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Die Haltestelle

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30.10.2016
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Die Haltestelle

Der Morgen legte sich über das kleine Städtchen, erhellte die Fassaden der Gebäude und lächelte auch durch den Vorhang eines kleinen Raumes. In diesem Raum lag ein junger Mann, er schlief nicht mehr, die Sonne weckte ihn nicht, etwas anderes belebte seinen Geist. Er erhob sich, machte das, was ein jeder Mensch macht und ging bekleidet auf die Straße. Denn auch er tat etwas, so wie viele etwas tun, doch dies interessiert uns nicht. Nennen wir es Arbeit, der Weg zu dieser wird beleuchtet, nicht die Tätigkeit. Er musste immer an einer Bushaltestelle vorbei und da saß jemand, jemand der ihn beunruhigte. Er sah sie an, denn sie war vom weiblichen Geschlecht, sobald sie jedoch den Kopf in seine Richtung neigte, war sein Blick da, wo es in Ordnung ist. Anfangs bemerkte sie ihn nicht, doch mit der Zeit, jeden Morgen begegneten sie sich, verstand sie immer mehr. Nun blickte sie immer öfters auf ihn und er hatte die größte Not, einen Moment zu erwischen, wo ihre Augen sich von ihm abwendeten. Sein Herz schlug immer ein paar Takte mehr, wenn der Moment der Begegnung kam und da er nun wusste, dass sie ihn ansieht, fiel ihm das Laufen bei der Begegnung etwas schwer. Einmal und es war voraus zu sehen, blickten sie sich alle beide gleichzeitig in die Augen. Als sie seinen Blick bemerkte lächelte sie ihn an. Er merkte wie das Blut in seinen Kopf stieg, blickte geradeaus und lief schneller als sonst an dem Mädchen vorbei. In einiger Entfernung, sie konnte ihn nicht mehr sehen, stützte er sich mit beiden Händen gegen eine Wand. Sein Herz schlug wie wild, doch nicht weil er so schnell gelaufen war, vielmehr war es dieser Blick, dieses Lächeln, was ihn völlig aus der Fassung stieß. Angst, mit tiefen Glück gepaart, durchströmte seinen Geist in diesem Moment. Doch gewann die Traurigkeit die Oberhand und Tränen liefen über sein Gesicht.

Am Abend, als er wieder in seinem Raume saß, mit einem Buch auf dem Schoß, konnte er nicht lesen. Ständig dachte er an sie, zuvor tat er dies auch schon, doch durch das Lächeln verschlimmerte sich dieser Zustand. Er lief im Raume umher, malte sich die schönsten Geschichten mit ihr aus und wurde immer unruhiger. Er schwitzte, sein Hemd war an den Seiten schon ganz nass, und die phantasierten Momente wurden immer intensiver. Doch dann setzte er sich auf den Bettrand und wurde still. All die Sehnsucht stieß immer gegen eine Wand, eine Wand vor der er sich nun stellte, nicht bewusst, sein Geist zerrte ihn dahin. Dort war es kalt und so furchtbar leer. Ein Gefühl wie ein Wort, welches man sprechen möchte, doch es kommt am Ende nur Luft heraus. Frustration, mit leidender Gleichgültigkeit als Antwort darauf und heiße Tränen liefen das regungslose Gesicht hinab. So viel Nichts umgab ihn nun, so viel, dass er beinahe erstickte.
Er lag nun auf dem Bett. Wie es wohl wäre, wenn sie hier mit ihm auf dem Bett läge? Er würde sie umarmen, mit ihr schmusen und sie ganz lieb haben. Sie würden sich anlächeln mit tiefer Sehnsucht und ein Kuss würde sie für immer vereinen. Er würde... O, wie viel Liebe er doch für sie verspürte! Brennende Sehnsucht stieg vom Halse bis in die Augen und er weinte fürchterlich.
Am Ende war er leer, nicht müde und nicht wach, er war nur noch am Leben, weil sein Herz nicht aufhörte zu schlagen. So lag er da, Sekunden, Minuten, die Zeit verging, doch er war nur da, der Geist war abwesend. Kalter Schweiß bildete sich unter den Armen, er blieb regungslos, gelähmt von den eigenen Gedanken. Sein Brustkorb hob sich und mit einem Ruck, ließ er all die Luft wieder raus. Er war nicht in Ordnung, so wie ein jeder in Ordnung sein muss, er war zu weit entfernt. Irgendwann schlief er dann ein, einsam, so schrecklich einsam.

Am nächsten Morgen lachte die Sonne erneut in den kleinen Raum, dieses mal weckte sie ihn, doch er war noch zu benommen vom gestrigen Akt, als das er sich erheben würde. Die Zeit verging. Noch immer kreiste das Lächeln in seinen Gedanken und noch immer schmerzte es, jedoch etwas gedämpft. Er erhob sich aus dem Bett, wenn auch später als gewöhnlich. Gekleidet und in Ordnung verließ er das Haus und ging den Weg, den er immer ging. Sie saß wieder dort und wieder erblickte sie ihn. Er ging, ohne sie auch nur kurz anzuschauen, zur Haltestelle und setzte sich zu ihr auf die Bank, am rechten äußersten Rand, also genau entgegengesetzt zum Mädchen. Sein Herz schlug unaufhörlich und als sie ihn forschend betrachtete, lief der kalte Schweiß von seinen Achseln auf den Körper hinab. Er war fürchterlich angespannt und seine aufrechte Haltung beim Sitzen hatte etwas unnatürlich gezwungenes. Es vergingen einige Momente. ,,Du“, ertönte es vom kleinen Mädchen zum Herren zugewandt, ,, du schaust mich immer an und wenn du an mir vorbei kommst, da läufst du dann immer so komisch. Ich find dich irgendwie lustig.“ Er spürte wie all das Blut in seinen Kopf stieg und sich viele kleine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Er atmete sichtlich, mit einer ungeheuren Nervosität, ein und aus, und zitterte am ganzen Körper. Sein Hemd, welches er unter seiner Jacke trug, war an den Seiten komplett nass. ,,Ist alles in Ordnung?“, fragte das kleine Mädchen irritiert. Als er die Frage hörte sprang er auf und verließ so schnell es ging die Szene. In weiter Entfernung lehnte er sich mit stark hämmernden Herz an eine Wand, sank zu Boden und sprach leise, mit einem leichten Lächeln, ,,irgendwie lustig“.

