Angst, dass sein gutes Verhältnis zu meinen Eltern unter der Wahrheit leiden könnte und dann hätte er gar keine erwachsenen Bezugspersonen mehr. Andererseits wusste er genauso gut wie ich, dass die Wahrheit früher oder später sowieso ans Licht kommen wird und dass es immer besser ankommt, so früh wie möglich damit herauszurücken.

„Komm schon Lenni, lass uns den beiden, wenn Vater da ist, alles erzählen. Sie werden Verständnis dafür haben“, erklärte ich Lenni und versuchte so seinen Sorgen entgegenzuwirken.

„Ja du hast gut reden. Du bist ja auch ihr Sohn, für dich müssen sie Verständnis haben. Aber mich als deinen Kumpel werden sie dafür verachten, dass ich ihren Sohn in die Scheiße geritten habe und dann werden sie sagen, wie sehr sie sich in mir getäuscht haben und dass sie mich nicht mehr sehen wollen“, redete Lenni sich langsam in Rasche.

„Ach komm schon Lenni“, unterbrach ich ihn, „du tust ja so, als ob du irgendein x-beliebiger Kumpel von mir wärst. Hör mal, die beiden lieben dich wie einen eigenen Sohn. Außerdem sind wir da beide irgendwie reingeraten, keiner von uns kann da etwas dafür und schon gar nicht ist einer von uns dafür alleine verantwortlich. Lass uns ihnen alles ganz ruhig und sachlich erklären, zugeben, dass wir Fehler gemacht haben, aber auch klarmachen, dass wir das so nicht gewollt haben. Auch wenn sie sich am Anfang vielleicht darüber tierisch aufregen werden, bin ich mir sicher, dass sie uns verstehen und uns helfen werden.“

Lenni nickte geräuschlos. Das zeigte mir, dass ich ihn überzeugt hatte. Die verbleibenden zweieinhalb Stunden bis zum Abend kamen uns vor wie eine Schonfrist, in der wir vor allem mit uns selbst und unseren Gedanken beschäftigt waren. Es herrschte eine ungewöhnliche Stille, weshalb wir jeden Moment damit rechneten, dass Mutter hereinplatzen würde, um zu fragen, was denn los sei. Aber glücklicherweise ließ sie uns in Ruhe, als ahnte sie, dass wir erst einmal unsere Gedanken sortieren mussten.

