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Die graue Frau
Ich sah diese von Falten geprägte, grauhaarige Frau nun schon das dritte Mal diese Woche. Es kam mir vor, als wäre sie umgeben von einer Aura, die einem Beobachter jedes mal die Haare zu Berge stehen lässt. Vielleicht lag es aber auch an ihren langen Fingernägeln, die mich schon fast an Wolverine aus X-Men erinnerten, ihren vielen Zahnlücken oder an ihrem grauen Kleid, das sie offenbar immer trug, wenn sie hinunter in unser Dorf kam. Wie bei ihren anderen Besuchen ging sie auch heute wieder mit zwei großen schwarzen Stoffbeuteln, die sie in unserem Dorf aufstockte, zurück in den Wald, in dem sie angeblich lebte. Man sagte uns Kindern immer, dass sie die beiden Tüten mit Rindfleisch auffüllen ließ. Falls das stimmen sollte, würde sie ihr Fleisch sehr roh präferieren, denn aus beiden Tüten triefte das Blut immer regelrecht hinaus. Einmal träumte ich davon, wie aus ihren Tüten Kinderköpfe hinausragten, die um Hilfe schrien, doch da die anderen Kinder in unserem Dorf teilweise weitaus schlimmere Träume von dieser Frau hatten, beunruhigte mich dies nicht wirklich. Dennoch schwenkte mein Blick seitdem nur noch sehr selten auf diese beiden Tüten ab. Kurz bevor die Frau aus meinem Blickfeld verschwunden war, drehte sie ihren Kopf nach links und schaute direkt in das Fenster, aus dem ich sie beobachtete. Keine Ahnung, ob sie mich sehen konnte, doch sie fing an zu grinsen. Instinktiv machte ich einen Schritt nach hinten.
„Marco, du bist dran!“, rief Kai vom Esszimmertisch hinter mir, an dem wir Poker spielten.
„Einen Moment noch, ich komme gleich. Ich passe diese Runde einfach.“
„Mensch Marco, starrst du etwa schon wieder diese alte Hexe an?", fragte Theo. „Wir wollen doch nicht, dass du heute Nacht nicht schlafen kannst.“
Theo fing langsam an zu lachen und wurde schneller als er merkte, wie Kai sein Lachen erwiderte. Als ich ihr Lachen hörte, spannten sich meine Gesichtsmuskeln an und ich biss meinen Kiefer so stark zusammen, dass es schon fast schmerzte. Ich hatte es satt von den beiden gedemütigt zu werden. Jedes Mal fanden die beiden wieder eine neue Mutprobe, die sie mir dann präsentieren würden. Insgeheim wollten sie gar keine Zusage von mir hören, damit sie mich wieder auslachen konnten. In der Hinsicht war ich mir sicher. Doch das Lachen war gar nicht mal das Schlimmste daran, nein, das Schlimmste daran war, dass sie wieder allen in unserer Klasse peinliche Sachen über mich erzählen würden. Das war eben der Deal, wenn einer von uns ablehnte. Oft fragte ich mich sogar, ob Kai und Theo wirklich meine Freunde waren oder ob sie sich nur mit mir abgaben, weil sie mich dann auslachen konnten. Leider gab es in meinem Dorf nicht all zu viele Kinder, so dass ich in der Auswahl meiner Freunde eh keine großen Alternativen hatte.
„Wisst ihr was?“, sagte ich mit einer ungewohnten Sicherheit in meiner Stimme. „Wie wäre es, wenn wir der alten Frau heute einfach mal in den Wald folgen und ihr Geheimnis lüften? Die anderen Kinder hätten dann sicherlich viel Respekt vor uns.“
Ich konnte kaum glauben, was ich gerade von mir gegeben hatte, denn alleine der Gedanke daran, wir würden in der aufkommenden Dämmerung dieser alten Frau hinterherschleichen, ließ mein Herz schneller schlagen.
„Bist du verrückt?“, fragte Theo.
