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Die Experten

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19.06.2002
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Die Experten

Lambert wischte sich mit dem Hemdsärmel über den Mund, nachdem er zuvor vergeblich versucht hatte, mit der Zungenspitze den Bierschaum abzulecken. Er lehnte sich zurück, sah seine beiden Zechkumpanen bedeutungsschwer an, und gab dann überlegen von sich: „Ihr solltet in der Zeitung nicht nur lesen, warum Preußen Münster wieder einmal verloren hat... Ein gebildeter Mensch interessiert sich auch für die anderen Nachrichten.“
Seitdem er mit seiner kleinen Wurstfabrik Konkurs angemeldet hatte, weil er in den gekochten Hinterschinken zuviel Salzwasser gespritzt hatte, um das Verkaufsgewicht zu erhöhen, außerdem die Lebensmittelkontrolle das Sägemehl in der Original Westfälischen Leberwurst entdeckte, verfügte Lambert über sehr viel Freizeit.
„Und was bedeutet es für uns, dass die Bundesbank ihre Filiale in Münster schließt?“ wollte Ludger wissen. Er hatte hinsichtlich seiner Freizeit ein ähnliches Privileg wie Lambert. Man hatte ihm hervorragende Handwerkskunst in seinem Beruf als Kaminbauer bescheinigt, bis zu jenem Tag, als ein Fachwerkhaus bis auf die Grundmauern abgebrannt ist, nur weil er einen alten Eichenbalken direkt über der Feuerstelle eingebaut hatte. Die eine Million Schadenersatz, die er immer noch nicht beglichen hatte, bekümmerte ihn allerdings weniger.
Lambert sah ihn fast mitleidig an.
„Überlege doch einmal. So eine Bundesbankfiliale hat viel Geld. Und wenn die umziehen, dann...?“
In Ludgers Augen blitzte es auf: „Dann zieht auch das Geld um.“
„Richtig! Und einen dieser Transporte schnappen wir uns.“
„Gut“, stimmte Ludger mit Begeisterung ein, um gleich darauf die Mundwinkel fallen zu lassen und ratlos zu fragen: „Aber wie?“
„Aha!“ staunte der Dritte in der Runde. Servatius war ein tüchtiger Malermeister gewesen, bis ihn eine außergewöhnliche Geschäftsidee ins Abseits gestellt hatte. Es gab eine Zeit, in der begeisterten sich die Kids für Modellautos, die abhängig von der Temperatur die Farbe wechselten, indem man die Spielzeuge in den Kühlschank legte, sie dort dunkel wurden, und beim anschließenden Aufwärmen in der warmen Kinderhand ihre Farbe ins Helle wechselte. Damals hatte Servatius den zündenden Gedanken, dass dieser Gag auch bei den großen Autobesitzern gut ankommen würde. Auf der eingekauften Farbe sitzt er noch heute. Lackiert hat er indessen kein einziges Fahrzeug.
„Ich habe da eine Idee...“, begann Lambert, und die drei steckten ihre Köpfe zusammen.

