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Die Frau in Rot
Eines Nachts in der Bar, wo ich vor kurzem gearbeitet hatte, ereignete sich ein Gespräch mit weitreichenden Folgen. Hätte ich gewusst, wie meine Antworten das Leben eines anderen Menschen verändern können, hätte ich anders gehandelt.
Die Klingel läutete und wie jeden Mittwoch betrat die Frau in Rot mit ihrem Begleiter die Bar.
„Das Gleiche wie immer John.“ , rief sie mir zu.
„Alles klar Schätzchen.“ , antwortete ich ihr.
Während ich den Kaffee zubereitete; schwarz mit einem Würfelzucker und ein Schuss Rum für sie, mit Milch und drei Würfelzucker für ihn - betrat ein weiterer Mann die Bar, bis auf seine Bestellung - einen schwarzen Kaffee - blieb er stumm und beobachtete die beiden aus dem Augenwinkel. Die Frau in Rot, wie ich sie immer nannte, denn ihren wahren Namen kannte ich bis vor kurzem nicht, lehnte sich zu mir hinüber. „Und John …, wo gehen sie hin, wenn sie richtig Spaß haben wollen?“ , fragte sie kokett. Ich wollte gerade antworten, als mir ihr Begleiter zuvor kam: „Nicht, lass das, oder willst du unnötig Aufmerksamkeit auf uns lenken?“ Eins war sicher, damit hatte er nicht mich gemeint.
„Oh Georg, langsam wirst du genauso langweilig, wie Mr. Brookwood. Sei doch nicht so eine Spaßbremse, sonst sehe ich mich gezwungen, dich zu ersetzen.“ , antwortete sie gelangweilt. Seine Hände verkrampften sich kurz, bevor er murmelte, dass er auf Toilette müsse.
Sie zwinkerte mir zu. Sie schob mir das Geld für den Kaffee zu inklusive eines sehr hohen Trinkgeldes. „Wir verstehen uns doch John?“ Ich nickte als Antwort und nahm das Geld vom Tresen. Die Frau in Rot sprang auf, als ihr Begleiter wieder kam und befahl, dass sie nun wieder zurück ins Hotel gehen würden.
Als sie und ihr Begleiter die Bar verlassen hatten, wandte sich mir der stumme Betrachter der Szene zu.
„Sind die beiden oft hier?“
„Ja, jeden Mittwoch spät in der Nacht.“
„Seit wann kommen die Frau und der Mann jeden Mittwoch?“
„Mhmm, ich glaube seit drei Monaten.“
Der Mann schwieg kurz und fragte dann, ob er das Telefon benutzen dürfe, ich antwortete mit ja. Das Telefon konnte nicht lange geklingelt haben, denn nach 10 Sekunden sagte der Mann: „Ja, Gin hier, … hab die beiden gesehen, … ja jeden Mittwoch in der Nacht, … seit drei Monaten, … okay, wie abgesprochen, auf Wiedersehen.“
Nach dem Gespräch wandte er sich zu mir, bedankte sich bei mir und schob mir ein Bündel Geldscheine zu. „Sie vergessen das hier, ich war nie hier, verstanden?“
Zu geschockt, um zu sprechen nickte ich nur. Der Mann verschwand in der Nacht.
Am nächsten Morgen beschloss ich, mir ausnahmsweise die New York Times zu leisten. Der Aufmacher der Zeitung war „Reiche Ehefrau eines Bankiers unter der Brücke mehrfach erstochen aufgefunden - Liebhaber des Opfers (Melinda Brookwood) im Verdacht.“
Ich zündete mir, wie so oft, eine Zigarette an und schlug die entsprechende Seite auf.
Was ich da sah verpasste mir einen Schock, so dass mir die Zigarette aus dem Mund fiel:
Das Opfer war die Frau in Rot.