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Die Geschichte von Ronald Madison

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28.11.2009
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Die Geschichte von Ronald Madison

Hallo zusammen. Ich muss ihnen eine sehr seltsame Geschichte erzählen. Und eben diese Geschichte hat viel damit zu tun, dass ich nun auf eine dunkle, verschwommene Fläche starren muss.
Oh, wo sind meine Manieren? Vielleicht sollte ich mich erstmal vorstellen. Mein Name ist Ronald Madison. Ich war mal ein Inspektor bei der Polizei . Heute leider nicht mehr. Ich bin 53 Jahre alt, zirka 1,68 klein und bringe immerhin 85 Kilo auf die Waage. Meine Haarpracht ist auch nicht mehr die, die sie noch vor einigen Jahren war. Aber das ist ja nicht das, was sie von mir hören wollen.

Wie bereits erwähnt möchte ich ihnen nun eine Geschichte erzählen, die ihren Anfang in dem kleinen Nestchen Lillington nahm. Mir wurde etwas Sonderbares berichtet. Eine Frau solle dort völlig nackt und desorientiert durch das Dorf geistern. Dies alles wäre nicht derart eigenartig, wäre da nicht die Tatsache, dass es Temperaturen um den Gefrierpunkt und knöchelhohen Schnee hatte.
Mit meinem PKW erreichte ich um vier Uhr nachmittags das, wenn es hochkommt, 70-Einwohnerkaff. Kevin Hudson, der Wirt der kleinen Dorfkneipe, war es, der mich persönlich anrief, da wir alte Freunde waren. Er war es auch, der die verstörte Frau zuerst sah, als er gerade seine Parkflächen freischaufelte. Als ich den älteren Mann antraf, saß er gerade am Stammtisch der bis jetzt noch leeren Kneipe und las Zeitung.
"Hallo, Ronald. Gut, dass du kommen konntest", begrüßte er mich erleichtert, als er sich aus dem Stuhl erhob, um mir die Hand entgegenstrecken zu können.
Ihn ereilte das gleiche Schicksal, wie mich: Er trug auch eine Halbglatze.
Ich schüttelte ihm die Hand und bat ihn: "Nun lass mal hören, was du mir zu berichten hast!"
Bevor er mir schilderte, was passiert war, bot er mir einen Platz an. "Als ich vor einer halben Stunde meine Parkplätze freimachte sah ich sie plötzlich."
"Die nackte Frau?", fragte ich.
"Genau."
Nun kam eine Pause, in der er sich mit einer Hand über seinen halbkahlen Kopf strich. "Sie war völlig verwirrt und ich konnte überhaupt nicht verstehen, dass sie in dieser Saukälte ohne jegliches Kleidungsstück noch leben konnte."
Mit einem Bleistift notierte ich mir die wichtigsten Informationen auf meinem Block.
"Was hast du dann gemacht?", wollte ich wissen.
"Ich habe sie angesprochen."
"Was ist dann passiert?"
"Sie hat nur etwas vor sich hin gebrabbelt, was ich nicht verstehen konnte."
"Und danach?"
"Habe ich sie mit reingenommen, ihr erstmal einen Tee aufgesetzt und ihr eine Wolldecke gegeben."
"Wie sah sie aus?"
"Ihr Gesicht war durch ihre Haare verdeckt. Aber auf der Brust hatte sie eine klaffende Wunde."
"Wo ist sie nun?"
"Das ist ja Seltsame. Sie ist weg!"
Ich stutzte und legte den Block zur Seite. "Sie ist weg?"
"Richtig. Nachdem ich ihr die Decke gab bin ich kurz raus zum Telefon und als ich mit dir telefoniert habe, muss sie abgehauen sein."
"Wieder ohne ein Kleidungsstück? Naja, wenn das mal nicht die Abwehrkräfte stärkt."
Irgendwie konnte ich mir nicht weiterhelfen. Eine nackte Frau irrt völlig planlos durch Lillington und als man ihr helfen will macht sie sich aus dem Staub?! Eigentlich hätte sie erfrieren müssen.
Nun befand ich mich außerhalb der Kneipe und der Tag neigte sich dem Ende. Ich steckte mir eine Zigarette in den Mund, zündete sie an und genoss das Nikotin in meiner ohnehin schon kaputten Lunge. Feine Schneeflocken rieselten nieder und meine Hoffnung, Fußspuren zu finden, die mir eventuell verraten hätten in welche Richtung die Frau gegangen war, schwand dahin.
"Was würde ich tun, wenn ich nackt im Schnee herumlaufen würde?", dachte ich laut vor mich hin. Ich wäre auf jeden Fall in der warmen Wirtsstube geblieben und hätte den alten Hudson gefragt, ob ich ein heißes Bad nehmen könnte.
Weshalb ist sie überhaupt nach Lillington gekommen? Wurde sie hier ausgesetzt? Fiel sie vielleicht einem Gewaltverbrechen zum Opfer? Warum ließ sie sich nicht von Hudson helfen? Ich begriff das alles nicht.
Ich warf den Glimmstängel in den Schnee und begann meine Suche. Was konnte ich tun, außer die Augen offen halten und mit den Dorfbewohnern reden? Genau das tat ich auch. Ich klapperte Haus für Haus ab. Aber egal wen ich fragte, keiner konnte mir Auskünfte geben, weil angeblich niemand diese Nackte gesehen haben wollte. Doch am letzten Haus, welches einer Mrs. Dawnberry gehörte, wurde ich endlich fündig.
"Ich kam gerade von einem Spaziergang vom See zurück, als ich diese Frau gesehen habe", sagte sie mit ihrer krächzenden Stimme.
"Wo war das?", fragte ich neugierig.
"Oben am See."
"Aha. Wie lange ist das her?"
"Das ist bestimmt schon vor zehn Minuten gewesen."
"Was hatte die Frau denn getan?"
Die alte Frau schob ihre große Brille zurecht und erzählte weiter: "Ich bin ja der Meinung, dass die nicht alle Tassen im Schrank hat. Das arme Ding muss sich doch erkälten. Hat ja nicht mal Schuhe an."
"Schon gut. Aber was wollte sie oben am See?"
"Tja, ich habe meinen alltäglichen Spaziergang gemacht, den ich seit dem Tod meines Jeffreys jeden Tag mache. Und da..."
Ich unterbrach sie: "Ich rede nicht von ihnen. Ich meine eigentlich die nackte Frau. Was wollte sie am See?"
"Ich habe keine Ahnung."
"Haben sie mit ihr geredet?"
"Oh, nein. Mit solch einer Frau will ich nichts zu tun haben."
"So viel zum Thema Toleranz in Lillington", sprach ich meinen Gedanken laut aus.
"Wie bitte?", fragte sie.
"Einen schönen Tag noch, Mrs Dawnberry", sagte ich etwas lauter und ging.
Ich setzte meinen Weg Richtung See fort. Dort angekommen bemerkte ich sofort, dass der See komplett zugefroren war.
Etwas Ungewöhnliches konnte ich nicht erkennen, als ich einmal um den kleinen See herumging. Inzwischen schneite es kräftiger und es fiel schwer, in dem Wirrwarr fallender Schneeflocken etwas zu erspähen. Da ich nicht mehr weiterwusste und mir nun auch verdammt kalt wurde, brach ich meine Suche ab und marschierte zurück zum Wirtshaus.
Dort angekommen wunderte ich mich, dass der Wirt nicht anwesend war, obwohl um diese Uhrzeit eigentlich geöffnet sein sollte. Im Inneren war es leer. Nur ein halbgetrunkenes Glas Bier stand auf der Theke. Vermutlich hatte sich Kevin Hudson einen zur Brust genommen. Hinter der Theke befand sich die Tür zu den Privaträumen. Diese stand halboffen und mit verengten Augen schritt ich vorsichtig darauf zu.
Schon vor der Tür erkannte ich etwas Erstaunliches. Barfüßige Spuren waren auf den kalten Bodenfliesen zu sehen. Es war sonderbar, dass die Fußabdrücke plötzlich begannen. Im ganzen Schankraum waren nämlich keine zu sehen. Ich stellte meinen Fuß neben die nassen Abdrücke und stellte fest, dass es sich um kleine Frauenfüße handeln musste.
Hinter der Tür befand sich ein kleiner Gang. Dort führte eine Treppe nach oben. Ich folgte den Fußspuren über die Treppe und blieb vor einer Tür mit Scheibe stehen. Hier endeten die Abdrücke.
Ich öffnete die Tür. Vorsichtig betrat ich das dahinterliegende Wohnzimmer. Den ganzen Raum suchte ich ab. Aber auf Teufel komm raus konnte ich nichts Nennenswertes finden. Erfolglos suchte ich auch noch die anderen Räumlichkeiten des Stockwerkes ab.
Ich kam einfach nicht dahinter, was es mit der nackten Frau auf sich hatte. Noch nicht mal raten konnte ich. Hätte ich damals nur geahnt in welch schlimme Lage mich diese Frau bringen würde wäre ich zuhause geblieben.