Das Lächeln in Theos Gesicht verschwand und änderte sich in eine besorgte Miene. Der Anblick von Theos Gesicht linderte meine eigenen Sorgen zunächst, denn es freute mich, wie er plötzlich immer ruhiger wurde. Auch das Lächeln auf Kais Lippen verschwand schnell.
„Du weißt doch, was mit Georg passiert ist, oder?“, sagte Kai. „ Er und seine Freunde sind ihr in den Wald gefolgt. Sie sind beide nicht wieder gekommen.“
„Die graue Frau hat sie bestimmt in ihr Häuschen gelockt und danach gegessen“, sagte Theo, dessen Stimme langsam wieder ihre gewöhnliche Sicherheit annahm. Er dachte wohl, ich würde eh wieder einen Rückzieher machen.
„So ein Schwachsinn, Theo, wir sind hier doch nicht bei Hänsel und Gretel. In dem Wald gibt es viele Wölfe, die Georg und seine Freunde wohl erwischt haben. Deswegen müssen wir auch jetzt los, es ist nicht mehr lange hell.“
„Du bluffst doch eh Marco, nie im Leben würdest du dich das trauen“, sagte Kai, während er sich mit einem Lächeln wieder dem Spiel widmete und die Karten für die nächste Runde austeilte. "Spare dir deine Bluffs lieber für die nächste Runde.“
Danach herrschte einen Moment Stille und ich merkte, dass ich wieder das Wort ergreifen musste.
„Wollt ihr etwa, dass ein Angsthase wie ich, allen in unserer Klasse erzählt, dass ihr beide Angst vor der alten Frau hattet?“
Kais Kopf schoss daraufhin ruckartig nach oben und sein Gesichtsausdruck ähnelte dem eines Rehs, das in das Scheinwerferlicht eines Autos guckte. Danach fing er an, an seinem roten Halstuch zu zupfen. Ich wusste, dass er das immer machte, wenn er nervös war. Theo schaute mir mit neutralen Mundwinkeln und starren Blick in die Augen. Das sah ein wenig so aus, als wollte er mir zum Sieg gratulieren, nur war er zu stur, um das zuzugeben. Jedenfalls hatte ich anscheinend genau die richtigen Worte getroffen.
Nachdem wir dem Pfad gefolgt waren, der sich vor unserer Haustür befindet und auf dem ich kurz zuvor auch die graue Frau beobachtete, waren wir schließlich im Wald angelangt. Auf dem Weg dorthin wechselten wir nicht viele Worte. Es wirkte ein wenig wie der Marsch eines zu Tode verurteilten Häftling zu seinem elektrischen Stuhl. Eine gewisse Spannung lag ohne Zweifel in der Luft. Abseits des Pfades war der Wald geprägt von Ahornbäumen mit dichtem Unterholz, so dass ein wenig der Eindruck aufkam, man befände sich in einem Urwald. Mir flogen sämtliche Gedanken durch den Kopf. Wie kommt es, dass ich bei unserer wohl mit Abstand härtesten Mutprobe kaum Angst verspürte? Ich kam zu dem Entschluss, dass es wohl an meinem Streben nach Rache lag. Rache war stärker als andere Gefühle und konnte diese überflügeln, das habe ich schon einmal gehört. Immerhin hänselten Theo und Kai mich ständig aufgrund meiner Angst und das wollte ich ihnen heimzahlen. Ja, ich genoss den Gedanken, wie unsere Klassenkameraden Theo endlich den Spitznamen geben würden, den er verdient - Brillenschlange. Seine Brillengläser waren so groß, dass ein kompletter Hubschrauber darauf landen konnte. Dennoch war sein Selbstvertrauen enorm, was mich insgeheim ein wenig eifersüchtig machte. Würde seine Freundin Greta ihn immer noch so anhimmeln, wenn ich erzähle wie er sich in diesem Wald fast in die Unterhose machte? Vielleicht steche ich ihm aber doch einfach in sein Bein, damit ihn die Wölfe holen können. Nach diesem Gedanken merkte ich, dass hier etwas nicht stimmte. Ganz egal was er mir antat oder wie sehr ich Theo beneidete, noch nie wollte ich ihm auch nur ansatzweise Schaden zufügen, das passte einfach nicht zu mir.