Es war gut drei Wochen später. Servatius hatte gearbeitet wie lange nicht mehr. Das gestohlene Auto hatte er in mühsamer Handarbeit mit seinen eingelagerten Lacken bearbeitet. In den Mittagsstunden stand es in herrlichem Rot auf dem schmuddeligen Hinterhof, während es in den kühlen Nachstunden die Farbe ins Violette hin veränderte.
Jetzt war der große Tag gekommen. In Ludgers stillgelegter Wurstfabrik wurde das Kühlhaus reaktiviert und über Nacht das Auto dort eingeschlossen. Am frühen Morgen gab es zwar einige technische Probleme, weil sie zuerst die zugefrorene Tür nicht aufbekamen, anschließend das Auto nicht anspringen wollte. Aber diese kleinen Dinge sollten für die wahren Experten keine unüberwindbaren Hindernisse darstellen.
Obwohl es mitten im Sommer war, saßen sie mit blau gefrorenen Lippen und Rollkragenpullovern in ihrem tiefschwarz glänzenden Auto. Ein bisschen gewundert hatten sich die anderen Autofahrer schon, dass bei diesem Fahrzeug ständig die Scheiben beschlugen.
Auf die Minute genau fuhren sie um die Ecke, als der Geldtransporter durch die schmale Toreinfahrt auf den Hof der Bundesbankfiliale einbog.
Sie stellten sich mit ihrem Wagen in die Durchfahrt und blockierten auf diese Weise den Rückweg des gepanzerten Fahrzeuges.
Mit Sorgenfalten blickte Lambert auf den Lack ihres Fluchtwagens, der schon an einigen Stellen in ein dunkles Violett übergangen war.
Währenddessen hatte Ludger, der Ofenbauer, ein paar Gegenstände aus dem Kofferraum entnommen und mitten in der Durchfahrt aufgebaut.
Es dauerte nicht lange, bis sie hörten, wie der Geldtransporter im Innenhof sein Motor anließ und Sekunden später in die blockierte Toreinfahrt einbog.
Es bedurfte keiner weiteren Drohgebärde, keiner besonderen Aufforderung. Nicht einmal ein Zeichen mussten sie geben. Die beiden Fahrer des Geldtransporters hielten freiwillig an, öffneten die Türen, stiegen aus und ergaben sich. Die von Ludger aus alten Ofenrohren und anderen Ersatzteilen zusammengebaute Attrappe einer Artilleriekanone machte ohne weitere Worte hinreichend Eindruck auf die Bewacher.
Geschwind luden die drei Experten die große blecherne Geldkiste vom Werttransporter in ihr Fahrzeug um. Lambert trieb dabei seine Kumpanen zu höchster Eile an, denn er beobachte, wie sich das violette Fahrzeug ganz langsam ins Dunkelrot verfärbte.
Sie richteten die Attrappe direkt auf die beiden Bankleute, legten ihnen ans Herz, sich ja nicht zu bewegen, und unterstrichen ihre Drohung dadurch, dass Ludger noch einmal mit einem rostigen Nagel, den er verdeckt in der Handinnenfläche trug, über das missbrauchte Ofenrohr ratschte. Das schaurige Geräusch beeindruckte die beiden Bewacher merklich.
Dann sprangen die drei Experten in ihr Auto und brausten davon.
Sie waren noch auf dem Weg in ihre Fluchtburg, als sie die ersten Meldungen im Radio hörten. Dort wurde von einem dreisten Überfall auf den Bundesbanktransporter berichtet, auch davon, dass die drei Ganoven mit einem schwarz-violetten Fahrzeug geflüchtet wären.
Lambert bemühte sich, seinen Instinkt zu unterdrücken, und mit Vollgas davon zu brausen. Ja, er nickte aus seinem dunkelroten Auto sogar freundlich der älteren Dame auf der Nebenspur zu. Der moderne Großstadtverkehr bringt es nun einmal mit sich, dass man von Ampel zu Ampel im Pulk unterwegs ist und immer wieder auf die gleichen Autos um sich herum trifft. Doch anscheinend bemerkte niemand, dass am Stadtrand mitten unter ihnen ein leuchtend rotes Auto fuhr.
Endlich bogen sie auf das abgelegte Grundstück ein, das Lambert sein zuhause nannte, und stellten das Auto in der nicht einsehbaren Remise hinter dem Haus unter.
Mit vereinten Kräften trugen sie die schwere Blechkiste ins Haus, verdunkelten die Vorhänge, und öffneten das Behältnis.
Sie konnten sich gratulieren. Ihr genialer Plan war gelungen. Eine ganze Kiste voll Geld, sauber mit Banderolen versehen. Gebrauchte Scheine, in unterschiedlicher Stückelung. Wie man es sich besser gar nicht wünschen konnte.

