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Die Forscher - eine grul'kanische Geschichte
Die Forscher - eine grul'kanische Geschichte
G'xul gab entsprechende Befehle an den Bordcomputer :"Stabile Umlaufbahn, Standard Scan ". Er war ein wichtiger Mann auf seinem Planeten, schließlich gehörte zum Orden der Klia'ta, der bedeutesten und mächtigsten wissenschaftlichen Einrichtung auf seiner Heimatwelt.
Krim'peg blickte unsicher umher. Das hier war seine erste Mission, und obgleich die Eignungstests, die mit jedem Grul'kaner (so nannte sich die Rasse selbst) durchgeführt wurden bei ihm sehr positiv ausgefallen waren, und er seine gesamte Ausbildung hindurch immer einer der Besten gewesen war, so rettete ihn das nicht vor der Nervosität (oder war es Angst ? ), die ihn jetzt ergriff. G'xul bemerkte dies. Krim'pegs telepathische Sperre war nicht stark genug um seinen Zustand zu verbergen und G'xul konnte durch sie hindurch sehen, so wie man die Sonne durch die Augenlider wahrnehmen kann , und auch wenn er nicht jeden einzelnen Gedanken klar erfassen konnte, so war er sich doch bewusst, wie es um seinen Assistenten stand. Er dachte daran wie er sich damals gefühlt hatte, als er sich das erste Mal auf einer Expedition befunden hatte. Hatte er damals Angst gehabt ? Nein. Ganz sicher nicht. Er war so begierig gewesen zu forschen, das die Furcht gar keine Möglichkeit bekommen hatte, Besitz von ihm zu ergreifen. Und am Ende hatte er denjenigen Algorithmus entwickelt mit dessen Hilfe die Mission (eine vollständige Übersetzung der Chroniken von Spezies A27/15) erfolgreich zum Abschluss geführt werden konnte. Mit diesem einen Algorithmus hatte er den Grundstein für seine Karriere gelegt.
"Du denkst immer noch an diese Botschaft, nicht wahr ?" übermittelte er telepathisch an seinen Begleiter.
"So ist es, ich kann es nicht vor ihnen verbergen " war die knappe Antwort.
Vor kurzem waren sie auf eine Raumsonde getroffen, die in stabiler Umlaufbahn um die Sonne des Systems flog und eine deutliche Warnung aussandte im System zu verweilen. Der Computer hatte mühelos die Sprache der Sonde entschlüsseln können, und auf Grundlage der darin verwendeten Technologien, der Rasse, die diese Sonde gebaut hatte den Gefahrencode b12 zugewiesen. Und b12 bedeutete, dass diese Zivilisation keine Gefahr für ein Forschungsschiff der Grul'kaner darstellte. Krim'peg hatte die Sonde weiter untersuchen wollen, doch G'xul war der Ansicht man dürfe keine Zeit mit einer alten, banalen Sonde verschwenden, wenn doch - laut der Langstreckenscans - eine ganze untergegangene Zivilisation darauf wartete von ihm entdeckt zu werden. Er war ranghöher, und so befanden sie sich jetzt im Orbit des dritten Planeten - und G'xul war schon ganz vertieft in die Daten, die der Computer gesammelt hatte, und gab etwas mürrisch Anweisungen, diesen oder jenen Wert mit der einen oder anderen bereits entdeckten Spezies zu vergleichen. Krim'peg konnte förmlich spüren, wie G'xul, die toten Fakten in sich aufnahm und in seinem Bewusstsein zu einer lebenden, atmenden Zivilisation formte. Er blickte voller Bewunderung auf seinen Vorgesetzten, der stolze 453 Jahre* alt war, und trotzdem nichts von seiner Wissensgier verloren hatte. Grim'peg war sich sicher, dass er weit über 900 Jahre leben würde. Die Grul'kaner hatten nun bald vor 7500 Jahren das Geheimnis der ewigen Jugend gelöst und ihr Volk dementsprechend genetisch verändert und angepasst. Seit dieser Zeit wählte Jeder Grul'kaner selbst wann er sein Leben beenden wollte. In der Regel war es so, dass wenn der gesellschaftliche Aufstieg seinen Höhepunkt erreicht hatte, wenn also, mit einer weiteren Verbesserung des eigenen Ranges nicht zu rechnen war, der traditionsbewusste Grul'kanner in den Tod ging, um Anderen Platz zu machen. Die damit verbundenen Abschieds- und Erinnerungs-Rituale stellten das letzte Überbleibsel dessen dar, was einmal eine Religion gewesen war. Den Glauben an eine transzendente Wirklichkeit hatte man schon lange, schon sehr lange aufgegeben. Für eine Gesellschaft, die im Wissen, die höchste Maxime und das einzig erstrebenswerte Ziel sah (und demnach seine hierarchischen Strukturen ausgelegt hatte), war das Konzept des "Glaubens" an etwas , das per definitionem nicht zu beweisen war unhaltbar - wenn nicht geradezu beleidigend.
