Was ist neu

Die Freiheit

Mitglied
Beitritt
11.04.2002
Beiträge
7

Die Freiheit

Die Freiheit

Er ging an der Bank vorbei, am Metzger, dann am Schreibwarenladen. Jeden Morgen der selbe Tagesablauf.
Um 6.00 Uhr aufstehen, Anzug anziehen, frühstücken, zur Firma laufen, die nur 3 Blocks entfernt lag, in der Kantine zu Mittag essen, nach Hause gehen, zu Abend essen...
Oft wünschte er sich einfach weg zu laufen, zu flüchten aus dieser eintönigen Welt.

FREI SEIN!!!

Der Gedanke beschäftigte ihn seit Jahren. Doch heute Morgen war etwas anders, das konnte er spüren.

Vor dem Kaufhaus saß ein alter, heruntergekommener Mann, ein Bettler. Er sah ihn schon von weitem und musterte ihn kritisch. Dieser Mann hatte bestimmt kein so eintöniges Leben wie er, dieser Mann war ständig unterwegs, nirgends zu hause. Er konnte bestimmt viele Geschichten aus seinem sichtlich schon langem Leben erzählen.
„Du hast es gut!“ Die Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah den Mann an, der dort, zusammengekauert am Boden sass und an ihm hochsah. „Wie kommst du denn darauf?“ fragte er. „Na ja, du hast sicher Geld, eine Frau >Die ich nicht mehr liebe und die mich auch nicht mehr liebt< , ein Haus >mit einer Hypothek<, ein Auto und eine geregelte Arbeitsstelle >mit einem beschissenen Chef, der meine Verdienste als seine ausgibt<, das ist doch in meinen Augen der Sinn des Lebens“, sagte der Bettler. „Aber sieh mich an, was habe ich denn? Nur das, was ich anhabe und das in meine Tüten passt. Die anderen Menschen verachten mich, laufen achtlos an mir vorüber, verspotten mich in Gedanken, die Kinder quälen mich, was ist das für ein Leben? Wenn ich ‚Gück‘ habe, habe ich an einem Tag genug Geld um mir etwas zu Essen zu kaufen.“ „Aber du hast trotzdem deine Freiheit, du kannst gehen wohin du willst, siehst die unterschiedlichsten Leute, du kommst herum. Ich dagegen gehe jeden Tag den selben Weg zu meiner Arbeit, habe jeden Tag die selben Aufgaben, ein geregeltes Leben ist doch sehr anstrengend!“ Der Bettler sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“ „Manchmal wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dieses Leben zu verlassen, einfach zu fliehen vor diesem grauen Alltag.“ Der Bettler nickte verstehend, dann winkte er geheimnisvoll den Mann zu sich: „Komm mit mir, ich werde dir etwas zeigen.“ Der Bettler stand auf und ging in Richtung des Parks. Der Bettler zog ihn durch ein Loch im Zaun zu einem Turm: „Hier komme ich oft hin, wenn ich meine Seele baumeln lasse.“
Der Mann drehte sich um, aber da war niemand mehr, er stand alleine auf dem Turm. Er setzte sich hin und genoss die Aussicht.
Er sah zum ersten Mal seit langem wieder einen Sonnenuntergang, es erfüllte ihm mit einem Gefühl aus Sehnsucht und dem Gefühl, endlich zu Hause zu sein....
Er schlief tief und fest und als er aufwachte, hatte er seine Frau, sein Haus, seinen Chef, sein gesamtes Leben bereits soweit hinter sich gelassen, wie es nur ging.
Er hatte ja Zeit....

Er ging zum Kaufhaus, setzte sich hin,und wartete.

 

Zu dieser Geschichte fallen mir spontan zwei Sprichwörter ein:

Erstens: Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite.
Das trifft hier auf den Protagonisten ebenso wie auf den Bettler zu.

Zweitens: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht, es könnte in Erfüllung gehen.
Denn ich habe das so verstanden, dass der Protagonist selber bereits ein Penner ist und die Retrospektive auf die Zeit, in der er andere Penner um ihre Freiheit beneidet hat, nur geträumt hat.

Oder liege ich hier völlig falsch?

Bye
Pip

 

Von diesem Standpunkt aus habe ich meine Geschichte noch nie betrachtet, eigentlich sollte das genauso sein, wie es da steht, der Mann ist ein mehr oder minder erfolgreicher Angestellter, aber es fehlt der PEPP in seinem Leben.
Bis er den Penner trifft und aus irgendeinem nicht ersichtlichen Grund mit ihm ins Gespräch kommt, was an sich für seinen durchgeplanten Lebenslauf ja eigentlich nicht normal ist.

Ab da beginnt die Veränderung in seinem Kopf, er merkt, wie eintönig sein Leben wirklich ist...

Aber deine Interpretation gefällt mir auch...

PS: Das war eigentlich mal ne Deutschklausur, Note 1 :D *angeb*
Als ich die geschrieben habe war ich 14 ...

 

Liebes Fruchtbonbon,

und als er aufwachte, hatte er seine Frau, sein Haus, seinen Chef, sein gesamtes Leben bereits soweit hinter sich gelassen, wie es nur ging.
Dies war der Satz, der mich zu meiner Interpretation gebracht hat. Denn wenn man etwas "hinter sich läßt", dann verabschiedet man es aus seiner Gegenwart und der Zukunft. Auch der Hinweis, dass dein Protagonist sich vor dem Kaufhaus hinpflanzt weil er ja "Zeit hat", hat mich darin bestärkt.

Ich habe das wirklich so verstanden, als sei der Protagonist sein Pennerdasein leid, träume dann davon, wie es früher war und auf welchen wackligen Beinen sein nach außen so perfekt scheindendes Leben in Wirklichkeit gestanden hatte, und wache dann gestärkt und mit der Gegenwart versöhnt wieder auf.

Kannste mal blicken, was man alles in so eine Geschichte hineinlesen kann. Tja, Leser haben auch Phantasie, nicht nur die Autoren.

Eins - kann ich unterschreiben. Setzen!

[ 16-04-2002, 10:56: Beitrag editiert von: Pipilasovskaya ]

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom