Was ist neu

Die erste Bahn

Mitglied
Beitritt
24.12.2011
Beiträge
4

Die erste Bahn

Die erste Bahn

Ich benutze immer die Treppen, wenn ich runter muss. Mit schnellen Schritten stolper‘ ich schon fast runter, berühre jede Stufe nur einmal, halte mich nicht am dreckigen Gerüst fest. Rechtzeitig erwische ich sie und steige mit einem Sprung ein, der Knopf blinkt und die Tür schließt sich. Ich schaue mich leise keuchend nach einem Sitzplatz um und entscheide mich dann doch zu stehen. Neben mir steht eine etwas exzentrisch aussehende, junge Frau. Sie hält sich ebenfalls nicht am Gerüst fest, wahrscheinlich aus demselben Grund wie ich. Sie trägt ein Buch mit sich und hält es genau so, dass ich den Titel erkennen kann „Beckmann: Expressionismus“, außerdem ist sie komplett in schwarz gekleidet und ziemlich blass. Ich lächle sie an, sie rümpft die Nase und schaut zur Seite, zieht ihre Augenbrauen hoch und gibt einen Luft stoß von sich, wovon ihr Kopf ein wenig nach hinten und dann wieder zurück fällt.
Ich erinnere mich noch genau, wie ich zur Beerdigung eines Arbeitskollegen gegangen bin. Dort gab es diese leckeren Schokokugeln, ich hab mich natürlich nicht getraut nach dem Rezept zu fragen. Dort gab es auch jede Menge schwarz gekleidete Menschen. Wie sie da standen und mit gesenktem Blick auf das Grab schauten und so taten als würde ihnen jemand fehlen, der sich ausschließlich für sich interessierte hatte. Seine Mutter war auch dagewesen. Während der Pfarrer irgendwelche Gebete von sich gab, starrte sie auf das Grab und hatte sich gerade an irgendetwas erinnert, das konnte man ihr vom Gesicht ablesen. Sie schüttelte den Kopf, schwenkte ihren Blick nach rechts und neigte den Kopf ganz wenig nach hinten, dann fiel er wieder nach vorne und sie nickte. Nur zwanzig Minuten später schob ich mir genüsslich eine von den Schokokugeln in den Mund. Eine Schande, dass ich nicht nach dem Rezept gefragt habe.
Ich beachte das in schwarz gekleidete Fräulein nicht weiter und lasse meinen Blick weiter wandern. Eine Durchsage, die Bahn hält, der Knopf blinkt, die Tür öffnet sich, ein älterer Mann mit Fahrrad steigt ein. Ich frage mich, was für ein Wetter wir haben und wieso jemand mit Fahrrad Bahn fährt. Ich begutachte Das Rad, alles in Ordnung. Ich denke nicht weiter darüber nach und laufe drei, vier sitze weiter weg von dem Typen mit dem quietsch grünen Rad. Jetzt stehe ich richtig. Ein paar Jugendliche unterhalten sich von der Party, von der sie gerade kommen. Noch angeheitert berichten sie, wie gut der Dj ist und, dass sie unbedingt das nächste Mal wieder dabei sein müssen. Einer von denen ist wohl etwas zu gut drauf. Er grölt irgendetwas Unverständliches und bewegt seine Arme auf und ab. Als das Mädchen, das neben ihm sitzt merkt, dass ich ihn anschaue, wird sie rot im Gesicht und legt ihre Hand auf seinen Schenkel. Dann lächelt sie und flüstert dem Jungen was zu, kurz darauf schaut er mich an. Wir lachen.
Ich erinnere mich noch genau, wie ich mit meiner Freundin vom Feiern gekommen bin. Wir sind danach immer mit der ersten Bahn gegen vier nachhause gefahren und haben uns über die Menschen lustig gemacht. Doch, man trifft echt witzige Gestalten! Penner, Dealer, Leute, die vom Feiern kommen, Leute, die noch feiern gehen, Omas, Opas, Bäcker, Leute vom Flughafen, die ganze Palette. Am meisten aufgeregt, haben wir uns über den Typen, der uns ernsthaft nach den Fahrscheinen gefragt hat. Wir schauten ihn nur verdutzt an und fingen dann an zu lachen. Nach wenigen Sekunden merkten wir, dass er es ernst meinte. Die Tür öffnete sich, ich nahm meine Freundin bei der Hand und wir rannten. Wir hörten hinter uns noch schallendes Gelächter, ich bin mir bis heute nicht sicher, ob das wirklich ein Fahrkartenkontrolleur war.
Eine Durchsage, die Bahn hält, das grüne Fahrrad fällt um, hier muss ich raus. Der Knopf blinkt, ich drücke drauf und winke den immer noch lauten Jugendlichen. Ich benutze immer die Rolltreppe, wenn ich hoch muss.

 

Hallo Seti!

Deine unaufgeregte Schreibe gefällt mir. Du beobachtest genau, beschreibst ohne zu bewerten und das ist angengehm.

Als das Mädchen, das neben ihm sitzt merkt, dass ich ihn anschaue, wird sie rot im Gesicht und legt ihre Hand auf seinen Schenkel.
Das kann sich zum Beispiel jeder bildlich vorstellen. Es ist eine einfache und treffende Beschreibung, die auch eine Aussage hat.

