Die fremde Tür
Er stand vor der Holztür der Toilette und gab ihr einen Schubs, der gerade ausreichte, um die Magnete voneinander zu lösen, die die Tür geschlossen gehalten hatten.
Als er durch den schmalen Spalt weisse Kacheln erkennen konnte, erinnerte er sich daran, dass die Tür kein Schloss besass, es also durchaus möglich war, dass dahinter jemand gerade sein Geschäft verrichtete. Damit nicht genug, er war hier nur selten zu Gast und kannte viele Bewohner des Hauses und damit potentielle Toilettenbenützer nicht oder nur flüchtig.
Die Tür glitt noch immer mit einem leisen Quietschen von ihm weg und offenbarte Zentimeter für Zentimeter Stücke des dahinter liegenden Zimmers.
Er legte sich eine Entschuldigung bereit, für den Fall, dass jemand auf der Schüssel sass, oder - noch schlimmer - im Stehen in sie urinierte. Sofort den Kopf wegdrehend würde er meinen, es täte ihm Leid, er habe schlichtweg vergessen, dass die Tür kein Schloss besass - ein solches Missgeschick könne ja schon einmal passieren, trotzdem würde er sich entschuldigen.
Dann dachte er, es sei vielleicht besser, kurz um Verzeihung zu bitten und die Tür wieder zu schliessen, denn obwohl jedes Wort aus seiner Rede wahr und aufrichtig gemeint, ja sogar grundsätzlich angebracht war, würde sie den Fremden, von welchem er ja noch nicht einmal wusste, ob es denn ein Fremder war, beschämen und ihn länger als nötig in der peinlichen Situation belassen, in welche er sich ungeschickterweise hinein manövriert hatte.
Als die Tür endlich genug weit aufgeschwungen war, konnte er erkennen, dass die Toilette verlassen war
"Entschuldigung", sagte er.