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Die Flucht zurück in die Realität
Ich war freiwillig dorthin gegangen.
Irgendwie wusste ich, wenn ich nicht da hin gehe, passiert ein Unglück.
Kurz vorher wollte ich zu meinem größten Widersacher fahren und mich dafür rächen, dass er mich ohne ersichtlichen Grund geschlagen und gedemütigt hatte. Zum Glück war der Tank meines Wagens leer und ich war zu bequem zu laufen.
Nun war ich also da, aber ich wusste, ich würde es nicht lange aushalten.
Ich durchforschte das riesige und kalte Gebäude und merkte schnell, dass es Treppen gab bis ganz oben aufs Dach.
Ich musste versuchen, da oben hinzukommen, denn der Hubschrauber würde kommen und mich mitnehmen. Ich hatte meine Flucht schon fest geplant.
Als ich mich unauffällig an die Türen schlich, merkte ich, dass sie alle verschlossen waren.
War ja klar. Hier kommt keiner so einfach raus.
Ich wollte nochmal neu anfangen, andere Identität, anderes südländisches Aussehen, die Haare nicht mehr blond, sondern dunkelbraun und für die Augen wollte ich mir braune Kontaktlinsen besorgen. Mein Körper war auch bereits schlanker, denn ich hatte tagelang nur Wasser getrunken und geraucht. So würde mich kein Mensch mehr wiedererkennen.
Wollte mein altes Leben hinter mir lassen.
Es wie eine alte Hülle abstreifen und los werden.
Ich wurde in ein Zimmer geführt, darin waren hässliche braune Einbauschränke, ein weiß bezogenes Bett und ein metallener Nachttisch.
Plötzlich überkam mich eine unbändige Wut, hier wollte ich nicht bleiben, das war nichts für mich.
Es kam ein Mann im weißen Kittel und er schrie mich aggressiv an, meinte, ich sollte aufhören, gegen die Schränke zu treten.
Wenn mich jemand anschreit, raste ich aus.
Reflexartig ging ich auf ihn zu und gab ihm eine Ohrfeige.
Plötzlich kamen noch weitere Menschen in weiß, und zu dritt schafften sie es, mich erst mal flach auf den Boden zu drücken.
Mir war das egal.
Es kam noch ein vierter Mann, der hatte eine bereits aufgezogene Spritze in der Hand.
Ich wollte keine Spritze, noch einmal erwachte mein Widerstand, doch vergeblich, die drei Weißkittel hatten mich fest im Griff. Er hatte schon angesetzt und drückte das Medikament in meinen vor Angst erstarrten Körper.
Dann verlor ich das Bewusstsein.
Ich erwachte, weil ich auf die Toilette musste.
Schnell wollte ich aufstehen, da bemerkte ich, dass irgendwas mich am Bett festhielt.
Graue Gurte waren über meinen Ober- und Unterkörper gespannt.
Ich kam nicht los.
Also blieb ich liegen und schaute mich verwirrt um.
Ich wusste nicht, wo ich war und bekam schreckliche Angst.
Es war so ein seltsamer Raum, mit einem kleinen vergitterten Fenster.
Komplett gefliest in Grau.
Eine Art Waschküche, Bad und Abstellkammer in einem.
Es standen merkwürdige Apparate und Gegenstände an jeder Wand und ich konnte nicht wirklich was damit anfangen.
Ich hatte plötzlich Todesangst und fing an laut zu schreien. Aber es kam keiner.
Ich schrie bestimmt eine Stunde und war mit meinen Kräften am Ende,
da plötzlich öffnete sich die Tür und eine Frau betrat den seltsamen Raum.
Ich sagte ihr, dass ich hier sofort raus wolle, aber sie meinte das ginge nicht.
Ich schrie weiter, flehte, weinte.
Ich hatte Angst, dass irgendeiner mit mir abartige Experimente durchführen wollte.
Ich bettelte, versprach Gehorsam, wie ein kleines Kind, das Zimmerarrest hatte und endlich wieder raus zum Spielen wollte.
Aber die Frau verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
Ich dachte mir, wie herzlos kann man denn sein?
Ich weinte kläglich und mit den Kräften bereits komplett am Ende.
So lag ich da und selbst die Lüftungsgitter an der Decke flößten mir Furcht ein.
Ich vermutete Kameras dahinter, die jede meiner Bewegungen genau verfolgten.
Plötzlich fühlte ich mich in die Kindheit zurück versetzt.
Wieder einmal spielte jemand seine ganze Macht gegen mich aus.
Mein ganzes Leben zog nochmal an mir vorbei wie ein Film.
Ich dachte plötzlich meinen Bruder draußen vor dem Fenster reden zu hören und ich schrie verzweifelt immer wieder seinen Namen. Er wäre der einzige, der helfen könnte.
Aber er schien mich nicht zu hören.
Innerlich stellte ich mich darauf ein, hier nie wieder rauszukommen.
Meine Blase drückte gewaltig, aber ich riss mich zusammen, wollte nicht auch noch ins Bett machen.
Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich in dem abscheulichen Raum verbrachte, irgendwann kam eine
andere Frau mit einer Schnabeltasse und gab mir Tee zu trinken.
Ich trank gierig und das meiste lief mir wieder in Rinnsalen aus dem Mund, weil ich nicht so schnell schlucken konnte.
Ein Mann kam dazu und machte sich an den Gurten zu schaffen, die mich umspannten.
Er machte mich los und meinte, ich solle mich bitte nun zusammenreißen.
Ich versprach es.
Ich war einfach nur froh, aus diesem furchtbaren Raum zu kommen.
Und dann wusste ich plötzlich wieder wo ich war;
In der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie.