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Die Entdeckung des Perpetuum mobile oder die Antwort auf die Frage des Seins
Sonja nannte ihn skurril, was ihn befremdete, da die Bedeutung dieses Wortes zwei völlig unterschiedliche Richtungen einschlug. Einerseits wurde es übersetzt mit possenhaft, spaßhaft, andererseits mit sonderbar, verschroben. Als er mit ihr diese Frage diskutierte winkte sie ab und lachte. „Mein lieber Alfred, dass du jeder Bemerkung soviel Gewicht beizumessen pflegst, das ist skurril.“ Sie hatte sich immer noch lachend abgewendet. Dieses Lachen hallte in seinen Gedanken wieder und er wusste sich keinen Reim auf ihre Antwort zu machen. War er in ihren Augen possenhaft, ein Narr? Dieser Gedanke raubte ihm entgültig den Schlaf. Er lag hellwach in seinem Bett. Dieser Zustand brachte ihn derart auf, dass er so schnell nicht wieder zur Ruhe finden würde.
Der Satz: „Ich denke also bin ich“, schoss ihm durch den Kopf. Wenn man den Satz drehte, ergab sich: „Ich bin also denke ich.“ Bin ich, wenn ich schlafe, wenn ich nur bin, wenn ich denke? Was ist mit der Welt da draußen, vor dem Fenster? Was geschieht mit der ruhenden Kapazität der menschlichen Gehirne in dieser Stadt? Werden sie benötigt um sich das Morgen auszudenken? Er versuchte sich die Größe des neuronalen Netzwerkes aller schlafenden Menschen vorzustellen. Eine ungeheure Menge, selbst wenn man die Tiere außer acht ließ. Plötzlich hatte er das Gefühl etwas außergewöhnlich Wichtiges entdeckt zu haben.
Wenn man einen Ameisenbau im Querschnitt betrachtete, konnte man beobachten, wie effizient diese Tierchen arbeiteten. Jeder Schritt war durchdacht. Wenn man nun in der Stadt die Dächer von den Häusern entfernte und hineinschaute, gab es sicher, bis auf die eine oder andere Unregelmäßigkeit, ein durchdachtes System. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, die Erde mit ihren Lebewesen war ein Perpetuum mobile. Nichts hielt ihn mehr im Bett. Die Erkenntnis harrte der mathematischen Überprüfung. Alle Gleichungen gingen auf, obwohl seine Zahlen auf Vermutungen beruhten. Jetzt war es nur noch ein kleiner Schritt, die Frage des Seins zu lösen. Voller Eifer machte er sich an die Berechnung.
Das laute Rasseln des Weckers erschreckte ihn, er öffnete die Augen. Die Sonne strömte durch die geöffneten Läden hell und heiter in sein Zimmer. Er sprang aus dem Bett, die Berechnungen, sie mussten hier irgendwo liegen. Nichts. Mit dem Gefühl etwas unwiederbringliches verloren zu haben, legte er sich zurück auf das Bett und starrte die Decke an. Sein Mund verzog sich zum Grinsen, plötzlich lachte er laut auf, er fing an zu prusten, hielt sich den Bauch vor Lachen. Fast hätte er den Sinn des Lebens offengelegt, er, ein Narr.