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Die Gestalt im Nebel

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20.01.2015
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Die Gestalt im Nebel

Wenn man den Ort, den ich meine Heimat nenne, hinter sich lässt und der Straße einige Kilometer in Richtung Westen folgt, wird diese immer holpriger und die Vegetation umso üppiger; schließlich verliert sich die Straße in einem überwucherten Pfad, der von hohen Bäumen gesäumt wird, welche sich in ihren Wipfeln zu umarmen scheinen. Die Strahlen der Sonne dringen nur selten durch das dichte Blätterdach, sodass der elegische Schatten sich nur vereinzelt vom Lichte besiegt findet. Den Pfad durchquert, blickt man in das Antlitz eines uralten Waldes. Die knorrigen Bäume ragen schief aus dem von weichem Moos bedeckten Boden und sehen wie die hölzernen Abbilder von buckligen, knöchernen Menschen aus. Dann durchschreitet man den Schatten zwischen den Myriaden von Bäumen - denn das Blätterdach ist hier ebenso lückenlos - und findet sich schließlich bei einem stygischen Moor wieder.
Einst pflegte ich jeden Tag, sobald sich mir die Zeit bot, zu diesem Moor zu wandern und dort an einem Baum gelehnt, den Tag mit Träumereien zu verbringen. Nur in der mystischen Atmosphäre dieses Ortes konnten die phantastischen Welten meiner Imagination die Realität besiegen und dessen Platz einnehmen. Oft fragte ich mich, ob das Moor nicht selbst nur ein Produkt meiner Imagination war, denn nie sah ich ein anderes menschliches Wesen - nicht einmal die unübersehbaren Spuren der Zerstörung, die sie hinterlassen.

An einem Tag, der mich besonders erschöpft hatte, kam ich erst abends, jedoch mit größter Sehnsucht zum Moor. Welch wundersames Bild sich mir dort erbot! Es schien zwar die Sonne, doch alles war in seichten Nebelschleiern verhüllt. So sah es aus, als würden die Bäume nicht mehr aus dem Boden emporwachsen, sondern aus einem Meer aus Dunst. Gleichzeitig tauchte die untergehende Sonne alles in einen seraphischen Glanz, der die Bäume wie Säulen aus Licht aussehen ließ. Zwischen den Bäumen, dessen Wipfel langsam hin und her tanzten, obwohl ich nicht den Hauch eines Windes spürte, lag das Moor, still wie ein silberner Spiegel. Nicht das Singen eines Vogels, nicht das Zirpen einer Grille, auch nicht das Quaken einer Kröte, kein Geräusch durchbrach die endlose Stille.
Unbewusst musste ich eingeschlafen sein, denn als sich meine Augen öffneten, blickte ich in den dunkelblauen Sternenhimmel. Zunächst war mein Verstand von den Wolken der Verwirrung benebelt, doch diese lichteten sich bald, als ich mich erinnern konnte, wo ich war. Ich war froh über mein Einschlafen, denn ich war nie zuvor nachts beim Moor gewesen. Nun waren die latenten Träume und Begierden der Nacht Wirklichkeit.
Der Nebel hatte sich enorm verdichtet; im Licht des Vollmondes, der im Zenit über mir schwebte, konnte ich nur die Bäume in meiner unmittelbaren Umgebung erkennen. Die, die weiter entfernt standen, waren lediglich schwarze Andeutungen, die vage durch die Nebelwand schimmerten und mich an dürre Riesen, die mich regungslos umzingelten, erinnerten. Der Anblick war unheimlich, doch war er nicht der Grund für mein Unbehagen. In einiger Entfernung stand ein ungefähr zwei Meter hoher Baumstumpf, den, soweit ich es durch den Nebel erkennen konnte, kein einziger Ast und kein einziges Blatt zierten. Obwohl er mir direkt gegenüberstand, war er mir vorher nicht aufgefallen. Hätte ich dieses unnatürliche Gebilde nicht bemerken müssen, als es noch hell war?
Langsam brannte sich die grausige Erkenntnis in mein Gehirn, dass dieses Objekt nicht da war als ich einschlief. Als ich dies dachte, wurde meine schlimmste Vermutung bestätigt: Das Ding was dort vor mir stand hob seinen Kopf und schaute direkt in meine Richtung! Das Wesen war mit einer Art schwarzem Umhang bekleidet, der bis zum Boden reichte, doch konnte ich diesen nur an den Umrissen erkennen, denn die Gestalt war komplett schwarz; sie sah aus wie die Inkarnation eines Schattens. Niemals könnte ich die Angst, die ich empfand, während es bewegungslos vor mir stand und mich stumm beobachtete, beschreiben. Ich war erstarrt. Am liebsten wäre ich weggelaufen, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr und die Sinne drohten mir zu entgleiten. Ich erwartete, dass die Gestalt auf mich zugehen würde - an das was sie dann wohl tun würde, wagte ich nicht zu denken. Doch wie erstaunt war ich, als sie sich langsam umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung fortging, dem Herzen des Waldes entgegen.

Bald wich mein Entsetzen der Neugierde. Es erschien mir unmöglich, dass das Wesen ein Produkt der Realität war, doch mein Zweifel war nicht erstickt. Um mich zu vergewissern, ob meine Sinne mir etwas vortäuschten, beschloss ich meinem Besucher zu folgen. Widerwillig erhob ich mich und ging mit zögernden Schritten in die Richtung, in die auch die Gestalt gegangen war. Sie schlenderte langsam und elegant zwischen den Bäumen hindurch und drehte sich nicht zu mir um. Zeichen der Feindseligkeit konnte ich nicht erkennen, dennoch beunruhigte sie mich zutiefst. Ich fragte die Gestalt, wer sie sei und was sie wolle, jedoch schien sie keinerlei Notiz von mir zu nehmen.
Immer weiter und weiter führte mich der stumme Besucher in den Wald hinein. Das Unterholz wurde immer dichter und ich hatte beträchtliche Mühe meinen Weg zu folgen. Wie mein Führer so mühelos und zügig vorankam, war mir ein Rätsel. Bald bildete ich mir ein, dass er einfach das Gestrüpp durchschwebte, ganz so als sei er nicht stofflich. Zu diesem Zeitpunkt war ich überzeugt, dass es sich um eine Halluzination handelt, und war im Inbegriff umzukehren, doch dann erblickte ich eine Lichtung, die in einiger Entfernung vor mir lag.
Niemals zuvor war ich so weit in das Innere des Waldes vorgedrungen. Der Nebel hatte sich gelichtet, sodass der fahle Mondschein die baumlose Ebene vor mir in silbriges Licht tauchte. Überwucherte Ruinen von Grabsteinen ragten in blasphemischen Winkeln aus der Erde, so wie Leichenteile aus einem zu hastig geschaufelten Grab zu ragen pflegen. Die mysteriöse Gestalt (oder meine Halluzination - die Wahrheit bleibt wohl auf alle Zeit verborgen) stand nun regungslos neben einem größeren Grabmal in der Mitte des Friedhofes. Ich spürte vage Assoziationen in mir aufsteigen. Es waren die Dünste längst vergessener Erinnerungen, die aus der trüben Sphäre des Unterbewusstseins an die Oberfläche stiegen und sich dort in Luft auflösten. Ich wusste, dass ich nie zuvor an diesem Ort gewesen sein konnte, doch ich fühlte, dass dies nicht stimmte. Während ich mich dem Grab näherte, versuchte ich im Vorbeigehen die Inschriften der anderen Steine zu lesen, konnte jedoch nichts entziffern. Als ich meinen Blick wieder dem nächtlichen Besucher zuwenden wollte, musste ich verblüfft feststellen, dass dieser verschwunden war. Vergeblich suchten meine Augen die Umgebung ab, denn er war weg.
Allein, mit bebendem Herzen und düsterer Vorahnung stand ich nun vor dem Grabmal in der Mitte der Lichtung. Es war, ebenso wie die anderen, mit einer Schicht Moos und Gestrüpp bedeckt. Das entsetzliche Pochen meines Herzens wurde immer schneller und lauter, während ich die Pflanzen entfernte. Endlich konnte ich die Inschrift lesen! Eine monströse Flut aus Erinnerungen ließ meine Gedanken ertrinken und meinen Körper erlähmen, als ich dort im Mondlicht meinen eigenen Namen auf der rissigen Oberfläche des uralten Grabsteines las.
Verdammt, um auf ewig zu wandern; gefangen ohne jemals erlöst zu werden, durchschreitet meine Existenz die unendlichen Trancen, die sich einst Leben nannten.

