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20.10.2002
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die fremde

Die Fremde

Ich bin in diesem fremden Haus, und ich passe drauf auf.
Gieß´ ich die Pflanzen und fütter die Tiere als wären sie meine, nicht meine, ihre.
Es ist fremd, das Haus, und ich spiele, ein anderes Leben, im anderen Reich.
Dann, nach Tagen, ist es nicht mehr so fremd- und überhaupt nicht vertraut.
Kenn ich den Kühlschrank und weiß wo das Klopapier ist, wie sich meine nackten Füße anfühlen auf dem falschen Marmor und die Wasserleitungen, die scheppern manchmal,
drei Stufen hat die Treppe.
Weiß ich das alles.
Und weiß ich halb und gar nicht ganz, kenne ich jetzt schon ohne gewohnt, bin ich fremd im Haus,
im Haus.
Unanstädig komme ich mir vor, alles zu benutzen als wäre das hier meins,
meins, meins, ihrs, seins.
Ein Handtuch, intim , gehört mir nicht.
Eine Tür aufsperren, dieser Schlüsselbund.
Den Einkauf verräumen in fremde Schränke, Bewegungen, Handgriffe, unzählbar oft,
innertraulich, Teil von dir-
in der Fremde vertraute Dinge tun macht Distanz, zeigt dir wo du nicht hingehörst.
Macht unruhig, unruhig.
Denke ich an zu Hause, an Sachen die ich kenne, an die Katze, meine Katze, meine, meine, meine.
Und streicht hier nicht, `s ist fast zum Grausen, auch um die Beine, Eine,
Katze die ich nicht meine,
nicht Meine.
Die falsche Farbe, falsches Leben, suche ich Papier und Stift,
die schreiben hier wie jene dort.
Unruhig bin ich, ich will mir helfen, und mach mir die Dinge zu eigen jetzt.
Liebkose den Stift, streiche entlang, den Hals, die Brust,
ich ziehe mich aus, die Kleider verwirren mich, so bin ich nackt in der neuen Welt,
komm,
wir machen uns vertraut.
Auf den Rücken, auf dem Boden, Stein ist kalt und hart, hart.
Liege ich und spreize die Beine, dreh mich und dann noch einmal, zeige mich dir, sieh mich an,
jede Stellung mach ich dir vor, dort, dieser Tisch, die Platte aus Glas, ich wünschte ich wäre zwei,
als eine säße ich obenauf, als zweite läg ich darunter, das Sofa, das weiche, ich rieche daran,
riecht nach fremdem Schweiß, Schweiß, ein Kissen darauf, ich reib mich daran, riecht alles nach mir, nach mir, ich lehne am Schrank und schmecke das Holz, und beiße zärtlich hinein,
der Teppich, ganz rauh, da mach ich´s mir selbst, ich nehme das Zimmer im Rausch,
und fühl mich als Sieger,
Stille im Haus,
mein Zimmer schweigt und ich auch.

 

Hallo alexandra!

Ich heiße Dich erstmal herzlich willkommen auf kg.de! :)

Dein (hoffentlich nicht erster und zugleich letzter) Text hat mich während des Lesens ziemlich gefesselt. Er wirkt auf mich sehr dicht, still, geheimnisvoll und durch Deine ungewöhnliche Schreibweise erscheint es mir so, als hättest Du all die Gedanken, die man so tagtäglich hat, eins zu eins in Worte gefasst. So muss es dann wohl aussehen, wenn man etwa gleich mehrere Gedanken zur selben Zeit hat, und diese für gewöhnlich alles andere als geordnet auftreten.

Was mir beim Lesen in den Sinn kam: Die Protagonistin erkennt zu Anfang das Fremde um sich herum, anscheinend vor allem dadurch, dass sie Unterscheidungen trifft zwischen ihren eigenen Habseligkeiten und denen, die ihr nicht gehören. Diese Erkenntnis macht sie "unruhig", weil sie sich nicht geborgen genug fühlt. Die eigenen und ihr damit vertrauten Gegenstände, die sie selbst in diese "Fremde" hineinbringt - und damit zu einem Teil von ihr macht? - reichen offensichtlich nicht aus, ihr Bedürfnis nach Geborgenheit zu stillen. Stattdessen denkt sie an "zu Hause" und an ihre "Katze".

Wie überwindet sie diese Sehnsucht nach Geborgenheit und Vertrautheit? Mit einem erotischen Akt. Ein Motiv, das ich gut nachvollziehen kann.

Und ein Text, den man ruhig mehrmals lesen sollte, um alles in ihm erfassen zu können.

Am interessantesten fand ich übrigens folgenden Satz, der mich nachdenklich machte:

in der Fremde vertraute Dinge tun macht Distanz, zeigt dir wo du nicht hingehörst.
Es ist, als ob einem das Fremde fast anschreien wollte, in seiner kalten Art.


Lieben Gruß
Philo-Ratte

 

Servus Alexandra!

Mir hat dein Text auch sehr gut gefallen. Die Fremdheit des Hauses, das Gefühl des unrechten Eindringens in die Atmosphäre eins anderen. Und dann nimmt sie es in Besitz, macht es sich vertraut, drückt ihren Stempel in die Räumlichkeit.

Ich habe aber auch das Gefühl, dass sie eine besondere Beziehung zur/zum Hausbesitzer/in hat, nicht nur die Distanz zum Haus, sondern auch zu ihr/ihm oder ihrer/seiner Lebensart überwunden werden soll, wenn nicht gar an sich gerissen wird.

Lieben Gruß schnee.eule

 

lieber Philo,
danke für die nette Begrüßung,habe mich gleich mal scheppig gefreut daß es gefallen hat. Du hast die Prot genau verstanden, konntest nachvollziehen, so soll es sein, drum freu ich mich jetzt noch ein bißchen weiter.


schnee.eule: auch an dich vielen Dank, einen Stempel aufdrücken, das wollte sie- vielleicht hätte sie auch in alle Zimmerecken pinkeln können? :-)
Glaube aber, daß je fremder ein Haus ist, und mit ihm sein Bewohner, das Gefühl der Fremde noch verstärkt wird,
liebe Grüße, alexandra.

 

Hallo Alexandra,

es hat wirklich Spass gemacht deine Geschichte zu lesen (das ist wörtlich zu nehmen). In erster Linie wegen deiner Sprache. Das hätte ich nach der andern geschichte nicht erwartet. Du spielst wunderbar und erfrischend mit den Worten. Herrlich. (Ein Gedicht?)

Auch deine Protagonistin finde ich faszinierend. Wie sie als starke Frau das Fremde heimisch macht. Auch ein Kampf gegen den Mann, dem wohl dieses Haus gehört? Vielleicht unnötig sich darüber gedanken zu machen.

Well done!

Liebe Grüße

Jan

 

Hallo alexandra,

also dieser Text .....also ich bin zwiegespalten.
nochmal. Dieser Text hat etwas sehr sehr sinnliches, das ist dir auch sehr gut gelungen. Alllerdings kann ich mich mit dem Schreibstil nicht anfreunden, denn der verwirrt mich ein wenig, aber du musst mir auch Gelegenheit geben, mich dran zu gewöhnen, gib mir eine Chance!

wie gesagt sehr sinnlich. Ich sehe ausserdem eine neugierige zugleich etwas ängstliche und auch eine an die berfremdliche Situation, sich gewöhnende Darstellerin (Leider habe ich den letzten Satz nicht umständlicher hinbekommen)

Liebe grüsse Archetyp

 

hallo ihr Lieben.

vielen Dank für eure Antworten. am besten gefällt mir wie einer die Sprache hervorhebt, den anderen verwirrt sie, einer sieht in der Frau eine starke Frau, der andere sieht sie ängstlich. hihi denke ich und gebe euch beiden recht. aus Unsicherheit wird mancmal Stärke-
die Sprache ist mit Sicherheit gewöhnungsbedürftig, wie Jan erkannt hat, soll sie eine Melodie haben, ist einem Gedicht ähnlich.
danke Jan,
danke Arche, eine Chance für dich
und liebe Grüße, alex.

 

Hallo alexandra!

Stilistisch gesehen ist der Text wirklich sehr ungewöhnlich. Teilweise reimen sich die Sätze, teilweise nicht. Ein wenig verwirrend finde ich die Sprache schon, da es sich um eigenartige Sätze handelt, aber der Inhalt kommt durch ihr gut rüber und die Sätze erscheinen lebendig.

Hmm... was schreib' ich bloß zum Inhalt?
Irgendwie hat mir die Geschichte gut gefallen. Interessant, wie sich deine Protagonistin durch ihr erotisches Verhalten am Ende doch noch mit der Wohnung identifizieren konnte. Das hast du gut hingekriegt und kommt mir etwas außergewöhnlich vor. Aber insgesamt doch recht gelungen.

Jedenfalls eine sehr unterhaltsame Kurzgeschichte, die sich von den meisten anderen unterscheidet.

Viele Grüße,
Michael :)

 

hallo Michael,

vielen Dank und einen Keks für dich,
alles Liebe,
alex.

 

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