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Die Erbse unter der Prinzessin

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Monster-WG
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15.07.2004
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Die Erbse unter der Prinzessin

*Für Hans Christian*

Niemals zuvor hatte es eine schönere Erbse in der königlichen Speisekammer gegeben als Konstanze. Sie war so wundervoll frisch und makellos rund, dass neben ihr alle anderen Erbsen aussahen wie kleine, verschrumpelte Rosinen. Selbst der vollkommenste Apfel war nicht annähernd so knackig wie es Konstanze war. Und ihre Schale strahlte in einem so prachtvollen Grün, dass alle Gurken um sie herum vor Neid ganz gelb geworden waren.
Konstanze wusste natürlich, dass sämtliches Obst und Gemüse in der Vorratskammer unsterblich in sie verliebt war. Der Knoblauch säuselte unentwegt Komplimente, die Steckrüben machten ihr schöne Augen, die Birnen priesen lauthals ihre Anmut, und ein einsamer Kürbis hatte ihr sogar ein vierundvierzig Strophen langes Gedicht gewidmet. Ja, selbst die hochmütigen Avocados liefen rot an, wenn Konstanze in ihre Richtung schaute.
Leider war der Erbse all die Bewunderung gehörig zu Kopf gestiegen und hatte sie eingebildet und eitel werden lassen. Denn obgleich jedermann freundlich zu ihr war, schien Konstanze niemand gut genug, um mit ihm Freundschaft zu schließen. An jedem hatte sie etwas auszusetzen. Der Knoblauch war ihr zu stinkig, die Birnen und die Steckrüben zu gewöhnlich und der Kürbis zu fett.
„Ich bin gerade gut genug für eine Prinzessin“, pflegte Konstanze dann zu sagen und rümpfte blasiert die Nase.
Eines Tages kam hoher Besuch in die Speisekammer. Niemand anderes als die Königin höchstpersönlich trat ein und schaute sich sorgfältig um. Nach kurzer Zeit fiel ihr Blick auf die vollkommene Erbse.
Konstanze setze ihr schönstes Lächeln auf. Gleich würde die Königin begeistert in die Hände klatschen und rufen: „Was für eine herrliche Hülsenfrucht! Fortan soll sie neben mir und dem König thronen und für immer und ewig das Wahrzeichen unseres Reiches sein.“
Doch nichts dergleichen passierte.
Stattdessen murmelte die Königin nur: „Eine Erbse. Na ja, das könnte klappen!“ Und dann griff sie nach Konstanze und ließ sie achtlos in ihrer Handtasche verschwinden.
Dort drinnen war es gar nicht so, wie es in der Handtasche einer Königin sein sollte. Konstanze hatte Samt und Seide erwartet, funkelnde Rubine und ein Gucci-Lederetui für das goldene Zepter. Doch nichts davon war zu sehen. Stattdessen herrschte darin ein riesengroßes Durcheinander. Ein alter Lippenstift rollte hin und her, ein mindestens schon zweimal gekauter Kaugummi klebte in einer Ecke und zog lange, widerliche Fäden, und in einem benutzen Taschentuch hauste ein gar nicht königlich wirkender Popel, der die Erbse ganz ungeniert zu einem romantischem Abendessen überreden wollte.
Konstanze war heilfroh, als sie endlich aus diesem schrecklichen Gefängnis befreit wurde. „Steck dir dein Essen sonst wohin“, rief sie dem Popel nach. „Als ob ich mit einem wie dir ausgehen würde. Niemals! Ich bin gerade gut genug für eine Prinzessin. Und nun habe ich keine Zeit mehr, mich mit dir weiter abzugeben, denn ich werde mich nun von aller Welt preisen und bestaunen lassen.“

Aber Konstanze irrte.
Anstatt auf einem eigens für sie angefertigten Thron gesetzt zu werden, legte die Königin die Erbse auf einen steinharten Lattenrost, der auf einem prächtigen Himmelbett lag. Und damit nicht genug. Mit einem Male warfen herbeigerufene Diener zwanzig Matratzen auf die arme Konstanze. Und obendrauf noch einmal zwanzig Daunendecken. So nämlich wollte die Königin herausbekommen, ob die Prinzessin, die der Königssohn zur Frau nehmen wollte, auch wirklich eine Prinzessin war. Und nur eine wirkliche Prinzessin war empfindlich genug, um unter all den Matratzen und Decken eine einzelne Erbse zu spüren.