Aber dies ist in meiner jetzigen Situation nicht mehr möglich. Momentan kann ich nicht mal meine Arme bewegen.

Hudson war immer noch nicht in der Kneipe. Ich schritt hin und her. Plötzlich sah ich die Frau durch ein Fenster. Sie befand sich auf der Straße. Doch es kam noch besser. Die Frau war nicht allein. Neben ihr stand der alte Hudson. Leider war die Nackte von mir weggedreht und ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Außer ihrer blassen Haut konnte ich noch braune, klatschnasse Haare sehen.
Sofort rannte ich auf die Straße. Beiden gingen bereits am Haus der alten Dawnberry vorbei. Mann, legten die ein Tempo vor. Es hatte den Eindruck, als wollten sie zum See.
Ich folgte ihnen. Jedoch hatte ich sie am See aus den Augen verloren. Wieder begann es zu schneien und ich hörte Schritte hinter mir. Erschrocken fuhr ich herum und erkannte Mrs. Dawnberry, die auf mich zutrat.
"Was machen sie denn da?", rief ich ihr entgegen.
Mit einem geistesabwesenden Blick schaute sie mich an, nachdem sie zirka fünf Meter vor mir stehen geblieben war.
"Hallo, Herr Inspektor", krächzte sie und winkte mit ihrer knochigen Hand.
Ich wiederholte meine Frage und sie antwortete: "Ich mache meinen täglichen Spaziergang zum See."
"Um diese Tageszeit?"
Nun war sie vor mich hingetreten und meinte: "Ja. Das mache ich jeden Tag, seit mein Jeffrey..."
Schnell unterbrach ich sie: "Ja, ja, schon gut. Das weiß ich doch. Waren sie nicht erst vor einer Stunde spazieren?"
Verlegen lächelte sie. "Wollen sie mich auf den Arm nehmen?"
Ein verwunderter Blick war alles, was ich ihr entgegen brachte. Hatte sie Alzheimer oder war sie einfach nicht mehr ganz dicht?
"Was meinen sie damit?"
"Weshalb stellen sie mir eine solche Frage?"
"Aus welchem Grund behaupten sie, dass sie heute noch nicht am See waren?"
Sie lachte laut auf und meinte: "Und da meinen die Leuten ich sei nicht mehr ganz dicht."
Also, Gedankenlesen konnte sie.
"Was ist denn überhaupt los?", wollte sie wissen."Was haben sie denn hier oben am See zu suchen?"
"Das habe ich sie schon vor einer Minute gefragt."
"Ich sagte ihnen doch schon, dass ich meinen täglichen Spaziergang mache, den ich seit dem Tod..."
"...Meines Jeffreys bla, bla, bla", unterbrach ich genervt. "Wie oft wollen sie das heute noch erwähnen? Das war jetzt das dritte mal!"
"Und warum fragen sie mich dann dreimal? Es ist, wie ich schon sagte: Die Leute meinen ich sei senil und selbst ticken sie auch nicht richtig."
Aus der war wohl nichts herauszuholen. "Haben sie den Wirt und die nackte Frau hier gesehen?", fragte ich.
"Ja,ja. Liegt der gute Mr. Hudson wieder im falschen Bett?" Dabei lachte sie eigenartig.
Ich verzog mein Gesicht zu meinem fragendsten Blick, den meine Gesichtsmuskeln zuließen und stellte fest: "Ich glaube ich kann ihnen nicht ganz folgen, Mrs. Dawnberry."
"Wieso wollen sie mir folgen?" Bei diesen Worten wurde sie auf einmal ganz ernst, während ich sie nur fragend anglotze. Sie fuhr mit ernster Miene fort: "Sie brauchen mir nicht zu folgen. Ich glaube sie geben ihre Suche nach der nackten Frau besser auf."
Danach schritt sie an mir vorbei und spazierte Richtung Dorf. Ich schaute ihr hinterher und schüttelte nur den Kopf. "Was für ein seltsames Wrack!"
Da es inzwischen fast dunkel geworden war, wollte ich meine Suche abbrechen, als ich plötzlich etwas in mitten des Sees sah. Es war die nackte Frau!
Regungslos stand sie auf der Eisschicht und schaute in meine Richtung. Diesesmal waren die klatschnassen Haare nicht über ihrem Gesicht und ich konnte es erkennen. Die Frau musste mitte zwanzig sein. Auf ihrer Brust klaffte ein tiefes Loch, aus der jedoch kein Blut drang. Als ich rief und winkte blieb sie weiterhin still. Sollte ich zu ihr hingehen? Mein zusätzliches Gewicht hätte das Eis zum Brechen bringen können und dies wollte ich nun wirklich nicht.

Ich kann nicht sagen, ob meine Entscheidung richtig war und ob sie was an meiner jetzigen Lage geändert hätte. Doch es ist gekommen, wie es gekommen ist und ich kann momentan nur nach vorne starren und mich nicht rühren.

Da es inzwischen Nacht geworden war und ich doch nicht auf das Eis treten würde, entschied ich zurück ins Dorf zu gehen, obwohl die Nackte zum Greifen nahe war. Als ich am Dorf ankam blieb ich verwundert am Haus der alten Dawnberry stehen. Ihre Haustüre stand offen. Mattes Licht strahlte mir entgegen. Erst jetzt fiel mir was Unheimliches auf: Nur aus dem Haus der senilen Frau schien Licht, während die anderen paar Häuser des Kaffs dunkel waren.
Die Wohnung der Witwe war angenehm warm, aber ein leichter Hauch von verdorbenen Fleisch lag in der Luft. Die Tür, die wohl zum Keller führte, stand einen kleinen Spalt offen. Achtsam schritt ich auf die Kellertür zu und bemerkte schnell, dass der Geruch hier viel intensiver war. Übelkeit überkam mich. In diesem Moment hätte ich mir gewünscht immer ein Taschentuch bei mir zu tragen, dann hätte ich nicht den ganze Schwall des Miefs abbekommen.
Langsam ging ich die Steintreppe nach unten und fand mich schnell in einem kleinen Kellerraum wieder, in dem Regale voller Einmachgläser standen. Auch hier brannte Licht. Der Gestank wurde immer heftiger. Am Ende des Raumes sah ich eine weitere Tür. Hinter dieser drang ein leises Winseln einer Frau an meine Ohren.
"Oh, Gott", dachte ich. "Das ist die alte Dawnberry!"
Hastig öffnete ich die Tür und ein Bild des Grauens offenbarte sich mir. Drei Personen befanden sich in dem Raum und alle waren sie an Stühle gefesselt. Zwei der Personen waren noch am Leben, die dritte war halbverwest. Den beiden Lebenden, ein Mann und eine Frau, wurden Kartoffelsäcke über den Kopf gestülpt. Schon im ersten Moment erkannte ich, wer unter den Säcken stecken musste und dies war eigentlich unmöglich. Die Frau war nackt und der Mann trug dieselbe Kleidung, wie der Wirt.
Ich nahm Kevin den Sack vom Kopf und ein völlig in Angst aufgelöster Blick starrte mich ungläubig an. Noch bevor ich der Frau den Sack abnehmen konnte hörte ich die krächzende Stimme von Mrs. Dawnberry.
"Nicht bewegen!", gellte sie.
Erschrocken drehte ich mich um und wurde sofort von einem lauten Knall und einem brennenden Schmerz an meinem linken Oberschenkel in Empfang genommen.
"Hatte ich nicht gesagt, dass sie sich nicht bewegen sollen?", fragte sie ironisch, während ich mich wie ein hilfloses Opfer auf dem Boden hin und her wälzte. Nun beugte sie sich mit einem fiesen Grinsen über mich und hielt ihren Revolver an mein bestes Stück.
"Sie ist verrückt!", rief Kevin. "Sie will uns alle töten! Wie sie auch ihren Jeffrey umgebraht hat!"
Mrs. Dawnberry richtete ihre Waffe gegen den Wirt und schrie, wie eine Irre: "Sei still! Wenigstens betrüge ich nicht meine Frau."
Kaum hatte sie diese Worte gesagt, schoss sie erneut. Mit weit aufgerissenen Augen musste ich mich ansehen, dass die Kugel in die Brust der nackten Frau schlug, wo sie ein klaffendes Loch hinterließ. Ihr zuckender Körper rührte sich wenige Sekunden später nicht mehr. Hudson war genau so entsetzt, wie ich.
"Warum tun sie das?", fragte ich sie mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Sie drehte ihren Kopf und den Revolver wieder in meine Richtung. Böse schaute sie mir in die Augen und lächelte dabei, wie eine Geistesgestörte.
"Wieso wollen sie das jetzt noch wissen? In den nächsten paar Sekunden werden sie eh nicht mehr am Leben sein. Ihnen jetzt alles zu erklären hätte also keinen Sinn. Außerdem sind sie hier der Inspektor und haben nach ihrem Tod noch genügend Zeit sich einen Reim darauf zu machen."
Nach ihren letzten Worten drückte sie ab und auf einmal war alles still und schwarz um mich herum...

