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Die Geburt

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20.02.2002
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Die Geburt

Es war Spätherbst, und seit etlichen Tagen lag eine dichte Wolkendecke über der Stadt. Das war nichts ungewöhnliches für diese Jahreszeit und besonders nicht für Darlington, in der Mitte des Englischen Königreiches. Das einzig ungewöhnliche war, daß es schon seit beinahe einer Woche nicht geregnet hatte. Doch das Geschenk Gottes, das das Stadtleben um einiges erschweren konnte, lag ständig in der Luft. Niemand konnte hoch in den Himmel blicken, ohne daran denken zu müssen, daß eben dieser einstürzen könnte.

Darlington lag direkt an der Tees und nicht weit vom Pennines Hochland, was der Stadt eine ansehnliche Zukunft versprach. Tatsächlich stieg die Bewohnerzahl von Jahr zu Jahr an, und die Wirtschaft wurde im ganzen Land immer wichtiger gesetzt. In der Tat war es später so, daß England die industrielle Revolution Europas in die Wege leitete. Doch das war schon zu einer Zeit, als er nicht mehr zu dieser Welt gehörte.

Vor den Stadttoren standen drei von Pferden gezogene Marktkutschen, die ihr Verkaufslager aufgeschlagen hatten. In Lumpen gekleidete Hausfrauen ließen sich von den Mägden Töpfe, Schalen und frisches Gemüse andrehen. Während dieser Zeit demonstrierten die männlichen Verkäufer edel geschmiedete Schwerter und Dolche, die manche Väter ihren heranwachsenden Knaben schenkten. Im Großen und Ganzen war an dem Tag ein stark belebter Betrieb. Denn niemand konnte wissen, wie lange es denn noch trocken bleiben würde, und bei strömendem Regen ließen sich keine guten Geschäfte machen.

Vor nun schon 15 Jahren war Thomas mit seinem zum Ritter geadelten Vater von London ausgezogen. Sie hatten sich zusammen mit einer Karawane von sieben Kutschen nach Darlington begeben und sich dort niedergelassen. Dort hatte nach dem Tod seiner Mutter ein neuer Anfang gemacht werden sollen. Doch für Thomas war alles viel zu neu gewesen. Die Anerkennung, die er in London als Sohn eines geadelten Ritters genossen hatte, war vergangen, denn sein Vater hatte sich aller Gewalt entledigt und einen neuen Beruf als Schmied angefangen. Ein ganz gewöhnlicher Beruf, und Thomas hatte Angst, daß es ihm irgendwann genauso ergehen würde wie seinem Vater. Seit dem Tod seiner Mutter hatte er sich immer geweigert, gewöhnlich zu sein.

Am Rande des mit dichtem Stroh abgedeckten Daches war eine Art Balkon angebracht, der aus zweischichtigen Holzbrettern bestand und an der einen Seite an das Grundgerüst befestigt war und am Gegenpol von den starken Ästen des daneben stehenden Apfelbaumes, der die Höhe des Hauses bei weitem überragte, gehalten wurde. Thomas liebte diesen Balkon, auf dem er die meiste Zeit verbrachte, wenn er nicht irgendwo mit Freunden herumlümmelte. Von da aus konnte er die Stadtbewohner bei ihren Aktivitäten beobachten und sich mit ihnen unterhalten, wenn er Lust dazu hatte. Zudem konnte er seinen Vater bei der Arbeit beobachten, die er stets bei geöffneter Tür vollzog, um zu zeigen, daß Gäste und vor allem auch Kunden sehr erwünscht waren.

Eine dicke Frau in einem bauwollenen Kleid und einem weißen Kopftuch lief mit zwei neuen Kochtöpfen unter Thomas vorbei und rief ihm hinterher: „Mit deiner Zeit solltest du Vernunft befriedigen.“

Thomas öffnete den Deckel des Weinkruges und nahm einen großen Schluck. Der Rotwein hatte einen viel zu süßlichen Geschmack und schien nicht mehr Alkohol zu beinhalten als das Bier, was der alte Chester in seinem Gasthaus anzubieten hatte. Thomas würde den Wein nur soweit trinken, bis nur noch drei Schluck übrig blieben. Anschließend würde er damit zum Farmer gehen, von dem er es abgeworben hatte, und sich darüber beschweren.

Währenddessen wiederholte die Frau ihren besserwisserischen Vorschlag, und fügte hinzu, daß sie mit ihm rede.

„Oh gnäd’ge Frau, es war die Stimme der Vernunft, die am Sonnenaufgange zu mir sprach, und mir befahl hier hochzusteigen.“ Beleidigt zog sie kopfschüttelnd weiter, und schimpfte noch ganz leise, was für ein frecher Kerl Thomas doch wäre.

„Wolken ach so schwer, als ob vom Himmel stürzen würden. Mensch so grob und aufgebracht, wie von Furcht getriebenes Tier. Scheint’s mir so, oder wird heut Nacht noch Schreckliches passieren? So wahrlich, wie der Wind schon zu mir flüstert, so grob und schnell, nichts als Unruhe in sich bergend. Und wie das Grau den Himmel hat genommen vor vielen Tagen, heute scheint das Werk komplett zu sein. Denn wenn nichts als Grau die Welt umschließe, Ende wird schon kommen bald. Doch sollte man den Tag genießen, sagte mir gewöhnlicher Freund, und dem Herren danken für Hunger, Tod und Leid. Denn ist es nicht das, aus dem unser täglich’ Brot besteht? Doch wahrlich, wenn Gedanken aus dem Kopf vertrieben, lebt’s sich besser, oder nicht? Das Auferlegte Schicksal des Wiederholens und des Leidens, durch die Arbeit ausgeführt, und sichergestellt durch freiheitliche Politik der Gefangenschaft, die ablenkt von all Qualen und von Leid. So ist es denn gelogen, wenn ich von Vernunft hier spreche? So ist es bewußte Rebellion, die ich vollführe, ganz im Zeichen der Vernunft.“

„Hast du was gesagt, mein Freund?“ fragte Saturn und hielt vor Thomas an. Er war ein schlanker Mann mit gepflegtem Schnurrbart und kurzgeschnittenen Haaren. Er war einer der wenigen in Darlington, die versuchten, immer schick und elegant gekleidet zu sein. Saturns hellblaues Seidenhemd hatte breite Puffer an den Ärmeln und war an der Brust und an den Schultern mit Federn ausgestopft, um ihn stärker und damit auch männlicher erscheinen zu lassen, als er eigentlich war. Die beiden hatten keine tiefe Freundschaft, was Thomas völlig befürwortete. Denn ihre Einstellungen waren beinahe von Grund auf verschieden. Saturn war nämlich jemand, der sich sehr viel daraus machte, was andere Menschen über ihn sagten. Außerdem vertrat er die Meinung, daß man mit spätestens 14 Jahren eine feste Arbeit haben mußte. Thomas dagegen war es recht egal, was andere Leute über ihn dachten, und sah es nicht ein, etwas zu machen, was ihn nicht glücklich machte. Trotz dieser gravierenden Unterschiede verstanden sie sich mehr oder weniger und gingen hin und wieder in Gaststätten und auf Ausflüge in diejenigen Städte, die nicht länger als einen Tagesritt von Darlington entfernt lagen.

„Nichtigkeiten, nichts als Nichtigkeiten.“

„Mir scheint, daß Nichtigkeiten all dein Leben bestimmen. Bitte sei so gnädig, und biete mir deine Hand, um zu dir hinaufzukommen.“ Thomas legte sich auf den Bauch und ließ seine Hand hinunter, während Saturn nach ihr ausstreckte und sie letztendlich auch ergriff. „Überstürze nichts, sonst stürze ich nach unten“, rief Saturn scherzhaft, während Thomas ihn nach oben zog.

„Thomas, oh Thomas. 25 bist du an der Zahl, doch weder tugendhafter noch erfahrener bist du als ein kleiner Bub’. Tage und Nächte verbringst du hier oben, wie eine Katze auf der Flucht. Doch was ist die Quelle deiner Angst. Ein Versuch vor all’ Problemen eines jeden Lebens zu entrinnen? Sag es mir. Denn auch das solltest du beachten, so standhaft, hart und klug die Katz’ auch sein mag. Auch ihr Baum wird mal abgefällt. So sollte sie sich sorgen, dann nicht mehr auf ihn drauf zu sein.“

„Vergeudest du hier meine Zeit mit längst bekannten Fakten, oder trägst du mir heut’ Ausweg vor?“ Thomas sah schon, daß Saturn einen Grund für sein Kommen hatte, ein Grund, der ihm möglicherweise nicht besonders gefiel. Doch sein Wissensdrang erlaubte es ihm nicht, seinen Beinahfreund abzuwimmeln.

„Du erkanntest meiner Worte ihren Sinn ab, von daher werd’ ich keinen falschen Weg einschlagen, dir zu verkünden meinen Plan. Aber zuvor, ist es Wein in dem Gefäß, das meine Augen grad’ erblicken?“

„Es stimmt. Wein ist es von der Gattung, doch kein bißchen edler als die alte Hure Beatrice. Falls du kosten magst, tu das, Warnung hab ich dir gegeben.“ Saturn nickte, als ob er ein trockenliegender Alkoholiker wäre, und Thomas gab ihm den Krug. „Wäre bei der Namensgebung, Bacchus nicht angebrachter gewesen. Dann wärst du nach dem Gott der Weine benannt, und nicht wie Gott des Ackers.“

Saturn unterbrach die Bewegung, die den Krug zu seinem Mund führte, und starrte Thomas wütend an. „Bist du des Sinnes, mich mit heidnischen Gottheiten zu vergleichen. Das Schicksal meint es gut mit dir, du elendiger Schuft. Doch wäre diese Scheide hier nicht inhaltslos, sondern würde scharfe Klinge mit sich tragen, wärst du jetzt schon deiner Mutter gleich.“

„Doch siehst du mich im Besitze eines Schwertes? So sollten wir mit Fäusten und Füssen kämpfen, so wie es in der Natur des Mannes liegt, der in seiner Ehre gekränkt wurde.“

„Aber halt“, erwiderte Saturn in einem ehrfürchtigen Ton, „wieso denn deine Ehre? Bin es nicht ich, der von deiner Zunge beschuldigt worden ist.“

„Die Ehre eines Toten ist nicht minder wert, als die eines Lebenden, und es ist nicht minder wert, für sie in Kampf zu treten.“

Sein Gesicht verblaßte, und in seinen Augen wurde die Schmach der Niederlage sichtbar, noch bevor es zu einem Kampf kommen konnte, als er seinen Blick von Thomas wandte. „Nein, es wird nicht jetzt und nicht in allen Jahren meines Lebens zu einem Kampfe mit dir kommen. Denn wer bereit ist für die Toten in den Kampf zu ziehen, hat schließlich nichts mehr zu verlieren.“ Saturn saß noch eine Weile lang bewegungslos da, bis er seine begonnene Bewegung fortführte, um den Wein zu probieren. „Pfui dem Schuften, der es dir verkauft hat, du Narr!“ Er stellte den Krug hin und legte seine Hand auf Huckerbeys Schulter. „Thomas, ich bin nicht mehr gewillt, dieses Leben fortzuführen. Ich habe gesucht nach Möglichkeit, etwas zu verändern hier. Wie steht’s mit dir, mein alter Freund?“

„Erzähl mir erst von deinem Plan, bevor ich mich auf eine Seite stelle. Denn zufrieden, oh nein, bei weitem nicht, aber besser als die Hölle ist mein Leben allemal. So erzähl ohne Ausschmückungen zu machen, damit ich schnell dahinterkomme“, sprach Thomas Huckerbey, während sein Blick in die Ferne ausschweifte.