Eine unübersehbare Menge guter, alter D-Mark-Scheine..

 

Schöne Geschichte, und vor allem: gute Pointe!

Aber ich vermisse die Spannung!! Der Satz: >>Es bedurfte keiner weiteren Drohgebärde, keiner besonderen Aufforderung. Nicht einmal ein Zeichen mussten sie geben. Die beiden Fahrer des Geldtransporters hielten freiwillig an, öffneten die Türen, stiegen aus und ergaben sich.<< ist definitiv nicht spannend, aber er sollte der Höhepunkt der Geschichte sein!

Schreibe, wie sie die Kanone aufbauen, wie ein Prot unsicher wird und plötzlich denkt, nur ein Idiot könne darauf hereinfallen. Schreibe, dass die Fahrer viel größer sind und bewaffnet, und das sie lässig aussteigen und den Gangstern der Herz bis zum Hals schlägt, weil die beiden keine Angst zu haben schienen, ein der der drei kann versuchen, wegzulaufen, und auf jeden Fall sollten sie überrascht sein, wenn die Fahrer sich ergeben, was man ihnen vorher nicht angesehen hat:

Die Prots müssen sich vor Angst krachend in die Hose scheißen, wenn sie merken, dass die Fahrer für so eine Situation gut geschult sind!

Aber die Pointe mag ich.

Gernot

 

Hallo Gernot,

herzlichen Dank für deine Kritik und die interessanten Anregungen. Recht hast du: Man hätte die Geschichte auch mit einer Menge mehr Action und Power schreiben können. Pulverdampf, Angst, Spektakel... das sind bestimmt Elemente, die unter dem Aspekt "Spannung" viel mehr hätten ausgebreitet werden können.

Doch das war nicht meine Intension. Die "Helden" sind ja eher naive Genies. Das geht auch aus der kurzen Vita hervor, die ich der Handlung vorangestellt habe. Die Experten (eine zynische Übertreibung im Header) sind weit entfernt davon, professionell zu arbeiten. Natürlich haben sie keine Waffen dabei gehabt (wer hätte ihnen Bezugsquellen verraten sollen?). Zum Plot gehört folglich auch, dass die Geldboten auf den simplen Trick hereinfallen und nicht durch rohe Gewalt genötigt werden müssen.

So sind sie eben, die Leute im Münsterland. Auf beiden Seiten... Und bevor mich irgendwer jetzt böse beschimpft: Theoretisch sind die Leute einfach gut...

Fröhliche Grüße aus Münster
Hannes

 

Hallo Hannes!

Jau, ich gebe Dir recht, aber ich bin der Meinung, umdie Pointe wirken zu lassen, muss dem Leser bis zum Ende der Geschichte die Handlung wichtig geworden sein. Wenn man fortwährend eine Distanz zu den Prots spürt, ist es einem der Ausgang egal, so egal wie ein Bericht ohne Bild über einen Banküberfall in einer drei Jahre alten Tageszeitung.

Ich denke, es ist wichtig, dass man die Stimmung udnd ie Gefühle wahrnimmt, um dann den Plot oder die Pointe zu "erleben" und nicht nur zu "verstehen". Gerade wenn Deine Experten harmlos sind, ist das doch eine hervorragende Möglichkeit, Spannung zu erzeugen!

 

Hallo Hannes

ich muss sagen, die Geschichte hat mir gut gefallen. ein netter Happen für zwischendurch, sprachlich einwandfrei. etwas zu kurz vielleicht, ich könnte mir am ende gut einen weiteren absatz vorstellen in dem beschrieben wird, wie die räuber diese beute doch noch versilbern, in dem sie bei reisen, in verschiedenen städten immer wieder alte D-mark scheine umwechslen, oder eine erbschaft vortäuschen... ;)

porcupine

ach, nochwas, ein Fehlerchen ist mir aufgefallen:

denn mit Sorgenfalten auf de Stirn beobachte er

"der Stirn"

 

Hallo Hannes,

Ich finde die Geschichte sehr witzig. Allerdings kommt bei mir so gut wie keine Spannung auf. Ich habe mich sehr darüber gewundert, dass die Fahrer des Transporters keine Waffen dabei hatten und sich einfach so ergaben. Das wirkt sehr unrealistisch. Auch wenn Sie wahrscheinlich von der Attrappe beeindruckt waren.