Von alledem ahnte die unglückliche Konstanze nichts. Ihr war so schrecklich eng und warm zumute, dass ihr nun sogar die unordentliche und dunkle Damenhandtasche wie das Paradies vorkam. Zu allem Überfluss kam bald darauf auch noch die Prinzessin in das Zimmer und kletterte das Himmelbett hinauf und warf sich auf den Matratzenberg.

Schon nach wenigen Minuten war sie tief und fest eingeschlafen. Von der Erbse spürte sie rein gar nichts, denn sie war eine Hochstaplerin und hatte mit einer Prinzessin ungefähr soviel gemein wie eine Herde Elefanten mit einer Balletttänzerin.
Verzweifelt lag Konstanze unter dem Matratzenberg und musste zudem noch das Gewicht der falschen Prinzessin tragen, die mittlerweile auch noch ganz undamenhaft zu schnarchen begonnen hatte.
„Was nützt mir jetzt mein blendendes Aussehen“, dachte Konstanze. „Rein gar nichts. Und von Prinzessinnen habe ich auch die Nase gestrichen voll.“
Und mit einem Mal begriff die Erbse wie selbstsüchtig und dumm sie gewesen war. Und dass Schönheit allein einen feuchten Dreck wert ist.
Vielleicht war es diese Erkenntnis, die Konstanze die Rettung brachte. Aber wahrscheinlich hatte sie einfach nur riesengroßes Glück. Denn der Kürbis, der einen ganz besonderen Narren an Konstanze gefressen hatte, war durch das ganze Schloss gerollt und hatte nach ihr gesucht, weil er ihr die fünfundvierzigste und neueste Strophe seine Liebesgedichtes vortragen wollte. Jetzt, da er sie endlich gefunden hatte, drängte und quetschte er sich zu ihr unter die zwanzig Matratzen und Daunendecken. Und weil er so mächtig und fett war, trug er nun die schwere Last allein, während Konstanze bequem und sicher im einer molligen Höhle lag.
Einen Kürbis unter der Matratze spürt aber sogar eine Hochstaplerin, und die falsche Prinzessin warf sich mit einem Mal unruhig im Schlaf hin und her und begann ganz fürchterlich zu stöhnen.
Als endlich der nächste Morgen anbrach, klopfte es an der Zimmertür, und die Königin trat ein, um sich zu erkundigen, wie die Prinzessin geschlafen habe.
„Oh, schrecklich schlecht“, sagte die Betrügerin. „Ich habe die ganze Nacht fast kein Auge zugemacht. Ich habe auf etwas Hartem gelegen, so dass ich braun und blau am ganzen Körper bin. Es ist entsetzlich!“
Da glaubte die Königin, dass die falsche eine richtige Prinzessin sein müsse, weil sie durch die zwanzig Matratzen und Daunendecken hindurch die Erbse gespürt hatte. So empfindlich konnte niemand anders als eine wirkliche Prinzessin sein. Und jubelnd lief sie hinaus, um ihrem Volk die gute Nachricht zu verkünden.

Der Kürbis wurde erst sehr viel später vom König beim Aufräumen gefunden, der ihn so schön und imposant fand, dass er ihn fortan auf einem Thron neben sich und seiner Königin stellte und ihn zum immer und ewiglichen Wahrzeichen seines Reiches erklärte.
Konstanze aber zog es zurück in die Vorratskammer. Dorthin jedoch war mittlerweile eine Bohne gebracht worden, die die vollkommene Erbse noch weit an Liebreiz übertraf. Kein Obst und Gemüse nahm jetzt noch Notiz von Konstanze. Knoblauch, Steckrüben, Birnen und Avocados sehnten sich fortan einzig und allein danach, in der Gunst der Bohne zu stehen. Und selbst Konstanze musste zugeben, dass sie noch nie etwas Schöneres gesehen hatte als jene prachtvolle Hülsenfrucht.
„Du bist wirklich wunderbar“, sagte sie zu der Bohne. „So schön, dass man es kaum ertragen kann.“
„Ich weiß!“, antwortete diese hochnäsig. „Ich bin gerade gut genug für eine Prinzessin.“
Da musste Konstanze lachen. Sie lachte und lachte und lachte, so lange bis sie nicht mehr lachen konnte. Und als sie endlich fertig war, rollte sie zu dem Popel, der inzwischen ebenfalls in die Speisekammer gezogen war, um mit ihm ein romantisches Abendessen zu verleben.

 

Hi svg,

ich bin zwar nicht Hans-Christian, aber ich melde mich trotzdem mal zu Wort. Eine sehr süße Idee, das bekannte Märchen mal aus der Perspektive der Erbse zu erzählen und dabei ein bisschen umzumodeln. Eventuell fällt die Bekehrung der Erbse ein bisschen moralisch aus, das ist ja aber Geschmacksache. Jedenfalls fand ich deine Geschichte liebreizend wie Hülsenfrüchte. Um dem Affen ein bisschen Zucker zu geben hättest du natürlich gerade bei einer Erbse die falschen Prinzessinnen nicht nur schnarchen, sondern vor allem furzen lassen können, gerade in einer Kindergeschichte, aber vielleicht wäre das auch ein bisschen dick gewesen. :D
Drei Details:

Konstanze wusste natürlich, dass sämtliches Obst und Gemüse unsterblich in sie verliebt waren.
nee, trotz aller Obst- und Gemüsesorten, trotz Aufzählung (Obst und Gemüse) singular: sämtliches ... war - oder plural: sämtliche ... waren. Da wird es aber schwierig, da ein Sammelbegriff wie Obst keinen Plural hat, den es dafür aber bräuchte.
Nicht möglich ist der Plural bei zum Beispiel:

das Publikum, der Adel, das Vieh, das Geflügel, das Wild, das Obst, das Laub, das Gepäck

Denn obgleich jedermann freundlich zu ihr war, schien Konstanze niemand gut genug, um mit ihm Freundschaft zu schließen.
verwirrender Perspektivwechsel, wenn auch durchaus korrekt in der Grammatik. Aber ich war erst irritiert, dass es "mit ihm Freundschaft zu schließen" hieß statt "mit ihr Freundschaft zu schließen". Zweiteres würde ja auch die gerade beschriebene Ichbezogenheit deutlicher machen.
Die Knoblauch war ihr zu stinkig
Der Knoblauch

Lieben Gruß
sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo sim, schön, dass es dir gefallen hat (ähm, du magst Hülsenfrüchte doch, findest sie also wirklich liebreizend, oder? ;)
Die Nummer mit dem Furz überlege ich mir, irgendwie gefällt mir das sogar.
danke für den Hinweis mit dem Obst und dem Gemüse, ich war mir nicht sicher, ob nicht doch Plural muss, weil es ja Obst UND Gemüse sind? Aber Singular ist richtig?
Der Perspektivwechsel leuchtet mir ein, wird geändert.
Und die Knoblauch auch :D

Danke: :)

 

Hallo svg,

ein schönes Cover ist Dir da gelungen, fast bin ich geneigt zu behaupten, es gefalle mir besser als das Original - allerdings habe ich das Original wahrscheinlich noch nie oder sehr lange nicht mehr gelesen. Doch die Rahmenhandlung kenne ich noch und die ist gut gecovert. Wobei Du die Geschichte ja leicht anders erzählst als ich sie in Erinnerung habe, quasi ein Blick hinter die Kulissen, doch dieser Grad künstlerischer Freiheit gefällt mir hier sehr gut, die Erklärung, daß die angebliche Prinzessin eine Hochstaplerin ist und durch den Kürbis entlarvt wird, finde ich sehr originell und sympatisch.