„Der Kampf für unser Vaterland, mein Freund. Es soll dir keine fremde Kunde sein, daß England in Streit mit Spanien liegt, und Elizabeth, dieser Bastard von Königin, allen nur erdenklichen Flottenschutz benötigt, um list’ge Invasion von unsren Herzen abzuwenden. Und in der Tat, die Flotte eines König Philipp ist nicht zu unterschätzen, jeder Mann wird da gebraucht.“

Thomas Huckerbey nickte bedenklich und forderte Saturn auf, weiterzuerzählen.

„Nun gut, doch Wehrmacht ist schwach wie ein Kastratenknabenchor und nimmt sogar noch solche auf. Von kleinen Kindern ist mir zu Ohren gekommen, die in Krieg gezogen sind. Findest du Gehör für meine Worte? Jeder Mann wird an der Front gebraucht, um das englische Volk vor der bösen Invasion zu schützen. Smith, Lancester und der kleine Roberts haben sich schon bereit erklärt. In zwei Tagen wird der Marsch beginnen. Bist du dabei?“ Saturn sprach sehr aufgebracht, und gestikulierte sehr wild mit seinen Händen. Es war Thomas klar, daß Saturn ein Narr war und mit Sicherheit keine zwei Kriegstage heil überstehen würde. Und die anderen Freiwilligen waren entweder stark doch unbeweglich, so schwächlich, daß sie kein Schwert hochheben könnten, oder noch keine 18 Jahre alt. Sie alle würden mit großer Wahrscheinlichkeit den Tod finden. Und das war alles andere als das, was Thomas im Sinn hatte. Er wollte ja schließlich ewig leben.

„Wenn der Ritt ist in zwei Tagen, frag mich übermorgen wieder. Doch ein Nein würde wahrscheinlich aus meinem Munde erklingen, so daß ihr ohne mich von dannen ziehen müßtet. Aber sicher steht noch nichts, denn auch diesen unbekannten Reiz, den der Krieg auf mich ausübt, sollte man nicht minder einstufen, als all meinen logischen Verstand.“

„So bestünde noch die Möglichkeit?“ fragte der Kriegsnarr euphorisch.

„Nein, eigentlich nicht. Doch trotzdem Danke für deinen unüberlegten Vorschlag, das Vorhandensein des Guten Willen sei ja schließlich das einzige, was zählt.“

Es fiel ihnen nicht auf, als sie sich die ganze Zeit unterhalten hatten. Doch als sie sich nichts mehr zu sagen hatten, da keiner von beiden ein triviales Gespräch anfangen wollte, bemerkten sie, daß der Himmel mittlerweile schon ein dunkleres Grau angenommen hatte, als es bei so mancher Nacht der Fall war. Doch es war allerhöchstens 19 Uhr.

„Thomas, die Dunkelheit ist schon eingetroffen, und Wind pfeift traurig und düster, als ob er die Ankunft der Apokalypsereiter ankündigt. In Sicherheit sollten wir uns begeben, denn hier ahne ich Unheil. Unter ein Dach und zwischen vier Wände begehre ich zu gehen. Folgst du mir?“

„Oh Teufels Blitz, oh Götter und Dämonen!“ seufzte Thomas und erhob sich. „Siehst du’s in der Ferne kommen, dem Winde sollten wir vertrauen. Großes Unheil fürchtest du, doch ich erblicke es. Wer reitet da schutzsuchend bei Unwetter und Finsternis auf unsere Stadt denn zu? Mag sein, er befinde sich noch in der Ferne, doch sein Gesicht ragt deutlich vor mir heraus, mit Worten kann ich’s nicht beschreiben, denn der Teufel würde ehrfürchtig in Liebe fallen, beim Anblick dieser Fratze. Vier Reiter sollen’s sein, doch nur einer müßte reichen, um unser Leben zu vernichten.“

Saturn schaute schlitzäugig auf die große Sandwolke, vor der sich ein schneller Reiter auf einem schwarzen Roß befand. Er erweckte den Eindruck, als ob er ein Gesandter der Hölle sei, für den sie ihre Pforten geöffnet hatte, damit er nur noch mehr Seelen in den Abgrund nahm. Weder Thomas noch Saturn konnten sich diese an sich unbegründete Angst erklären, die allein schon sein Näherkommen auslöste. Dennoch waren sich beide so sicher, wie daß die Nacht vor dem Morgen kommt, daß dieser Reiter ein brennendes Pfeil war, das auf geradem Wege ins Herz Darlingtons traf.

Das Gesicht des Fremden war schmutzig von Erde und Matsch, es war von Narben überdeckt, wie die Haut eines gewöhnlichen Jugendlichen es mit Akne war. Seine langen, pechschwarzen Haare waren zu einem Zopf geflochten, der von einer Schulter zur nächsten wedelte, scheinbar ohne daß es dem Reiter etwas ausmachte. Seine Augen lagen im Schatten seiner Augenhöhlen, so daß sie wie zwei dunkle, tiefe Hohlräume aussahen, durch die man Einblick in seine finstere Seele nehmen konnte. Das beige langarmige Baumwollhemd, das von Schweiß und Wind an ihm zu kleben schien, war verlöchert und teilweise zerfetzt. Wenn man von den vielen Verletzungen absah, erweckte er den Eindruck eines Bauern, der es sehr eilig hatte, in eine Stadt zu gelangen, die er aller Voraussicht nach noch nie zuvor gesehen hatte.

„Komm mit in unser Heim.“

„Nein, vor dem Leibhaftigen willst du flüchten, wie du es vor schwangerer Magd tun könntest? Ach du Narr des Lebens, das Böse wird nicht von deiner Haustür weichen. Fürchtest du den Kampf? Auf dem Kriegsfeld möchtest du dennoch stehen? Ein unschlüssiger Verstand bringt dir nur die Früchte allen Endes“, erklärte Thomas, der seinen Blick am Reiter fixierte, und ihn nicht mehr aus den Augen ließ. Doch er hielt es für ebenfalls möglich, daß der Fremde seinen Blick magisch anzog und an sich klammerte, ohne ihm nur eine Möglichkeit zu geben, den Freien Willen zu entfalten.
„Merkst du’s? Für die Dauer von höchstens zwei Minuten, herrscht hier Ruhe in unsrer Stadt. Doch dann stürzt Himmel, stirbt der Friede, öffnet Hölle ihre Pforten und vernichtet unser Sein, bis die Sündentat vorüber ist, und Darlington ewige Ruhe zugesprochen bekommt.“ Normalerweise hätte Saturn darüber gelacht. Hinzu hätte er versucht, Thomas einzureden, daß er nicht mehr so pessimistisch sein solle. Doch diesmal nickte er geistesabwesend, ohne nur den Versuch zu wagen, ihm zu widersprechen.

Die Mägde und Händler packten hastig ihre Verkaufsgegenstände und Tische zusammen, um noch möglichst vor dem Antreffen des finsteren Reiters fortgehen zu können. Doch ständig verfing sich ihr Blick in seiner besonderen Gestalt, die sie ebenfalls in den Bahn zu ziehen schien. Einer der Männer stieg auf das Doppelpferdgespann und schrie seine Frau an, sich zu beeilen. Da es sowieso schon sehr dunkel war, bestand kaum noch eine Möglichkeit, an diesem Abend noch viel Geld zu verdienen. Es war sicherlich das aller vernünftigste, der Gefahr aus dem Wege zu gehen. Denn zu dieser Zeit kam es nicht selten vor, daß Markt-kutschen von einzelnen Banditen überfallen wurden. Erst am Wochenende zuvor fand einer gut 20 Kilometer südöstlich von Darlington statt, bei dem drei Menschen das Leben nehmen mußten.

„Was gedenkst du jetzt zu tun?“ fragte er Thomas. Seine Stimme klang ängstlich, schon beinahe wie die eines kleinen Bengels, dem seine Lehrerin mit harten Disziplinarmaßnahmen drohte, und er hoffnungslos versuchte, sich aus dem ganzen herauszureden. Jedoch hatte Saturn nichts unrechtes getan, genauso wie alle anderen Bewohner dieser Stadt, die angsterfüllt auf den Fremden starrten und ihre auswendiggelernten Gebete auf- und abstotterten.

Huckerbey sprang auf die leere Straße herunter und lief mit schnellen, zielbewußten Schritten auf die Stadttore zu. „Was gedenkest du zu tun?“ hakte Saturn nach, nachdem er ebenfalls vom Balkon gesprungen war und mittlerweile zu seinem Freund aufgeschlossen hatte.

„Der Unvernunft Einhalt zu gebieten, um es in deinen präzisen Worten auszudrücken.“

„Bist du denn völlig von Sinnen?“

Plötzlich hielt Thomas an und wendete sich seinem Freund zu. „Sinne, so klar wie der Gesang der Nachtigal. Sollen wir ewig leben wie die Mäuse? Uns verkriechen wenn Gefahr sich naht? In Höhlen und in Dunkelheit verweilen, da Sonne uns verbrennen könnt’? So werd’ ich Märtyrer sein, so und? Leben ist Kampf, und Kampf ist eine Ehre. Krieger willst du doch noch werden, so suche kein Versteck vorm Kampf. Das Böse heißt es zu besiegen, um nicht in Ewigkeit verdammt zu sein. So komme mit, soll mein Kampf unser werden, um Welt zu zeigen, sich Tyrannei nicht zu ergeben.“

Saturn wich einen Schritt zurück und richtete seinen Blick auf den Fremden, der an den Stadttoren angehalten hatte und nun mit düsterer Mimik die Bewohner und die Häuser der Stadt musterte, als wären sie irgendwelche primitiven Tiere.

„Du übst Verrat?“ stellte Huckerbey fest und es klang so, als ob er nur die ganze Zeit darauf gewartet hätte, ihm diese Worte mitzuteilen. „Der Krieg soll deine Zukunft und dein Ende sein, darauf gebe ich dir mein Wort. Heuchler, Verräter, verschwind’ du elendiger Schuft, auf nimmer wieder sollen meine Augen deine Visage erblicken, auch wenn in Nacht du Leben wirst, tu es, doch gerate nicht an mich. Solltest du nun im Kriege sterben, keine Träne würde ich vergießen. Denn ich weine hier und jetzt. Nie gewesen gute Freunde, doch die Hoffnung darauf war uns legitim gestattet. Zerstört hast du all die Möglichkeiten nur mit deinem feigen Sein. Bei allen Göttern, ist’s nicht Judas, der hier vor mir steht?“

„Womit hab ich deine Wut verdient?“ schrie Saturn mit ausgebreiteten Armen. „Nicht ich bin feige sondern du, wagst nicht dich dem Leben anzupassen, das gleich für alle ist. Angst davor, deinen Wert zu verlieren, nichts besonderes mehr zu sein. So frag’ ich dich, ist’s denn kein Verrat am Leben? An der Gesellschaft?“

„Judas, oh Judas, wärst du bloß kein Judas. Welch Verrat, den ich beging, könnte Menschen Leben kosten. Welche Schuld, die ich beging, könnte Menschen Haus verbrennen?“ Saturn ging erneut einen Schritt zurück, dann noch einen, und noch einen, bis er an den Zaun einer winzigen Tomaten- und Gurkenplantage anstieß und umzukippen drohte. Mit tolpatschig wirkenden Drehbewegungen seiner Arme versuchte er seinen Oberkörper nach vorne zu verlagern. Es sah sehr witzig aus und Thomas verweilte wenige Sekunden damit, ihm zuzuschauen. Doch als Saturn den Boden nur noch mit den Fersen berühren konnte, sein Oberkörper bedrohlich weit nach hinten zurückgelehnt war, schritt Thomas schnell vor, packte ihn an den Schultern und zog ihn wieder in seine ursprüngliche Haltung.

„Durch welche Schuld, die ich beging, könnte je ein Schaden für andere entstehen?“ fragte er letztendlich, ohne eine Antwort zu erwarten, und lief schnellen Schrittes weiter. Er nahm nicht an, daß Saturn ihm noch folgen würde. Eigentlich nahm er überhaupt nichts an, vermutete nichts. Er wußte nicht einmal, wieso er jetzt da vor ging, um mit dem Fremden zu reden. Die Gründe, die er Saturn genannt hatten, waren es auf jeden Fall nicht. Er glaubte nicht ernsthaft dran, daß der Fremde tatsächlich ein Abgesandter des Teufels war. Er kam Thomas vertraut vor, andererseits aber auch nicht. Es war eine gewisse Anziehungskraft vorhanden, die der Fremde auf Thomas hatte. Er war mysteriös, rauh und kantig, beinahe schon animalisch. Er war eine Ausnahmeerscheinung, die man unter tausend Passanten wiedererkennen würde. Vielleicht bestand darin diese Anziehung, nämlich daß er nicht wie die anderen war, sondern arg andersgeartet. Es gab zu diesem Zeitpunkt nicht viel, was er über sich oder den Fremden wußte. Doch er mußte auf jeden Preis zu ihm.

Es war eigentlich nichts ungewöhnliches daran, daß die Bewohner bei so einem Wetter lieber in ihre Hütten liefen, anstatt ihre Zeit hier draußen zu verbringen. Dennoch glaubte er, daß es einen anderen Grund dafür gäbe. Ungebrochenen Mutes lief er weiterhin entlang der sich rapide leerenden Straße. In weniger als einer Minute würden nur noch drei Menschen draußen stehen, die nicht arbeiten mußten: der Fremde, er selbst und Saturn, der immer noch dastand und seinem Freund mit den Augen folgte, wie er in sein scheinbares Unglück lief.

Je näher er dem Fremden kam, desto langsamer wurde sein Gang. So etwa zehn Meter vor seinem Ziel blieb er stehen und beobachtete den Mann etwas genauer. Er war sehr groß, zwei Meter, vielleicht sogar mehr. An den Ärmeln seines zerrissenen Hemdes klebte rundherum Blut, genauso wie von überall an ihm. Thomas vermochte nicht mehr festzustellen, ob der Mann tatsächlich so gefährlich aussah, wie er es seit dem ersten Anblick empfunden hatte. Doch mit Sicherheit hatte der Fremde etwas schlimmes hinter sich und konnte nun wahrscheinlich ein Bett gebrauchen.

„Seid Ihr bestimmten Grundes hier?“ fragte Huckerbey, bevor er sich noch völlig in seinen rätselnden Gedanken verlor. Der Fremde stieg von seinem Ross herab und trat näher an Thomas heran, wobei er ihn mit seinen finsteren Augen zu mustern schien.

„Des Krieges müde ist mein Geist geworden, vom sinnlosen Sterben betrübt sind meine Sinne, von endlosen Gefechten ist mein Magen am verhungern. So ist’s mein einziger Wille hier zu rasten und bißchen Nahrung zu erhalten. Ist’s mir hier gegönnt?“

„Legt ab Euer Schwert, dann dürft ihr hier verweilen“, antwortete er, den Fremden mit einer einladenden Handbewegung durch die Stadttore führend.

Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, führte Thomas ihn in sein Haus und zeigte ihm das Bett, auf dem er den Abend und die Nacht über verweilen konnte. Der Fremde legte sich sofort hin, jedoch ohne den Anschein zu erwecken, tatsächlich schlafen zu wollen. Als Thomas ihn für einen Moment verlassen wollte, bat er ihn da zu bleiben. Der Mann war anscheinend unter sehr großem psychischen Druck gestanden und könnte nun vielleicht jemanden gebraucht haben, mit dem er darüber sprechen konnte. Thomas war zwar nicht der Ansicht, daß ausgerechnet er die richtige Person dafür wäre, doch er ging nicht weg, sondern setzte sich auf den kalten Boden neben das Bett.

„So jung und schon so edel, Fremden Eintritt zu gewähren. Wie lautet Euer Name?“

„Thomas Huckerbey“, antwortete er, ohne jedoch den Eindruck erwecken zu wollen, irgendwie angetan oder stolz zu wirken.

