Die Hausbesetzer
Die Hausbesetzer
Im Frühjahr kam Herr Star mit seiner Frau aus dem warmen Süden zurück, um wieder in das Häuschen zu ziehen, welches schon seit Jahren im Geäst des alten Apfelbaumes hängt. Doch hier hatte sich inzwischen die Familie Sperling eingenistet.
Das missfiel den Ankömmlingen sehr. Empört flog Frau Star auf den nächsten Ast, klopfte laut an die Wand und rief: „Kommen Sie heraus und verlassen Sie unser Haus!“
Es blieb still. Nichts rührte sich. Das brachte Frau Star in Rage. Sie klopfte wie ein Trommler gegen das Haus, das dadurch bedenklich zu wackeln begann. Erneut und energischer forderte sie: „Sie sollen herauskommen und von hier verschwinden!“
„Hör‘n Se uf, hier so‘n Radau zu machen!“ tönte es von drinnen, „verschwinden Sie doch!“
„Hör dir diese Frechheit an“, rief Frau Star und wandte sich an ihren Mann, der sich auf einen Ast hoch oben gesetzt hatte und von dort das Schauspiel gelassen beobachtete. „Das ist doch unerhört!“, schimpfte sie, „da kommt man von weither, will in sein Haus ziehen und hier sitzt eine so freche Bande darin.“
Das war für Frau Sperling dann doch zu viel. Aufgebracht schoss die aus dem Haus, setzte sich aufs Dach, plusterte sich auf und schrie: „Wat heeßt hier ‚freche Bande‘, Sie, Sie,... bei Ihn’ piept es woll? !“
„Das ist doch unglaublich wie die Spatzen sich hier aufführen“, erregte sich Frau Star.
„Von wejen ‚Spatzen‘! Noch heeßen wir Sperling, wenn‘s recht is‘. Und nu hör‘n Se uf mit Ihr‘m Jezeter und stör‘n Se uns nich‘ länger.“
„Wie bitte, wir stören Sie? Das ist doch wohl umgekehrt, schließlich ist das unser Haus... schon immer gewesen,“
„Und nu isset unser Haus“, kam es vom Dach, „det seh‘n Se doch, oder? Schließlich haben Sie doch det Haus verlassen.“
„Erlauben Sie mal“, ereiferte sich Frau Star, „wir waren nur den Winter über verreist und kommen jetzt direkt aus Afrika zurück.“
„So isset recht. Sie fliejen ins warme Ofraka und wir könn‘ uns hier den Arsch abfrier‘n. Mir isset völlig schnuppe, woher Sie komm‘n. Wär‘n Se doch in Ihr‘m dämlichen Ofraka jeblie‘m.“
„Hör sich das einer an. Hat man schon eine solche Impertinenz erlebt? !“
Jetzt fühlte sich auch Herr Sperling gekränkt. Er flatterte neben seine Frau aufs Dach und rief: „Von wejen ‚Impotenz‘, Sie, wer‘n Se bloß nich‘ anzüglich!“
„Die Olle spinnt“, setzte Frau Sperling noch eins drauf und warf sich kampfentschlossen in die Brust. „Mischen Se sich jefälligst nich‘ in unsere Intimitäten.“
„Mein Gott, ist das ein gewöhnlicher Pöbel. Hat unsereins es nötig, sich mit solchem Gesindel abzugeben?“
Diese Äußerung ging den Sperlings gewaltig gegen den Strich. Sie zeterten laut und hüpften aufgeregt auf dem Dach umher. Dabei kamen sie in bedrohliche Nähe der Frau Star, die sich durch das Geschrei und Gehabe ernstlich bedrängt fühlte, was sie bewegte, sich durch ein paar Schnabelhiebe Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Im Nu war eine turbulente Keilerei im Gange, dass die Federn nur so flogen. Herr Star kam seiner Frau zu Hilfe und teilte kräftige Hiebe aus. Dabei schrie er so laut, dass die zahlreichen Verwandten der Sperlinge aufgeschreckt ein paar Äste höher flatterten.
Es dauerte nicht lange bis das Federkleid der Frau Sperling arg gelitten hatte und sie schon halb nackt herumhopste, worauf sie resigniert ihrem Mann zurief: „Komm, Alter, die dusslichen Ofrakaner könn‘ uns mal..., soll‘n se selig wer‘n mit ihrer ollen Bruchbude. Der Klügere gibt nach!“