 

1. Der Text fließt wie ein Fluß und liest sich in einem Guß. Traumhaft!
2. Fehler haben meine ungeschulten Augen beim lesen nicht ausmachen können, dass überlasse ich den Spezialisten mit den Adleraugen.
3. Die Beschreibungen haben mir sehr gut gefallen, die haben mir ein beinahe greifbares Bild in den Kopf gepflanzt.

Aber:

Die Geschichte an sich hat mich nicht vom Hocker gerissen. Da hat ein springender Funke gefehlt! Der Protagonist wirkte für die ganze Szene viel zu gefasst und diese unwirkliche Situation kam völlig verharmlost bei mir an. Soetwas funktioniert bei Geschichten wie Poes "Der Fall Valdemar", der ja nur eine Zusammenfassung skurriler Ereignisse sein soll, aber wenn ein Geist von seinen Erlebnissen spricht, darf da ruhig etwas mehr Leben drin stecken (O, die Ironie!).

Die einzigen Momente, in denen man den Schrecken, den er empfinden musste, mitfühlen könnte, übersprang er einfach mit den Worten

Niemals könnte ich die Angst, die ich empfand, während es bewegungslos vor mir stand und mich stumm beobachtete, beschreiben.

Das war verschenkt.

Wie gesagt, die fantastischen Beschreibungen erzeugen ein stimmiges Bild im Kopf, aber die nutzen nix, wenn man nicht mit dem Protagonist mitfühlen kann. Das konnte ich einfach nicht.

Gerade beim Horror ist es wichtig, dass die Geschichte lebendig und spannend erzählt wird; wenn sich der Leser gruseln soll, reicht eine Tour durch eine Geisterbahn samt Sumpf und Friedhof nicht, auch wenn sie klasse geschrieben war. Sehr gut gefallen hat mir z.B. das hier:

Überwucherte Ruinen von Grabsteinen ragten in blasphemischen Winkeln aus der Erde, so wie Leichenteile aus einem zu hastig geschaufelten Grab zu ragen pflegen.

Das war richtig, richtig gut und nahe an dem, was ich als Horror definieren würde.

Wenn es mehr so und nicht wie eine Dokumentation über gruselige Orte klingen würde, könntest du mit deinem ausgefeilten Stil richtig was reissen. Vielleicht tust du das ja auch und ich bin inzwischen zu abgestumpft für soetwas. *g*

Das klingt grob, also formuliere ich mein entgültiges Fazit anders:

Ein feines Chili, dass gut aussieht und dem es etwas an Geschmack fehlt, aber das man trotzdem sehr gerne aufisst und sich noch einen Nachschlag gönnt.

 

Hallo NWZed, zuallererst möchte ich mich für deine Kritik bedanken; da dies meine erste Geschichte ist, freue ich mich sehr über das positive Feedback!

Ich habe mich bemüht unheimlich-fantastische Bilder beim Leser zu evozieren, deshalb freut es mich zu lesen, was du geschrieben hast.

Die einzigen Momente, in denen man den Schrecken, den er empfinden musste, mitfühlen könnte, übersprang er einfach mit den Worten

An dieser Stelle fand ich keine passende Beschreibung, deshalb habe versucht, mir mit dieser Standard-Floskel zu behelfen, was wohl nicht sehr gut geklappt hat. Da werde ich mir sicherlich etwas anderes ausdenken müssen.