Grim'peg begann mit der Untersuchung der Atmosphärendaten, wie ihm befohlen. Er hielt kurz inne um sich zu vergewissern - und da war es: eine Welle der inneren Befriedigung strömte durch seinen Geist um dann kaum zu sättigender Neugier wieder Platz zu machen. Er hatte seine erste Entdeckung gemacht.
"Ich denke ich habe den Grund für den Untergang dieser Spezies gefunden." dachte er auf der Unterhaltungsebene, so dass G'xul ihn verstehen würde. "Es handelt sich um einen Virus".
Er wies den Computer an eine dreidimensionale Projektion des von ihm Geschilderten zu erstellen. Proteinketten formten sich in der Mitte des Raumes und begannen sich langsam zu drehen.
"Er ist verantwortlich für die Beendigung jeglichen Lebens auf diesem Planeten" fuhr Krim'peg fort.
Ein Virus, jawohl das passte. Eines hatten alle von den Grul'kanern entdeckten Zivilisationen gemein - sie waren schon lange untergegangen. Bis jetzt war es nur den Grull'kanern selbst gelungen, diese unglückselige Schwelle des technologischen Wissens, die meistens eng mit der Entdeckung der Raumfahrt zusammenhing, zu überwinden. Alle anderen bekannten Spezies hatten sich selbst ausgelöscht, entweder durch Kriege, oder aber durch Unfälle, die charakteristisch waren für dieses teuflische Entwicklungsstadium. Die Grul'kaner waren anders gewesen, sie hatten bereits frühzeitig die Gefahren erkannt, die in den evolutionsbedingten aggressiven Instinkten lagen und hatten vor Jahrtausenden entsprechende genetische Korrekturen vorgenommen. Verwunderlich war, welche Ähnlichkeiten die katalogisierten Spezies besaßen. Sie alle waren ähnlich gebaut, wie die Grul'kaner selbst, hatten also einen Kopf, zwei Arme und Beine. Allerdings kommunizierten die meisten Völker über komplizierte Folgen von Schallwellencodes, nur Wenige hatten die Telepathie weit genug entwickelt um sie als einzige Kommunikationsform verwenden zu können. Vor allem aber, zeigte die technologischen Entwicklungen deutliche Parallelen auf, und es war eine der großen Fragen der Grul'heit, warum dies so war. Welches universelle Konzept steckte dahinter ? Tausende Forschungsschiffe sammelten Daten um der Natur die Antwort auf diese eine Frage abzuringen.
G'xul sondierte erneut seinen Assistenten. Befriedigt stellte er fest, welcher Enthusiasmus nun in seinem jungen Begleiter (Krim'peg war erst 85) erwacht war. Seine Angst war verschwunden, geblieben war nur das fast zwanghafte Verlangen mehr zu erfahren.
Beide Forscher waren in einer angeregten Diskussion über den Ursprungskontinent des Virus vertieft, als der Computer plötzlich eine merkwürdige Meldung machte:
"Schilde sind ausgefallen. Grund unbekannt. Hüllenbruch - Code 4Q23. Eindringlingsalarm."
Automatisch schlossen sich die Raumanzüge der beiden Grul'kaner, die zu überrascht waren um Angst zu haben.
Capt. ThomasIV Raley war hochkonzentri
ert, trotz der Unterstützung seiner kybernetischen Implantate war das durchbrennen einer Schiffshülle eine heikle Angelegenheit. Es kam auf das genaue Timing an. Schließlich war nur ein paar Meter entfernt einer seiner Männer, der das gleiche tat. Sie mussten das kleine Schiff genau im gleichen Moment betreten wenn man sicherstellen wollte, das sowohl das eigene Leben, als auch die erbeutete Technologie keinen Schaden nahm. Im Moment des Durchbruchs wurden halkugelförmige Kraftfelder an den Eintrittspunkten erzeugt um die Dekompression auf ein Minimum zu reduzieren. Nur ein Zischen war zu hören als die letzte Schicht endlich nachgab und das künstliche Gravitationsfeld die Soldaten nach "unten" zog. Sie landeten alle beide fast gleichzeitig direkt vor den erschreckten Grull'kanern.