Insgesamt ist mir aber zu wenig dran an dem Text. Es ist eine Beobachtungsszene, deren Anfang und Ende einander ähneln. Deshalb ist es für mich aber noch keine richtige Geschichte. es passiert ja nichts ... Jemand steigt ein und jemand steigt aus. Dazwischen sieht er ein paar Personen und macht sich Gedanken zu ihnen. Wenn jetzt z.b die schwarze Frau plötzlich in Interaktion mit den Jugendlichen treten würde, könnte Handlung entstehen. Der Beobachter könnte Beobachter bleiben.

Frohe Weihnachten


Lollek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Seti,

also deine Geschichte hat so einige Rechtsschreibfehler/Flüchtigkeitsfehler. Die neue Rechtsschreibung ist zwar auch nicht ganz so mein Ding ;), aber einiges fiel mir auf:

Luft stoß - Luftstoß zusammen
Fräulein - m. E. gehört der Begriff unter die Rubrik vom Aussterben bedrohter Wörter : D
Gerüst - in der U-Bahn :confused:
ich laufe drei, vier sitze weiter - Sitze bitte groß
ich begutachte Das Rad - das Rad
mit Fahrrad Bahn fährt - das musst du mir mal erklären, wie das funktioniert. Ich kenn nur Leute, die mit dem Fahrrad in die Bahn einsteigen.;)
quietsch grünem Rad - quietschgrün evtl.? besser fände ich z. Bsp. neongrünes Rad
der Dj - der DJ

Also, ich finde deine Titelheldin, im Gegensatz zu herrlollek, ziemlich bewertend und herablassend und auf andere Leute herabschauend, die nicht in ihr Weltbild passen und in ihren und deren Freundin Augen "komische Vögel" sind. Kurz gesagt, sie ist mir nicht sehr symphatisch.
Die Geschichte war zwar flüssig zu lesen, jedoch enthielt sie für meinen Geschmack viel zu viel Umgangssprachliches und erinnerte mich eher an eine schnell geschriebene Mail an eine Freundin oder einen persönlichen Blog auf der Homepage, als an eine Kurzgeschichte.
War das vielleicht beabsichtigt? Wenn ja, war dir das gut gelungen - smile

Gruß
Leia4e

 

Hallo Seti,

der Beitrag ist flüssig geschrieben und hat durchaus seine Stärken.

Ich benutze immer die Treppen, wenn ich runter muss.

Ich benutze immer die Rolltreppe, wenn ich hoch muss.

Das hat mir, als Anfang und Ende, gut gefallen.

Aber wo ist hier die Handlung? Wo das Geschehnis?

Ich vermisse hier das, was mich aufhorchen lässt, etwas, das
mich als Leser gefangen nimmt.

Auf die Fehler wurde ja schon hingewiesen, mir ist noch folgendes
aufgefallen:

Wie sie da standen und mit gesenktem Blick auf das Grab schauten und so taten als würde ihnen jemand fehlen, der sich ausschließlich für sich interessierte hatte.

Hier hätte ich gerne mehr erfahren.

Neben mir steht eine etwas exzentrisch aussehende, junge Frau.

Was ist an der Frau exzentrisch?
Doch wohl nicht nur ihre schwarze Kleidung.

Mir war trotzdem nicht langweilig beim Lesen - es fehlt nur etwas.

Gruß
Malina

 

Hallo,

Vielen Dank für eure ehrlichen Meinungen. An den Rechtschreibfehlern müsste ich noch arbeiten, bin ja schließlich noch in der Schule ;)
Der eigentliche Sinn der Kurzgeschichte sollte folgender sein:
Die kurzen Geschehnisse zwischen den Passagen, an denen der oder die Protagonist/in in der Bahn ist, sind Erinnerungen. Er oder Sie erinnert sich an Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind. Man wandert während man liest mit dem Protagonisten durch seine Erinnerungen und merkt es nicht einmal.
Ich hoffe das hat euch zu verstehen gegeben, wieso diese Kurzgeschichte keine "einfache Mail an den Kumpel" sein sollte.
Schönes Wochenende und liebe Grüße,
Seti

 

Servus Seti!

Deine Beobachtung, dein Abgleiten in andere Begegnungen, andere Orte, zu anderen Menschen, hat mir durch den locker dahinfließenden Text gut gefallen. Als wärst du gerade selbst noch schreibend in der Bahn gesessen und durch einen Tunnel gefahren.

Für die LeserInnen sind bei solchen Texten Absätze sehr hilfreich, sonst stockt man im Lesefluss, was gerade bei deinem Stil schade wäre.

Alles Gute, schnee.eule

 

Huhu,

zur Orthographie:

Luft stoß
["Luftstoß"]

Dort gab es diese leckeren Schokokugeln, [...]. Dort gab es auch jede Menge schwarz gekleidete[r] Menschen

Zweimal "Dort" am Satzanfang, würde ich ändern. Komma hinter "getraut"

schauten und so taten[Komma] als würde ihnen jemand fehlen, der sich ausschließlich für sich interessierte hatte
["interessiert hatte"]

das Mädchen, das neben ihm sitzt[Komma] merkt,

Am meisten aufgeregt, haben
(Kein Komma hinter "aufgeregt").

Das waren so die ersten Fehler, die mir beim Lesen aufgefallen sind. Dein Stil gefällt mir, die Handlungsarmut finde ich bei einem kurzen Text wie diesen nicht so schlimm, aber ein Manko ist es schon; immerhin heißt die Seite "Kurzgeschichten.de" und nicht "Momentaufnahmen" oder "Stimmungsbilder". Den Gag mit dem Schokokugel-Rezept fand ich gut:D.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom