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Die Gurke

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05.09.2015
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Die Gurke

Ich saß starr auf dem Stuhl und biss mir verzweifelt auf die Lippe. Das Glas saurer Gurken stand auf dem Tisch, daneben eine Packung Schokolade. In der Stille des Raumes war außer dem beständigen Ticken der Uhr kein Geräusch zu hören. Tick-Tack, Tick-Tack verstrich eine Sekunde nach der anderen, während ich wie hypnotisiert auf das Glas starrte.

Ich spürte meinen Hunger, mein Verlangen die Hand auszustrecken und mir eine Gurke zu nehmen. Doch diesem Impuls nachzugeben, würde bedeuten es real zu machen. Meine Übelkeitsanfälle. Meinen Hunger auf alles Mögliche. Das Testergebnis.
Die letzten zwei Tage verbrachte ich nur im Bett, mit der Bettdecke über dem Kopf –ein verzweifelter Versuch die unbarmherzige Realität auszublenden.

Er rief ein paar Mal an, aber ich hatte nicht die Kraft gehabt den Hörer abzunehmen. Und selbst wenn ich es getan hätte, wüsste ich nicht, was ich ihm sagen sollte.

Doch irgendwann musste ich aufstehen und jetzt saß ich hier, mit angezogenen Knien und schaute auf das Glas.
Tick-Tack, schon wieder eine Minute verstrichen.
Mein Magen fing an zu Knurren und automatisch legte ich die Hand drauf. Ob das Gefühl mit einem dicken Bauch dasselbe wäre?

Ich atmete langsam und tief durch und griff zögerlich nach dem Glas. Nach mehreren Versuchen gelang es mir, eine Gurke herauszufischen. Ich starrte sie an, lange, fixierte sie regelrecht.
Dann fing ich an sie zu essen. Nach dem ersten Bissen konnte ich nicht aufhören, ich stopfte sie in mich hinein, als gälte es, einen Rekord zu brechen.
Kurze Zeit später starrte ich wieder auf das Glas, doch diesmal war es leer.
Ich stand auf und suchte, eine Hand auf meinen Bauch gelegt, das Telefon.

 
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Ich wollte eigentlich gerade den Browser schließen, doch die Überschrift machte mich neugierig: Die Gurke musste ich lesen!

Hallo Citizi K - und Willkommen hier bei den Wortkriegern!

Ich gehe einfach mal von oben nach unten durch Deinen kurzen Text - und das schiebe ich dann doch mal voran: Er hat mir gefallen =)

Tick-Tack, Tick-Tack verstrich eine Sekunde nach der anderen,
Vorschlag: "Tick-Tack, Tick-Tack - eine Sekunde nach der anderen verstrich, ..." Für mich persönlich klingt das runder.

Ich spürte meinen Hunger, mein (das) Verlangen die Hand auszustrecken und mir eine Gurke zu nehmen.
Hier könntest Du - um für Abwechslung zu sorgen - das zweite Possesivpronomen vermeiden. Meine persönliche Meinung: Das Verlangen, eine Gurke "zu nehmen" könntest Du stärker ausdrücken.

Die letzten zwei Tage verbrachte ich nur im Bett, mit der Bettdecke über dem Kopf –[leerzeichen]ein verzweifelter Versuch[,] die unbarmherzige Realität auszublenden.

Er rief ein paar Mal an, aber ich hatte nicht die Kraft gehabt[,] den Hörer abzunehmen.
"gehabt" mag ich persönlich nicht so. Vielleicht: ..., aber mir hatte die Kraft gefehlt, ...

Und selbst wenn ich es getan hätte, wüsste ich nicht, was ich ihm sagen sollte.
..., was ich ihm hätte sagen sollen. (Ohne Gewähr - aber für mich klingt das "richtiger".)

