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Die Fabel von der Meinung

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15.11.2005
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Die Fabel von der Meinung

Vor gar nicht allzu langer Zeit strotzte diese Welt vor Meinungen. Da gab es große und kleine, dicke und dünne, lilafarbene, honiggelbe, babyblaue und kunterbunte. Manche waren rund, manche eckig, viele einfach nur gerade und manche schlängelten sich dermaßen durch Raum und Zeit, daß einem richtig schwindlig wurde, wenn man sie gerade gefaßt hatte – Sie kennen das sicherlich zur Genüge.

Das war auch ein wichtiges Merkmal aller Meinungen: so unterschiedlich sie waren, eines hatten sie alle gemeinsam, sie waren gefaßt. "Nun," werden Sie sagen, "das ist ja nicht wirklich was Neues!" Und da muß ich Ihnen recht geben. Was wir nicht alle schon für Meinungen gefaßt haben, sonder Zahl und jeglicher Couleur! Ganz zu schweigen von jenen, mit denen wir völlig unschuldig befaßt, fast möchte man sagen: konfrontiert werden – um das häßliche Wort "niedergeknüppelt" zu vermeiden.

Aber ich habe Ihnen noch nicht alles gesagt! Es gab da nämlich eine Ausnahme: eine kleine, im Grunde unauffällige Meinung! Das heißt, so unauffällig war sie gar nicht, sie unterschied sich nämlich in einem entscheidenden Punkt von allen anderen Meinungen: sie war nicht gefaßt!

Unfaßbar! Da war eine vorgefertigte Meinung und keiner wollte sie! Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?

Bei näherem Hinblicken war die Ursache dafür natürlich klar: die kleine, im Grunde unauffällige, vorgefertigte, aber ungefaßte Meinung hatte einen Makel. Es ist ja nun nicht so, daß ein Mangel an Meinungen geherrscht hatte, aber nachdem ja jeder zu seiner Hauptmeinung gerne noch ein paar Neben- und Sicherheitsmeinungen bereit hatte, gingen auch merkwürdige Meinungen weg, wie die warmen Semmeln. Doppelt erstaunlich war es daher, daß gerade die kleine etc. etc. Meinung übrig blieb.

Doppelt erstaunlich natürlich nur für jene, die die Natur des Makels nicht kannten. Der war in der Tat bemerkenswert. Er bestand nämlich darin, daß sich die kleine Meinung (ich lasse jetzt ihre anderen Attribute einfach weg. Wir wissen ja, wovon wir reden.) stets orthogonal zur Realität verhielt. Das klingt jetzt vielleicht nicht wahnsinnig schrecklich: "Herr Doktor, meine Meinung ist ein wenig orthogonal!" – "Keine Sorge, da gibt's recht wirksame Zäpfchen …" möglicherweise könnte man mit so einer Meinung sogar gewisse Erfolge feiern. In der Partei der Blauäugigen* zum Beispiel, oder in jener der Orangenhäutigen**. Aber sonst war man mit so einer Meinung natürlich nicht besonders glücklich. Ihr Makel führte nämlich dazu, daß sich die Meinung umso weiter – rechtwinkelig – von der Realität entfernte, je weiter sich diese entwickelte. Und umgekehrt gab's natürlich das selbe Desaster. (Daher kommt übrigens der Ausspruch: "Das ist so falsch, daß nicht einmal das Gegenteil wahr ist". Wenn dem nämlich so wäre, könnte man ja mitsamt seiner Meinung einfach umdrehen und – bei entsprechendem Tempo – die Realität einholen. Auch umgekehrte Fälle wurden schon kolportiert. Mit einer orthogonalen Meinung hingegen ist man praktisch aufgeschmissen.)

Alles in allem war die kleine Meinung natürlich auch kreuzunglücklich: wer will denn schon so abgelehnt werden? Noch dazu als einzige? Und schließlich: was konnte sie denn dafür? Und außerdem: zur Realität sagt keiner was, da traut sich keiner, da sind's still, die Oberg'scheiten! Und überhaupt!

Und so beschloß die kleine Meinung, abzuhauen …

Und sie haute gründlich ab. Total. Einfach weg.