„Thomas, etwa nicht gefährlich ist mein Schein, mich in dies edle Haus zu führen und zu versorgen? Doch lügen sollt Ihr bloß belassen, weichen Sie ab von Beleidigungen gen meinen Verstand.“

„Furchtbar wie Verbannung aus dem Paradies, wie die stürmische Nacht im weiten Ozean. Mir ist noch nie begegnet derartige Gestalt.“

„Dennoch ließt Ihr mir gewähren meinen Frieden.“
Der Fremde war sehr neugierig, das konnte man an seinen hell aufblitzenden, dunklen Augen erkennen, die eine Mischung aus Aggression und Wissensdrang widerspiegelten. Die Lippen formten ein Lächeln, zumindest etwas derartiges. Schließlich war das Gesicht von sehr vielen Kratzern und Wunden entstellt, so daß seine Mimik sich durch gewisse Verfremdungen arg von der aller anderen ihm bekannten Menschen unterschied. Zum Beispiel wenn er lächelte oder grinste. Es sah aus, als ob sich ein enger Spalt im Erdboden öffnete und alle sich drum herum befindenden Gebäude zerstöre. Ganz anders dagegen, wenn er die Augen schloß. Dann traten seine Wangenknochen ganz weit heraus und erweckten das Bild eines Felshanges, der an den Kiefern seine Grenze fand und in die Tiefen stürzte. Das lag aber daran, daß sich irgendeine Flüssigkeit, wahrscheinlich Tränen oder Blut, unter der Haut angesammelt hatte, wie Thomas bei genauerem Hinsehen feststellen konnte.

Huckerbey beließ es, noch weiter auf das Gesicht seines Gastes zu starren. „Von Unvernunft getrieben, gebannt von fremdartiger Erscheinung, oh wenn ich nennen könnte meine Gründe.“

„So sollte ich mich dankbar erweisen und beenden diese Fragerei. Dennoch drängt es mich nach einer letzten Frage“, begründete der Fremde und setzte sich scheinbar problemlos auf.

„So drängt sich auf ein Hexenmeister, suchend nach neuen Opfern.“

„Oh Thomas, war Götter Weisheit noch in Ihnen zu sehen, kränkt Ihr jetzt doch noch meinen wachen Verstand. So lasset mich fragen, bevor Euer Urteil kommt. Habt Ihr denn etwas, wofür es sich zu leben lohnt?“

Diese Frage brachte ihn aus dem Konzept und er mußte erst nach Worten kämpfen. Der Fremde faßte diese Reaktion mit einer deutlichen Zufriedenheit auf.
„So scheinen Sie mir unfähig, Thomas, eine simple – der ganzen Menschheit Wortwahl zu benutzen – Frage zu beantworten. Ist’s nicht die Familie, das Heim, der Landbesitz, Freunde und vielleicht sogar dein Weib, daß dir Grund genug zum Leben ist?“

„Es gibt keinen materiellen, noch einen geistigen Besitz, der einen Wert für mich darstellt.“

Der Fremde nickte begeistert. „Oh ja Thomas, es ist wie meine Worte noch vor einem Jahr. Der Krieg, ein verlockendes Ungeheuer küßt Sie so sanft und weich. In Schottland wir sind einmarschiert, auch Weibsbilder und Knaben waren auf dem Weg. Im Wohle ihrer Majestät Elizabeth, im Wohle dieses Bastards. Im Wohle Englands, im Wohle eines armen Staates. Die Flotte wahrlich ist sehr reich bestückt, doch andere Verteidigung ward nicht geplant. In Schottland, aufsässige Rebellen üben Rache an Maria Stuart. Um sie das ganze, nicht um uns.
Doch nicht mehr als einer Lüge zu Willen, der Kriegesmarsch wurde begonnen. In Wahrheit, mein Freund, in Wahrheit, sage ich Ihnen, in Wahrheit war’s das Ungeheuer, gespaltener Zunge redend, gespaltener Wege gehend, gespaltener Weise werbend, auf gleichsam’ Weise betend, das Volk in Todesmarsch begab. So ist’s verwunderlich, wenn falschen Grunds geleitet, wir dort fanden nichts als Tod? Tod allen Engländern, hießen dort die Rufe, und wie spendabel wurd’ mit uns verhandelt. Kinder an brennenden Pfeilen gestorben, Frauen mit aufgespießtem Leib, Männer abgetrennten Kopfes. Nichts als schottische Verwundete, knapp hundert der Rebellen tot. War das der Preis für unser aller Tod? Auch mein Aussehen, ach so verwunderlich scheint es dir, war Geschenk des zwiespältigen Ungeheuers.“

„Doch fließt noch Leben durch diesen Körper!“ fügte Thomas ein.

Der Fremde schien die Anmerkung zu ignorieren. „So Seien Sie sich sicher, Thomas, eine wahre Antwort ist von mir zu erwarten, wofür es sich zu Leben lohnt, die Gewißheit auf den Tod!“

„Doch ist der Tod nicht grauenhaft? Erweckt er nicht die Furcht des Ungewissens in den Herzen aller Menschen? Ja, so wahr, das Leben hat mir bislang nichts gebracht, nichts gutes, so daß es schönes Leben wäre. Doch zweifle ich kein einzig Augenblick an meinem Willen, ewig zu verweilen hier.“

„Menschen“, flüsterte der Fremde in einem spöttischen Ton, als ob er von Würmern und Käfern spräche. „Thomas, wenn nichts für Leben spricht, spricht denn nicht alles für den Tod? Aber Ihre Augen formen Lippen, erzählen Geheimnisse Ihres Herzens, sperren weit auf das Tor zu Ihrer Seele. Auf ewig leben, welch ein schwacher Wunsch. Thomas, wahrlich stärker habe ich Sie geschätzt. Im Herzen so offen, doch Wirrglauben schwächt Ihnen den Kopf.“