Der moderne Großstadtverkehr bringt es nun einmal mit sich, dass man von Ampel zu Ampel im Pulk unterwegs ist und immer wieder auf die gleichen Autos um sich herum trifft. Doch anscheinend bemerkte niemand, dass am Stadtrand mitten unter ihnen ein leuchtend rotes Auto fuhr.

Warum sollte es auch jemand bemerken? Zur Fahndung ist doch ein dunkles Auto ausgeschrieben. Vielleicht verstehe ich dich an dieser Stelle auch falsch, aber ich bin darüber beim Lesen gestolpert.

Und was ist eigentlich mit dem Nummerzeichen? Das hätten sich die Fahrer des Transporters ja auch merken können. Vielleicht solltest du da noch was zu schreiben.

Also Fazit: Gute Idee, aber eine Überarbeitung wäre ganz gut.

Viele Grüsse, Sylvia

 

Hallo Gernot,

es ist sicher eine Erzählvariante, Emotionen der Beteiligten in die Geschichte mit einzubeziehen. Dafür hätte sich dann auch die "Ich-Form" angeboten. Wenn das Erlebte in dieser Weise geschildert würde, wäre gestalterisch Raum für die Darstellung der Gefühle gegeben. Dabei könnte natürlich die von dir so arg vermisste Spannung dramaturgisch eingebettet werden.

Es war aber nicht meine Absicht, eine hochdramatische Darstellung zu schaffen. Vielleicht irritiert es dich etwas, dass ich die Story in die Rubrik Spannung gepostet habe. Eine der anderen erschien mir aber noch weniger passend.

Aus dem (in der Realität nicht passenden) Ablauf des Überfalls ist aber m.E. zu erkennen, dass es mir nicht auf die detailgetreue Schilderung eines spektakulären Überfalls ankam, sondern auf eine mehr die Fantasie anregende Story mit einem etwas an den Haaren herbeigezogenen Ablauf.

Bei (nicht beabsichtigter) realistischer Betrachtung gäbe es viele sachliche Fakten, die in meiner Geschichte nicht stimmen. Natürlich würde sich eine "richtige" Wachmannschaft nicht in dieser Weise überrumpeln lassen. ebenso wäre die Zufahrt kameraüberwacht. Zur Ehre der ortsansässigen Polizei sei anzumerken, dass diese sehr schnell reagiert und noch während des Überfalls am Ort des Geschehens eingetroffen wäre. Und schon bei der kurzen Vita der Prots könnte man Ungereimtheiten aufzeigen. Welcher Kaminbauer (was übrigens etwas anderes ist als der im weiteren Verlauf von mir verwandte Begriff Ofensetzer) baut schon einen Eichenbalken über der Feuerstelle ein? Um bei der (strengen) Logik zu bleiben: Das Ding wäre auch nie abgebrannt, weil das Werk nie die Freigabe durch den Schornsteinfeger bekommen hätte. Und selbst schlitzohrige Westfalen fügen der Wurst kein Sägemehl bei.

Bleibt zu bedenken, dass bei kritischer Betrachtung aller "Wenns" es unter dem Gesichtspunkt der Logik kaum Krimis als Buch oder Film geben drüfte, denn zur Erzeugung der Spannung sind die Storys dort überwiegend unlogisch und an den Haaren herbei gezogen.

So bleibt es der Freiheit des Autors vorbehalten, zur Unterhaltung des Lesers am Rande der Realität spazieren zu gehen.