Doch das Ordnen meiner Gedanken fiel mir schwer. Ich dachte daran zurück, wie unbeschwert wir uns auf den Weg gemacht hatten, um den Osten Nordamerikas zu erkunden. Boston, Montreal, Toronto, Pittsbrugh, Washington und schließlich New York. Unsere Reise verlief gut und machte unglaublich viel Spaß, bis wir meinten, dass wir unsere Nase in die Angelegenheiten des FBI stecken müssen. Es begann bereits in Washington, als wir zufällig an einem Tatort vorbeikamen. Ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam, aber irgendwie kamen wir mit einem der Ermittler ins Gespräch. Man, waren wir vielleicht verdutzt, als er uns plötzlich fragte, ob wir uns mal echte FBI-Arbeit live anschauen wollen würden. Natürlich ließen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen. So erfuhren wir schließlich auch, dass ein Mann namens Gary Wenfield ermordet worden wäre. Wir dachte uns nichts weiter, bis wir schließlich in New York wieder auf besagten Gary Wenfield stießen. In einer Buchhandlung sahen wir Werke von ihm über die Ungereimtheiten der offiziellen Version von 9/11. Das weckte unser Interesse und wir sprachen die Verkäuferin auf ihn an und erzählten ihr, dass er ermordet worden sein. Diese schien darüber nicht erstaunt. Hätte sie sich eh gedacht, dass das passiere, wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, erklärte sie uns. Und schließlich erfuhren wir von ihr die Geschichte eines aufstrebenden Journalisten, der im Internet seine eigenen, unabhängigen und erfolgreich crowdfinanzierten Sender hatte und mit seinen politischen Inhalten sehr viele Menschen erreichte. Er berichtete über die imperealistischen Interessen der USA, darüber, dass der Krieg im mitlleren Osten kein Krieg gegen den Terrorismus, sondern ein Krieg um Rohstoffe sei und dass der Isalm seit 9/11 systematisch als Feindbild aufgebauscht werde, um die Kriege gegenüber der Bevölkerung gerechtfertigen zu können. Und dieser Gary Wenfield schickte sich an, in die Politik zu gehen und dank seiner breiten Basis an Unterstützern zu einer ernsthaften Gefahr für die bestehende Politik zu werden. Jonni und ich verstanden nicht viel davon, was die Frau erzählte aber wir verstanden, worauf sie hinauswollte. Nämlich, dass dieser Gary Wenfield im Auftrag der Regierung ermordert wurde und das würde folgerichtig bedeuten, dass an der ofiziellen Version von 9/11 tatsächlich etwas faul sein muss. Zuletzt meinte die Verkäuferin noch, dass sie warscheinlich schon morgen irgendeinen unbedeutenden Mann aus dem Armenvierteil festnehmen würden, um die Sache zu vertuschen. Das alles weckte unser Interesse, so dass wir den Fall weiterverfolgten. Am nächsten Tag gingen wir immer wieder mit unseren Smartphones online, um zu schauen, ob es neue Information zu dem Fall gibt. Und gegen Abend gab es dann tatsächlich Neuigkeiten. Als wir auf der Homepage der Washington Post lasen, dass ein junger Mann aus dem Armenviertel Anacostia festgenommen wurde, sahen wir die Verkäuferin bestätigt. Ich weiß nicht mehr, wer von uns beiden dann die Idee hatte weiter über den Fall nachzuforschen und im Endeffekt ist das auch egal. Wir verbrachten also die letzten Tage unserer Amerikareise vor allem damit, im Internet zu surfen, eigentlich immer über unsere Handys. Und die Informationen, die wir so zusammenbekamen, sprachen tatsächlich dafür, dass dieser Gary Wenfield im Auftrag der Regierung ermordet wurde, um ihn zum Schweigen zu bringen. Wir klapperten jede Polizeibehörde ab, um die Wahrheit ans Licht zu bringen und träumten schon davon, Helden zu werden. Doch wir wurden überall nur abgewiegelt und wir beschlossen dann schließlich doch, das Ganze gut sein zu lassen. Und dann begannen am Tag vor unserer Abreise die Schwierigkeiten. Gerade als wir mit Mutter telefoniert hatte, kam, wie bereits angesprochen, dieser komische Typ mit langem schwarzen Mantel, verspiegelter Brille und Hut und nahm uns unsere Handys weg. Das wäre ja noch zu verkraften gewesen, eine Entführung steckt man allerdings nicht so leicht weg. Ich werde nie vergessen, wie diese vier großen Typen auf dem Flughafen in Frankfurt auf uns zu marschierten und uns einfach in ihren Transporter steckten. Gegen die hatten wir keine Chance, auch wenn wir uns wehrten, als gäbe es kein Morgen mehr. Und dann, dann kamen die drei schrecklichsten Tage unseres jungen Lebens. Drei Tage in einem stickigen, dunklen Keller ohne Essen, ohne Trinken. Dann ließen sie uns, Gott sei Dank, gehen, brachten uns zum Bahnhof und erklärten, dass es noch nicht zu Ende sei und wir ganz schön Scheiße gebaut hätten.

Schließlich riss mich das Motorengeräusch von Vaters Kleinwagen, als er auf den Hof vorfuhr, aus meinen Gedanken. Als Vater zur Tür hereinkam hörten wir, wie Mutter ihn förmlich überfiel und in einem heillosen Durcheinander auf ihn einredete. Ihre Stimme überschlug sich dabei immer wieder vor Freude, sodass es mich wunderte, wie Vater bergreifen konnte, worum es eigentlich ging.

„Sie sind zurück, sie sind zurück. Es geht ihnen gut“, sagte sie immer wieder hektisch.

„Gott sei Dank“, hörten wir Vater aufschreien, als wir gerade die Treppe hinunterkamen.

Als wir schließlich vor ihm standen, schaute er uns zunächst etwas verdutzt an, nahm uns dann aber sichtlich erleichtert in den Arm.

„Lasst und doch gleich ins Wohnzimmer sitzen und etwas trinken“, jubilierte Mutter ob der Tatsache, dass die Familie durch Vaters Ankunft endgültig wiedervereint war.

Die Stunde der Wahrheit war also gekommen und das Traurige war, dass ich und Lenni es in der Zwischenzeit nicht einmal geschafft hatten, uns einen Plan zurechtzulegen, wie wir den beiden unsere aberwitzige Geschichte am besten verklickern können. Wir selber hatten die Geschehnisse ja längst nicht verarbeitet und jetzt sollten wir all das unseren Eltern berichten.

„Cool bleiben, das wird schon“, flüsterte ich mit gespielter Lässigkeit in Lennis Ohr.

