Die Geschichte von Prinzessin Pelu und dem Prinzen Nolu
Der erste Schleier: In Damaskus lebte einst eine junge Frau von atemberaubender Schönheit. Sie war die Tochter des Kalifen und hörte auf den lieblichen Namen Pelu.
Der zweite Schleier: Viele der reichsten und tapfersten Männer des Landes hatten dem Kalifen ihre Aufwartung gemacht und um die Hand seiner Tochter gebeten. Doch der Kalif war ein gerechter Mann, der seine Tochter sehr liebte. Er wollte sie nur demjenigen geben, der es verstand ihr Herz zu gewinnen.
Der dritte Schleier: Prinzessin Pelu aber war von eigensinnigem Gemüt und weder protzende Tapferkeit noch kostbarstes Geschmeide konnten den Bewerbern den Weg zu ihrem Herzen öffnen.
Der vierte Schleier: Seit Kindestagen war sie erfüllt von dem Wunsche des Lebens leidenschaftliche Tiefe zu erfahren. Ihre verlangte es danach diese mit Körper und Geist zu erschließen.
Der fünfte Schleier: In sternenklaren Nächten lag sein in ihrem Gemache. Da sie eine Frau von großer geistiger Tiefe war, wusste sie, dass sie den Trank des Lebens nur mit dem Manne ihres Herzens würde finden können.
Der sechste Schleier: So vergingen die Jahre. Und auch wenn ganz Damaskus ihre Schönheit und ihre Weisheit pries, so wusste Prinzessin Pelu, dass ihre wahre Schönheit und ihr wahres Strahlen noch immer in ihrem Körper eingeschlossen waren.
Der siebte Schleier: Das Verlangen nach dem Manne ihres Herzens wurde stärker, als sie das zwanzigste Jahr bereits überschritten hatte.
Der achte Schleier: Ihr Körper bog sich in Tagträumen, und schäumende Lust breitete sich in ihrem Schoße aus. Das Volk von Damaskus und verlangte nach einer Vermählung, doch der Kalif hielt weiter schützend seine Hand über die Tochter.
Der neunte Schleier: Bei Tage schritt Prinzessin Pelu zur Beruhigung der Menschen mit all ihrem Liebreiz durch die Gassen der Stadt. Doch des Nachts, wenn die Berührungen des Geliebten fehlten, besah die Prinzessin ihren schönen Körper selbst bei Zeiten.
Der zehnte Schleier: Pelu’s Brüste waren nun zu prächtigen Früchten gereift, und sie wünschte sie dem Geliebten darzureichen, auf dass er sich an ihnen labe.
Der elfte Schleier: Damals kam ein Prinz nach Damaskus. Dessen Familie war einst beim alten Kalifen in Ungnade gefallen, zu einer Zeit als der Prinz selbst noch an der Brust seiner Mutter lag.
Der zwölfte Schleier: Prinz Nolu, denn so lautete sein Name, hatte lange Jahre an den Grenzen des Orients gelebt. Doch nun, da er dem familiären Treibsand entronnen war, zog es ihn zurück in die Stadt seiner Väter.
Der dreizehnte Schleier: Auch Prinz Nolu hatte stets die Sehnsucht nach dem wahren Leben angetrieben. Und auch er hatte erkannt, dass er des Lebens süße Speise nur mit einem ihm gleichgesinnten Weibe würde kosten können.
Der vierzehnte Schleier: Wenn auch nicht mehr ganz jung an Jahren, er hatte das vierzigste Jahr überschritten, war er von stattlicher Gestalt. Zudem schätze man seinen wachen Geist und seine helfende Hand.
Der fünfzehnte Schleier: Eines Tages, so wird berichtet, wurden Pelu und Nolu einander auf dem Markte im Zentrum der Stadt ansichtig. So flüchtig der erste Blick auch gewesen, so stark war doch das Feuer, welches beider Herzen sogleich entflammte.
Der sechzehnte Schleier: Die Weisen berichteten später, schon diese erste Begegnung sei vorherbestimmt gewesen. Denn unter des Himmels Sternen sucht eine jede Hälfte des Herzens sein passendes Gegenüber. Doch nur wenigen ist es vergönnt, dieses auch zu finden.
Der siebzehnte Schleier: Fortan suchten Prinzessin Pelu und Prinz Nolu die Nähe des anderen. Es taten Gespräche sich ihnen auf, voll tiefstem Wissen, herrlicher Erkenntnis und großer Leidenschaft.
Der achtzehnte Schleier: Prinz Nolu bot seiner Geliebten eine Frucht von erlesener Schönheit, und Pelu nahm sie und genoss in vollen Zügen.
Der neunzehnte Schleier: Prinzessin Pelu schenkte ihrem Geliebten dafür einen Trank, edler noch als der Wein des Barmherzigen. Fortan erfreute sich Prinz Nolu an dieser nie zuvor gekannten Herrlichkeit.
Der zwanzigste Schleier: Schon bald wurde die Vermählung gefeiert. Damaskus atmete auf und die Werber blickten enttäuscht, doch Prinzessin Pelu und Prinz Nolu erfreuten sich ihrer tiefen Vereinigung.