Das konnte doch nicht sein! Eine Meinung, die abhaut? Wie standen da die anderen Meinungen da? Und so begann die größte Suchaktion nach einer Meinung, die die Menschheit je gesehen hatte – abgesehen natürlich von jener der Schwarzfüßigen*** für ihren Chef, die nun schon 6 Jahre dauert und deren Ende noch nicht abzusehen ist. Da wurde kein Aufwand gescheut – Ehrensache – alle schwärmten aus, soweit und solange sie abkömmlich waren, schließlich mußte das Leben ja weiter gehen … nichts … wie vom Erdboden verschluckt … Verzweiflung machte sich breit, Erschöpfung …

Doch da! Eine Lichtgestalt betritt die Szene!
Stark.
Schön.
Willens.
Der Verzweiflung.
Ein Ende.
Zu bereiten.
Punkt.
.

"Schorsch Doppel-Weh Busch!" geht das Raunen durch die Meinungen und ihre Fasser und ihr Schaudern ist kein wohliges …

Mitleid mit der kleinen Meinung kommt auf. Vergebens ...

Entdeckt ...
Gejagt ...
Gefaßt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, wird die kleine, orthogonal von der Realität abstehende Meinung, daß er den sinnlos angezettelten Irak-Krieg gewinnen kann, immer noch von Schorsch Doppel-Weh Busch gefaßt, da kein anderer sie fassen will und Schorsch Doppel-Weh Busch bei seinen Meinungen sehr katholisch ist: "bis daß der Tod uns scheidet …"

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Österreichspezifika:

* die Blauäugigen - steht für die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), deren Farbe blau ist; bis vor kurzem von Jörg Haider geführt, bevor er sich und andere als BZÖ abgespalten hat;

** die Orangenhäutigen - steht für das BZÖ Jörg Haiders (ich möchte mir einfach nicht merken, wie diese Partei in Langfassung heißt), deren Farbe orange ist;

*** die Schwarzfüßigen - steht für die Österreichische Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der sich dadurch auszeichnet, daß er zu keinem Thema Stellung bezieht.

 

Hi Kyselak!

Also, um es kurz zu machen: So ein sinnloses Gefasel hat mit guter Satire nun wirklich nichts zu tun. Ich ahne, dass es witzig wirken soll, wenn der Erzähler sich dauernd unterbricht und auf irgendwelche Essgewohnheiten zu sprechen kommt. Aber wenn diese Passagen dann die Hälfte des Textes ausmachen ( und mir ist ziemlich egal, ob es nicht doch nur ein Viertel oder Drittel ist ) und scheinbar nur dem Zweck dienen, ihn aufzublähen, dann ödet das wirklich nur noch an.

Und alles geht nur auf die Pointe zu, dass der gute George W. die orthogonale Meinung fasst, den Irak-Krieg gewinnen zu können. Gähn. :rolleyes:

Durch so eine inhaltsarme Erzählweise ist der Leser nun wirklich nicht bei der Stange zu halten. Versuch es nächstes Mal mit einer richtigen Geschichte mit richtiger Handlung.

Ciao, Megabjörnie

 

hello Kyselak,

eine Fabel ist das nicht und eine Satire leider auch nicht. Die Geschichte geht gut los und ich hatte mir nach dem ersten Absatz eine Steigerung erhofft - aber dann gings bergab und der Text wirkt aufgepustet.
Vielleicht würde eine drastische Kürzung helfen... und um diese Textunterbrechungen witzig hinzubekommen, muß man wohl schon Dieter Hildebrandt heißen. ;-)

Viele Grüße vom gox

 

Thema früher erwähnen!

Bis auf wenige Ausnahmen wird das Thema einer Satire, einer Geschichte oder eines Romans immer am Anfang erwähnt. Am Anfang heißt: am besten auf der ersten Seite, wenn möglich schon im ersten Absatz und dort im ersten Satz.

Dies erfüllt den Zweck, den Leser neugierig zu machen, er soll das Bedürfnis haben, weiterzulesen. Aus dem Kopf fällt mir Kafka ein

- Irgendjemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet. (1. Satz: Der Prozess)

- Als Gregor Samsa eines Morgens erwachte, fand er sich in eine riesige Kakerlake verwandelt.

Daneben hat die Erwähnung des Themas im ersten Satz noch eine weitere Funktion: der Autor muss sich selbst klar werden, über welches Thema er schreibt. :)

 

hi,

zuerst einmal schönen dank für die konstruktive kritik.

es ist vielleicht angebracht, gewisse österreichspezifika in meinem text zu erklären (jene, die die politische landschaft in österreich kennen, mögen getrost darüber hinweglesen):
die "blauäugigen" - steht für die freiheitliche partei österreichs (fpö), deren farbe blau ist; bis vor kurzem von jörg haider geführt, bevor er sich und andere als bzö abgespalten hat;
die "orangenhäutigen" - steht für das bzö jörg haiders (ich möchte mir einfach nicht merken, wie diese partei in langfassung heißt), deren farbe orange ist;
die "schwarzfüßigen" - steht für die österreichische volkspartei (övp) von bundeskanzler wolfgang schüssel, der sich dadurch auszeichnet, daß er zu keinem thema stellung bezieht.

natürlich werde ich auch auf die oben stehenden kritiken eingehen, möchte mir dafür aber auch die gebührende zeit nehmen.

mit gruß
Kyselak

 

Vor allem nicht entmutigen lassen, die Reaktionen auf meine ersten Geschichten waren ähnlich desaströs, inzwischen gelingt es mir nach langem Training zumindest in der Hälfte aller Fälle mein Thema zu transportieren.

Als Autor hat man ein Wahrnehmungsproblem: Dinge, die einem selbst selbstverständlich sind, sind für andere unverständlich; die Reaktionen hier ermöglichen eine schnelle Angleichung des Textes an die Wahrnehmung des Lesers.

Ich frage mich, wie man das früher ohne Internet gemacht hat :confused:

 

hi,

ob es eine fabel ist? wikipedia sagt dazu:
"Fabel: eine in Vers oder Prosa verfasste Erzählung mit belehrender Absicht, in der vor allem Tiere, aber auch Pflanzen oder fabelhafte Mischwesen menschliche Eigenschaften besitzen (Personifikation). Die Dramatik der Fabelhandlung zielt auf eine belehrende Schlusspointe, eine Moral, hin."

ich personifiziere eben meinungen, und die schlußpointe bzw. moral ist – glaube ich – recht deutlich.

wie ich mit der empfehlung, das thema schon am anfang zu erwähnen, umgehen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht. meiner ansicht nach verträgt sich das nicht mit einer schlußpointe. aber ich denke darüber nach.

es ist keine satire? ist mir auch recht.
wenn ich wüßte, in welche rubrik der text besser paßt, würde ich ihn verschieben.

aber vielleicht ist der hauptstrang durch die vielen einschiebungen wirklich zu verwaschen. ich werde diese kulinarischen ausflüge mal probehalber ganz herausnehmen (und eventuell eine eigene geschichte daraus machen – das manipulative verhältnis zwischen erzähler und dem angesprochenen und das verdrehen der schuldverhältnisse reizen mich).

mit gruß
Kyselak

 

:read: Soweit ich sehe, hast du die kulinarischen Ausflüge entfernt. Leider ist es immer noch keine Geschichte mit Handlung ... ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wovon du die ganze Zeit redest.

Mich erinnert das Ganze eher an einen sogenannten literarischen Text, also einen Text mit künstlerischem Anspruch. Sollte dies der Fall sein, fehlt mir die Kompetenz um dazu eine Meinung zu haben.

Meinen tue ich aber, dass deine Schlusspointe schwach ist. "Bush kann den Irak Krieg nicht gewinnen." Du bist nicht der erste, der diese Meinung äußert, und du fügst den bekannten Positionen nichts Neues hinzu.

Ein klarer Fall für die Das geht ja gar nicht!-Rubrik: Erklärungen zum Text! Wenn man deinen Text so nicht versteht, hat er einen Mangel.

 

hi,

@quasimodo666
danke für die auseinandersetzung mit meinem text (kostet ja doch zeit ;-) ).
du hast natürlich recht: meine geschichte hat keine handlung. und so wie sie dasteht, braucht sie m.a. auch keine. aber wie gesagt: ob sie richtig steht, wo sie steht, ist eine andere frage.
bezüglich 'erklärungen zum text': wenn du da die eingefügten fußnoten meinst, dann sieh es einfach als service. ich kann ja nicht erwarten, daß jeder sich mit österreichspezifika auskennt. allerdings kann ich auch keine deutschlandspezifika schreiben. insofern stellt sich die frage, ob ich als österreicher auf einer .de-seite schreiben sollte. naja.

@megabjörnie

Deine Kritik hat mehr von einem Geschmacks- als einem echten Qualitätsurteil. Wenn dir die Geschichte nicht gefällt, dann wäre eine ausführlichere Begründung vielleicht hilfreich. Ich will ja auch etwas damit anfangen können.
das finde ich auch.

mit gruß
Kyselak

 

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