Am nächsten Morgen war er schon Stunden bevor er außer Haus ging wach, ja die Sonne war noch nicht einmal am Himmel erschienen, als er schon mit Freude, gepaart mit Angst, im Bett lag. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und lief nervös im Zimmer auf und ab. Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis die Sonne endlich aufging. Da er nicht mehr warten konnte, begab er sich viel früher auf den Weg als sonst. Er erreichte die Haltestelle, noch war sie nicht da und so beschloss er sich hinzusetzen und zu warten. Er saß am äußersten rechten Rand und die Zeit verging. Plötzlich erschien sie, er erspähte sie von weiten, doch seinen Blicken wich sie aus, noch jemand war bei ihr, ein großer Mann mittleren Alters. Der ältere Herr beugte sich nach vorne, als ihm das kleine Mädchen etwas sagte, und mit dem Finger auf den jungen Mann an der Bushaltestelle zeigte. Angst stieg in ihm auf, fürchterliche, lähmende Angst umhüllte jede Zelle in seinem Leibe. Er wollte aufstehen und wegrennen, als er eine tiefe Stimme hörte. „Sind Sie der Herr der gestern mit meiner Tochter hier saß?“, fragte der ältere Herr ernst. „I-ich..“, stammelte der Jüngling, der dem Herrn nicht ins Gesicht blickte, sondern vor seinen Schuhen mit den Augen verweilte. „Hören Sie, ich spreche Sie nur an, weil die Kleine gestern einen Mann erwähnt hat, der ihr durch sein Benehmen Angst gemacht hat. Da bin natürlich hellhörig geworden, man hört ja ständig die schlimmsten Dinge.“ Der Vater betrachtete den jungen Mann nun genau, jener saß nur fürchterlich angespannt da und bemerkte wenig davon, da sein Blick noch immer auf den Boden ruhte. „Sagen Sie mal, Sie haben doch nicht vor meiner Tochter etwas anzutun?“, sprach der Vater in eindringlichem Ton. Mit weit geöffneten Augen, knallroten Gesicht und stark schwitzenden Körper, ließ diese Frage den Jüngling erstarren. Sein Herz klopfte wie verrückt und er hatte Angst, dass der Fragesteller es bemerken könnte. Eine kurze Pause trat ein. „Himmel, sind Sie angespannt!“, ertönte es heiter vom Vater, „Haben Sie Angst? Keine Sorge, ich tue Ihnen nichts. Ich hatte irgendeine Zwielichtige Gestalt erwartet, aber Sie scheinen mir nur etwas zu angespannt“, er unterbrach kurz, um zu Lachen. „War wohl alles nur ein Missverständnis, aber so sind Sie eben, unsere Kinder, nehmen alles viel zu direkt“, und er lachte noch einmal kräftig. „Ich werde Sie nicht weiter belästigen. Ich sag der Kleinen, dass alles in Ordnung ist“, und so ging er, immer noch leicht heiter, zurück zu seiner Tochter. Wechselte mit ihr ein paar Worte, schaute noch einmal lachend zum Jüngling zurück und verabschiedete sich von ihr mit einer Umarmung. Regungslos saß der junge Mann da und versuchte in seinem Kopf alles zu verarbeiten. Er bemerkte nicht, wie das Mädchen neben ihm Platz nahm und mit einem gezwungenen, ignorierenden, Blick, nach vorne sah, sodass sie ihn nicht ansehen musste. Langsam begann er, das soeben erlebte einzuordnen und allmählich gewann er wieder an Fassung. Da bemerkte er das Mädchen neben sich und abermals geriet er in eine starke Anspannung. Er saß nun, aufrecht wie am Anfang, und blickte wie sie nach vorne. Einige Zeit blieb es still, als er plötzlich hilflos etwas zu stottern anfing: „Tu-Tut mir Lei-Leid...“, er stoppte kurz, nahm all seinen Mut zusammen und sprach weiter , „we-wegen Gestern. Tut mir Leid, wegen Gestern...“ Wieder Stille. „Ich wollte n-nicht, dass du Angst hast“. Wieder war es ruhig. Dann sprach das kleine Mädchen etwas traurig: „Du warst gestern so komisch, als ich dich gefragt hab, ob alles in Ordnung ist. Als du aufgesprungen bist, hab ich gedacht du magst mich ned“. „ Aber nein!“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen, während er sich zu ihr umdrehte und dabei bemerkte, dass er schon wieder an der Grenze des seltsamen kratzt. So zügelte er sich und sprach mit gedämpfter Stimme: „Aber nein, natürlich mag ich dich. Ich mag dich ganz doll. Ich-“, er überschlug sich in seinen Worten, kurz sammelte er sich, um danach weiter fort zu fahren. „Ich muss ständig an dich denken, ständig denk ich an dich. Immer, weil du so schön bist“, er wusste nicht wirklich was er sagte, vielmehr ließ er seine Gefühle die Worte formen, dabei behielt er stets ein Freuden Grinsen im Gesicht und schaute sie direkt an. „Wirklich?“, fragte sie ihn leicht ungläubig und drehte ihren Kopf in seine Richtung. Als die beiden Blicke sich trafen und er in ihr Gesicht sah, schrie er schon fast die folgenden Worte aus: „Natürlich mag ich dich, du bist die Schönste die es gibt“. Sie sah ihn etwas erschrocken nach diesen Energie Ausstoß an, grinste dann leicht und fing das Lachen an. Er war irritiert, warum lachte sie? Er schüttete sein Herz aus und sie lacht nur, sicher es war ein süßes Lachen, aber es war immer noch ein Lachen, welches er nicht einordnen konnte. So sah er sie dann angespannt, etwas ängstlich, an, und wartete auf Worte. Sie beruhigte sich wieder und sagte dann in heiteren Ton, ihm zugewandt: „Du bist wieder lustig, ich mag dich, wenn du lustig bist.“ Als er diese Worte hörte ließ die Anspannung nach und ein wohliges Gefühl verbreitete sich in seinem Körper. Da saß sie und lachte, schaute ihn in die Augen und fing wieder das Lachen an. Lustig? Lustig muss ich sein, damit du mich magst? Ich werde der Lustigste Mensch sein, den du jemals in deinem Leben sehen wirst, du wirst mich lieben für meine Art lustig zu sein! Dieser Gedanke ging ihn beim Anblick des lachenden Mädchens durch den Kopf.

Die nächsten Tage waren für den Jüngling die Schönsten in seinem Leben, zumindest sagte er sich dies ständig. Er konnte zwar kaum noch schlafen und war deshalb ständig übermüdet, doch war ihm das völlig gleich, solange er wach und aufmerksam, jeden Morgen mit seiner neuen Freundin an der Bushaltestelle verbrachte. Er kam immer etwas früher, als sie dies bemerkte, war auch sie immer früher da. Bis sie endlich vor ihm da war. Als sie ihm dann triumphierend entgegen lächelte, geriet er in Verlegenheit und sie machten eine feste Zeit aus. Nicht zu früh, denn ihm lag sehr viel daran, dass sie ausreichend Schlaf bekäme.