Der aber kannte mich zu gut, um mir diese vorgetäuschte Lässigkeit abzukaufen und schüttelte nur ängstlich mit dem Kopf. Nachdem ich die letzten Tage schon im andauernden Adrenalinrausch verbracht hatte, hatte die Angespanntheit in mir nun ihren endgültigen Höhepunkt erreicht.

„Das letzte Magenverkrampfen vor der großen Erleichterung“, dachte ich mir.

Oh, wie naiv ich doch war. Denn bei der ganzen Sorge um die Reaktion meiner Eltern, hatte ich ganz vergessen, dass die Schwierigkeiten, in die Lenni und ich da hineingeraten waren, gerade erst begonnen hatten. Wir setzten uns also langsam auf das Sofa und nahmen uns alle eines von den Bieren, die Mutter auf dem Wohnzimmertisch parat gestellt hatte. Ich wusste überhaupt nicht, was ich zu erwarten hatte. Von einem harmlosen „ach, ist doch alles nicht so schlimm, die Hauptsache ist, dass ihr wieder da seid“ bis zu einer totalen Explosion war alles möglich.

Da Lenni zusammengekauert in der Ecke des Sofas saß und so nicht gerade den Eindruck machte, als wollte er das Gespräch eröffnen, fasste ich mir ein Herz und begann zu reden: „Also Mama, Papa wir müssen euch was erzählen. Wir wollten etwas ganz Tolles machen und sind dabei in etwas reingeraten und stecken jetzt ziemlich in der Tinte.“

Ich versuchte meine Eltern vorneweg auf etwas gefasst zu machen und fiel dabei in einen Slang, den ich vielleicht mit zwölf, dreizehn Jahren zuletzt draufhatte.

„Ja genau, etwas geradezu Heldenhaftes, ich sag euch, wenn das so gelaufen wäre, wie wir uns das vorgestellt hatten, ha, dann wärt ihr die stolzesten Eltern der Welt“, fuhr mir Lenni ins Wort, um mich zu unterstützen.

Leider vergaß er dabei, dass Vater geradezu allergisch auf Konjunktive reagierte.

„Hätte, hätte, Fahrradkette“, wiegelte Papa Lenni genervt ab, „komm schon Leute, raus mit der Sprache, was habt ihr angestellt?“

Und nachdem ich gerade schon in eine kindliche Sprache zurückgefallen war, fühlte ich mich jetzt auch wieder wie der kleine, zwölfjährige Junge, der zitternd vor den Eltern sitzt, weil er ihnen beichten muss, dass er die teure Vase im Wohnzimmer mit dem Fußball kaputtgeschossen hat.

„Wir haben echt scheiße gebaut“, riss ich mich zusammen und schaute mit ernster Miene in die Runde.

„Oh ja aber so richtig he“, unterstrich Lenni und war mir so erneut keine große Hilfe.

Dementsprechend warf ich ihm einen Was-zur-Hölle-soll-das-sei-einfach-still-Blick zu, bevor ich sagte: „Wir sind da zufällig auf Etwas gestoßen und konnten dann nicht anders, als dem nachzugehen. Das hätte die ganze Welt schockieren und verändern können, das war was ganz Großes. Und wir zwei, gerade wir zwei, waren auf diese heiße Spur gestoßen und an der Sache dran. Wie Lenni gesagt hat, wir hätten Helden werden können.“

Jetzt vergaß ich selbst Vaters Konjunktivunverträglichkeit und dieser fuhr mir natürlich sogleich energisch ins Wort: „Seid ihr aber nicht.“

Ich fühlte mich etwas in die Ecke gedrängt und bezweifelte inzwischen, dass wir bei unseren Eltern auf Verständnis stoßen würden.

Nichtsdestotrotz räusperte ich mich kurz und fuhr dann fort: „Nein sind wir nicht, wir haben uns da wohl in etwas verrannt. Wir wollten einfach nach Hause und es vergessen, aber irgendjemand, dem unsere Nachforschungen wohl gar nicht gefallen haben, muss uns auf die Schliche gekommen sein. Wir sind nicht mit unseren Handys ins Meer gesprungen. Die hat uns irgend so ein Typ abgenommen, der aussah wie ein Schwerverbrecher und sagte, dass wir nicht in fremden Sachen herumschnüffeln sollen.“
Dann erzählte ich von der Entführung und wie viel Schiss wir jetzt hätten, weil die Entführer ja sagten, dass es noch nicht vorbei sei.
„Ihr müsst uns helfen, hört ihr“, fügte ich schließlich noch hinzu.

Ich versuchte den besten Hundeblick aufzusetzen, den ich draufhatte, aber der kam besser als ich wirklich noch zwölf war.