Doch irgendwann musste ich aufstehen und jetzt saß ich hier, mit angezogenen Knien und schaute auf das Glas.
Doch irgendwann hatte ich aufstehen müssen und jetzt saß ich hier, ...
Hier ist es ja die "Vorvergangenheit"... oder? Liege ich falsch?
Davon abgesehen: Mir gefällt Deine Szene - ich sehe die junge Frau am Küchentisch sitzen, mit angezogenen Beinen auf einem Stuhl hockend, in einem langen Pulli und gemütlichen Kuschelsocken, und vor ihr das Gurkenglas. Dieses Bild hätte ich aber gerne schon gleich zu Beginn in meinem Kopf - aber da sitzt sie nur starr auf dem Stuhl. Als Einstieg fänd ich dieses Bild echt schön!

Mein Magen fing an zu [k]nurren und automatisch legte ich die Hand drauf.
automatisch finde ich hier nicht so schön. Und vielleich "darauf"?

Ich starrte sie an, lange, fixierte sie regelrecht.
Vielleicht: Ich starrte sie lange an, fixierte sie regelrecht. Liest sich einfach einfacher.

So, das wars mit meinen sprachlichen Anregungen. Wie gesagt, ich mag Deine kurze Szene über eine junge Frau, die sich am Küchentisch einem Glas saurer Gurken und einer großen Veränderung gegenübersieht, die sie noch nicht ganz wahrhaben will. Geschwängert von einem Mann, mit dem sie (noch) gar nicht richtig zusammen zu sein scheint. Inhaltlich könntest Du für meinen Geschmack noch etwas tiefer in die Gefühlswelt der jugen Dame eintauchen - vielleicht, was die Veränderung für sie bedeuten würde, dass sie Angst vor der Veränderung hat. Und die Tafel Schokolade (gehört ja zu dem Klischee der Geschmacksverirrung einer Schwangeren) braucht es hier meiner Meinung gar nicht ;)

Und zuletzt: Bei dem Titel hatte ich eine normale Salatgurke im Kopf :D Vielleicht: Die saure Gurke; oder: Das Glas saure Gurken. Aber das ist nun wirklich rein subjektiv - und es ist schließlich Dein Werk! ;)

Also, gerne gelesen! Und viel Spaß hier =)

Der Fred

 

Hallo Citizi K!

Also, unter dem Stichwort "Kinder" sollen eigentlich Geschichten für Kinder (bis 12 Jahre) gepostet werden.

Inhaltlich ist mir das zu wenig. Sie ist schwanger. Aber da ich sie nicht kenne und du sie mir auch nicht vorstellst (Charakterisierung!), ist mir das (und ob sie es nun ihrem Freund sagt oder nicht) herzlich egal.

Das Wichtigste an einr Geschichte ist das "Wer". Also, wer ist sie? Bisher hat sie nich mal einen Namen, kein Alter (Ist sie jung, wie Fred meint? Sie könnte auch schon 40 sein, das steht ja nirgends im Text), kein Äußeres. Sie ist bloß irgendwer.
=> Mache eine Persönlichkeit aus ihr!

Grüße,
Chris

 
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Hallo Fred,

Was die sprachlichen Anregungen betrifft, so habe ich mir die meisten zu Herzen genommen. Eine Verbesserung ist schon in Arbeit ^^.

ich sehe die junge Frau am Küchentisch sitzen, mit angezogenen Beinen auf einem Stuhl hockend, in einem langen Pulli und gemütlichen Kuschelsocken, und vor ihr das Gurkenglas.Dieses Bild hätte ich aber gerne schon gleich zu Beginn in meinem Kopf - aber da sitzt sie nur starr auf dem Stuhl. Als Einstieg fänd ich dieses Bild echt schön!
- Was das betrifft, so hatte ich das Bild schon von Anfang an im Kopf, habe aber nicht bedacht, dass es für Leser nicht selbstverständlich ist; danke dass du darauf hingewiesen hast. :)

Und wegen dem Titel: Was ich an ihm persönlich gut finde, ist dass er kurz und bündig ist und (trotz evtl. falscher Vorstellungen xD) die Leute interessiert, wie es ja auch bei dir der Fall war:).