„Alles okay bei euch?“, fragte ich, während ich mich langsam zu Theo und Kai wendete, die die ganze Zeit über wortlos hinter mir herschlichen.
„Klar, was soll schon sein?“, fragte Kai, der wieder an seinem Halstuch zupfte.
„Naja, das mag zwar komisch klingen, aber es kommt mir so vor, als wenn dieser Wald meine Gedanken beeinflussen würde“ ich hielt einen Moment inne. „Ich denke an Sachen, an die ich normalerweise niemals denken würde.“
„So ein Schwachsinn, wir sind hier nicht bei The Amytville Horror“, sagte Theo, der mir dabei durch seine Hornbrille zuzwinkerte. In seinen Augen konnte ich keine Spur von Unsicherheit erkennen, was mich zunächst beruhigte, doch als ein tiefes Jaulen in der Ferne ertönte, bemerkte ich, wie Theos Augen sich weiteten. Die Dämmerung war eingetroffen.
Unsere Schrittgeschwindigkeit verdoppelte sich. Das letzte, was wir jetzt gebrauchen konnten, war es vom Pfad abzukommen. Immer wenn mein Blick vom Weg abwich, konnte ich schwören, dass ich die Umrisse einer Person sah, die uns beobachtete. Doch diese Umrisse verschwanden jedes mal genauso plötzlich, wie sie auch aufgetaucht waren, daher stempelte ich diesen Gedanken als Einbildung ab. Klar, was sollte es auch sonst sein? Kein Mensch würde sich in der Dämmerung in den Büschen verstecken, nur um ein paar Kindern einen Schrecken einzujagen. Dennoch wurden die Gedanken, dass es sich nicht um Einbildung handelte, mit jedem Schritt größer und ich wollte gar nicht erst daran denken, was in mir vorgehen würde, wenn mir keine logische Erklärung mehr für diese Entdeckungen einfallen würde. Eine kurze Zeit lang spielte ich mit dem Gedanken, mich umzudrehen und Theo und Kai zu fragen, ob sie das auch sehen würden, doch die beiden würden mich vermutlich wieder nur auslachen.
Von der grauen Frau war weit und breit keine Spur. Wir hatten eigentlich gehofft, wir würden sie noch einholen, und das war bei unserem jetzigen Schritttempo wohl wahrlich keine Meisterleistung, doch so langsam kamen bei uns erste Zweifel auf.
„Wir sollten es endlich aufgeben, Marco, die Alte ist bestimmt irgendwo in den Büschen abgebogen. Wir holen die nicht mehr ein!“, sagte Kai
„Was ist denn Kai, hast du Angst? Willst du zu deiner Mami ins Bett? Ach nein, das geht ja gar nicht. Da liegt ja wahrscheinlich schon wieder ein neuer Liebhaber“, sagte ich.
„Du Mistkerl, dich mach ich fertig!“, schrie Kai und umklammerte mit seinen Händen meinen Hals so fest er konnte.
„Hey, hey, beruhigt euch“, sagte Theo und zog Kai von mir ab. „Lasst uns zuerst hier raus. Von mir aus könnt ihr euch danach die Köpfe einschlagen. Ich möchte jedenfalls nicht als Snack für die Wölfe enden“
„Tut mir Leid, Kai“, sagte ich. „ Das wollte ich gar nicht. Es kommt mir echt so vor, als würde der Wald aus mir sprechen.“
„Schon okay, mir geht es genauso.“
Die Antwort von Kai traf mich wie ein Schlag in die Magengrube, auch wenn ich mit so einer Aussage gerechnet hatte. Normalerweise konnte Kai nämlich mit kleinen Sticheleien ziemlich souverän umgehen. Anscheinend ging es aber wohl doch nicht nur mir so. Hier stimmte etwas nicht, und zwar ganz und gar nicht. Ehe ich Theo fragen konnte, ob er mittlerweile auch schon auf komische Gedanken gekommen war, zischte mir eine starke Windbrise um die Ohren. Der Wind heulte und es kam mir so vor, als würde sich hinter dieser Windbrise ein Hilfeschrei verbergen.
„Hört ihr diesen Hilfeschrei auch? Das ist Georg, er braucht unsere Hilfe!“, schrie ich und bog ohne auf eine Reaktion zu warten sofort links vom Pfad ab.
Während ich rannte, versuchte ich die Äste und Sträucher, die sich mir entgegenstellten, zu entfernen und kam mir dabei vor wie ein Pizzabote, der so schnell wie möglich durch eine stark begangene Fußgängerzone irrte, um sein geringen Anteil an Trinkgeld zu erhöhen. Nach einer Weile fing meine Lunge stark an zu brennen und ich entschied mich dafür, einen Moment anzuhalten. Als ich meinen Blick wieder keuchend nach vorne richtete, sah ich ein kleines Plateau zwischen den Büschen. In der Mitte dieses Plateaus befand sich ein Holzhäuschen mit zwei Fenstern zu meiner Seite, die das Mondlicht sehr stark reflektieren. Jeden Moment erwartete ich eine vertraute Stimme hinter mir, die mir vorwerfen würde, nicht sportlich genug zu sein, doch die erhoffte Stimme blieb aus. Noch immer keuchend drehte ich meinen Kopf langsam nach hinten, um nach Theo und Kai zu schauen, doch es war weit und breit keine Spur von den beiden Jungs. Mein Puls wurde schneller.
Als ich meinen Kopf wieder nach vorne drehte, stockte mir der Atem. Vor mir befand sich eine alte Frau, die mir unmittelbar in die Augen schaute. Wo zum Teufel kam die denn so plötzlich her? Ihre Wangen zogen sich langsam nach oben und in ihrem geöffneten Mund kamen die letzten Zähne zum Vorschein, die sie noch besaß. Ein Anblick, auf den ich gerne verzichtet hätte. Ein Ruck, als wenn ich einen elektrischen Draht berührt hatte, ging durch meinen Körper und ich fing sofort an, wieder in die Richtung zu rennen, aus der ich gekommen war. Ich rannte noch viel schneller, als ich es auf dem Hinweg getan hatte.Von dem Brennen in meiner Lunge, wegen dem ich vor ein paar Augenblicken noch fast in die Knie gesackt war, war keine Spur mehr. Georg, seine Freunde und die anderen beiden Jungs waren mir in diesem Moment egal, zumal ich davon ausging, mir Georgs Hilfeschreie ohnehin nur eingebildet zu haben. Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass dieser Wald Schuld an meinen absurden Gedanken war. Ich wollte ihn nun einfach nur noch verlassen, und das so schnell wie möglich.
Ständig tauchte wieder dieses Lachen der alten Frau in meinen Gedanken auf. Es schien, als würde es mich nicht mehr loslassen. Nachdem meine Gedanken sich aber langsam wieder beruhigt hatten, hielt ich für einen Moment an. Ich musste feststellen, dass ich die letzten Minuten gerannt war, ohne daran zu denken, wo ich überhaupt hinlief. Auf dem Hinweg wurde ich von dem Wind geleitet, den ich für Georgs Hilfeschrei hielt, während es nun Totenstill war und ich keinen blassen Schimmer hatte, wo sich der Pfad, geschweige denn der Ausgang aus diesem Wald befand. Mir wurde schwarz vor Augen und mit den Händen im Gesicht sackte ich auf die Knie. Eine Träne der Verzweiflung kullerte meine Wange hinunter. Warum wollte ich nur unbedingt hier herkommen, das hatte ich nun davon. Die Graue Frau würde mich jeden Moment einholen und mich mit in ihr Haus nehmen. Danach würde sie mich mit ihrem ekligen Rindfleisch mästen und ein paar Tage danach verspeisen. Theo hatte Recht. Gedanken daran, dass ich meine Familie nie wiedersehen würde, kontrollierten nun meinen Kopf.
Hinter mir ertönte ein Knurren, das immer näher zu kommen schien. Wie Naiv konnte ich nur sein, daran zu glauben, von der grauen Frau würde in diesem Wald die größte Gefahr ausgehen. Ich erinnerte mich an die vielen Wölfe, die hier Nachts ihr Unwesen treiben. Jeden Moment würde ich als Wolfsfutter enden. Plötzlich ergriff etwas meine Hand.