„Ja müsst ihr“, stammelte Lenni mir nach. Zum Glück hatte er den reumütigen Blick perfekt drauf und konnte mich so doch noch unterstützen.

Ich machte mir wieder Hoffnungen auf eine gemäßigte Reaktion unserer Eltern, denn diese ließen sich mit den Überlegungen, wie sie denn nun reagieren sollten ordentlich Zeit und es war ihnen förmlich anzusehen, dass sie innerlich hin- und hergerissen waren.

Vater war es schließlich, der das Wort ergriff und mit ganz ruhiger Stimme sagte: „Beruhigt euch Jungs. Ich kenne die Typen, die euch entführt haben, die arbeiten für mich. Entschuldigt, ich wusste nicht um wen es sich handelt. Das erfahre ich nie.“

 

Hallo Niklas6

Zum ersten Mal seit langem hatten wir wieder das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit in uns.

Finde ich umständlich formuliert. Versuch es doch mit Verben anstelle von Substantiven: "... fühlten wir uns wieder sicher und geborgen."

„Zu lange“, schluchzte Mutter und brach dabei fast in Tränen aus.

Ist sie nicht schon in Tränen ausgebrochen, wenn sie schluchzt?

Hier mal ne Frage: Wie alt sind die eigentlich, und wie lange waren die weg? Nachher heißt es ja, sie seien keine zwölf mehr, und sie trinken mit den Eltern ein Bier, also wohl mindestens sechzehn, warum schluchzt dann die Mutter wenn die mal länger weg sind?

Wir hatten uns in Etwas verrannt.

etwas (klein geschrieben)

Ja, schade dass du dieses "etwas" den ganzen Text über nicht auflöst.

und ich wusste nicht so recht, ob sie unsere Story geschluckt hatte.

Auch schade dass der Leser diese "Story" nicht erfährt.

„Wir haben es tatsächlich geschafft beide mit dem Handy in der Tasche ins Meer zu springen“,

Ernsthaft, DAS ist ihre Ausrede? Und warum waren sie dann so lange weg?

von einer Person, die aussah wie ein Schwerverbrecher,

Wie sieht denn so ein "Schwerverbrecher" im Allgemeinen aus?

Da wir ständig unterwegs waren, surften wir meist mit dem Handy im Internet und beschafften uns so unsere Informationen und irgendjemandem muss das nicht gepasst haben.*

Achte auf die Zeiten: "musste das nicht gepasst haben". Also sie vermuten, ihre Handys wurden gestohlen, damit sie keine Nachforschungen mehr im Internet machen können? Und zuhause haben die keinen Computer?

„Haha, ja nur uns“, lachten wir gespielt, während Mutter uns fast erdrückte.

Oft ist es am Besten, einfach das Verb "sagen" zu verwenden, anstatt "lachen" oder "konstatieren". Es klingt einfach nicht gut und lenkt zu sehr vom Wesentlichen (dem Gesagten) ab.

Wir schlichen in mein Zimmer und wussten, dass uns mit der Ankunft unseres Vaters noch ein ausführlicheres Gespräch blühen würde.

Also wenn der Vater noch nicht zuhause ist, würde ich sagen, das ist Nachmittag oder so. Wann hätten die daheim sein müssen, damit sich niemand Sorgen macht?

„Lass uns doch einfach die Wahrheit sagen“, schlug ich vor, „ich muss endlich diese durchgehende Angespanntheit loswerden.“*

Findest du, das klingt so, als würde das jemand tatsächlich sagen? "Ich muss diese durchgehende Angespanntheit loswerden"?

redete Lenni sich langsam in Rasche.

Rage

Hör mal, die beiden lieben dich wie einen eigenen Sohn. Außerdem sind wir da beide irgendwie reingeraten, keiner von uns kann da etwas dafür und schon gar nicht ist einer von uns dafür alleine verantwortlich.

Hier fand ich es langsam nervig, dass wir als Leser nicht wissen, was wirklich passiert war. Es wird ja eigentlich die ganze Zeit nur um den heißen Brei herumgeredet. Das könnte zwar spannend sein, aber wenn es um sonst überhaupt nichts in der Geschichte geht, ist es mühsam.

„Gott sei Dank“, hörten wir Vater aufschreien, als wir gerade die Treppe hinunterkamen.

Wenn die alle so verzweifelt waren, dass die beiden (vermutlich) 16-Jährigen nicht schon nachmittags zuhause waren, warum hat die Mutter den Vater dann nicht schon telefonisch benachrichtigt?