Insgesamt vielen Dank für die konstruktive Kritik:)

Citizi K


Hallo Chris,

werde ich ab sofort wissen, danke.
Was die Charakterisierung betrifft so finde ich bei Kurzgeschichten darf die Person ruhig etwas oberflächlich gestaltet sein, aber ich verstehe dass ich es zu knapp gehalten habe. (PS: Die Frau ist tatsächlich jung:) )
Jedenfalls wede ich an der Persönlichkeit arbeiten, danke für deine Kritik.

 

Hallo Citizi,

vorab: Mir persönlich hat dein Text bzw. diese kleine Szene gut gefallen.
Ich finde du hast einen guten, knappen Schreibstil. Also du schreibst nicht zu viel ,,drum herum". Allerdings führt dies auch dazu, dass die Protagonistin zu abstrakt wirkt (in der kurzen Zeit evtl. mit Namensgebung ausgleichen- ansonsten evtl.mehr Emotionen)

Tick-Tack, Tick-Tack verstrich eine Sekunde nach der anderen,...
-Finde ich auch sehr abgenutzt, habe allerdings selbst keinen Gegenvorschlag.

Doch diesem Impuls nachzugeben, würde bedeuten es real zu machen.
- Das könnte man beim ersten Lesen falsch verstehen- Ist damit die Schwangerschaft gemeint oder in Wahrheit Gurken zu essen (klingt albern, ging mit tatsächlich erst so)
Vorschlag: ,würde bedeuten, dass es wahr/echt ist.

Alles andere wurde schon gesagt bzw. wäre mir persönlich nicht aufgefallen.
Abschließend, finde ich deinen Text sehr gut, könnte die Einleitung einer Geschichte sein.

Liebe Grüße

Julia

 

Hallo Citizi K,

Im Grunde hat mir die kleine Szene gefallen. Aber es ist in meinen Augen keine Kurzgeschichte, eher ein Blogeintrag. Du hast einen schönen Schreibstil, wenn man den Text gelesen hat, hast du ein schönes Bild gezeichnet. Aber für eine Kurzgeschichte ist das zu wenig. Vielleicht betrachtest du das als Grundlage für eine längere Geschichte, in der deine Protagonistin dann auch Farbe bekommt, also einen Namen, in der sie auch etwas zu sagen hat, vielleicht Eltern oder Freunde eine Rolle spielen.

Die letzten zwei Tage verbrachte ich nur im Bett, mit der Bettdecke über dem Kopf –ein verzweifelter Versuch[,] die unbarmherzige Realität auszublenden.

Das Tick-Tack finde ich auch ein bisschen abgedroschen. Der Text kommt auch gut ohne dies aus, ohne einzubüßen.

Schönen Gruß
khnebel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hat mir sehr gut gefallen.

Persönliche finde ich kurze Texte auch nicht per se weniger ansprechend als lange, zudem handelt es sich sehr wohl um eine Kurzgeschichte, wenn man sich die eigentliche Definition für eine KG mal anschaut ... ;)

Außerdem mag ich solche kleinen Augenblicke des Alltags; ich bin kein Fan von ellenlagen Dialogen, die sich gefühlt über mehrere Seiten erstrecken und auch nicht von fein säuberlich ausgebreiteten Charakterstudien - das widerspricht dem eigentlichen Wesen einer KG. So gemacht, ist das genau mein Ding. Kurz, knackig, ganz nah an der Realität und mit genug Raum zum "Selberfüllen".

Mir persönlich fehlt hier daher auch keine Tiefe in der Beschreibung der Figur (das würde diese Szene aus meiner Sicht eher kaputt machen), gerade diese "Austauschbarkeit" macht ja auch den Reiz einer solchen Momentaufnahme aus und die entstehenden "Leerstellen" füllt dann halt meine Fantasie.

Naja, ist alles Geschmackssache ....

Ach so ... den letzten Satz würde ich noch durch einen Absatz trennen, weil er so eine Art Pointe ist. Hier geht es ja darum, wie sich die ganze Sache eventuell entscheidet, also ruft sie den Vater nun an oder nicht usw.

Gerne mehr!

Jens

 

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