Trotzdem herzlichen Dank für deine anregenden Gedanken zu meienr Geschichte und der damit verbundenen Mühe.

Viele Grüße
Hannes

 

Hallo porcupine,

vielen Dank für deine Kritik und die darin aufgezeigten Anregungen(wobei ich mich über den lobenden Anteil gefreut habe).

Richtig, man hätte die Story auch weiter fassen können. Von der Ausschmückung der Planungsphase über die Umsetzung (was kann in einem Kühlhaus alles schief gehen?), Pannen beim Lackieren (wie sieht ein Mensch aus, der durch Ungeschick mit farbverändertem Lack besprüht wurde?) bis zu Widrigkeiten beim Überfall (der Müllwagen versperrt die Ausfahrt, das Fluchtauto springt nicht an usw.)

Ich glaube aber, in der Kürze der Darstellung, die sowohl Vorgeschichte wie auch Ablauf einbezieht, liegt auch ein Reiz (abgesehen davon, dass kurze Storys einen besseren "Verkaufswert" haben).

Meinst du nicht auch, dass eine Erweiterung zum Schluss (Verkauf der D-Mark an die Maffia oder Russen-Connection pp.) nicht den "Knalleffekt" minimieren könnte? NAtürlich wäre es "geckig", würde eine Erbschaft vorgetäuscht und das Geld ausgerechnet bei der Budnesbank einegtauscht werden. Doch hier hieße es wieder die Logik zu überwinden. Wie willst du dem Finanzamt die Erbschaft klar machen? Woher würde man den (nicht vorhandenen erblasser) zaubern? Wie würdest du eine Einzahlung über den Sperrbetrag (Geldwäschegesetz) begründen?

Danke auch für den Hinweis auf den Tippfehler. *Glattübersehenhabe*

Viele Grüße aus Münster
Hannes

 

Hallo Sylvia,

auch dir ein liebes Dankeschön für deine Stellungnahme.

Auch du hast natürlich Recht, dass viele Dinge unrealistisch klingen. In der Tat würde sich ein Überfall nie in der geschilderten Weise abspielen. Zu diesem auch von Gernot und porcupine aufgezeigten Aspekten habe ich oben schon Stellung bezogen.

Alle von dir aufgezeigten Punkte können im wahren Leben nicht geschehen bzw. würden einen anderen Verlauf aufzeigen.

Aber das macht eben eine "Geschichte" aus, die aus der Sicht des Schreiberlings absolut keine bis ins letzte Detail stimmige Berichterstattung einer bösen Tat sein soll. Und so hoffe ich, dass du mir nicht zu gram bist, wenn ich ad hoc keinen Ansatz für einen grundsätzlichen Überarbeitsungsbedarf sehe. Das bedeutet aber in keinem Fall, dass ich mich über befruchtende Gedanken und Anregungen nicht freuen würde. Sicher ist keine Story so perfekt, dass sie nicht durch kluge Geister noch feiner geschliffen werden könnte.

Vielen Dank und fröhliche Grüße
Hannes

 

Hallo Hannes!

Schön, dass Du so eine feste Meinung von Deinem Erzählstil hast. Ich habe aber die Vermutung - und ich kann mich irren - dass bei Dir die Bereitschaft fehlt, neue Inspirationen in die Geschichte einzubauen, selbst wenn das einen totalen Umbau der Geschichte bedeutet. Ich überarbeite alle meine Geschichten x-mal, und lösche viele Absätze, die mir eigentlich gut gefallen, die aber nichtwirklich nötig sind.

Schreiben heist nochmal schreiben!

Gernot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Gernot,

stimmt! Natürlich bin ich von meinem Text überzeugt, weil ich eine Story erst dann veröffentliche, wenn ICH der Meinung bin, dass Inhalt und Stil passen.

