Die Farbe Der Furcht
~*Die Farbe Der Furcht*~
Die Wand vor mir ist violett gestrichen.
Tick.
Tack.
Tick.
Tack. Tick... Seit einer Dreiviertelstunde sitze ich gänzlich regungslos auf diesem harten Stuhl und warte auf die Erscheinung meiner Selbst, während ich die spitzen Zeiger der Uhr über dem Fernseher beobachte, deren monotones Gehabe mich beinahe zum Einschlafen bringt, obwohl die Angst meinen Körper zu zerfressen scheint, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß dies bei Weitem zuviel für meinen ohnehin schon fragilen Zustand ist, welcher bloß daraus resultiert, daß mich jeder haßt -und am Meisten ich mich selbst. Ich bin allein.
Tick.
Tack.
Tick... In meinem Augenwinkel scheint sich etwas zu bewegen.
Tack.
Tick.
Tack...
Gesichter drücken sich durch die Wand, mir entgegen. Jemand legt mir einen kratzigen Strick um den Hals. Es schmerzt. Das soll es auch. Leises Flüstern umgibt mich trotz des Lärms. Die Schlinge wird sehr langsam doch stetig enger gezogen. Die unsichtbare Hand packt mich auch im Nacken, bohrt ihre sechs Finger in meinen weichen Hals. Der Schmerz besiegt die Angst, ich will schreien, doch fehlt mir der Atem. Stattdessen drückt mich die kalte Hand unbarmherzig Richtung Boden, während die verschwommenen Gesichter aus der Wand über mich lachen. Wer gab Dir, Justine, nur das Recht so viel zu ertragen? Unmenschlich-Menschliches. Welch Erlösung dennoch. Ein neuer Schmerz sticht in mein Bewußtsein. Die Arme regungslos, die Handgelenke mit stacheligem Eisen von mir gebogen, der Hals noch abgeschnürt und taub. Die Gesichter lösen sich aus den Wänden, kommen mir entgegen mit ihrem wispernden Sing-Sang. Leere, schwarze Augenhöhlen aus schwindenden Gesichtszügen starren mich an, Münder grob verzerrt zu grausigem Lächeln. Ich spüre die irrealen, kalten Lippen an meinem Körper, trotz der Kleidung... Der Strick wird ein wenig gelockert, ich bin versucht aufzuatmen, doch aus dem Trugschluß folgt die Erkenntnis. Mit einem Mal beißen sich die fremden Gesichter in mir fest. Ich spüre mein eigenes Blut an mir hinabfließen wie warmer Honig.