Der Junge stand auf und trat zurück, bis er sich an der Tür befand. Er erwartete, daß der Fremde nun ebenfalls aufstünde, doch er tat gar nichts. „Bei all den Göttern und Dämonen, versiegelt Eure dreck’ge Zunge.“

Thomas! ertönte die Stimme des Fremden von überall und nirgendwo, jedoch ohne, daß er seinen Mund bewegt hatte. Laß nicht mehr förmlich uns benehmen. Laß Zufahrt gewähren meiner grenzenlosen Macht. Dein Leben für immer zu beenden, doch Bruder Tod in Ewigkeit zu bändigen. Im Glauben bist du längst gestorben, nur zum Schein lebt er in dir. Schmeiß hinfort unnötige Ballasten, schließ den Pakt, den ich dir biete, ab sofort der Welt entsagen um was Besonderes zu sein. Schließ dich an und hör den Nachtgesang der Eule, anstatt des Hahnes Leid.

Er hatte derartiges noch nie erlebt. Zuerst diese geheimnisvolle Stimme, aus dem Nirgendwo, die ihn aus den tiefsten Ebenen seines Bewußtseins zu erreichen schien, jedoch nicht die seinen waren. Doch jetzt gelang sein Gast mit nur einem einzigen Sprung ganz nah an ihn heran und roch an seinem Fleisch.

„Welch ein majestätischer Geruch, so stark und frisch. Doch hier dein Blut, schön und rein, das eines Prinzen, meines dunklen Prinzen. Oh lege dich du Hunger, denn Freie Wille sollte ihm gestattet sein. Nicht wider seinen Willen will ich handeln.“

„So gehe hinfort, du böser Dämon, zum Orte deiner Mißgeburt, wo Flammen speien aus den Äckern, sich Väter und Töchter stets vermehren, Mensch ewig Leid erfährt und du des Quälens nicht gesättigt wirst“, antwortete Thomas, den Fremden selbstbewußt von sich wegschupsend. Jedoch hatte er sehr viel Angst, was seinem Gegenspieler nicht entging. Bis heute noch, die ganzen Jahrhunderte über, stellte er sich vor, was wohl passiert wäre, hätte er damals doch bloß keine Angst gehabt.

[ 01.08.2002, 18:20: Beitrag editiert von: zorenmaya ]

 

Hallo Zorenmaya!

Eine sehr lange und auch langwierige Kurzgeschichte, die ich zwar nicht überwältigend fand, in mehrerlei Hinsicht jedoch sehr gelungen.

Probleme hatte ich allerdings etwas mit dem Inhalt und ich bin mir nicht sicher, ob ich das Ende richtig verstanden habe. Aber ich denke mal, dass anhand des Satzes

Bis heute noch, die ganzen Jahrhunderte über, stellte er sich vor,...
deutlich wird, dass der Protagonist irgendwie unsterblich ist.

Interessant fand ich die theatralische Sprache der vorkommenden Personen. Ist mal was anderes und sie versetzt den Leser noch mehr in die damalige Zeit.
Allerdings wird so die Geschichte für den Leser auch unverständlicher und zumindest mir fiel es schwer, anhand der ungewohnten Satzstellung und Sprachweise noch genau den Inhalt zu verfolgen.
Auch frage ich mich ein wenig, was die Überschrift mit dem Text zu tun hat. Vermutlich hätte ich ihn ein zweites Mal durchlesen und mich vollkommen auf den Inhalt konzentrieren müssen.

Sehr gut gefiel mir der Einstieg, in dem du den Leser erst einmal die Gegend und die Zeit, in der sich alles abspielt, vermittelst.

Etwas überrascht hat mich, dass es die Gegend wirklich gibt, da ich mir nicht sicher war, ob du Darlington und Tees erfunden hast oder nicht.

Was die Namensgebung anbelangt, hatte ich zuerst den Eindruck, dass der Name "Thomas" nicht so richtig in die damalige Zeit passt, aber da ich im Nachhinein festgestellt habe, dass der Name schon sehr alt ist, halte ich ihn nun doch für okay.
Besonders deswegen, weil der Protagonist ja bereits wirklich seit mehreren Jahrhunderten zu leben scheint und Thomas auch heute noch ein sehr gängiger Name ist.
Der Name "Saturn" hingegen ist mir nicht geläufig, aber es ist ja auch eine Fantasy/Märchen-Geschichte und insofern egal.

Man merkt, dass du, wie ich stark vermute, dich eingehend mit der historisch anmutenden Story befasst hast, denn der Text liest sich sehr flüssig und scheint bezüglich der Fehlerkorrektur gut nachbearbeitet zu sein.

Auch die Sprache, den Stil und die detailierten Beschreibungen zu Beginn sind dir klasse gelungen.

Einige Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

...und sich dort niedergelassen. Dort hatte nach dem Tod seiner Mutter ein neuer Anfang gemacht werden sollen.
- die "dort"-Wiederholung klingt etwas unschön
- der zweite Satz klingt etwas verunglückt für mich ("gemacht werden sollen")

Die Satzstellung, z. B. an dieser Stelle:

...von daher werd’ ich keinen falschen Weg einschlagen, dir zu verkünden meinen Plan
hat mich übrigens sehr an Star Wars erinnert (Joda: "Begonnen der Angriff der Klonkrieger hat"). Ist genau die gleiche Sprachform.

"Pfui dem Schuften,..."
Das "pfui" klingt m. E. etwas albern. Besser fände ich beispielsweise "Schande dem Schuften,...".

Einige Sätze wie dieser:

"...um das englische Volk vor der bösen Invasion zu schützen..."
passen nicht zum Grundschema.
Richtig müsste er lauten: "... um zu schützen das englische Volk vor der bösen Invasion..."

...daß Marktkutschen von einzelnen Banditen überfallen wurden. Erst am Wochenende zuvor fand einer gut 20 Kilometer südöstlich von Darlington statt...
Es ist zwar klar, dass "einer" sich auf den Überfall bezieht, aber streng genommen fehlt der Bezug auf ein Substantiv.

...wenn Gefahr sich naht...
Entweder "wenn Gefahr naht" oder "wenn Gefahr sich nähert".

...sogar dein Weib, daß dir...
"das" statt "dass" - Bezug auf "Weib"

Ich hoffe, durch meine zahlreichen Verbesserungsvorschläge nicht den Stil oder gar die Geschichte schlecht gemacht zu haben, denn das ist sie nicht und die Sprache, Grammatik und Rechtschreibung sind sehr in Ordnung, aber es ist auch eine lange Geschichte, sodass es viel zu sagen gibt und manche kleinen Fehler merkt man selbst als Autor erfahrungsgemäß trotz mehrmaligen Korrekturlesens nicht.

Fazit: Eine sehr interessante, gut geschriebene Story mit einfallsreicher Grundidee, die aber inhaltlich gesehen noch etwas verständlicher sein könnte.

Fertig. :)

Viele Grüße, Michael

 

Thomas ist zu dem Zeitpunkt noch nicht unsterblich, doch das wird er nämlich und darauf bezieht sich auch der Titel, nämlich auf die Geburt eines neues Vampires.
Der hintergrund sind die Englisch-Spanischen Konflikte zu Zeit Elisabeths, die Sprache sollte dementsrechend auch an die derzeitigen Autoren erinnern, von denen Shakespeare überragt.
Mir ist klar, daß es umso schwerer zu verstehen ist (da ich selber Big willy wohl auch nicht das Wasser reichen kann).

Zu der Namensgebung:
Thomas ist tatsächlich ein uralter Name und war damals wie heute noch sehr gebräuchlich. Saturn dagegen ist der römische Gott des Ackers. Ob er je Verwendung fand weiß ich nicht. Es ist so ein Tick von mir, Namen von Göttern und Propheten in meinen Geschichten zu verwenden. Übrigens gibt es auch ein apokryphisches Evangelium namens Thomas.

Die sprachlichen Fehler die du angedeutet hast waren Spekulationen, da bei Shakespeare ja auch keine Grammatik, wie wir sie heute kennen, vorlag. Deshalb wählte ich die Formulierungen so wie sie am besten opder poetischsten klingen, wie mir dank dir aufgefallen ist, habe ich mich ein ums andere Mal geirrt.

Danke für das Lesen und Kommentieren, ich weiß wie anstrengend das ist. Aber wenn du vielleicht noch mehr Durchblick verlangst, bei der Challenge DIALOG habe ich Thomas Huckerbey auf Shakespeare treffen lassen, die Geschichte heißt Unheilbare Ewigkeit.

 

So habe den ersten Abschnitt gelesen, liestt sich gut, werde mich das jetzt mal alles ausdrucken und als Bettlektüre mitnehmen.

Lang-Kommentar gibts morgen ( also heute in ca 8 Std. )

Gute N8

Jaddi

 

So jetzt bin ich ganz durch.
Die Story ist inhaltlich gut. Allerdings hast Du teilweise eine dermassen komplizierte Satzstellung, das man quasi `nen Knoten beim lesen im Hirn bekommt . Liest sich nicht sehr flüssig.

Nehmen wir mal diesen Abschnitt am Anfang:

In Lumpen gekleidete Hausfrauen ließen sich von den Mägden Töpfe, Schalen und frisches Gemüse andrehen. Während dieser Zeit demonstrierten die männlichen Verkäufer edel geschmiedete Schwerter und Dolche, die manche Väter ihren heranwachsenden Knaben schenkten. Im Großen und Ganzen war an dem Tag ein stark belebter Betrieb.

Satz eins: Ok

Satz zwei klingt wegen dem "Während dieser Zeit" seltsam, das klingt so nach einem ganzen Zeitalter, oder als würde ein Geschehen einsetzen, das ausserhalb des Marktes spielt.
Ein einfaches: Derweil demonstrierten ( wobei auch das demonstrieren etwas fehl am Platz wirkt, da es sich als Fremdwort etwas arg aus dem einfachen Marktgeschehen heraushebt...in Satz eins hast Du noch dieses >andrehen< und jetzt hier dieser Wechsel zu einer etwas >gehobeben< Sprache,...ein einfaches "zeigen" wäre vielleicht besser )

Dann wäre da noch Satz drei: klingt auch etwas seltsam mit diesem stark belebten Betrieb. Habe ich so noch nie gehört oder gelesen.

Einfach zu lesen wäre so ein Satz:
Im Großen und Ganzen herrschte an diesem ( oder dem ) Tag ein reger Betrieb.

Ich will Dir hier jetzt nicht Deinen Schreibstil kaputt reden, aber Du hast den ganzen Text über solche etwas künstlichen Satzgebilde die zwischen sehr einfacher und sehr >gehobener< Sprache wechseln.

Der Text liest sich einfach nicht flüssig, man muss sich Mühe geben beim Lesen ( klingt komisch ist aber so ).
Ich habe mir die Mühe gemacht, da mir die Geschichte an sich gefällt :)

Gute N8

Jaddi

 

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