Ich hatte schon die Befürchtung, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass es sich um eine Erzählung aus dem Jenseits handelt, da dies ja nicht explizit gesagt wird, aber glücklicherweise hast du es erkannt.

 

Die, die weiter entfernt standen, waren lediglich schwarze Andeutungen

"Jene" klingt hier besser, finde ich.

Langsam brannte sich die grausige Erkenntnis in mein Gehirn, dass dieses Objekt nicht da war [KOMMA] als ich einschlief.

Korrekterweise müsste hier die Vorvergangenheit hin, also: "[...], dass dieses Objekt nicht da gewesen war, als ich eingeschlafen war." Klingt dann allerdings etwas unbeholfen, weil 2x "war". Vielleicht eine ganz andere Formulierung wählen.

Als ich dies dachte, wurde meine schlimmste Vermutung bestätigt:

Das Fettgedruckte passt nicht wirklich zu dem Satz davor. Du könntest es einfach weglassen. Dann käme dabei so etwas raus wie: "Sogleich wurde meine schlimmste Vermutung bestätigt:"

Das Ding [KOMMA] was dort vor mir stand [KOMMA] hob seinen Kopf und schaute direkt in meine Richtung!

[...], denn die Gestalt war komplett schwarz

Ist es nicht sowieso dunkel? Wie kann sich da der Erzähler sicher sein, dass das Wesen tatsächlich schwarz ist? Der nächste Teil mit der "Inkarnation eines Schattens" macht die Sache etwas deutlicher, aber der zitierte Teil verwirrt eher.

Niemals könnte ich die Angst, die ich empfand, während es bewegungslos vor mir stand und mich stumm beobachtete, beschreiben.

Vielleicht ist es Geschmackssache, aber mir würde der Satz so besser gefallen: "Niemals könnte ich die Angst beschreiben, die ich empfand, während es bewegungslos vor mir stand und mich stumm beobachtete." Auf diese Weise forderst du dem Leser nicht so viel sprachliche Aufmerksamkeit ab. Du hast noch mehr von diesen verschachtelten Sätzen in deinem Text, wo du den Hauptsatz erst ganz zum Schluss auflöst.

an das[KOMMA] was sie dann wohl tun würde, wagte ich nicht zu denken.

Um mich zu vergewissern, ob meine Sinne mir etwas vortäuschten, beschloss ich[unsicher, aber wahrscheinlich KOMMA] meinem Besucher zu folgen.

Das erscheint mir nicht richtig, in zweierlei Hinsicht. Von meinem Sprachgefühl her würde ich sagen, dass es heißen müsste: "Um mich zu vergewissern, dass ...".
Allerdings scheint mir schon "vergewissern" nicht das richtige Wort zu sein. Dafür hast du vorher nicht deutlich genug gemacht, dass der Erzähler sich so gut wie sicher ist, dass das Wesen seiner Fantasie entspringt. Deswegen würde ich vielleicht eher das Verb "prüfen" wählen.

Widerwillig erhob ich mich

Wieso widerwillig? Dafür benötige ich eine Erklärung.

Immer weiter und weiter führte mich der stumme Besucher in den Wald hinein.

Wen oder was besucht das Wesen? Den Erzähler? Das wird nicht deutlich. Den Wald/das Moor? Da frage ich mich, woher der Erzähler weiß, dass das Wesen dort nicht beheimatet ist.

Das Unterholz wurde immer dichter und ich hatte beträchtliche Mühe meinen Weg zu folgen.

Mit dieser Formulierung kann ich irgendwie nichts anfangen. Du willst sicherlich sagen, dass er Mühe hat, voran zu kommen. Aber mit dieser Formulierung funktioniert das nicht.

ganz so[KOMMA] als sei er nicht stofflich

Zu diesem Zeitpunkt war ich überzeugt, dass es sich um eine Halluzination handelt

"handelte"

Überwucherte Ruinen von Grabsteinen ragten in blasphemischen Winkeln aus der Erde

Ich bin mir nicht sicher, ob "Ruinen" hier so eine gute Wortwahl ist. Mit Ruinen assoziiere ich in der Regel zerfallene Schlösser und Burgen, nicht aber alte Grabsteine.