So vergingen die Tage und schnell geschah es, dass er sie auch am Nachmittag, nach seiner Tätigkeit, traf. Sicher, man warf ihm einige irritierende Blicke zu, wenn er mal wieder mit ihr herum tollte, als sei er selbst noch ein Kind. Auch musste er sich, wenn er alleine in den Straßen unterwegs war, meist am Abend, wenn seine Freundin ins Bett musste, spöttische Fragen wie: „na Romeo, wo ist deine kleine Eva?“, oder Aussagen wie: „Pass auf, dass sie dir nicht zu alt wird“, anhören. Doch das war ihm alles egal, wenn er am nächsten Morgen wieder mit ihr zusammen war. Stundenlang saß er teilweise mit ihr auf Parkbänken und hörte sich ihre Probleme an, als großer Freund hatte er immer einen Ratschlag. Dabei fiel auf, dass er immer Körperkontakt suchte. Saßen sie nun auf der Bank, so hielt er mit zwei Händen entweder eine oder beide ihrer kleinen Händchen. Erzählte sie ihm von schweren Problemen, so nahm er sie sogleich in den Arm, noch bevor sie überhaupt die ganze Geschichte erzählt hatte. Wenn sie in der Stadt umher liefen, gingen sie meist Hand in Hand, wobei er seinen Arm senken musste und sie ihn heben. Sie mochte ihn und damit er sich auch sicher darüber sein konnte, fragte er sie täglich danach. Einmal, als sie schon genervt war über die tägliche Frage, antwortete sie ihm: „ich mag dich, mag dich, mag dich, mag dich!“ Er war gekränkt über den offensichtlich verdrießlichen Ton in ihrer Stimme und er brauchte einige Zeit, um wieder seine normale Unbeschwertheit in ihrer Nähe zurück zu gewinnen.

Der Vater lachte irritiert, als er zum ersten Mal von der Beziehung seiner Tochter zu dem Jüngling hörte. Als er es dann eines Abends ihr gegenüber ansprach und sie fragte, ob ihr denn der junge Mann auch nichts tue, wurde sie wütend über den Argwohn, den man ihren Freund entgegen brachte. Sie beteuerte mehrfach und mit bestimmter Miene, dass er immer nett zu ihr war und niemals etwas böses getan hätte. Der Vater blickte sie prüfend an und als er merkte , dass seine kleine mit ihrer Meinung über den jungen Mann so sicher war, wie das Amen in der Kirche, nickte er lachend. Bestand jedoch darauf diesen „Charmeur“ einmal genauer kennen zu lernen. So geschah es dann, dass eines Nachmittags, als das Pärchen sich auf einer Parkbank niederließ, das kleine Mädchen zu ihrem Freund sprach. „Du“, sagte sie etwas verlegen, „wenn du magst, kannst du auch mal zu mir kommen.“ Er war etwas verwundert über die Worte die er von ihr vernahm und erwiderte im sicheren Ton: „Du weißt doch, dass das nicht geht. Dein Papa wird dann bestimmt sauer, wenn er sieht das wir befreundet sind, dann darf ich dich nie wieder sehen.“ Sie bewegte kurz ihr kleines Köpfchen hin und her, um dann in kindlichen, naiven Ton, die Offenbarung zu sprechen: „Aber der weiß´des doch schon. Ich habs ihm letztens gesagt.“ Er blickte sie mit weit geöffneten Augen an, sein ganzer Körper geriet in Anspannung und Angst füllte seinen Leib, große, lähmende Angst. „Wa-warum“, stotterte er, „ha-hast du ihm das gesagt? Der muss doch nicht wissen, dass wir zusammen sind!“ Den letzten Satz sprach er direkter, fast schon in einem empörten Tonfall. Die Kleine sah nun auf den Boden, zögerte kurz mit ihrer Antwort und erwiderte dann leise: „Aber des is mein Papa und der hat gesagt, dass er dich sehen will. Ich will meinen Papa nicht anlügen“, beim letzten Satz wurde der Klang ihrer Stimme traurig. „Du bist schon wieder so komisch. Ich will nicht mit dir zusammen sein, wenn du komisch bist. Ich geh jetzt heim.“ „Nein!“, schrie er, als sie kurz davor war sich von der Bank zu erheben. Er schloss sie schnell in seine Arme und sprach dann mit weinerlichem Gesicht: „Bitte geh nicht, bitte! Du sollst natürlich nicht deinen Papa anlügen, es war sehr gut das du ihm die Wahrheit gesagt hast! Ich geh auch mit zu deinem Papa! Natürlich geh ich mit zu ihm! Aber bitte“, und er fing das Schluchzen an , „bitte, lass mich jetzt nicht allein..“. Es vergingen einige Momente in denen er bitterlich in den Armen des Mädchens weinte. Die Kleine, der diese Situation sichtlich unangenehm war, konnte sich mit Mühe aus den Griff des jungen Mannes befreien. Mit aufgelösten Gesicht und roten Augen blickte er sie verzweifelt an. „Okay!“, ertönte es von ihr mit einer selbstsicheren und lauteren Stimmlage, „dann gehen wir aber jetzt gleich und du musst mir versprechen, dass du nicht wieder komisch wirst!“ Er entspannte sich langsam wieder, erwiderte dann in etwas hastigen Tonfall: „Okay-Okay! Dann gehen wir sofort, selbstverständlich, auf geht’s!“ Die Kleine, die diese hastigen gebärden ihres Freundes jetzt nicht leiden konnte, sagte noch einmal in entschiedenen und harten Tonfall zu ihm: „Ich hab gesagt du sollst nicht komisch sein!“ Er verstummte als er die Worte hörte.

So gingen die Beiden zum Elternhaus des Mädchens, jedoch zuerst nicht Hand in Hand, diese verweigerte sie ihn anfangs. Als sie dann aber an einer Kreuzung standen und er ihr mit traurigen Augen die Hand reichte, gab sie nach und legte ihre in seine. Den Rest des Weges gingen sie Händchen haltend zum Elternhaus. Vor der Tür des Hauses wurde ihm wieder heiß und der Schweiß lief von seinen Achseln. Sein Herz schlug wie verrückt und er wurde sehr unruhig. Er bekam wieder Angst, die ihn lähmte, aber gleichzeitig füllte sie seinen Körper mit starker Unruhe, eine Art Lampenfieber machte sich breit. Was, wenn er vertrieben wird? Oder noch schlimmer, wenn man die Polizei ruft? Über solche Fragen machte er sich sonst nie Gedanken, da er ja immer nur mit ihr alleine zusammen war. Doch als er jetzt vor der Tür stand, wollten ihn diese quälenden Fragen nicht mehr loslassen. Ja, sie wurden immer lauter und intensiver. Er begann sichtbar nervös ein- und auszuatmen und eine Übelkeit bildete sich an seinem Halsanfang. Er war kurz davor die Flucht zu ergreifen, als das Mädchen sich von seiner Hand löste und auf die Klingel drückte. Mit weit aufgerissenen Augen sah er auf den Klingelknopf und wie sich ihr Finger wieder von ihm löste. Nun gab es kein zurück mehr. Schwere Schritte regten sich hinter der Tür, als sie sich öffnete, erstarrte er vollständig. „Na, da schau her“, ertönte es übertrieben überraschten Ton vom Vater, „unser Charmeur ist hier. Sie haben meiner Tochter ganz schön den Kopf verdreht. Sie alter Tunichtgut“, nach dem letzten Satz fing er das Lachen an. Der Jüngling verstand nicht ganz, er war immer noch wie festgefroren und wusste nicht, ob der Vater ihm nun feindlich gesinnt war, oder nicht. Der Vater beruhigte sich langsam wieder, musterte den jungen Mann und sprach dann in einer etwas ruhigeren Stimme: „Meine Güte, Sie sind ja noch angespannter als beim letzten Mal. Was ist los mit Ihnen?“ Fragend schaute der ältere Herr ihn an und auch das Mädchen bemerkte nun die leidende Verfassung, in der sich ihr Freund befand. „Ich glaub“, sprach sie zum Vater, während sie noch immer ihren Freund betrachtete, „er hat Angst vor dir.“ Die Wahrheit seiner Freundin ließ ihn kurz zusammen zucken, als erste Schweißperlen sein Gesicht hinab glitten. „Angst!? Angst vor mir?!“, drang es aus dem Vater übertrieben verwundert, während er mit dem Oberkörper künstlich zurück schrak, dabei hatte er beide Hände vor der Brust. „Junge“, sagte er mit einer beruhigenden Stimmlage , „du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben. So wie meine Tochter von dir spricht, muss ich mir langsam Gedanken über ihre Hochzeit machen“, da fing er wieder an zu lachen. Der Jüngling war immer noch angespannt, jedoch auch äußerst überrascht über die Reaktion des Mannes. In seinen Gedanken war er schon Tod, doch die Realität zeigte ein sanfteres Gesicht. „Hör mal“, und der Vater trat zum Jüngling und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter, „mir ist völlig gleich wie das Zustande gekommen ist. Was ich weiß ist, dass meine Tochter glücklich ist und als Vater kann ich mir nicht mehr wünschen. Von ihren Erzählungen über dich scheinst du auch kein Perverser zu sein“, das Wort ,,Perverser“ sagte er leise, sodass es seine Tochter nicht hörte. „Also hab ich da auch keine Einwände. Du musst verstehen, dass man als Vater natürlich erst mal misstrauisch ist, wenn man von so einem Freund hört. Doch was mir die Kleine über dich erzählt, scheinst du ja ein guter Kerl zu sein. Es ist schön, dass es noch Menschen gibt, die zu Kindern nett sein können, ohne irgendwelche kranke Fantasien im Hinterkopf zu haben. Das einzige was ich aus zu setzten habe, ist, dass du mir ein bisschen zu sehr angespannt bist“, beim letzten Satz legte er noch einmal lachend die Hand auf seine Schulter. Man verabschiedete sich voneinander, wobei der Jüngling kein wirkliches Wort heraus bekam und so stand er dann noch einige Momente vor der geschlossenen Tür. Langsam verarbeitete er das Geschehene und machte sich dann noch leicht abwesend, auf den Weg nach Hause. Auf den Weg dorthin verstand er es langsam und sprach vor sich, leicht glücklich lächelnd, hin: „Er hat nichts dagegen, er hat nichts dagegen.“ Dabei fühlte er aber immer noch Angst.

In den nächsten Tagen geschah es dann, dass er bei ihr zu Hause war, jedoch sehr selten und wenn, dann nur einen kurzen Augenblick. Denn wenn der Vater in der Nähe war, konnte er nicht so unbeschwert mit ihr reden und spielen. Die Mutter, welche erst spät abends von der Arbeit kam, sah er fast nie. Sie hegte starkes Misstrauen gegenüber ihm und als er einmal kurz davor war, das Haus zu verlassen und sich auf den Heimweg zu machen, fragte sie ihn mit abfälligen Ton, darüber im Klaren, dass nur er die Frage hörte, ob er nicht endlich aufhören könne ihre Tochter zu belästigen und sich wie ein normaler Mensch verhalten könne. Seid dieser Begegnung vermied er es, das Haus zu betreten und wenn er doch einmal in die Nähe kam, so setzte er nur seine kleine Freundin ab.

Mit der Zeit ergab es sich, dass sie auch bei ihm öfters zu Besuch war. Der Vater hatte dagegen nichts einzuwenden, zumal er es begrüßte, dass der Junge seiner Tochter auch bei den Hausaufgaben half. Doch nach einiger Zeit, als sie immer öfters bei ihm zu Besuch war, veränderte sich etwas an dem Mädchen. Ihre leuchtenden, fröhlichen Augen wurden immer matter. Allgemein wurde sie bockiger und teilweise auch aggressiv, oder sie sagte gar nichts und blieb stumm. Die Treffen mit ihrem Freund wurden immer weniger und irgendwann erschien sie überhaupt nicht mehr. Als der Vater sie dann eines Tages scherzend nach ihrem Liebhaber fragte, blieb sie stumm und ging in ihr Zimmer. Der Jüngling hatte fürchterliches Liebeskummer und unterließ es, seiner Tätigkeit nach zu gehen. Er ging morgens zur Bushaltestelle, doch sie erschien erst kurz bevor der Bus eintraf. Als er sie dann in diesen kurzen Augenblick nach ihrem fernbleiben fragen wollte, ignorierte sie ihn und stieg schnell in den Bus. Quälende Einsamkeit zerrte an ihm und eine immer größer werdende Leere umhüllte seinen Körper. Eines Morgens klopfte es an der Tür.

Sicher, es war nicht einfach für ihn. Er hatte eben nie gelernt ein Selbstbewusstsein aufzubauen. Auch wusste er nicht wirklich wie man sich behauptet und es fehlte ihn an körperlicher Stärke, damit hätte er wenigstens einiges kompensieren können. Ja, das dachte er sich, er hätte stark sein müssen, wie die Helden in seiner Fantasie. Doch es half ja nichts. Er war nun hier und so sollte es auch sein. Sagte er sich, als er sich schmerzend auf seinen Stuhl bewegte. Er dachte schon lange nicht mehr an sie. Er hatte sie wirklich geliebt, ja, das war die Zeit, wo er das erste Mal wahre Liebe für jemanden empfand. Doch seine Liebe konnte sie nur bis zu einem gewissen Punkt erwidern. Das weiß er jetzt. Auch wenn er sich immer noch fragt, warum sie es ihm nie gesagt hat. Sie waren doch sonst immer so ehrlich zueinander. „Hilft ja alles nichts“, sprach er leise zu sich. Solange sein Kamerad nicht hier war, konnte er wenigstens einmal durch schnaufen. Vielleicht würden dann auch endlich diese Schmerzen aufhören. Es würde schon noch ein bisschen dauern bis er zurück kommt. Solange wird er die Augen schließen, fünf Jahre lang.

