Die Flasche auf dem Küchentisch und das Glas daneben
Mein Name ist Carmen.
Ich gebe zu, daß ist vielleicht kein guter Anfang für eine Geschichte aber schließlich ist es meine Geschichte und ich kann sie erzählen wie ich will.
Haben Sie schon einmal festgestellt, daß der Weg den Sie einzuschlagen im Begriff sind nicht ans Ziel führt sondern nur in dunkle morastige Areale des Lebens aus denen es manchmal kein Zurück gibt, und wenn dann nur wenn man stark genug ist sich dort alleine wieder herauszuziehen, wer hilft einem schon dabei? Es traut sich ja keiner zu mir herunter.
Ich jedenfalls habe es vor zwei Jahren festgestellt und wissen Sie was verrückt daran ist? Es hat mich überhaupt nicht gestört.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch mir war ja nun nicht glasklar daß es so enden würde und ich wollte auch nicht daß es so enden würde ich dachte mir nur es sei ein leichter angenehmer Weg. Die dunklen Gedanken dir mir rieten das sein zu lassen, die dunklen Gedanken die wußten wie es enden würde habe ich nicht beachtet, warum auch, sie machen das Leben unnötig kompliziert.
Und habe ich es mir nicht vielleicht verdient mich ein wenig gehen zu lassen? Mit über vierzig Jahren habe ich schon viel getan, für andere, es ist doch nur recht und billig oder?
Ich habe auch nie viel getrunken, immer nur ein klein wenig, was konnte ich schon tun außer abzuwarten, in meinem Alter ist es nicht leicht noch einmal eine Stelle zu finden, da kann ich doch etwas anderes tun.
Und wenn sich das Glas füllt und ich in die Spüle sehe, mir die Teller betrachte von denen ich letzte Woche gegessen habe, dann fällt mir ein wie sehr ich doch auf mich alleine gestellt bin und Langeweile und Lustlosigkeit sich in meinem Herzen verbreitet.
Und das Glas füllt sich erneut und ich schaue auf die Uhr es ist viertel vor vier und ich habe noch einen langen Tag vor mir.
Ich stütze meinen Kopf mit der Hand schließe die Augen und versuche an nichts zu denken, Nichts ist schließlich besser als jede Alternative und ich möchte nicht daran denken und nun tue ich es doch und das Glas füllt sich erneut.
Nun weiß ich nicht mehr was ich Ihnen eigentlich erzählen wollte, wenn es mir wieder einfällt erzähle ich es.
Während ich darüber grübele was ich Ihnen eigentlich erzählen wollte trinke ich noch einen SChluck dieses Weines, ich weiß nicht wie er schmeckt. Es kommt mir auch nicht darauf an, ich möchte nur immer etwas zu trinken im Haus haben, morgen ist es vielleicht ein wenig Bier. Das Fernsehprogramm sagt mir nicht zu, es läuft nebenbei, aber ich beachte es nicht, das Glas ist leer. Was läuft denn da? Ich brauche eine Fernsehzeitung.
Früher hatte ich immer eine Fernsehzeitung, warum heute nicht mehr?
Ich weiß es nicht.
Die Flasche ist nur noch halbvoll, aber ich bin schlau ich habe zwei eingekauft. Die zweite steht hinter der Tür im Schatten, Wein soll man ja im Schatten lagern aber mir ists eigentlich egal, ich könnte sie auch in die pralle Sonne stellen. Irgendwie ist das alles sehr eigentartig finden Sie nicht?
Ich weiß auch nicht warum.
Ich nehme ein Messer und schau es mir an, ich habe es schon oft benutzt, ein kleiner Schnitt hier, hier ein wenig es schmerzt. Ich schneide halb über die Rückseite meines linken Unterarmes, ich weiß nicht warum ich das tue, ich gehe irgendwann mal deswegen zum Arzt. Aber nicht mehr heute.
Das Glas füllt sich und ich trinke einen großen SChluck, gierig schütte ich den Wein hinunter, der genausogut in der prallen Sonne stehen könnte. Und ich denke lieber nicht an den Moment, an dem auch die zweite Flasche hinter der Tür geleert sein wird.
[Beitrag editiert von: weak am 25.11.2001 um 08:15]