Tja, liebe Leser. Dies war also meine Geschichte. Ich kann ihnen versichern, dass mich die Kugel aus dem Revolver nicht getötet hatte. Dieses geschah erst etwas später, als ich meine Augen von der Ohnmacht öffnete und ich mich in eben jener Lage befand, wo ich mich jetzt immer noch befinde.
Es ist nass, dunkel und verflucht kalt um mich herum. Über mir befindet sich immer noch die verschwommene Fläche, die nichts Weiteres ist, als die dicke Eisschicht des Sees, in dem ich mich nun befinde, da die alte Mrs. Dawnberry, die absolut verrückt ist, mich hier reingeworfen hatte, weil sie in der Annahme war, ich sei tot.
Dafür konnte ich den Fall in Lillington lösen.
Jeffrey, der übrigens die halbverweste Leiche im Keller war, hatte seine Frau betrogen. Dies musste Mrs. Dawnberry irgendwie herausgefunden haben. Ergo hat sie ihn umgebracht. Das scheint sie nicht verkraftet zu haben und so machte es sie sich zur Aufgabe alle Fremdgeher in ihrem Dorf zu töten. Die nackte Frau war Kevin Hudsons Geliebte, darum mussten auch die beiden sterben.
Was mir aber immer ein Rätsel bleiben dürfte: Warum konnte Kevin Hudson die nackte Frau sehen? War sie eine Geistererscheinung? Sie konnte nicht nackt durch Lillington gehen und dort schon eine Schusswunde gehabt haben. Diese hatte ihr Mrs. Dawnberry doch erst später zugefügt. Was es auch war, ich werde es nie erfahren.
Nun wird es aber Zeit mich von ihnen zu verabschieden. Mein Name ist Ronald Madison und ich bin soeben gestorben!

Ende

 

So. Dies ist also meine zweite Geschichte. Würd mich wieder über Kommentare, Lob und Kritik freuen.

 

Hallo, Samuel!

Was mir als erstes beim Durchlesen aufgefallen ist: Du hast zu wenig Absätze gemacht. Zum Beispiel, am Ende der Einleitung wäre es schöner gewesen einen Absatz einzubauen. Wie du das auch zum Schluß der Geschichte getan hast. Auch, wenn du zwischen Kursiv- und Normalschrift springst, - ist einfach übersichtlicher.

Die Auflösung hat mich nicht so recht überzeugt, wenn ich es richtig verstanden habe, dann hat die alte Frau alle Leute im Dorf getötet. Falls meine Annahme richtig ist, wie kommt es dann, dass es niemand gemerkt hat. Im Dorf leben ja nur - oder lebten - siebzig Menschen. Und, dass alle im Dorf fremdgegangen sind? Na ja, ist schon fraglich ...

Was mir gefallen hat ist, dass das Phänomen mit der umherlaufenden Frau nicht erklärt wird. Und obwohl sie schon am Anfang der Geschichte tot zu sein schien, der Inspektor es dennosch später selbst sieht, wie sie erschossen wird - Paradox! So etwas gefällt mir!

Und die Ich-Perspektive passt zu solchen Geschichten nicht, wo der Erzähler am Ende dann stirbt. Da fragt man sich doch als Leser: Wie kann es dann sein, dass ich es lesen kann, wann hatte der Erzähler die Zeit gehabt, seine Erlebnisse niederzuschreiben? - Das liest man aus dem Schluß der Geschichte heraus, und zwar der erste Satz dort: Tja, liebe Leser. Leser impliziert ja, dass die Geschichte auf dem Papier steht.


mfg
Geert

 

Tag auch, Geerd.

Erstmal Danke für deine Kritik. Ich finde es immer gur, die Meinung Dritter zu hören. Das hilft einem, es beim nächstenmal besser zu machen.
Nun gehe ich auf deine Kritik ein: das mit dem Absätzen hab ich gleich mal geändert, da du vollkommen Recht hast.

Die Aufklärung: Es ist nicht so, dass Mrs. Dawnberry das ganze Dorf getötet hat. Sie hat lediglich 4 Menschen - Ronald Madison mit eingeschlossen - auf dem Gewissen. Aber ich kann mir denken, wie du darauf kommst: Als Madison das Haus der Alten betritt fällt ihm ja auf, dass im ganzen Dorf kein Licht brennt. Nun das ist eigentlich eine Tatsache, die mit der Geschichte nix zu tun hat. Ich wollte die Stimmung etwas mysteriöser gestalten. (Vielleicht hät ich den Satz weglassen sollen.)
Dass die Alte alle Fremdgeher killen will, ist nur eine Vermutung von Madison.
(Schließlich hat sie ja "nur" zwei Fremdgeher ermordet)
Ich finde es persönlich auch gut, wenn nicht alle Fragen einer Gschichte erklärt werden. Dies lässt erstens viel Spielraum für Interpretationen und zweitens klingen manche Erklärungen arg konstruiert. Bei meinen Geschichten wird eigentlich nie alles zu Hundert Prozent erklärt.

Das mit dem Leser ist ein kleiner Logikfehler von mir gewesen. Na gut, ich mein er erzählt es ja uns Lesern, aber das das nicht logisch sein kann ist ja klar. Aber wie schon gesagt: Man muss nicht alles erklären.

Nochmals danke für deine Kritik und einen schönen Tag noch.
samuel Kane

 

Hallo Samuel,

der Einstieg zu deiner Geschichte mit der direkten Ansprache des Lesers wirkt ein wenig altbacken. Auch dieses direkte Beschreiben der Figur: Ich bin so groß und so alt und so schwer … das ist schon sehr Holzhammermäßig.

Eine Frau solle dort völlig nackt und desorientiert durch das Dorf geistern. Dies alles wäre nicht derart eigenartig
Nein, eine Frau, die völlig nackt durch ein Dorf geistert, ist immer eigenartig. Egal unter welchen Umständen. Du möchtest sagen: „Dies allein wäre schon eigenartig genug, aber …“ und dann erwähnen, dass es saukalt war.

Ihn ereilte das gleiche Schicksal, wie mich: Er trug auch eine Halbglatze.
Naja, dann hat ihn das Schicksal ja eigentlich schon erreicht. Diese Jovialität in der Erzählung wirkt leider auch etwas gezwungen, also beginnende Kahlheit und 70-Seelennest, das ist so … jach, so altbacken irgendwie. Das hatte man schon häufig und vor allem früher, oder?

und bat ihn: "Nun lass mal hören, was du mir zu berichten hast!"
So formuliert man keine Bitte, das ist eine Aufforderung.

Bevor er mir schilderte, was passiert war, bot er mir einen Platz an.
Das ist so förmlich, trocken und steif. Auch die Zeitabfolge: Er bietet ihm ja zuerst den Sitz an, dann fängt er an zu schildern, was passiert ist. Und der Satz gibt diese zeitliche Ordnung genau falsch rum wieder.

"Die nackte Frau?", fragte ich.
"Genau."
Das ist auch so ein Dialog. Natürlich, die nackte Frau. Wen denn sonst?

Mit einem Bleistift notierte ich mir die wichtigsten Informationen auf meinem Block.
Kalt, nackt, Frau? :) Also was zum Geier sollte er da notieren. Er hat ja noch gar keine Details erwähnt.

Aber auf der Brust hatte sie eine klaffende Wunde.
Ich glaube, 99.9% der Menschheit kommen durchs Leben, ohne einmal das Wort „klaffend“ laut auszusprechen. Warum sollte gerade der Wirt da anders sein? Blutend, vielleicht, ja, aber „klaffend“ ist kein Wort, das sich groß im aktiven Wortschatz von Nicht-Medizinern befindet.

Hätte ich damals nur geahnt in welch schlimme Lage mich diese Frau bringen würde wäre ich zuhause geblieben.
Das ist auch so ein Mittel aus der Mottenkiste des Spannungsschreibers. Wenn man keinen Cliffhanger hat, dann mit diesem Foreshadowing zu kommen; das kann ja auch mal klappen, aber nicht so plump. Bisschen feiner alles, bitte. Bisschen filigraner.

Leider war die Nackte von mir weggedreht und ich konnte ihr Gesicht nicht erkenne
Der Satz wirkt unfreiwillig komisch, weil man natürlich annimmt, er hätte andere Gründe die Vorderseite einer nackten Frau zu sehen.

Mann, legten die ein Tempo vor. Es hatte den Eindruck, als wollten sie zum See.
Ich folgte ihnen. Jedoch hatte ich sie am See aus den Augen verloren.
Hier wäre eigentlich die erste Szene drin, in der richtig Spannung aufkommen würde, eine Verfolgung im eiskalten Schneegestöber, aber das wird hier einfach so weggetan. Hmpf.

zu meinem fragendsten Blick
Das ist kein Wort. Entweder man schaut fragend oder nicht, das ist nicht steigerbar.

Zwei der Personen waren noch am Leben, die dritte war halbverwest
Das ist ein Anblick, der jeden aus der Fassung bringen würde, bis auf den hartgesottensten Polizisten oder Gerichtsmediziner. Ist auch hier wieder eine Möglichkeit, „Horror“ zu erzeugen verschenkt. Das ganze ist mehr so ein ganz behaglicher Gruselkrimi bis hierhin.

Den beiden Lebenden, ein Mann und eine Frau, wurden Kartoffelsäcke über den Kopf gestülpt.
Das heißt, sie bekommen sie gerade in dem Moment übergestülpt, also wäre zumindest einer von beiden zu erkennen.

Erschrocken drehte ich mich um und wurde sofort von einem lauten Knall und einem brennenden Schmerz an meinem linken Oberschenkel in Empfang genommen.
In Empfang genommen ist eine Phrase; und das „Erschrocken drehte ich mich um“, wäre als „wirbelte ich herum“ oder „schreckte ich herum“ deutlich stärker.

Das Ende wirkt dann leider schon richtiggehend naiv, wie so ein Rätselheftchen zum Mitraten. Auch der ganze Plot ist schon sehr … schlicht. Der anfängliche Hook mit der nackten Frau wird dann mehr und mehr vernachlässigt, der Freund entpuppt sich, ohne große Ankündigung als Schwerenöter, und der Protagonist tut eigentlich gar nichts außer durch die Gegend zu rennen.
Also sowohl Stil als auch Form wirken angestaubt auf mich. Da könnte es helfen, mehr zu lesen, mehr modernere Sachen vor allem oder Sachen auf etwas höherem Niveau, wenn man so möchte.
Auf der ganz formalen Ebene: Rechtschreibung ist gut, Kommasetzung gibt’s ein paar kleine Schwächen bei Nebensätzen, die mit „Als“ eingeleitet werden, was ich so gesehen hab.

Gruß
Quinn

 

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