 

Hallo Donatien,

und herzlich Willkommen hier bei den Wortkriegern!
Du schreibst in deinem Profil, dass du hier gesellschaftsrelevante Themen suchst, deswegen war ich fast ein wenig enttäuscht - nein, ich war wirklich enttäuscht - als ich anfing, deinen Text zu lesen. 'Schon wieder so ne olle Liebesgeschichte', dachte ich. Nun gut - ich wurde eines besseren belehrt ;)

Eine herkömmliche Liebesgeschichte ist es definitiv nicht. Ein sehr gewagtes Thema, das du da rausgesucht hast, und ich weiß noch nicht so genau, ob ich den Umgang damit für gelungen halte oder nicht. Darum erstmal ein bisschen Textkram.

Den auch er tat etwas, so wie viele etwas tun,
Er sah sie an, den sie war vom weiblichen Geschlecht
beide Male *denn

Doch gewann die Traurigkeit die Oberhand und Tränen liefen vom Gesicht.
Das klingt seltsam, normalerweise laufen sie ja übers Gesicht, nicht davor weg ;)

So viel nichts umgab ihn nun, so viel, dass er beinahe erstickte.
Ich denke das 'nichts' ist in diesem Fall substantiviert, müsste also groß geschrieben werden.

lies er all die Luft wieder raus.
lies er das Leben aus seinen Körper.
Präteritum von 'lassen' ist 'ließ', 'lies' ist der Imperativ von 'lesen'.

,,Du“,
Für die Anführungszeichen unten musst du nicht zwei Kommas setzen, da gibt's ne eigene Taste für. Tatsächlich ist das die gleiche, die du auch für die Anführungszeichen oben setzt. Der Computer entscheidet dann selber, ob die unten oder oben hinmüssen.

Du schwankst manchmal noch zwischen den Zeiten, vielleicht auch oft, mein Gehirn ersetzt meistens schon unterbewusst die richtigen Zeiten, daher fällt mir sowas nur selten auf. Zwei Beispiele hab ich gefunden:

Sein Herz schlug wie wild, doch nicht weil er so schnell gelaufen ist,
*gelaufen war
O, wie viel Liebe er doch für sie verspürt!
*verspürte

Gut, nun zum Inhalt. Da hat ja einer ganz schön gegen seine Gefühle zu kleinen Mädchen zu kämpfen. Gut so, würde er das nicht tun, wär's gruselig.
Dein Schreibstil ist leider nicht meins, zu sehr auf 'altmodisch' gemacht, zum Teil viel zu pathetisch. Hier zum Beispiel:

Er würde... O, wie viel Liebe er doch für sie verspürt! Brennende Sehnsucht stieg vom Halse bis in die Augen und er weinte fürchterlich.
Fürchterlich ist zwar nicht ganz so schlimm wie 'bitterlich', klingt für mich aber in Kombination mit dem Weinen trotzdem zu sehr nach den Grimmschen Märchen.

Die Reaktion des Vaters finde ich überzogen, bisher hat sich alles, was sich nicht gehört, ja nur im Kopf deines Prots abgespielt. Wo kommen wir denn da hin, wenn Männer nicht mal mehr freundlich zu Kindern sein dürfen?
Wobei er ja nicht mal freundlich war. Er war einfach nur da und hat nichts gemacht. Nee nee, das reicht nicht, um als Vater so auszurasten.
Auch die Begründung, dass er ihn nicht zusammenschlägt, weil seine Tochter dabei ist, zieht bei mir nicht. Anscheinend ist es ihm ja vollkommen egal, dass seine Tochter die übelsten Schimpfwörter aufschnappt, warum hat er dann Hemmungen bei physischer Gewalt? Das passt nicht zu dem Bild, das du von ihm zeichnest.

So, nun zum Ende, das ist mal wieder ein Selbstmord, der mittlerweile von so vielen Autoren als einfache Lösung für schwierige Enden benutzt wurde, dass er in meinen Augen nur noch unkreativ ist. Damals, zu Goethes Zeiten, da war das vielleicht noch revolutionär, als der gute Werther sich vor lauter Verzweiflung selbst erschießt, aber heutzutage klappe ich da nur noch gähnend das Buch zu, sofern mir der Charakter nicht vorher so nah gebracht wurde, dass ich mit ihm mitleide und bis zum Schluss hoffe, dass er es nicht tun wird.
Du baust aber keine Nähe zwischen deinem Prot und dem Leser auf, daher ist es mir wirklich vollkommen schnurzpiepe, ob der sich jetzt umbringt oder nicht.

Ein richtig abschließendes Fazit kann ich nicht geben, wirklich zugesagt hat mir die Geschichte leider nicht, was vermutlich auch einfach an dem Stil liegt, der eben nicht meinen Geschmack trifft. Inhaltlich finde ich das Ende deutlich zu schwach, und wie schon erwähnt ist mir die Konfrontationsszene viel zu unplausibel.

Wie dem auch sei, Übung macht ja bekanntlich den Meister, also lass dich nicht unterkriegen von meiner Kritik, sondern zieh heraus, was dir nützlich erscheint und ganz wichtig: nicht aufgeben! ;)

Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Vielen Dank für die Kritik, Sommerdieb!

Zuerst danke ich Ihnen für die Aufzählungen meiner formalen Fehler, welche ich verbessern werde. Da die Sprache nicht Ihren Geschmack trifft, glaube ich, dass ein weiteres eingehen darauf keinen Sinn macht.

Was die Konfrontationsszene anbelangt, so gebe ich zu, dass sie extrem und teilweise widersprüchlich ist (Schimpfwörter, Androhung physischer Gewalt, Tochter im Hintergrund). Wenn ich nun Argumente nennen müsste, die eine Rechtfertigung einer solchen direkten Reaktion untermauern, so würde ich eine allgemein paranoider werdende Gesellschaft nennen. Würde das diesen Ausbruch authentischer wirken lassen? Möglicherweise, dennoch sage ich, was auch daran liegt, dass ich beim Verfassen dieser Stelle nie wirklich überzeugt war und selbst Zweifel hegte, dass Sie durchaus recht haben, wenn Sie sagen diese Stelle sei überzogen. Ich werde Sie gegebenenfalls noch einmal überarbeiten.

Was das Ende betrifft und damit den Selbstmord, so würde ich hier einwerfen, dass es der letzte Ausweg aus einem quälenden Dilemma ist. Denn, egal was der Protagonist tut, er wird immer leiden. Hält er sich von Kindern fern, so wird ihn eine tiefe Sehnsucht quälen. Nähert er sich ihnen wiederum und wird es bei dieser Neigung nicht bloß bei Freundlichkeiten bleiben, so muss er mit Stigmatisierung und im Zweifelsfall mit Haftstrafen rechnen. Sicher das geht nun weiter als die Geschichte und stimme ich Ihnen auch zu, dass die emotionale Bindung nicht sehr ausgeprägt ist, mag dies an der Kürze oder auch an (noch) fehlendem Talent liegen. Wahrscheinlich an beiden.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Konfrontationsszene durchaus etwas ist, worüber ich mir noch einmal Gedanken machen werde, zusätzlich zu den formalen Fehlern, die verbessert werden müssen. Was das Ende betrifft, so hoffe ich, dass man es besser versteht.