Als ich meinen Blick wieder dem nächtlichen Besucher zuwenden wollte, musste ich verblüfft feststellen, dass dieser verschwunden war. Vergeblich suchten meine Augen die Umgebung ab, denn er war weg.

In zwei Sätzen hintereinander jeweils die selbe Information.

Endlich konnte ich die Inschrift lesen!

Vorsicht mit Ausrufezeichen. Ein Punkt genügt hier meiner Meinung nach.


Puh, das hat jetzt doch etwas länger gedauert, als angenommen. Ich dachte, ich schreibe einfach mal während des Lesens mit. Nun ist es schon so spät (oder früh, je nachdem wie man es sehen will), daher nur noch ein paar allgemeine Worte.

Ich habe jetzt einiges angemerkt, aber vieles davon sind ja nur Formalitäten. Die fallen nicht allzu sehr ins Gewicht. Im Großen und Ganzen hat mir deine Geschichte gut gefallen, vor allem, da es deine erste zu sein scheint. Deine Sprache passt gut zu dem Geschehen, die Beschreibung des Moores und des Waldes kommt schon recht ... wie soll ich sagen... mystisch, poetisch daher. Das passt, auch wenn ich an ein paar Stellen dachte, dass du es vielleicht auch etwas zurückschrauben könntest, z.B. bei den Bäumen, die plötzlich wie Lichtsäulen anmuten. Da hast du es für mich etwas zu weit getrieben, ist aber vielleicht auch Geschmackssache.

Ja, also mehr fällt mir jetzt gerade nicht mehr ein. Es ist definitiv zu spät. Vielleicht melde ich mich die Tage nochmal mit etwas mehr Feedback. Jetzt sei es einfach belassen mit den Worten: ein guter Einstand, den ich gerne gelesen habe.

Viele Grüße
Mix

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach du liebes Lieschen, Azoth!
Erst dachte ich ein Moment, es handelt sich um eine Art Märchen. Aber Märchen sind nie so aufdringlich in ihren Beschreibungen. Dann dachte ich, in einen Rosamunde Pilcher-Buch gelandet zu sein. Vollkommen überfrachtete Beschreibungen. Mit Fremdworten, die für mich komplett beliebig gewählt scheinen, weil sie überhaupt nicht zum Inhalt passen. Es wirkt, als hättest Du sie nur wegen des Klangs ausgesucht, ohne zu wissen, was sie bedeuten.
Beispiele:

Die Strahlen der Sonne dringen nur selten durch das dichte Blätterdach, sodass der elegische Schatten sich nur vereinzelt vom Lichte besiegt findet

Elegisch? Was hat das Adjektiv mit einem Schatten zu tun?

Überwucherte Ruinen von Grabsteinen ragten in blasphemischen Winkeln aus der Erde

Was hat die Blasphemie mit Winkeln zu tun?

Es erschien mir unmöglich, dass das Wesen ein Produkt der Realität war, doch mein Zweifel war nicht erstickt.
Wus?

Dann kommt der/die/das Prota am Moor an und legt sich hin und schläft? Warum? Vollkommen an den Haaren herbei gezogen.

Uhuhuuh, ein Wesen, Grabsteine, ach hör auf, der eigene Namen steht drauf? Wäre ich jetzt nie sofort drauf gekommen ...

Fazit, billiger Groschenroman, der versucht sich durch einen vollkommen überfrachtete Sprache aufzuwerten. Für mich so hochstilisiert, dass es zum Comic verkommt.

Tut mir Leid, das ich nichts netteres schreiben kann. Bestimmt gibt es auch Liebhaber solcher Texte, für mich sind sie grauenvoll.