Gleich würde die Königin begeistert in die Hände klatschen und rufen: „Was für eine herrliche Hülsenfrucht. Fortan soll sie neben mir und dem König thronen und für immer und ewig das Wahrzeichen unseres Reiches sein.“
eher ungewöhnlich für mich, doch hier habe ich schallend und laut gelacht, das Bild ist einfach _zu_ niedlich :D

Und auch die moralische Läuterung von Konstanze gefällt mir gut, die Begegnung mit der vollkommenen Bohne und die Rückbesinnung auf die inneren Werte (war das Deine Intention, als Du Konstanze dann doch mit dem Popel dinieren lässt ?!) hat eine Leichtigkeit, die dieser Moralkeule den richtigen Pimp gibt, um auch bei der älteren Generation (zu der ich mich hier zähle) zu punkten.

Kurz : hat mir gut gefallen, dieses Cover. Sehr gut

Grüße
C. Seltsem

PS:

Sie war so wundervoll rund und makellos, dass alle anderen Erbsen neben ihr aussahen wie kleine, verschrumpelte Rosinen
wie ni-iiiiiieeeedlich *wuffwuff*

 

Hallo svg,
mit Begesiterung habe ich deine witzige Geschichte gelesen!
Was fuer eine herrliche, exzentrische Idee! Wer eine Erbse "Konstanze" nennt, hat bei mir sowieso einen Stein im Brett. Diese ganzen Charaktere finde ich zum Schiessen, das eingebildete Gemuese, die Koenigin mit popeligem Taschentuch, ein dichtender Kuerbis usw., also da muss man erst mal drauf kommen.
Mit dieser Geschichte hast du genau meinen Geschmack, und sicher den vieler Kinder, getroffen. Die leichte Moral wird auch durch die ganze hysterisch groteske Situation nicht zu viel, also wirklich, wunderbar!
Viele gruesse,
sammamish

 
Zuletzt bearbeitet:

@c.seltsem

freut mich sehr, dass dir meine version des mächens vom großen hans christian andersen (der beste märchenerzähler von allen, wer sind schon die gebrüder grimm?) gut gefällt.
allerdings muss ich hier mal eine lanze für das original brechen. sehr kurz, aber auch sehr gut. eine meisterhafte ironie auf die verweichlichung und dekadenz der herrschenden oberschicht. umbedingt noch einmal lesen, lohnt sich. (http://www.maerchen.net/classic/a-pzin_erbse.htm)
ansonsten vielen dank für das mannigfaltige lob. hat mich sehr gefreut.

@sammamish
ebenfalls danke für die netten worte. habe den eindruck, dass wir eine ähnliche art von kindergeschichten mögen, zumindest nach dem ich einige von deinen ggeschichtne hier gelesen habe. Und kann eine erbse anders heißen als konstanze. ;)
danke auch dir für das nette lob. hat mich auch sehr gefreut.

lg, svg

 

Hallo svg,

ich habe mich beim Lesen köstlich amüsiert. Ich kann mich nur den anderen Kritiker anschließen. Die Variante von "Prinzessin auf der Erbse" ist dir sehr gut gelungen.

Ein kleiner Fehler ist mir noch aufgefallen:
Und das Schönheit allein einen feuchten Dreck wert ist.
- dass

Gerne gelesen.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo svg!

Diese Geschichte ist dir wirklich wehr gut gelungen...
Viel neues kann man ja gar nicht mehr sagen; das einzige was mir noch aufgefallen ist: Avocados sind mMn für eine Kindergeschichte zu speziell - ich kenne kein Kind, das weiß, was eine Avocado ist.

Besonders gut hat mir gefallen, dass der Kürbis letztendlich den Platz bekommt, den die Erbse sich erträumt hatte ^^ - zum Schießen!


Glitonea

 

@ bambu
danke für das nette Lob, freut mich, dass es dir gefallen hat. Der Fehler wird sofort berichtigt.
Danke :)

@ Glitonea
auch dir vielen Dank für die netten Zeilen. Mit den Avocados magst du recht haben, aber eigentlich funde ich das gar nicht so schlimm, weil die Kinder, wenn sie wissen wollen, was dahintersteckt nachfragen müssen. So habe ich früher viele neue worte gelernt. Pädagogischer Effekt ;).

Nochmals vielen Dank!

 

Ich war erst etwas skeptisch, denn wenn man sich an einen Klassiker macht, muss man schon etwas besonderes bieten. Mein einziger eigener Versuch in der Richtung ist in der Nachbetrachtung dem Orignal bei weitem nicht gewachsen. Ich bin auch ein großer Freund der klassischen Märchen und wenn man bei so einer Parodie oder einem Cover nicht auf passt, ist schnell alles verhunzt.

Aber was soll ich sagen? Die Geschichte von der Erbse Konstanz fand ich ausgezeichnet. Die Idee mit der Erbsenperspektive ist mit der "Aufdeckung der Hintergründe" des Originals und noch ner passenden Moral ist eine super Kombination.

Einen zusätzlichen Ekelfaktor durch Fürze braucht es nicht. Auch den Popel finde ich nur Beiwerk. Die Story braucht solchen Rotz (und weitere Körperausscheidungen) nicht, da sie auch ohne Dschungelcamp-Atmosphäre gut ist. Ich hätt es schöner gefunden, wenn Konstanze den Kürbis genommen hätte - immerhin ist ja die Moral, dass Schönheit nicht wichtig ist. Vielleicht sind seine Liebesepen nicht mal so schlecht, wenn man zuhört. Ich hab übrigens nichts gegen Popel, Rotz, Fürze, Kacke, Pisse, Achselschweiß und ähnliches, nur hier in der Story sollte man es damit nicht übertreiben.

Aber wie dem auch sein - eine sehr gute Geschichte. Gefällt sicher auch größeren Kindern.

 

Hallo Kagul; ganz herzlichen dank für das liebe Lob. eigentlich geht es mir ähnlich wie dir, ich bin auch zuerst recht skeptisch, wenn sich jemand an einem Klassiker versucht. Insofern freut es mich umso mehr, dass dich meine Version dieses Märchens anspricht.
was den Popel anbelangt... nun ja, er passt rein größenmäßig (und auch farblich) einfach besser zu einer erbse als ein Kürbis. Zumal ich den Aspekt mit den inneren Werten ;) gern drin lassen will.
Nochmals vielen Dank.

LG, svg

 

Hallo svg,
hehe, herzlichen Glückwunsch zu dieser gelungenen Geschichte. Hab mich echt amüsiert beim Lesen. Auf die Idee muss man erst mal kommen. Ich stelle mir das Ganze gerade illustriert vor. Das käme bestimmt gut.
Wirklich toll.
LG
Blanca :)

 

Hallo Blanca, vielen Dank für die nette Kritik. Schön, dass es dir gefallen hat.
Und wenn du einen guten Illustrator kennst.... ;)

Lieben Gruß, svg

 

Hallo svg!

Noch schnell nachträglich alles Gute zu Deinem Geburtstag! :)

Die Idee, das alte Märchen aus der Perspektive der Erbse zu betrachten, fand ich schon gut, als Du die Geschichte gepostet hast, und Du schreibst auch noch einen völlig anderen Ausgang für das Märchen, läßt die falsche Prinzessin die Prüfung bestehen. – Darauf würde ich allerdings noch mit ein, zwei Sätzen eingehen, weil ich mir vorstellen kann, daß manche Kinder dann besorgt sind, wenn der Prinz wegen dem Kürbis eine falsche Prinzessin heiratet; also zum Beispiel indem Du schreibst, daß der Prinz und sie sich wirklich liebten und es gar nichts ausmachte, daß sie keine richtige Prinzessin war (vielleicht hat sie ja Ordnung in der Handtasche …), oder vielleicht indem es doch noch aufgedeckt wird, die Liebe aber so groß ist, daß der Prinz trotzdem zu ihr steht? Vielleicht gibt sie es später selbst zu, aber da sie allen so sympathisch ist, wird sie für ihre Ehrlichkeit belohnt? Die Kinder sollen ja vermutlich auch nicht aus Deiner Geschichte lernen, daß man mit Betrügereien gut durchs Leben kommt. ;)

An der Logik darf man ja in Märchen sowieso nicht viel kritisieren, bzw. Logikfehler überhaupt ernst nehmen, aber zwei Anmerkungen kann ich mir trotzdem nicht verkneifen:

Selbst der frischeste Apfel war nicht annähernd so knackig wie es Konstanze war. Und ihre Schale strahlte in einem so prachtvollen Grün, dass alle Gurken um sie herum vor Neid ganz gelb geworden waren.
Wenn man es genau nimmt, kann es sich eigentlich nur um eine getrocknete (also gar nicht knackig frische) Erbse handeln, sonst wäre sie unter den Matratzen zergatscht worden. ;)
(Als »Die Prinzessin auf der Erbse« geschrieben wurde, gab es ja noch keine Tiefkühltruhe, so waren auch getrocknete Erbsen nichts Ungewöhnliches.)

Zu allem Überfluss kam bald darauf auch noch die Prinzessin in das Zimmer und warf sich auf das Himmelbett.
Sie war also Stabhochspringerin? :D
Zwanzig Matratzen ergeben mindestens rund zwei Meter, dazu die Höhe bis zum Lattenrost des Himmelbettes und die zwanzig Daunendecken, also »wirft« sie sich auf ein rund drei Meter hohes Bett … ;) Waren das im Original auch schon zwanzig Matratzen?

Meine etwas ernsteren Bedenken liegen aber da:

Leider war der Erbse all die Bewunderung gehörig zu Kopf gestiegen und hatte sie eingebildet und eitel werden lassen. Denn obgleich jedermann freundlich zu ihr war, schien Konstanze niemand gut genug, um mit ihr Freundschaft zu schließen.
Meiner Meinung nach sind Sätze wie diese zu kompliziert für die Altersgruppe, für die Du die Geschichte wohl gedacht hast. Warum nicht einfach »… zu Kopf gestiegen. Davon wurde sie eitel und eingebildet.«?
Im zweiten Satz kann man gar nicht so genau erkennen, wer nun wem nicht gut genug war. Ich kann es mir natürlich im Zusammenhang denken, aber für Kinder würde ich das klarer formulieren.

Der Rest der Reihe nach:

»Niemand anderes als die Königin höchstpersönlich trat ein und schaute sich sorgfältig um.«
– »Niemand anderes als« würde ich streichen, der Satz hat danach immer noch dieselbe Aussage und ist wesentlich kinderfreundlicher. Statt »sorgfältig« würde ich »suchend« schreiben.

»Konstanze setze ihr schönstes Lächeln auf.«
– setzte

»Dort drinnen war es gar nicht so, wie es in der Handtasche einer Königin sein sollte.«
– würde dem »so« noch ein »ordentlich« oder sogar ein »sauber und ordentlich« folgen lassen

»ein mindestens schon einmal gekauter Kaugummi klebte in einer Ecke, und in einem benutzen Taschentuch hauste ein gar nicht königlich wirkender Popel, der die Erbse ganz ungeniert zu einem romantischem Abendessen überreden wollte.«
– ich würde das umgekehrt schreiben: ein schon mindestens einmal gekauter
– benutzten
– einem romantischen Abendessen

»„Was nützt mir jetzt mein blendendes Aussehen“, dachte Konstanze. „Rein gar nichts.«
– Fragezeichen nach »Aussehen«

»Und von Prinzessinnen habe ich auch die Nase gestrichen voll.“
Und mit einem Mal begriff die Erbse wie selbstsüchtig und dumm sie gewesen war. Und dass Schönheit allein einen feuchten Dreck wert ist.«
– dreimal »Und« als Satzanfang, würde die letzten beiden streichen

»Vielleicht war es diese Erkenntnis, die Konstanze die Rettung brachte.«
– Ich glaube nicht, daß viele der Kinder, die die Geschichte anspricht, schon viel mit »Erkenntnis« anfangen. Eine Formulierung mit Begreifen oder Verstehen, besser noch als Verb, stelle ich mir geeigneter vor.