Daher danke ich Ihnen erneut für Ihre Kritik!

Mit freundlichen Grüßen,
Donatien

 

Hallo Donatien,

oha, wenn ich gesiezt werde, fühle ich mich immer so alt. Also wenns dir nichts ausmacht, sag doch einfach du ;)

so würde ich eine allgemein paranoider werdende Gesellschaft nennen.
Ich glaube, so eine Tendenz gibt es tatsächlich, vor allem in der Kombination junges Mädchen - älterer Mann, und das darf man auch keinesfalls unkritisch betrachten. Diese direkte Aggression würde es dennoch nicht erklären, eher eine grundsätzlich ablehnende Haltung, die schnell umschlagen kann.

der letzte Ausweg aus einem quälenden Dilemma ist. Denn, egal was der Protagonist tut, er wird immer leiden.
Nun, ganz richtig, es ist der letzte Ausweg. Aus deinem Text geht nicht hervor, dass dein Prot sich bereits Hilfe von außen geholte hat. Solche Neigungen haben ja (hoffentlich) oft einen 'guten' Grund, vielleicht ein Missbrauchserlebnis in der Kindheit oder ähnliches. Ich denke, dass man mit einer Therapie durchaus Menschen helfen kann, insbesondere, wenn diese sich helfen lassen wollen, und ich habe schon das Gefühl bekommen, dass dein Prot sehr unglücklich mit seinen Gefühlen ist und diese gerne loswerden würde.
Ich kenne mich mit der Materie natürlich nicht sehr gut aus, aber ich denke, gerade so jemandem kann geholfen werden. Zumindest hoffe ich das.

Aber letztendlich ist es deine Geschichte, und die Entscheidung, wie du sie enden lässt, liegt ganz allein bei dir.

Auf jeden Fall danke ich ganz herzlich für deine ausführliche Antwort auf meinen Kommentar, da weiß man, dass man nicht umsonst geschrieben hat!
Grüße vom Sommerdieb

 

Hallo Donatien,
eine heikle Thematik, die Du da gewählt hast. Darauf möchte ich aber nicht Bezug nehmen. Das geht sicher, aus der Perspektive das Innenleben einer Figur zu beleuchten. Aber, ich glaube, gerade auf diesem schwierigen Terrain muss die Sprache sehr gezielt sein, ganz klar auf das abgerichtet, was man sagen will. Ich könnte mir da eher einen sezierenden Blick vorstellen, der sehr nüchtern die Zerissenheit und Brüchigkeit der Figur beschreibt und aus dem heraus die Schilderung der Abgründe ganz genau dosiert ist. Ich beziehe mich also da jetzt nicht auf die Form und den Aufbau, nur auf die Sprache. Und die scheint mir im Stil einfach nicht das zu treffen, was Du darstellen willst. Schon am Anfang: Da lächelt die Sonne durch den Vorhang, dann küsst sie ihn nicht. Dann erhebt er sich und geht zum Glück bekleidet durch die Straßen. Ich empfinde das so eigenartig poetisiert im Stil, was für mich eben nicht in den Kontext passen mag. Und so geht das weiter in vielen sprachlichen Wendungen. Das exzessive Darstellen des Schwitzens in verschiedenen Varianten, gut, das ist eine nachvollziehbare Reaktion. Aber in der Wiederholung und im Ausdruck (lief auf seinen Körper hinab und so weiter) befremdet mich das eher.
Manchmal ist dann auch wieder so ein märchenhafter Ton drin mit einem selten verwendeten Vokabular. Richtig Angst bekommen habe ich bei dem Anschiss des Vaters. Das ist sehr authentisch. Ob die Heftigkeit plausibel ist, darüber hat sich Sommerdieb schon geäußert.
Herzlich
rieger

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Donatien,

heißes Eisen, das du da anpackst mit deiner Thematik. Bis zur Hälfte deiner Geschichte war ich eigentlich der Meinung, dass du uns hier eine 0815-Liebesgeschichte servierst. Die Wende in deiner Geschichte hat mich daher ziemlich überrascht. Gut gelungen. :thumbsup:
Insgesamt fand ich den Inhalt deiner Geschichte sehr interessant, auch wenn das Ende aus meiner Sicht etwas flach ausfiel. Zu viele Kurzgeschichten enden mittlerweile mit Suizid (an sich ja nichts Schlimmes, sich mit dem Thema "Suizid" auseinanderzusetzen, doch zu häufig fehlt in solchen Geschichten am Ende das überraschende Element, um den Leser noch etwas von der Geschichte mitzugeben z.B. eine Wende o.Ä.). Suizid wird aus meiner Sicht in solchen Geschichten ziemlich inflationär verwendet, obwohl es mit deiner Erklärung im Kommentar für deinen Text sehr stimmig wirkt.

Zu Beginn hatte ich etwas Probleme in deine Geschichte reinzukommen. Die vielen langen Sätze (mit teilweise eingeschobenen Begleitsätzen und haufenweise Kommas) haben mich zu Beginn einigermaßen verwirrt und es fiel mir schwer deinen Text flüssig runterzulesen. Einige Sätze musste ich 2-3mal lesen, um sie zu verstehen Ein paar kürzere Sätze würden aus meiner Sicht für etwas mehr Klarheit sorgen. Was deinen Schreibstil allgemein angeht, möchte ich gar nicht viel dazu sagen. Schreibstil ist immer etwas Persönliches und außerdem Geschmackssache und da gibt es aus meiner Sicht kein "richtig" oder "falsch".
An manchen Stellen ist dein Text vielleicht noch ein wenig ungelenk formuliert, z.B.

Einmal jedoch, und es war voraus zu sehen, blickten sie sich alle beide gleichzeitig in die Augen.

Ich selbst habe häufig das gleiche Problem :D, doch das sollte mit etwas Übung zu schaffen sein.

Bis dahin,

Grüße KuJog

 

Ich habe nun meine Geschichte geändert. Grund dafür war die Konfrontationsszene und eine allgemeine Unzufriedenheit mit den späteren Verlauf. Die Kritiken von rieger und KuJog habe ich gelesen, muss aber an dieser Stelle auch einräumen, dass die ,,Neue Fassung“ gestern Nacht entstanden ist und ich somit logischerweise nicht darauf eingehen konnte. Übrigens werde ich die ,,Ursprungsfassung“ mit in dieser Nachricht posten, da die beiden Geschichten sich im weiteren Verlauf doch deutlich unterscheiden.