Liebe Grüße,
Gretha

 

Hallo Azoth

Bei den einleitenden Sätzen kam mir erst ein Stirnrunzeln auf, da sich diese in der Umgebungs- und Naturbeschreibung verlieren. Nach eher nüchterner Sachlichkeit schwenkt das Bild dann sprachlich zunehmend in märchenartige Poesie. Ein ungewöhnlicher Eintritt, denn bei einer Kurzgeschichte darf man den Leser umgehend mit der Handlung konfrontieren, um ihn zu binden. Hier weist es sich, entgegen dem ausgeführten, aber durchaus als hinführend in das zu Erlebende.

Was sich insgesamt entfaltet, war mir eine angenehme, leicht gruselige Geschichte. Nichts, das mir Herzklopfen oder einen Adrenalinstoss verschaffte, doch vom Inhalt sympathisch dargelegt. Mein Kindermädchen hatte mir einst gerne Geistergeschichten erzählt, so fühlte ich mich etwas in jene Zeit zurückversetzt. :D

Einige Dinge liessen mich beim Lesen jedoch zögern, da sie sich nicht recht in den Fluss der auftretenden Bilder einreihen wollten:

Unbewusst musste ich eingeschlafen sein,

Das unbewusst kannst Du ersatzlos streichen. Als Fachbegriff hat er eine ganz andere Bedeutung und als Floskel der Alltagssprache ist es redundant.

denn die Gestalt war komplett schwarz; sie sah aus wie die Inkarnation eines Schattens.

Die Wandlung des vermeintlichen Baumstumpfs in ein Individuum erfolgt etwas zu glatt. Es würde bei einem unbedarften Betrachter wohl schockwellenartige Bilder auslösen, Angst würde keimen, da es für ihn bedrohlich wirkt. Dass die Gestalt nur als schwarze Masse wahrnehmbar ist, wirkt mir plausibel. Das Gleichnis mit der Inkarnation eines Schattens, der ja nur Dunkel wäre, entspricht dem jedoch nicht, verwischt das Unbehagen unnötig.

Ich erwartete, dass die Gestalt auf mich zugehen würde -

Da ein Ich-Erzähler spricht, wäre zukommen wohl die treffendere Wortwahl.

Sie schlenderte langsam und elegant zwischen den Bäumen hindurch und drehte sich nicht zu mir um.

Wie zeichnete sich die Eleganz der Gangart denn aus? Wenn es nur eine Floskel ist, lässt Du sie besser weg, ansonsten sollte es bildhafter zum Ausdruck kommen.

Das Unterholz wurde immer dichter und ich hatte beträchtliche Mühe meinen Weg zu folgen.

Meinem Weg? Wohl sollte dies eher eine fiktive Vorstellung eröffnen, à la Zen, doch liest es sich etwas merkwürdig. Angepasster schiene mir etwas wie seinem Weg oder seinen Konturen, da er dem Andern folgt.

dass es sich um eine Halluzination handelt, und war im Inbegriff umzukehren,

Da hast Du Dich im Aus druck etwas bös vergriffen, Inbegriff bedeutet etwas ganz anderes. Vom Satz her korrekt ist: im Begriff.

Überwucherte Ruinen von Grabsteinen ragten in blasphemischen Winkeln aus der Erde, so wie Leichenteile aus einem zu hastig geschaufelten Grab zu ragen pflegen.

Dieses Bild will sich mir gar nicht eröffnen, das Fettgedruckte erfolgt zu Kontextlos hingeworfen. Mag sein, dass ein blasphemischer Winkel in der „Horror-Welt“ ein gängiger Begriff ist, für den Leser der nur diese Geschichte liest, bleibt er jedoch verschwommen. Also sollte es präziser ausgeführt oder weggelassen werden.

Also, trotz der angemerkten Aussetzer, habe ich Dein Erstling gern gelesen. Mach Dir aber nochmals ein paar Gedanken zu den Anmerkungen und nimm Verbesserungen vor, wenn es dir selbst dann stimmiger wirkt, damit sich alles abgerundet liest. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Servus Azoth, willkommen hier.

Irgendwie mochte ich diese Geschichte. Aber nicht die Handlug war es, die mich berührte (mit so Geisterhokuspokus kannst du mich jagen), und auch die Sprache empfand ich, nun ja, einigermaßen gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen, stellenweise beinahe schmerzhaft schwülstig. Was mir den Text vermutlich so sympathisch machte, war deine ehrgeizige Herangehensweise ans Schreiben, die ich von der ersten bis zur letzten Zeile zu spüren meinte.
Hätte ich nicht ohnehin aus deinem Profil dein Alter gewusst, ich hätte es aufgrund dieses Textes ziemlich genau schätzen können, sag ich jetzt mal. Einfach deshalb, weil es gerade dieses Alter ist, in dem man so schreiben darf, kann, soll. Ich sehe das einfach als eine Phase des Ausprobierens und des Lernens, eine quasi unumgängliche Station auf dem mühsamen Weg zu seinem eigenen, individuellen Stil. Und wenn dann auch, so wie es mir bei diesem Text der Fall zu sein scheint, etwas Epigonenhaftes dabei rauskommt, einfach weil du vielleicht gerade was gelesen hast, das dich beeindrucken konnte (etwa George McDonald?), finde ich das allemal in Ordnung. Was ich sagen will, für mich ist das weniger eine taugliche Geschichte, als vielmehr eine wirklich ambitionierte und großteils gelungene Schreibübung. Du bemühst dich um Wortgewandtheit, um originelle Bilder, um Stimmung, und dass du da stellenweise gewaltig übers Ziel schießt, ist eigentlich nur allzu verständlich und allemal entschuldbar.

Ja, was ich eigentlich sagen will: Unbedingt weiterschreiben, Azoth, es steckt einiges in dir drin, hab ich das Gefühl.

offshore

 

Vielen Dank für all die ehrliche Kritik und die Verbesserungsvorschläge!

Hallo Mix
Deine Verbesserungsvorschläge finde ich sehr gut und werde die meisten Stellen sicherlich noch einmal überarbeiten.

Widerwillig erhob ich mich

Ich habe "Widerwillig" geschrieben, weil der Protagonist Angst hat, dem Wesen zu folgen und dies am liebsten lassen würde, doch etwas (wohl der Kobold des Perversen, wie Poe ihn nannte) zwingt ihn regelrecht, seine Angst zu überwinden.

Immer weiter und weiter führte mich der stumme Besucher in den Wald hinein.

Hier soll sich "Besucher" auf den Protagonisten beziehen. Am besten setze ich "mein" davor, damit es deutlicher wird.

Danke, dass du dir, trotz der späten Stunde, die Geduld genommen hast, meine Geschichte zu lesen.


Gretha:


sodass der elegische Schatten sich nur vereinzelt vom Lichte besiegt findet

Elegisch soll die Wirkung beschreiben, die der Schatten bei dem Protagonisten hervorruft. Außerdem soll es eine Anspielung auf sein Dasein im Jenseits sein: Die Lichtstrahlen stehen für den Moment (wie am Ende der Geschichte), in dem der Protagonist sich seines Schicksals bewusst wird. Der Schatten für die, wo er sich seines "elegischen" Schicksals nicht bewusst ist.

Dann kommt der/die/das Prota am Moor an und legt sich hin und schläft? Warum? Vollkommen an den Haaren herbei gezogen.

Dass der Protagonist seine Besuche beim Moor stets träumend, an einem Baum gelehnt, verbringt habe ich am Anfang der Geschichte geschrieben. An dem Abend, wo er einschläft, kommt er erschöpft beim Moor an und ist deshalb eingeschlafen.


Anakreon:
Vielen Dank, deine Verbesserungsvorschläge finde ich auch sehr gut. Ich habe deine Kritik als Lob aufgefasst; vor allem, dass du dich durch sie in die Zeit deiner Kindheit zurückversetzt fühlst. Schön so etwas zu lesen.

offshore:
Danke, deine Kritik hat mich sehr ermutigt. Du hast völlig recht, ich versuche derzeit noch meinen eigenen Stil zu finden und orientiere mich an meinen Vorbildern. Nein, George McDonald war nicht der, der mich zu dieser Geschichte inspirierte, in letzter Zeit war es Nathaniel Hawthorne. Ich werde mit Sicherheit weiterschreiben und versuchen mich zu entwickeln.