Schade, dass es wohl kaum jemand gelingt, mit seiner Geschichte alle Menschen zu begeistern. So ist die Kritik des Lesers ein berechtigter Bestandteil der Arbeit eines "Textentwerfers".

Bereits in meinen vorstehenden Antworten habe ich dir für deine interessanten Ggedanken gedankt, dir bestätigt, dass deine Sichtweise sehr wohl diskussionswürdig ist. Gleichzeitig habe ich dir aber DEUTLICH meine persönliche Intention zu meinem Text vorgestellt.

Du erwartest doch nicht im Ernst, dass ich einen Geschichte umschreibe, nur weil du (sicher spannende) andere Vorstellungen hast.

Lieber Gernot, mein Text stellt in keiner Weise ein Auftragswerk dar, in dem die Ideen eines Einzelnen ihre Umsetzung finden MÜSSEN. Deshalb akzeptiere bitte, dass ich nicht die Absicht habe, Gestaltung und Dramaturgie meines Beitrages zu ändern.

Gleichwohl sehe ich mit Spannung und Interesse allen Ideen und Anregungen entgegen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, gute Ansätze in weiteren Storys zu verwenden.

Viele Grüße
Hannes

 

Hehe Hannes,

also bevor du deinen für mich gewohnten ausgesucht höflichen Stil im Umgang mit KG-Usern verlässt, es erscheint mir nämlich im Moment so als seist du kurz davor, möchte ich gerne auch meinen Beitrag zur Einschätzung deiner Geschichte leisten.
Erstmal vorweg meine Kritik zur Geschichte, bevor ich auch auf die Kritiken der andren eingehe.

Deine Geschichte ist kurzweilig und locker flockig geschrieben und, ich glaube Porcupine sagte es: ein nettes Häppchen für Zwischendurch. Hat mir gefallen und auch wenn ich mich mal wieder wiederhole: typischer Hannes Nygaardstil! :)
Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass einmal Sorgenfalten genug Sorgenfalten sind, du verwendest sie aber zweimal.

Lieber Hannes,
die Kritik, die dir Gernot geschrieben hat,kann ich auf der Stelle mitunterschreiben, wobei du ihn, so vermute ich mal, in einem Punkt gründlichst missverstanden hast.
Er hat bezüglich seines Wunsches mehr Spannung in der Geschichte vorfinden zu wollen, nicht die waffentechnische Aufrüstung der Beteiligten, keinen waffenstrotzenden Plot gefordert, sondern hat gemeint, dass mehr Spannung dadurch in deine Geschichte hineingelangen könnte, indem du mehr von den Gefühlen der Beteiligten berichtest.
Und genau in diesem Punkt kann ich ihm nur unumwunden zustimmen. Du weißt ja, dass dies eh ein Punkt ist, den ich dir am liebsten in jede deiner Geschichten schreiben möchte.
Was hat dich nun daran gehindert, deine so sorgsam und sehr liebevoll dargestellten Protagonisten auch mit mehr Lebendigkeit auszustatten? Was hat dich gehindert, von ihren Zweifeln, ihren Gedankengängen zu erzählen und sie somit dem Leser näherzubringen? Was geht in einem Mann vor, der eine Kanonenattrappe baut und sich nicht sicher sein kann, ob sie als solche entlarvt wird oder der Gegner damit getäuscht werden kann? Und genau, was für nette Gefühle bringen all die kleinen oder großen Pannen des Alltags ins Laufen, wieso verschwendest du die Möglichkeit ein nettes Problemchen beim Lackieren des Fluchtautos aufzuzeigen?
Faulheit ist es gewiss nicht bei dir, denn ich habe dich im Laufe der Zeit schon als fleissigen Schreiber erlebt.
Sturheit innerhalb der eigenen Gedankenwelt? Verzeih mir bitte, aber das Argument, dass sich eine kurze Geschichte besser "verkauft" als eine lange ist grad hier auf KG ad adsurdum geführt, wenn ich mir die wundervollen Geschichten von sim und horni anschaue und schau doch mal, wieviele Male diese schon Beiträge erhalten haben.
Also das kann es wohl auch nicht sein, was dich hindert, ich fürchte tatsächlich, es ist so, dass du vor dir selbst von einem einmal für gut befundenen Plot nicht abzuweichen wagst.
Kein Gernot hat von dir verlangt, deine Geschichte umzuschreiben, das steht da nirgendwo. Er hat auch nichts von seiner ursprünglichen Einschätzung der Geschichte, nämlich , dass er sie gut findet, zurückgenommen.
So, wie auch ich nicht ansatzweise auf die Idee käme, deine Geschichte für unterdurchschnittlich zu halten.
Die Geschichte ist gut!

Ich wünsche mir jedoch eine noch bessere Geschichte von dir und die ist halt breiter angelegt, die nimmt mich Leser noch tiefer hinein in die Welt der Protagoisten, die lässt mich an ihren Gefühlen teilhaben und mitfiebern und völlig vergessen, dass deine Pointe ganz am Ende der Geschichte steht und der ganzen Sache eine völlig andre Richtung zum Schluß gibt.
Wir haben uns ja grad gestern darüber unterhalten, lieber Hannes, ich glaube, ich kann es heute nun etwas besser beschreiben: ich wünsche mir von dir eine Geschichte, in der der Protagonist mit all seinen die jeweilige Situation betreffenden Gefühlen dargestellt wird. Der Plot ist mir egal. Nur Mut!

Übrigens würde ich den Schluß der Geschichte nicht ändern. Ich selbst hatte gedacht, dass in der Kiste nur Papiere sind, anstatt Geld, weil die Münsteraner Bänker sowas eben pflegen so zu transportieren. Ach und den Satz mit dem modernen Großstadtverkehr fand ich zwar schön geschrieben, aber inhaltlich völlig deplatziert, da geb ich Sylvia Recht, wozu soll der sein?

So und nun hoffe ich, dass ich dich nicht allzu arg mit meinen kritischen Worten und meiner Verbrüderung mit dem Gernot geärgert habe, für den Fall allerdings, dass sich bei dir nur was bewegt, wenn du dich geärgert hast, hoffe ich natürlich nicht auf meine Hoffnung. :D

Lieben Gruß
elvira

 