Diese ,,Neue Fassung“ unterscheidet sich bis zum Auftauchen des Vaters nicht von der Ersten. Jedoch habe ich den Charakter des Vaters in der Zweiten geändert, hier kann man mir durchaus nachsagen, dass der Vater nun viel zu vertrauensvoll ist. Doch glaube ich auch, dass die Reaktion nicht gänzlich unrealistisch ist. Auf was es hinausläuft ist eine pädophile Beziehung zwischen dem Mann und dem Mädchen. Diese beschreibe ich eingehender und man wird mir durchaus nachsagen können, dass manches Vokabular ,,Pärchen“ oder stellenweise der Humor ,,wenn seine Freundin ins Bett musste“, fehl am Platz sind und dadurch die Beziehung verharmlost wird. Dennoch glaube ich, dass ich es nicht beschönige, dass wird in den letzten beiden Absätzen deutlich. Hier beschreibe ich die (direkten) Folgen des sexuellen Missbrauchs und auch hier stimme ich zu, wenn man sagt, dass ich es intensiver und eingehender hätte beschreiben sollen. Ich hoffe das Ende ist deutlich genug, denn es zeigt den Protagonisten im Gefängnis, der, und ich hoffe auch dies wird deutlich, unter Misshandlungen leidet.

Abschließend kann ich nur sagen, dass es wohl keine richtige Herangehensweise an dieses Thema gibt. Fixiere ich mich zu sehr aufs Kind, so lasse ich den Täter unbeleuchtet und erschaffe, mehr oder weniger, das ,,Böse“. Konzentriere ich mich zu stark auf den Mann, so wird man mir Verharmlosung unterstellen.Wenn ich nun anfange jede Handlung des Mannes zu dem Mädchen mit einem enorm kritischen Auge zu beleuchten, so weiß ich nicht, ob ich damit nicht eher noch mehr Misstrauen gegenüber der Beziehung ,,Mann Kind“ schüre. Sicher, meine Geschichte handelt von einem Pädophilen Mann, doch ist die Grenze zwischen Missbrauch und Kinderliebe eben sehr dünn.

Es ist ein enorm schwieriges Thema und doch glaube ich, dass es sich lohnt mehr darüber zu wissen. Den mit Stigmatisierung wird man niemanden helfen, vielmehr drängt man diese Personen in die Isolation und dann bleiben sie alleine mit ihrem Druck. Das heißt und das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich sagen, nicht, dass sexuelle Handlungen an Kindern verharmlost werden sollen. Es ist gut, wenn man sich mit Themen, gerade mit derart unangenehmen beschäftigt. Denn das baut Vorurteile ab, wirkt präventiv gegen Stigmatisierung und fördert im Allgemeinen ein besseres Zusammenleben.

Ob ich nun mit meiner Geschichte etwas gegen oder gar für die Stigmatisierung von Pädophilen getan habe, kann ich nur für mich selbst einschätzen. Und wenn ich Menschen dazu bewegt habe sich näher mit dieser heiklen Thematik zu beschäftigen, so ist das auch schon ein Gewinn. Vielleicht habe ich aber auch total daneben gegriffen, ich weiß es nicht. Das sollen zwei (Ursprungsfassung, ,,Neue Fassung“) Versuche meinerseits sein, sich irgendwie dem Thema zu nähern.

Mit freundlichen Grüßen
Donatien

Nachfolgend die ,,Ursprungsfassung“ der Geschichte:

Der Morgen legte sich über das kleine Städtchen, erhellte die Fassaden der Gebäude und lächelte auch durch den Vorhang eines kleinen Raumes. In diesem Raum lag ein junger Mann, er schlief nicht mehr, der zarte Kuss der Sonne weckte ihn nicht, etwas anderes belebte seinen Geist. Er erhob sich, machte das, was ein jeder Mensch macht und ging bekleidet auf die Straße. Denn auch er tat etwas, so wie viele etwas tun, doch dies interessiert uns nicht. Nennen wir es Arbeit, der Weg zu dieser wird beleuchtet, nicht die Tätigkeit. Er musste immer an einer Bushaltestelle vorbei und da saß jemand, jemand der ihn beunruhigte. Er sah sie an, denn sie war vom weiblichen Geschlecht, sobald sie jedoch den Kopf in seine Richtung neigte, war sein Blick da, wo es in Ordnung ist. Anfangs bemerkte sie ihn nicht, doch mit der Zeit, jeden Morgen begegneten sie sich, verstand sie immer mehr. Nun blickte sie immer öfters auf ihn und er hatte die größte Not, einen Moment zu erwischen, wo ihre Augen sich von ihm abwendeten. Sein Herz schlug immer ein paar Takte mehr, wenn der Moment der Begegnung kam und da er nun wusste, dass sie ihn ansieht, fiel ihm das Laufen bei der Begegnung etwas schwer. Einmal jedoch, und es war voraus zu sehen, blickten sie sich alle beide gleichzeitig in die Augen. Als sie seinen Blick bemerkte lächelte sie ihn an. Er merkte wie das Blut in seinen Kopf stieg, blickte geradeaus und lief schneller als sonst an dem Mädchen vorbei. In einiger Entfernung, sie konnte ihn nicht mehr sehen, stützte er sich mit beiden Händen gegen eine Wand. Sein Herz schlug wie wild, doch nicht weil er so schnell gelaufen war, vielmehr war es dieser Blick, dieses Lächeln, was ihn völlig aus der Fassung stieß. Angst, mit tiefen Glück gepaart, durchströmte seinen Geist in diesem Moment. Doch gewann die Traurigkeit die Oberhand und Tränen liefen über sein Gesicht.

Am Abend, als er wieder in seinem Raume saß, mit einem Buch auf dem Schoß, konnte er nicht lesen. Ständig dachte er an sie, zuvor tat er dies auch schon, doch durch das Lächeln verschlimmerte sich dieser Zustand. Er lief im Raume umher, malte sich die schönsten Geschichten mit ihr aus und wurde immer unruhiger. Er schwitzte, sein Hemd war an den Seiten schon ganz nass, und die phantasierten Momente wurden immer intensiver. Doch dann setzte er sich auf den Bettrand und wurde still. All die Sehnsucht stieß immer gegen eine Wand, eine Wand vor der er sich nun stellte, nicht bewusst, sein Geist zerrte ihn dahin. Dort war es kalt und so furchtbar leer. Ein Gefühl wie ein Wort, welches man sprechen möchte, doch es kommt am Ende nur Luft heraus. Frustration, mit leidender Gleichgültigkeit als Antwort darauf und heiße Tränen liefen das regungslose Gesicht hinab. So viel nichts umgab ihn nun, so viel, dass er beinahe erstickte.
Er lag nun auf dem Bett. Wie es wohl wäre, wenn sie hier mit ihm auf dem Bett läge? Er würde sie umarmen, mit ihr schmusen und sie ganz lieb haben. Sie würden sich anlächeln mit tiefer Sehnsucht und ein Kuss würde sie für immer vereinen. Er würde... O, wie viel Liebe er doch für sie verspürte! Brennende Sehnsucht stieg vom Halse bis in die Augen und er weinte fürchterlich.
Am Ende war er leer, nicht müde und nicht wach, er war nur noch am Leben, weil sein Herz nicht aufhörte zu schlagen. So lag er da, Sekunden, Minuten, die Zeit verging, doch er war nur da, der Geist war abwesend. Kalter Schweiß bildete sich unter den Armen, er blieb regungslos, gelähmt von den eigenen Gedanken. Sein Brustkorb hob sich und mit einem Ruck, ließ er all die Luft wieder raus. Er war nicht in Ordnung, so wie ein jeder in Ordnung sein muss, er war zu weit entfernt. Irgendwann schlief er dann ein, einsam, so schrecklich einsam.