Mit freundlichen Grüßen,
Azoth

 

Gut, Du hast Dich nicht von meiner unangemessenen Kritik abschrecken lassen, dann bin ich froh. Im Nachhinein wurde mir klar, ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen zu sein, das tut mir aufrichtig Leid!
Grüße von der partiellen Kranzbürste.

 

Hallo Azoth

Erstmal herzlich Willkommen in unserer Runde.

Mir war das vom Stil her auch zu aufgesetzt und zu bemüht. Ich bin aber vielleicht auch der falsche Leser, ich mag zwar Horror, aber aus dieser Mystik à la Poe, Lovecraft & Co hab ich mir nie viel gemacht.

Ich finde, ernst hat dir echt einen klugen Rat gegeben. Ich würde bei der nächsten Geschichte einfach mal zwei Gänge zurückschalten, was den Stil angeht, weil es mir so vorkommt, als fühlst du dich da nicht besonders sicher. Unglückliche Adjektive ("elegische Schatten", "stygisches Moor" - ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, was das bedeutet) wurden ja bereits schon angesprochen. Auch Schnitzer in der Grammatik haben sich eingeschlichen:

Nur in der mystischen Atmosphäre dieses Ortes konnten die phantastischen Welten meiner Imagination die Realität besiegen und dessen Platz einnehmen.

Müsste "deren Platz" heißen.

Zwischen den Bäumen, dessen Wipfel langsam hin und her tanzten,

Auch hier: "Zwischen den Bäumen, deren Wipfel ..."

Ok, also Stil ist eine Sache. Inhaltlich reißt es mich auch nicht vom Hocker. Die Auflösung ist zu früh offensichtlich und entsprechend wenig schockierend. Ich krieg das auch nicht in ein Gesamtbild - was da jetzt genau passiert und warum es aus der Ich-Perspektive erzählt ist hat sich mir nicht so ganz erschlossen.

Auch auf Kontinuität achten:

Unbewusst musste ich eingeschlafen sein, denn als sich meine Augen öffneten, blickte ich in den dunkelblauen Sternenhimmel.

Und kurz darauf:

Der Nebel hatte sich enorm verdichtet; im Licht des Vollmondes, der im Zenit über mir schwebte, konnte ich nur die Bäume in meiner unmittelbaren Umgebung erkennen.

Dunkelblauer Sternenhimmel bei enorm verdichtetem Nebel?

Auch das hier:

Ich war erstarrt. Am liebsten wäre ich weggelaufen, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr und die Sinne drohten mir zu entgleiten.

und kurz darauf:

Um mich zu vergewissern, ob meine Sinne mir etwas vortäuschten, beschloss ich meinem Besucher zu folgen.

Die Figur agiert so, wie es die Geschichte braucht. Das ist nicht nachvollziehbar. Hier wird es noch klarer:

Zeichen der Feindseligkeit konnte ich nicht erkennen, dennoch beunruhigte sie mich zutiefst. Ich fragte die Gestalt, wer sie sei und was sie wolle, jedoch schien sie keinerlei Notiz von mir zu nehmen.

Er ist zutiefst beunruhigt und macht trotzdem auf sich aufmerksam? Auch dass er der Gestalt folgen kann, wo sie doch durch Büsche und Bäume schwebt ... und das nachts im Wald bei dichtem Nebel?

Also ich bin auch der Meinung, da ist noch vieles zu tun; allerdings finde ich auch nicht, dass die Idee jetzt wahnsinnig viel hergibt, um sich da noch länger aufzuhalten. Ich seh das wie ernst, möchte dich auch ermuntern, weiter zu schreiben. Mein Tipp für deine nächste Geschichte: Versuche, dich im Stil etwas zurückzunehmen, der ist noch eine oder zwei Nummern zu groß, konzentriere dich dafür etwas mehr auf den Plot, sodass dieser stimmiger wird.

Wünsche dir noch viel Spaß hier,
Grüsse Schwups

 

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