G'xul konnte es nicht glauben. Wer waren diese Wesen, die das Warnsystem des Computers überwunden hatten ? Konnte es möglich sein ... ? Er begann den Fremden, der nur zwei Meter vor ihm stand und ein merkwürdiges Objekt in der Hand hielt zu sondieren.
RalayIV erhob seine Waffe. Sein kybernetisches Implantat gab eine Empfehlung ab, wo er den tödlichen Schuss am besten ansetzte. Er spürte den telepathischen Impuls seines Gegenübers, wertete ihn als Angriff, baute eine telepathische Sperre auf und warf einen Impuls zurück der G'xul taumeln lies. Dann feuerte er.
G'xul hatte so etwas nie erlebt, so schmerzvoll der Impuls auch war, der sein Bewusstsein durchströmte, so verstand er doch wen er vor sich hatte: einen Vertreter des Volkes, das die Sonde erbaut hatte , die Gemeinsamkeiten in der Sprache waren so eindeutig, sie mussten sich weiterentwickelt haben, viel weiter als b12, so viel weiter ... weiter kam er nicht ; die energetische Entladung trieb das Leben aus seinem Körper.
Anders Krim'peg. Er hatte die Situation richtig analysiert. Er vermutete, dass die Objekte in den Händen der Fremden eine zerstörerische Funktion hatten, ähnlich wie die automatischen Verteidigungsanlagen, die man schon auf vielen Welten vorgefunden hatte. Er widerstand dem Drang die Fremden zu sondieren und gab statt dessen eine kurze Anweisung an den Computer, die in menschlicher Sprache etwa so lauten würde :" Kontakt mit fremder, technologisch höherstehender Spezies" und dann ein einzigartiger Code, der die Nachricht als die seine kennzeichnete und ihn wahrhaft unsterblich machen würde. "Senden. Heimatplanet" schloss er die Anweisung.
Private AugustVII Jackson zögerte nicht lange. Auch er feuerte. Fast im gleichen Moment wie G'xul wurde auch Krim'peg getroffen.
RalayIV mochte das Alles nicht. Aber es war sein Beruf. Er war Offizier der terranischen Verteidigungskräfte, und dieses System war ein heiliger Ort den niemand betreten durfte. Die 143 der Menschheit bekannten Spezies wussten das. Hier war die Wiege der Menschheit - in den Separationskriegen zwischen den Kolonien und Terra war sie schon vor tausenden von Jahren unbewohnbar geworden. Sie war zum Gedenken daran, das es niemals wieder Krieg zwischen den Menschen geben durfte, zu einer heiligen Stätte erklärt worden. Warum hatten die Fremden die Warnung ignoriert ? Egal. Bald schon würden die Schleppschiffe, dieses kleine Raumschiff an Bord der Victory (so hieß der Raumkreuzer, auf dem er diente) ziehen und dann würde alles vorbei sein. Nur ein weiterer von vielen Einsätzen, die er im Laufe seiner Karriere geleitet hatte.
Krim'peg lag im Sterben. Er war zufrieden. Er hatte eine Entdeckung gemacht, die kaum zu übertreffen war und ihm einen Platz in der Grul' kanischen Geschichte sichern, seinen Namen über hunderte Generationen hinweg bekannt machen würde - der Kontakt mit einer lebenden, technologisch hochstehenden Zivilisation ! Seine Karriere mochte die kürzeste, gewiss aber würde sie die steilste aller Zeiten sein. Schmerz flutete seinen Körper und er klammerte sich mit aller Kraft an sein Leben, das ihm zu entfliehen drohte.
"Wie... heißt ... dieser Planet ?" sendete er in einem telepathischen Impuls.
Sein Implantat gab RalayIV zu verstehen, das der Fremde noch zwei, vielleicht zwei ein halb Sekunden zu leben hatte und keine Bedrohung darstellte. Also beantwortete er die Frage. "Die Erde" gab er zurück. Knapp und präzise.
"Die Erde" dachte Krim'peg "was für ein wunderschöner Name" und er hörte auf zu existieren. Wäre er ein Mensch gewesen, so hätte er gelächelt...
FIN
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*gemeint ist das grul'kanische Standard Jahr.