„Marco, da bist du ja!“
Ich sah die Umrisse eines Kopfes mit einer großen Brille und als sich dieser Kopf langsam zu mir senkte, erkannte ich Theos Augen.
„Schnell, steh auf. Wir müssen hier weg“
Er zog mich an meiner Hand nach oben. Noch nie war ich so froh, Theos Gesicht zu sehen. Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wären aus meinen Tränen der Verzweiflung vermutlich Freudentränen geworden. Theo hatte sich tatsächlich dazu entschlossen, mich zu suchen, bevor er den Wald verließ. Anders als Kai, der jedenfalls nicht bei Theo war. Niemals hätte ich das von Theo erwartet. Immerhin lachte Theo ja am lautesten über mich, wenn es denn mal wieder etwas zu lachen gab. Er half mir hoch und rannte vor. Ich folgte ihm.
Es war mittlerweile stockdunkel und ich musste mich an Theos Jacke festhalten, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Woher wusste er überhaupt, wo wir hin mussten? Für Fragen war jetzt jedenfalls keine Zeit, denn neben uns raschelte es permanent und man musste kein großer Wissenschaftler sein, um schlussfolgern zu können, dass es sich dabei um einen Wolf handelte, der uns verfolgte. Gut dass dieser Wald so eng bewachsen war, auf einer Strecke ohne Hindernisse wären wir vermutlich chancenlos gewesen. Vielleicht wusste Theo das und versuchte gar nicht erst zurück auf den Pfad zu gelangen und selbst wenn er überhaupt nicht wusste, wo es lang ging, so würde ich immer noch Seite an Seite mit einer Person sterben, die anscheinend doch ein guter Freund von mir war.
Plötzlich fiel Theo zu Boden und ich stolperte über ihn. Gerade als ich ihn fragen wollte, worüber er gestolpert war, ertönte wieder ein Knurren, doch dieses Mal war es noch näher als zuvor. Noch bevor wir wieder aufstehen konnten, schob sich zwischen den Sträuchern zu unserer Seite ein vierbeiniges Wesen hindurch. Ich hielt den Atem an und versuchte mich tot zu stellen. Ein Knurren ertönte aus dem geöffneten Maul, während das Wesen mir seine spitzen Zähne zeigte, die ich in wenigen Augenblicken wohl an meinem Körper zu spüren bekommen würde. Ich schloss die Augen und hoffte, dass es schnell gehen würde.
„Pfui, Aus!“, rief eine Stimme hinter mir.
Kurz danach entnahm ich ein dumpfes Geräusch neben mir, dass wie der Aufprall eines Gegenstandes klang. Es roch nach Rindersteak. Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah, wie sich der Wolf nun von mir abwandte um sich an dem Gegenstand zu bedienen. Anscheinend lag mein Geruchssinn richtig. Dicht neben mir lag nun etwas auf dem Boden. Das lag dort eben noch nicht, darin war ich mir sicher. Das muss der Wolf verloren haben. Als ich vorsichtig nach dem Objekt fasste, sprang mir schon bei der ersten Berührung mein Herz in die Kehle. Langsam und mit zitternder Hand zog ich das Objekt näher an mein Gesicht heran und erkannte ein rotes Halstuch. Diese Erkenntnis fühlte sich an, als würde sie mir den Boden unter den Füßen entziehen. Mein Herzschlag wurde immer schneller, als ich mich zitternd zu Theo umdrehte, der hoffentlich noch neben mir lag. Auf dem Boden, wo Theo eben noch lag, befand sich jetzt nur noch eine Hornbrille, umgeben von vier haarigen, aufrecht stehenden Beinen. Weiter nach oben wollte ich nicht gucken. Danach schaute ich auf meine Hände, die nun auf einmal Haare und Krallen hatten. Ich wollte schreien, doch das gelang mir nicht. Mir entglitt lediglich ein tiefes Jaulen, begleitet von einem Frauenlachen hinter mir.