»und die falsche Prinzessin warf sich mit einem Mal unruhig im Schlaf hin und her«
– vielleicht hast Du ja oben das »warf sich auf das Himmelbett« geändert, wenn nicht, würde ich hier ein anderes Verb nehmen, »wälzte« zum Beispiel.

»so dass ich braun und blau am ganzen Körper bin.«
– würde ich umdrehen: sodass ich am ganzen Körper braun und blau bin.

»so lange bis sie nicht mehr lachen konnte.«
– so lange, bis


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo svg,

es lohnt sich doch immer, deine Geschichten zu lesen! :)

Ich musste immer wieder schmunzeln und grinsen. Ganz wunderbar hast du das Andersen-Märchen aus Konstanzes Sicht erzählt und endlich, endlich auch erklärt, wieso die Prinzessin am Morgen braun und blau war.

Ja - wenn der Kürbis dazu gekommen ist - ja dann - eigentlich hätten wir es uns schon lange selber denken können, dass Konstanze allein nicht so viel bewirkt hätte.

Sehr schön fand ich auch, dass du das ganze Gemüse, den Popel und die anderen Dinge in guter alter Andersen-Tradition hast lebendig werden lassen!

Dir ist hier eine wirklich schöne Geschichte gelungen! Hut ab!

Ein paar kleine Tippfehler sind mir beim Lesen aufgefallen, aber ich hatte keine Lust sie herauszusuchen ...

Liebe Grüße
al-dente

 

Hallo svg,
Die Geschichte hat uns (meiner vierjährigen Tochter und mir) sehr gut gefallen.
Insbesonders der Teil mit dem König (der aufräumt!!) und dem Kürbis !

feuchten Dreck wert
Das finde ich für Kinder zu ordinär und insgesamt fällt es ein bißchen aus der Sprache des restlichen Märchens

Persönlich hätte ich ja lieber ein Happy End mit dem Kürbis bevorzugt und kein romatisches Abendessen mit dem Poppel

lg
Berhard

 

@ häferl, al-dente und bernhard... danke für die berwerungen. bin nur derzeit auf dienstreise und nur über handy online. das macht das antworten sehr mühsam. sobald ich zurück bin mehr...

LG
svg

 

mit großer freude hab ich deine geschichte gelesen und mich sehr amüsiert. gehört für mich zwar eher in das genre humor, aber da steh ich vielleicht auf einsamen posten. ích find das für kinder fast ein bißchen schwer. aber ich will ja nicht nörgeln, sondern deine geschichte loben. von daher: gut gemacht gefällt mir

ich hab in irgendeinem kommentar gelesen "was wären schon die gebrüder grimm gegen H.C.A." märchen sammler ;) sie haben die geschichten, die erzählt wurden, in ihrern büchern gesammelt. quasi die volksmärchen. H.C.A. hingegen hat sich alles ausgedacht und eher märchen für erwachsene geschrieben.

 

Auch Andersen hätte seine helle Freude daran gehabt!
Ein köstliches Lesevergnügen, deine Persiflage auf das Andersenmärchen!
Eine erquickliche Schilderung einer Erbsen-Läuterung von ihren überzogenen Erwartungshaltungen mit der Hoffnung, als Wahrzeichen des Landes zu fungieren bis hin zur Liaison mit einem POPEL!

Am Ende die Vernunft obsiegt:
Das wahre Glück beim POPEL liegt!

Schmunzelgruß
kathso60

 

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