„Lasst und doch gleich ins Wohnzimmer sitzen und etwas trinken“, jubilierte Mutter

Ich finde hier auch, das "jubilierte" klingt einfach nicht gut. Wie hab ich mir das vorzustellen? Hüpft sie in die Luft, während sie das sagt? Reißt sie die Arme nach oben, brüllt sie den Satz in die Nachbarschaft? Was genau bedeutet das?

Nachdem ich die letzten Tage schon im andauernden Adrenalinrausch verbracht hatte,

Soll das heißen, sie waren mehrere Tage weg? Gab es dann keine Vermisstenmeldung, keine Suchaktion seitens der Polizei?

Vater war es schließlich, der das Wort ergriff und mit ganz ruhiger Stimme sagte: „Beruhigt euch Jungs. Ich kenne den Typen, er arbeitet für mich.“

Also ich werde aus der Geschichte leider überhaupt nicht schlau. Was wolltest du hier denn eigentlich erzählen? Was soll diese Pointe? Bitte sag jetzt nicht wieder du wolltest den Leser "zum Nachdenken" bringen, wie unter deinem letzten Text. Das ist nicht die Art von Nachdenken, die ich (und viele andere Leser auch) erwarten bzw. suchen, wenn sie eine Geschichte lesen. Wenn du dem Leser eine neue Perspektive auf einen bekannten Sachverhalt bietest, wenn du interessante gesellschaftliche / moralische Fragen aufwirfst, wenn du lange bestehende und gefestigte Denkmuster infrage stellen kannst, das sind Dinge, über die man als Leser nachdenken will - und wenn dir das gelingt, hast du eine tolle Geschichte geschrieben.

Wenn der Leser aber am Ende denkt - was sollte das jetzt? Was wurde mir hier eigentlich erzählt, worum geht es? - dann ist das nicht so gut.

Also, ich habe das Gefühl, hier einen Text gelesen zu haben, bei dem das Wesentliche fehlt. Ich bin da leider nicht schlau draus geworden.

Grüsse,
Schwups

 

Hey Schwups,
habe jetzt mal die "Story" aufgeklärt und noch hinzugefügt. Für die anderen Dinge hatte ich noch keine Zeit, hoffe ich kann da im Laufe der Woche mal noch drüber. Danke für deinen Beitrag;)

LG Niklas

 
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Hallo Niklas,

ich finde, es gibt ein paar gute Ansätze in deinem Text, die Situation 'Abenteuerreise', besorgte Eltern, mysteriöse Vorkommnisse ... Aber da sind auch einige Schwächen. Zu lange bleibt im Dunkeln, was eigentlich passiert ist. Es erscheint mir dann banal, dass zwei Jugendliche durch oberflächliche Recherche in der Lage sein sollen, die 'wahren' Hintergründe von 9/11 aufzuklären. Und ausgerechnet der Vater soll irgendwie mit drinstecken und gibt das einfach zu? Noch ein paar Anmerkungen:

... um die Kriege gegenüber der Bevölkerung (ge)rechtfertigen zu können.
... und ich sah ihn inzwischen mehr wie einen Bruder als nur einen Freund.
'... inzwischen mehr als Bruder denn als Freund.'
Lenni nickte geräuschlos.
Ich glaube nicht, dass man laut nicken kann ;). An dieser Story musst du noch arbeiten, aber genau deshalb sind wir alle ja hier :).

Noch viel Freude am Schreiben wünscht
Eva

 

Hallo Niklas,

im Großen und Ganzen haben meine Vorredner schon das Wichtigste angemerkt. Ich würde dir aber gerne noch ans Herz legen, deine Absatzstruktur zu überdenken. Du machst meistens einen kompletten neuen Absatz, wenn eine andere Person anfängt zu sprechen, doch das ist gar nicht nötig. Es reicht vollkommen, wenn du lediglich eine neue Zeile anfängst.


„Ich weiß nicht“, zweifelte Lenni und ich spürte, dass er in einem inneren Dilemma war.

Das wäre ein Beispiel. Ich finde, es sieht nicht gut aus, wenn du manchmal Absätze mit nur einer Zeile verwendest und dann ein paar Absätze später den Leser auf einmal mit so einem Monster-Absatz erdrückst.

Aus Platzgründen erspare ich mir mal, den Absatz, den ich Monster-Absatz nenne, zu zitieren. Ich denke, dass du auch so weißt, welcher Absatz gemeint ist. Diesen Absatz dann bitte noch einmal unterteilen, denn dieser hat (mich zumindestens) sehr abgeschreckt.

Viele Grüße,
Markah

 

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