Liebe Elvira,
vielen Dank für deine umfangreiche Stellungnahme.
Ich hoffe, die Mitleser des Kritikverlaufs nicht zu sehr strapazieren zu müssen, wenn ich noch einmal auf meine Intention verweise.
Pocupine hat es genauso trefflich formuliert wie du es aufgegriffen hast: Die Geschichte ist ein „Netter Happen zwischendurch“. Wenn es mir mit meinen kleinen Beiträgen gelingt, auf dieses oder jenes Antlitz ein kleines Schmunzeln zu zeichnen, fühle ich mich als Urheber der Story verstanden (und freue mich darüber).
Ein actionreiches Abenteuer war genauso wenig das Ziel wie die tiefsinnige Darstellung eines Psychogramms. Das würde auch nicht passen.
Die Handlung liegt „haarscharf“ neben der Realität und kann sich so – wie geschildert – nicht abgespielt haben. Dafür gibt es – die bereit oben aufgezeigten – logischen Einbrüche, denen nach Belieben weitere hinzu zu fügen wären. Das gilt auch für die Vita der Prots, die ebenfalls SO nicht haben laufen können. Es klingt mehr als unglaubwürdig, würden in diese Figuren nun Emotionen und Gefühle gepackt, das kämpferische oder auch angstvolle Seelenleben nach außen gekehrt. Im Kontext mit den „märchenhaften“ Randbedingungen würde der nachdenkliche Leser einen klaren Widerspruch erkennen.
Ich stimme dir genauso wie Gernot zu, dass es mehr als interessante Ideen sind, einen Ablauf aus der Sicht der Agierenden zu beschreiben und hierbei den Emotionen freien Lauf zu lassen. Dann dürfen aber von mir aufgenommene Handlungsstränge keine Verwendung finden. Vielleicht verstehst du mich richtig, wenn die detaillierte Ausweitung in die von euch beiden gewünschte Richtung für mich Ähnlichkeit mit der Forderung aufweist, Peterchens Mondfahrt um technische Details wie Schubkraft in kp oder Einzelheiten zum Bremsvorgang in einer Atmosphäre von geringerer Dichte zu ergänzen.
Bei einer Erweiterung um zusätzliche Betrachtungen und Gedankenspiele würden Linie und Prägnanz verloren gehen.
Darum, liebe Elvira, kann und möchte ich auch deinem Drängen nach mehr Psyche im Text nicht folgen. Und wenn wir in diesem Forum unterschiedliche Meinungen artikulieren, dann sehe ich darin ausschließlich einen lustvollen Austausch divergierender Ansichten, nicht aber die Wurzel für Ärgernis oder gar Gram. Insoweit besteht keine Gefahr, die Normen des pfleglichen Miteinanders zu verlassen. Ich bekunde ohne Einschränkung meine Sympathie mit jenen Kollegen, die mit eigenen Gedanken und persönlichem Engagement Stellung zu fremden Texten beziehen. Das gilt für deine und für Gernots Kritik, die zweifelsfrei interessante Ansätze beinhalten (...aber das hatte ich schon mehrfach bekundet).
Danke auch für den Hinweis auf die vielen „Sorgenfalten“ in zwei aufeinander folgenden Sätzen. Da stimme ich dir zu. Das gäbe auf Dauer irreparable Schäden auf der Stirn, die der Prot auch mit Oil of Olaz nicht gerichtet bekommt. Ich werde zur Gesunderhaltung des armen Experten den Text an dieser Stelle ändern.
Bleibt noch der Satz „mit dem modernen Großstadtverkehr“. Dieser Satz zeigt die farbliche Veränderung von „Dunkelrot“ zu „leuchtend rot“ am Stadtrand auf, die ja aus der farbmodifizierenden Beschaffenheit des Lacks resultiert. Damit verbunden ist die Erkenntnis, dass es niemand der „rund herum im Verkehr mitschwimmenden anderen Autofahrer“ bemerkt hat.
Vielen Dank für deine große Mühe und
liebe Grüße aus Münster (der Stadt der „Experten“, was aber nicht zwangsläufig Schlussfolgerungen auf beteiligte Schreiberlinge zulässt)
Hannes

 

Wir haben uns ja grad gestern darüber unterhalten, lieber Hannes, ich glaube, ich kann es heute nun etwas besser beschreiben: ich wünsche mir von dir eine Geschichte, in der der Protagonist mit all seinen die jeweilige Situation betreffenden Gefühlen dargestellt wird. Der Plot ist mir egal. Nur Mut!
:)

Aber hierauf haste mir noch nix geantwortet, was mich ja auch noch hoffen lässt.

Danke für deine ausführliche Antwort, lieber Hannes, ich sehe es bezüglich der sog. Meinungsverschiedenheiten wie du: jede andre Meinung ist nicht dazu gedacht, dem Adressaten das Leben zu erschweren, sondern ihn weiter zu bringen.

Lieben Gruß in die Stadt der Experten :D
elvira

 

Liebe Elvira,

es ist mir ja nicht neu, dass du mit weiblichen List, aber noch mehr Charme, mich zu überreden versuchst, Geschichten mit anderem Hintergrund zu erzählen.

Das habe ich bereits in der Vergangenheit gemacht, z.B. "Leo" oder auch "Die Stubenfliege".

Ich kann dir aber versichern, dass es weitere geben wird. Ideen dazu sind bereits auf der "Festplatte".

Einen lieben Gruß der unermüdlichen "Bohrerin"
Hannes

 

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