Am nächsten Morgen lachte die Sonne erneut in den kleinen Raum, dieses mal weckte sie ihn, doch er war noch zu benommen vom gestrigen Akt, als das er sich erheben würde. Die Zeit verging. Noch immer kreiste das Lächeln in seinen Gedanken und noch immer schmerzte es, jedoch etwas gedämpft. Er erhob sich aus dem Bett, wenn auch später als gewöhnlich. Gekleidet und in Ordnung verließ er das Haus und ging den Weg, den er immer ging. Sie saß wieder dort und wieder erblickte sie ihn. Er ging, ohne sie auch nur kurz anzuschauen, zur Haltestelle und setzte sich zu ihr auf die Bank, am rechten äußersten Rand, also genau entgegengesetzt zum Mädchen. Sein Herz schlug unaufhörlich und als sie ihn forschend betrachtete, lief der kalte Schweiß von seinen Achseln auf den Körper hinab. Er war fürchterlich angespannt und seine aufrechte Haltung beim Sitzen hatte etwas unnatürlich gezwungenes. Es vergingen einige Momente. „Du“, ertönte es vom kleinen Mädchen zum Herren zugewandt, „Du schaust mich immer an und wenn du an mir vorbei kommst, da läufst du dann immer so komisch. Ich find dich irgendwie lustig.“ Er spürte wie all das Blut in seinen Kopf stieg und sich viele kleine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Er atmete sichtlich, mit einer ungeheuren Nervosität, ein und aus, und zitterte am ganzen Körper. Sein Hemd, welches er unter seiner Jacke trug, war an den Seiten komplett nass. ,,Ist alles in Ordnung?“, fragte das kleine Mädchen irritiert. Als er die Frage hörte sprang er auf und verließ so schnell es ging die Szene. In weiter Entfernung lehnte er sich mit stark hämmernden Herz an eine Wand, sank zu Boden und sprach leise, mit einem leichten Lächeln, „irgendwie lustig“.

Am nächsten Morgen war er schon Stunden bevor er außer Haus ging wach, ja die Sonne war noch nicht einmal am Himmel erschienen, als er schon mit Freude, gepaart mit Angst, im Bett lag. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und lief nervös im Zimmer auf und ab. Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis die Sonne endlich aufging. Da er nicht mehr warten konnte, begab er sich viel früher auf den Weg als sonst. Er erreichte die Haltestelle, noch war sie nicht da und so beschloss er sich hinzusetzen und zu warten. Er saß am äußersten rechten Rand und die Zeit verging. Plötzlich erschien sie, er erspähte sie von weiten, doch seinen Blicken wich sie aus, noch jemand war bei ihr, ein großer Mann mittleren Alters. Der ältere Herr beugte sich nach vorne, als ihm das kleine Mädchen etwas sagte, und mit dem Finger auf den jungen Mann an der Bushaltestelle zeigte. Angst stieg in ihm auf, fürchterliche, lähmende Angst umhüllte jede Zelle in seinem Leibe. Er wollte aufstehen und wegrennen, als er eine tiefe, bedrohliche Stimme hörte. ,, Sind Sie der Herr, der Gestern hier mit meiner Tochter saß?“, und dabei blickte der Ältere ihn mit zusammengekniffenen Augen an. I-ich..“, stammelte der Jüngling, der dem Herrn nicht ins Gesicht blickte, sondern vor seinen Schuhen mit den Augen verweilte. ,, Hören Sie mir genau zu“, drang es aus dem älteren Herrn mit finsteren Blick,,solche“, er stoppte kurz, „solche Drecksschweine wie Sie sind der Schandfleck einer jeden Gesellschaft. Traurig, dass es die Todesstrafe nicht mehr gibt, ich wäre der erste, der Sie an die Wand stellen würde und höchstpersönlich würde ich den Abzug ziehen. Dann wäre ein weiterer widerlicher Parasit entfernt.“ Er spuckte vor die Füße des jungen Mannes. ,,wenn meine Tochter nicht hier wäre, ich würde Sie windelweich prügeln. Sie kranker Mistkerl!“ Eine kurze Pause trat ein, dann begann es erneut. ,,Wenn Sie es auch nur noch einmal wagen meine Tochter anzusehen, dann breche ich Ihren Hals. Und jetzt, hauen Sie ab, widerlicher Abschaum.“ Beim letzten Satz bewegte er seine Hand so, als ob er eine Mücke weg schlagen würde. Er saß da wie eingefroren, sein Hemd war vollständig durchnässt, viele Schweißperlen zierten seine Stirn, während er mit weit aufgerissenen Augen auf den Boden sah. Er wippte leicht mit dem Oberkörper vor und zurück. „Abhauen hab ich gesagt!“, schrie er den Jüngling an, doch dieser saß nur da, mit heißen Tränen in den Augen. Als er der Forderung nicht nachkam, packte der Herr ihn und schubste ihn weg von der Haltestelle, er fiel hin. Nun konnte er es nicht mehr halten und fing das weinen an, raffte sich auf und rannte nach Hause. „Wenn ich dich noch einmal seh..“, hörte er noch und dann machte der Schmerz seine Ohren taub.

Als er wieder in seinem Raum war, schmiss er sich ins Bett und der ganze Schmerz überwältigte ihn. Die Schmerzensschreie der Seele wurden durch die Tränen sichtbar und die Qual hörte nicht auf. Oft dachte er daran, doch nun war es nur ein Griff, ein Reflex, ein Impuls der ihn dazu trieb. Es war klein dieses kalte Stück, so erschreckend klein, langsam glitt es hindurch, tief, so unendlich tief. Er sah es an, und legte sich mit seinem Rücken aufs Bett, während seine Seele aus ihm heraus lief. Alles war auf einmal so entfernt, weg, so unfassbar weit weg. Es wurde kalt und sein ganzer Körper bedeckte sich mit Schweiß. Sein Blick wurde immer dunkler. Sein Brustkorb erhöhte sich leicht beim Luft holen und mit einem Ruck, ließ er das Leben aus seinen Körper.

 

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